Die Meister des Kloster- und Kirchenneubaus
von bis
1681 1684
1684 1688
1732 1737
1733 1733
1733 1738
1736 1737
1736 1737
1736 1736
1737 1738
1738 1740


Diessen
Ehemaliges Augustiner-Chorherrenstift und Stiftskirche Mariä Himmelfahrt


Von der Gründung im 12. Jahrhundert bis zum Dreissigjährigen Krieg

Gründung
Gründer von Kloster und Markt Diessen am Ammersee sind die Grafen von Diessen. Seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert sind sie das mächtigste Dynastengeschlecht im Raum zwischen Lech und Ammersee. Um die Jahrhundertwende verlassen sie Diessen und ziehen in die Burg Andechs jenseits des Sees. Nun nennen sie sich Grafen von Andechs. Ihr erster und namensgebender, vielleicht pfalzähnlicher Wohnsitz Diessen liegt oberhalb des Westufers am Südende des Ammersees. Nur wenige Gehminuten westlich liegt St. Georg, ein nach der Klostertradition schon in karolingischer Zeit gegründetes Kloster.[1] Nachgewiesen, und wahrscheinlich auch zu diesem Zeitpunkt als Augustiner-Chorherrenkloster gegründet, ist St. Georg erst im frühen 12. Jahrhundert. Schon um 1123 stellen die Grafen Otto III. und Bertold II. von Diessen den Chorherren von St. Georg ihren alten Wohnsitz für eine Neugründung zur Verfügung und statten diese umfangreich aus.[2] Die Chorherren ziehen schnell in den offenbar komfortableren ehemaligen Grafensitz um. Hier steht bereits eine Stephanskirche. Die beiden Grafen übertragen ihre Besitzrechte an der Neugründung dem Heiligen Stuhl. Sie entziehen damit die neue Klostergründung von Anfang weg dem Eingriff des Reiches und der bayerischen Herzöge. Papst Innozenz II. bestätigt die Neugründung 1132.[3] Er bestimmt gleichzeitig die alte Klosterkirche St. Georg als neue Pfarrkirche Diessens. Die Chorherren richten sich in den Gebäuden des alten Grafensitzes ein. Es scheint, dass die bestehende Stephanskirche[4] anfänglich gemeinsam mit einem angegliederten Frauenkonvent benutzt wird. Die Chorherren bauen aber noch im 12. Jahrhundert etwa 40 Meter nördlich eine neue Klosterkirche zu Ehren Mariens.

Markt und Kloster Diessen in der «Historico-Topographica Descriptio» von Michael Wening 1701. In der Ansicht aus Osten, mit dem Ammersee im Vordergrund,  ist das Chorherrenstift über dem Marktort Diessen im Zustand nach den Neubauten von 1631 (Marstall, Torturm) und von 1681/88 (Konventbau, Turmobergeschoss) dargestellt. Links des Konventbaus ist die abgebrochene Kirche St. Stephan noch immer sichtbar. Links des Marktfleckens liegt die heutige Friedhofskirche St. Johann. Das Wappen des hl. Georg als Ritter mit Johanniterschild und Fisch ist noch heute das Wappen der Marktgemeinde. Bildquelle: ETH-Bibliothek Zürich.

Der Markt Diessen
Der Markt Diessen unterhalb des neuen Klosters entsteht Ende des 12. Jahrhunderts als planmässige Neusiedlung auf klösterlichem Widumsgut. Der Weg vom Kloster zum See kreuzt als West-Ost-Achse die schon zur Römerzeit bestehende Nord-Südverbindung entlang des Ammersee-Westufers. Die Siedlung entsteht entlang dieses Strassenkreuzes mit einem Marktplatz in seinem Zentrum. Nach der Gründung der Stadt Landsberg im 13. Jahrhundert verlagert sich der Verkehr auf die Wegverbindung von Landsberg nach Weilheim, die am Kloster vorbei zum Markt führt und dem Strassenkreuz die Bedeutung nimmt. Diessen wird 1231 unter der Bezeichnung «civitas» erwähnt. Dieses von den Grafen von Diessen-Andechs für ihren Hauptort (locus principalis) verliehene Stadtrecht bleibt nach dem Aussterben der Gründerdynastie im Jahre 1248 und dem damit verbundenen Übergang an Bayern nicht bestehen. Kurzeitig kommt die inzwischen zum kleinen Landmarkt heruntergestufte Stadt durch eine Schenkung der Witwe des Bayernherzogs Ludwig des Strengen in den Besitz des Chorherrenstifts. Im frühen 14. Jahrhundert erreichen die Bürger wieder die Marktfreiheit. Im Wesentlichen teilt aber der Marktort die Schicksale des Chorherrenstifts. 1780 erfolgt der Bau der neuen Chaussée von Landsberg nach Weilheim mit der Eröffnung einer Poststation in Diessen. Anfang des 19. Jahrhunderts zählt der Marktort in 225 Häusern 900 Einwohner. Heute lässt die in neuester Zeit zügellos wuchernde Siedlung die alten städtebaulichen Strukturen nicht mehr erkennen.

Das Chorherrenstift bis zum Dreissigjährigen Krieg
Der erste Propst Hartwich ist vorher Konventuale des Stiftes Rottenbuch. Er beginnt mit dem Bau der ersten Klosterkirche. Deren Weihe findet 1182 statt. Offenbar wird die bestehende Stephanskirche noch ein halbes Jahrhundert von beiden Konventen benutzt, oder die Weihe gilt bereits einem Umbau. Über das parallele Chorfrauenstift des Doppelklosters ist wenig bekannt. Selbst die Chronisten finden es nicht erwähnenswert. Ihr Interesse gilt einzig Mechtild von Diessen, der Tochter des gräflichen Stifters. Sie ist als eine der ersten Oberinnen um 1147 überliefert.[5] Die weiteren Nachrichten über das Chorfrauenstift verstummen schnell.
Das Chorherrenstift gerät trotz seiner grossen Grundherrschaft und seinen Besitzungen schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch schlechte Wirtschaftsführung in Verfall und Verschuldung. Von 1263 bis 1297 sollen fünf Pröpste das Stift in den wirtschaftlichen Abgrund geführt haben. Die Rettung, so sieht es wenigstens die Klosterchronik, naht 1300 mit der bayerischen Herzogin Mechtilde (oder Mathilde). Sie setzt dem führungslosen Kloster einen fähigen bürgerlichen Administrator vor und schenkt den Chorherren zum Entsetzen der Marktbürger gleich auch noch den Markt Diessen. In den Auseinandersetzungen zwischen den Wittelsbachern und den Habsburgern um den Kaiserthron wird Kloster und Markt 1318 niedergebrannt. Spätestens damit endet auch das Doppelkloster. Vom Wiederaufbau der Gebäude ist bis ins 15. Jahrhundert nichts bekannt, obwohl der Chronist schreibt, dass die Klosterkirche bis zum Chor «über einen Haufen» zusammengefallen sei. Die Schenkung Diessens an das Kloster wird schon 1326 wieder rückgängig gemacht, Markt und Kloster bleiben aber bis zur Säkularisation in symbiotischer Beziehung. Gleichzeitig mit der Einführung der Indersdorfer Reform dokumentiert der Chronist für die 1460er-Jahre auch erste Neubauten im Kloster. Er erwähnt den neuen Kirchturm, den Neubau der Stephanskirche, eine neue Klostermauer und nebenbei auch eine Kirchenrestaurierung. Damit sind die gotischen Neubauten gemeint, die in alten Ansichten noch zu sehen sind.
Bauernkrieg und Reformation gehen an Stift und Markt ohne weitere Turbulenzen vorbei. Erst der Dreissigjährige Krieg setzt eine Zäsur. Die Schreckensjahre 1632–1635 beschreibt Anton Wendelin Endres anschaulich in «Die Stadt Landsberg und der Markt Bayerdiessen während des schwedischen Krieges von 1632–1648», im Web unter: https://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV013871705

 

Die Bauten von Kloster und Kirche im 17. und 18. Jahrhundert

Die Pröpste von 1611–1719 und die barocken Klosterneubauten
Der Propst, der das Kloster durch den Dreissigjährigen Krieg führt, ist Simon Wörle aus Landsberg.[6] Er ist überragender Reformer und grosser Bauprälat. Noch vor dem Einbruch des Krieges in Bayern gibt er dem Chorherrenstift ein neues Gesicht. 1611 mit 29 Jahren gewählt, nimmt er sich der tridentinischen Reform im Kloster an. Er manifestiert den Reformwillen gleichzeitig mit einer vollständigen baulichen Erneuerung der Klosteranlage. Propst Simon beginnt mit der wirtschaftlichen Basis jedes Klosters, der Ökonomie. Nach der Sanierung der Mühlen baut er 1624 ein neues Bräuhaus mit Sommerbierkeller. Bis 1631 schliesst er den bedeutend vergrösserten, nun rektangulären westlichen Klostervorhof mit meist zweigeschossigen Ökonomiebauten. Der neue Klosterhof vor Kloster und Stiftskirche wird auch Maierhof genannt. Er ist ist kein repräsentativer Ehrenhof. Versehen mit Pferdeschwemme und Tränken wird er auch von Ross und Hornvieh genutzt. Der Propst betont den Nordeingang mit einem neuen Torturm, saniert vorgängig auch das Wassersystem und gibt anschliessend den Konventflügeln ein einheitliches zweigeschossiges Aussehen. Ihm ist die Verwandlung der spätmittelalterlichen, gewachsenen Klosterlandschaft in eine symmetrische frühbarocke Anlage zu verdanken, deren Konzept erst mit den Abbrüchen des 19. Jahrhunderts zerstört wird. Im Gegensatz zu den nachfolgenden Baumassnahmen im 17. und 18. Jahrhundert sind wir dank eines umfassenden Berichtes des Klosterökonoms nicht nur über den Bauablauf 1622–1631, sondern auch über die Baukosten bestens informiert.[7]
Diese umfangreichen Bauvorhaben des Propstes werden von den nachfolgenden Chronisten keineswegs gewürdigt. Sie sehen in Propst Simon nur den Verursacher einer zu strengen Reform. Der Propst stirbt wenige Monate nach dem Friedensschluss 1648 bei einer Besichtigung von Klostergütern in Brixen.
In der nach dem Dreissigjährigen Krieg folgenden, für Bayern fast ein halbes Jahrhundert dauernden Friedenszeit setzt die wirtschaftliche Erholung nicht sofort ein. Die Verarmung des Landes durch Zerstörung und Preiszerfall, verbunden mit einer grossen Dezimierung der Bevölkerung, lassen in den ersten Jahrzehnten kaum Reserven schaffen. Der erste Propst dieser Friedenszeit ist der aus Überlingen stammende Anton Iglmayr.[8] Während des Krieges hat er als Seelsorger in Diessen gewirkt und beschreibt in seinem «Diarium belli Suecici» als Augenzeuge die Kriegsereignisse von 1632–1634.
1673 folgt Renatus Sonntag[9] aus Waldsee als Probst. Vom Vorgänger übernimmt er ein inzwischen wirtschaftlich wieder gefestigtes Kloster. Nach dem vollständigen Abbau der Kriegsschulden von 16 000 Gulden kann er 1681 mit dem Neubau der Konventgebäude beginnen. Über dieses erneut grosse Bauvorhaben des Klosterneubaus berichtet der Klosterchronist lediglich für die Dauer der Bauarbeiten bis 1688. Als Baumeister gilt der Vorarlberger Michael Thumb.[10] 1684 übernimmt sein Palier Michael Natter die Neubauten.[11] Thumb wird schon für die vorangegangene Barockisierung des Kirchturms und des Torturms als Baumeister vermutet. Thumb und Natter bauen neue, nun dreigeschossige Konventflügel, mit einem vierten neuen Nordflügel hart vor dem parallellaufenden Seitenschiff der mittelalterlichen Stiftskirche. Entsprechend rückt das Klostergeviert nach Süden. Derart stellt Michael Wening das neue Kloster 1701 in einem Stich von 1697 dar.
Propst Renatus zieht beide Vorarlberger anschliessend für den Neubau der Wallfahrtskirche in Grafrath bei. Der Beizug von Thumb für die Klosterbauten in Diessen erfolgt mit grosser Sicherheit aufgrund der Empfehlung von Propst Dionysus des Augustiner-Chorherrenstifts Wettenhausen.[12] Die Konvent-Neubauten von Diessen sind 1688 beendet.
Der nachfolgende Propst Andreas Sedlmayr[13] regiert von 1690–1719. Er vollendet bis 1695 die Wallfahrtskirche in Grafrath und baut ab 1699 eine neue Pfarrkirche in Kaufering. Wieder ist Michael Natter Baumeister. 1703 erfolgt die Aufnahme des Chorherrenstifts in die Lateranische Kongregation, was mit der Verleihung der Pontifikalien verbunden ist. Die Pröpste von Diessen dürfen nun den Titel eines lateranischen Abtes führen. Das Jahr 1703 bedeutet gleichzeitig auch das Ende der Friedenszeit in Bayern. Der vom Kurfürsten ausgelöste Krieg gegen Österreich und gegen die Alliierten des Reichs trifft Diessen weniger hart als die Ortschaften und Klöster der niederbayerischen Grenzregion, bedeutet aber während der folgenden zehn Jahre österreichischer Administration trotzdem eine grosse Belastung.[14]

Der spätbarocke Kirchenneubau
1719 wird Ivo Baader zum Propst gewählt.[15] Er beginnt um 1720 mit dem schon längere Zeit geplanten Kirchenneubau nördlich der mittelalterlichen Kirche. Die Fertigstellung bis 1732, dem 600-Jahr-Jubiläum der Neugründung, könnte sein Ziel sein. Vielleicht entzweit sich der Propst mit dem Baumeister, oder die Baustelle verwaist aus anderen Gründen schnell.[16] Als Propst Ivo 1728 mit nur 43 Jahren stirbt, stehen nördlich der alten Kirche, getrennt durch den gemeinsamen Turm, erst die Aussenmauern und die Wandgewölbe einer begonnenen Wandpfeiler-Emporenhalle.
Der neugewählte Propst Herculan Karg,[17] ein auch musisch gebildeter Prälat, beruft nach seiner Wahl den Münchner Baumeister Johann Michael Fischer[18] für eine Begutachtung des begonnenen Kirchenbau. Er macht mit ihm 1731 eine Besichtigungsreise, die einigen kürzlich gebauten Kirchen in Bayern gilt. Sicher führt die Reise auch nach Osterhofen, dem ersten grossen Bauwerk Fischers.[19]
1732 beginnt Fischer mit dem Neubau unter Benutzung der vorhandenen aufgehenden Mauern des begonnenen Kirchenbaus.[20] Im Frühjahr 1733 richtet Zimmermeister Johann Pföderl den Dachstuhl auf.[21] Im gleichen Jahr ersucht der Propst den Geistlichen Rat in München um Finanzhilfe, die aber vom Geheimen Rat mit der Begründung einer genügenden Finanzkraft des Klosters abgelehnt wird. Ausgelöst durch das Gesuch wird nun Hofbaumeister François Cuvilliés[22] in Diessen aktiv. Schon im Herbst 1733 «erfährt Fischers ursprüngliche Planung offenbar eine entscheidende Änderung, die auf Vorschläge des Hofbaumeisters Cuvilliés zurückgeführt werden».[23] Darunter ist eher eine Choränderung als der nachträgliche Umbau einer von Fischer vielleicht schon gewölbten Wandpfeiler-Emporenhalle (wie Osterhofen) zu einer reinen Wandpfeilerhalle (wie Aldersbach) zu verstehen.[24] 1736 beginnt der Innenausbau. Stuckateure sind der von Cuvilliés portierte Johann Georg Üblher[25] mit den Augsburger Brüdern Franz Xaver Feichtmayr[26] und Johann Michael Feichtmayr[27] Als Freskant wirkt der Augsburger Johann Georg Bergmüller.[28] Bergmüller signiert seine Deckenfresken schon 1736. Die Stuckateure arbeiten noch 1737 an den Stuckmarmorsäulen und -Pilaster. Der Beizug der Augsburger Stuckateure kann mit der im Spätherbst 1733 erfolgten Reise des Propstes ins Südtirol und dem damit verbundenen Besuch der von Franz Xaver Feichtmayr stuckierten Stiftskirche Stams erklärt werden. Auch der Beizug des Augsburger Malers Bergmüller, der erstmals in einer bayerischen Kirche freskiert, zeigt die glückliche Hand des Propstes Herkulan in der Auswahl der besten Künstler. Die 1738 beginnende Ausstattungsphase steht erneut unter dem starken Einfluss von Hofbaumeister Cuvilliés. Ihm wird nicht nur die Gestaltung des Chors mit dem vom Hofkünstler Johann Joachim Dietrich[29] gebauten Hochaltar zugeschrieben, auch die beiden mittleren Wandpfeiler-Retabel und die Kanzel sind Werke des von Cuvilliés geförderten Bildhauers Johann Baptist Straub aus München.[30] Aber bei der Altarausstattung im Langhaus sind die weiteren sechs Altäre wieder Werke von Augsburger Künstlern. Die beiden vorderen Seitenaltar-Retabel stammen von Ehrgott Bernhard Bendl,[31] vier Wandpfeiler-Retabel von Aegid Verhelst.[32] Auch für die Altarblätter zieht Propst Herkulan erstklassige Maler bei.[33] Anfang 1739 baut der Ingolstädter Orgelbauer Kaspar König noch die Westorgel ein.[34] Am 4. September 1739 wird die Kirche eingeweiht und gleichzeitig das «Neun hunderte Jubel-Fest» begangen, indem der Leib des Grafen Rathard in feierlicher Prozession von seiner legendären Gründung St. Georg auf den ihm geweihten Altar übertragen wird. Die gedruckte Kirchweih-Predigt trägt den Titel «Der Neue Himmel zu Diessen»
Nun kann Fischer die südlich parallel stehende gotische Klosterkirche abbrechen und an ihrer Stelle die beiden Verbindungsflügel von der Kirche zum Konventgeviert bauen. Im östlichen Verbindungsbau legt er im Erdgeschoss eine ovale, über die Gebäudeflucht auskragende Sakristei. 1740–1741 baut er auf das Kirchturm-Oktogon von 1678, das wegen der hohen neuen Kirche erhöht werden muss, ein neues Glockengeschoss. Er lässt es durch den Zimmermeister Pföderl mit einer mehrfach gestuften Haube bekrönen. Die Bauarbeiten in Diessen sind damit noch vor dem erneuten Krieg mit Österreich beendet.[35]

 

Säkularisation und Gebäudeschicksale

Das Chorherrenstift 1755-1803
Zehn Jahre nach dem Ende des Krieges, der das Kloster 30 000 Gulden gekostet haben soll, stirbt Propst Herkulan. Zum Nachfolger wird Berthold Wolff 1755 gewählt.[36] Vermutlich schon am Anfang seiner langen Regierungszeit baut der Propst eine Sommerprälatur als Aufstockung des bestehenden südlichen Ökonomieflügels. Eine Aufnahmezeichnung von 1803 zeigt einen dreigeschossigen barocken Bau von 13 Fensterachsen und rund 38 Meter Länge, der mit dem Prälatur-Westflügel verbunden ist. Die Geschossebenen sind identisch und enthalten im 1. Obergeschoss Gästezimmer und im 2. Obergeschoss die erweiterte Prälatur. Um 1763 lässt Propst Berthold auch den nördlichen Torturm umbauen, wie eine Dendrochronologie des Dachwerks zeigt.
Der 1797 gewählte Propst Ferdinand Grasl kann dem Stift nur sechs Jahre vorstehen.[37] Schon zwei Jahre später muss er regelmässige Einquartierungen von französischen Truppen dulden. 1803 ergreift Bayern Besitz der Klosterherrschaft und des Klostervermögens. Erst jetzt sind für das Chorherrenstift konkrete Zahlen greifbar.[38] Die Aufhebungskommission ermittelt Besitzungen mit einem Anlagewert von 392 000 Gulden. Dem Aktivkapitalsaldo von 101 980 Gulden stehen Verbindlichkeiten von 70 774 Gulden gegenüber.[39] Mit den eher bescheidenen Jahreseinnahmen von 22 800 Gulden (1802) und einem kleinen Aktivsaldo liegt Diessen trotz des grossen Besitzes nur im unteren Mittelfeld der bayerischen Prälatenklöster. Dies kann mit seinen hohen Sozialausgaben erklärt werden, die sich im ungewöhnlich hohen Personalkostenanteil von über der Hälfte aller Einnahmen ausdrückt. Hart trifft die Säkularisation deshalb auch die Bevölkerung. «Die Aufhebung von Diessen hatte für den Ammerseeraum einschneidende Folgen. Innert kürzester Zeit entstand verbreitete Arbeitslosigkeit mit den nachfolgend unvermeidlichen Verelendungserscheinungen unter der gesamten Einwohnerschaft von Diessen und seiner näheren Umgebung» schreibt Dietmar Stutzer 1986.
Von den 25 Konventualen belässt die Regierung zwei Wallfahrtspriester in Grafrath. Die anderen Chorherren mit fünf Laienbrüdern und dem Propst müssen das Stift bis 1804 verlassen oder Pfarrstellen annehmen. Ihnen wird eine nicht unbescheidene Pension von 400 Gulden für die Chorherren und 800 Gulden für den Propst gewährt.
Der Aufhebungsvorgang in Diessen unterscheidet sich von demjenigen der Nachbarklöster nur durch die noch grössere Ignoranz der Kommissäre, Käufer und späteren Pfarrherren für kulturelle Belange.[40] Für den Transport nach München gilt bei Mobilien der Materialwert, bei Büchern und Urkunden die damalige Interessenlage. Das Meiste wird verschleudert. Die Versteigerungen des landwirtschaftlichen Klosterbesitzes erbringen 1803 die Summe von 94 800 Gulden. Der grosse Forstbesitz geht an den Staat über.


Die Gebäude des ehemaligen Chorherrenstifts nach 1803
Die ehemalige Stiftskirche wird nach der Besitzergreifung durch Bayern Pfarrkirche von Diessen. Der Staat übernimmt die Unterhaltspflicht. Die alte Pfarrkirche St. Georg bleibt erhalten, weil die Bürger dem Befehl der kurfürstlichen Landesdirektion zum Verkauf auf Abbruch nicht Folge leisten. Von den fünf Sakralbauten des Ortes fällt nur das Kirchlein St. Martin dem Abbruch zum Opfer.[41]
Die ehemalige Stiftskirche wird letztmals 1979–1985 umfassend statisch gesichert und renoviert.[42]
Weniger Glück als die ehemalige Stiftskirche hat der barocke Kirchturm von 1741. Das Fischer-Pföderl-Bauwerk mit der mehrfach gestuften Zwiebelhaube wird 1827 vom Blitz getroffen und brennt völlig aus. 1846–1848 folgt ein Neubau durch einen Kreisbaurat. Offenbar dient ihm der in Bilddokumenten überlieferte gotische Turm als Vorbild.[43] 1986–1988 wird auch dieser Turm abgebrochen und durch einen Stahlbeton-Neubau ersetzt. Der neobarocke Turmneubau ist keine getreue Rekonstruktion, er steht aber wieder an alter Stelle direkt an der Kirchenfassade.[44]
Zerstörerisch wirkt die Säkularisation bei den Konvent- und Ökonomiebauten des ehemaligen Klosters. Von den 1803 sofort einsetzenden Versteigerungen auf Abbruch sind nur wenige Abschnitte der Konventflügel ausgenommen. So wird die nördliche Hälfte des Ostflügels zum Pfarrhof bestimmt, ein kurzes, an die Kirche anschliessendes vierachsiges Segment des Westflügels von 14,6 m Länge wird Knabenschule.[45]
  Die restlichen Gebäude werden von Privaten erworben. Schon 1803 ersteigern diese grössere Teile des Kloster-Ökonomiehofs. Innerhalb von wenigen Jahren brechen sie viele Gebäude ab. 1804 erwirbt der Medizinalrat Franz Xaver Haeberl aus München für 18 000 Gulden die noch nicht verkauften Gebäude von Kloster und Klosterhof zur Materialgewinnung für die von ihm geleitete Sanierung und Erweiterung des Krankenhauses links der Isar in München. Er bricht bis 1810 den Nordflügel der Konventbauten vollständig ab und zerstört ihren Westflügel durch einen Mittelschneisen-Durchbruch von 42 Meter Länge. Der ehemals geschlossene Kloster- und Ökonomiehof ist zu diesem Zeitpunkt schon zerstört. Nur wenige seiner Bauten, wie der Mittelteil des Südflügels und das nord-östliche Traidkasten-Torturm-Ensemble bleiben erhalten.
Das ehemalige Chorherrenstift nach den Abbrüchen des
19. Jahrhunderts, mit dem neuen Kirchturm von 1848.
Foto: Um 1935 (Josef Höbel) Quelle: Wikipedia.
 
1831 verkauft der inzwischen geadelte Säkularisationsgewinner die Erwerbungen von 1804 für 42 000 Gulden an einen Braumeister. Dieser verlegt die noch immer im Ökonomie-Südflügel erhaltene Brauerei in das Erdgeschoss des Konvent- Südflügels.[46] Anschliessend finden gleich fünf weitere Besitzerwechsel statt. Ab 1874 führt Johann Span die Konventflügel als «Gasthof und Bierbrauerei zum Kloster».

Heute
1917 erwerben Vinzentinerinnen von Augsburg die über ein Jahrhundert von wechselnden Besitzern malträtierten Konventflügel. Sie etablieren hier ihr Mutterhaus. 1934 lassen sie den 1804 demolierten Teil des Westflügels teilweise ergänzen. Die Lücke ist seither kleiner, aber kaum weniger störend. 2014 ziehen sie sich aus Diessen zurück. Heute ist in den Räumen eine Privatklinik für psychosomatische Erkrankungen zu finden. Die klosterzeitliche Raumnutzung und Einteilung der Konventbauten ist nicht mehr zu rekonstruieren.
Der grosse Ökonomiehof ist als Kloster-«Hof» zerstört, auch wenn der Platz so benannt wird. Der zur Klosterzeit einzige Zugang durch das Nordtor ist zwar noch vorhanden, ein bequemer Autoparkplatz hat aber inzwischen den Westabschluss des ehemaligen Klosterhofs ersetzt und einen neuen Zugang aus Westen definiert. Einzig der Neubau der Liebfrauenschule[47] markiert seit kurzem wieder den nordwestlichen Eckbereich. Der einstige Gebäudeumfang der begrenzenden Bauten von 490 Meter um den Klosterhof ist durch Abbrüche auf 100 Meter geschrumpft. Erhalten ist das 1627 nördlich der Kirchenfassade gebaute, lange Bauwerk des Traidkastens (Getreidespeicher) mit dem darunter liegenden Marstall. Er dient nun als Winterkirche St. Stephan.[48] Erhalten ist auch der nördliche Torturm mit einem kurzen, eingeschossigen Stadelanbau von 1628. Von dem nach 1810 noch stehenden Mittelteil des Südflügels ist nur noch ein siebenachsiges Fassadenrelikt der Brauerei von 1624 einigermassen original erhalten. Abbrüche vor 1810 und Umbauten in ein Elektrizitätswerk habe den Rest des seither freistehenden Gebäudes völlig verändert.

Das Stiftswappen
Diessens Pröpste führen erst seit dem 16. Jahrhundert ein Wappen des Klosters, und nur die beiden Barockpröpste nach 1755 stellen ihm auch ein persönliches Wappen bei. Das Stiftswappen von Diessen ist ein «verkehrtes» Stifterwappen im wörtlichen Sinn. Es ist das Wappen der Grafen von Andechs, wie es das Sitft Andechs seit der Gründung 1458 führt und das in Blau einen goldenen Löwen über einem goldenen Adler zeigt. Weil es Diessen derart nicht übernehmen kann, aber seine Stifter auch aus dem Hause der Grafen von Diessen-Andechs stammen, werden die Wappenfiguren getauscht. Das Stiftswappen von Diessen hat deshalb den Adler über dem Löwen, aber ebenfalls Gold in Blau. Derart ist es prominent im Frontispiz der Stiftskirchen-Fassade angebracht.

 

Die Architektur des barocken Klosters

Vier Klosteransichten 1654 – 1697 – 1739 – 1766
Vier Vogelschauansichten von Diessen sind Dokumente einer etappenweisen barocken Neugestaltung der Klosterlandschaft auf der Geländeterrasse über dem Ammersee. Begonnen wird das Projekt durch Propst Simon 1624, fortgesetzt durch Propst Renatus 1681 und weitergeführt von Propst Herkulan 1732.

Frühbarocke Architektur der Phase 1622–1631 in einer Ansicht von 1654

   
Das Kloster aus Süden vor der Neugestaltung durch Propst Simon 1622/31 . Bleistiftzeichnung 1606. Im Hintergrund der Ammersee und der Berg Andechs.
Original im Ordinariatsarchiv Augsburg (Ms.K:124 , lose Beilage). Scan aus Literatur..
  Das Kloster in einer Vogelschau aus Osten, mit den bis 1631 erfolgten Neu- und Umbauten. Im Vordergrund die Kirche St. Stephan. Die Pergamentmalerei von 1654 ist in Jahrgang 2006 der Landsberger Geschichtsblätter abrufbar.   Noch 1687 wird die Vogelschau von 1654 für einen Stich in «Mundus Symbolicus» des Wettenhausener Patres Augustin Erath verwendet. Der Stich zeigt das Kloster jetzt mit den barocken Obergeschossen und barocken Hauben der Türme.
Propst Simon formt die mittelalterliche Klosteranlage zwischen 1622 und 1631 nach einem durchdachten frühbarocken Baukonzept um, das auch im 18. Jahrhundert Richtschnur bleibt. Eine Zeichnung mit dem Titel «Closster Diessen in Bayern am Ammersee wie es A° 1606 zue sehen gewesen. Entzwischen aber vil verendert worden» zeigt die Klosterlandschaft des 16. Jahrhunderts vor den umfassenden Neubauten in einer Vogelschau aus Süden. Alle Gebäudenutzungen sind darin erläutert.
Eine Guachemalerei auf Pergament von 1654 stellt das Kloster nach seiner Verwandlung durch Propst Simon dar.[49] Diese Vogelschau aus Osten dient noch 1687 für eine Darstellung des Kloster Diessen im «Mundus Symbolicus» des Wettenhausener Patres Augustin Erath.[50] Sie zeigt das jetzt streng nach den um 1600 verbreiteten Architektur-Traktaten gebaute neue Kloster. Drei zweigeschossige Konventflügel umfassen einen ungefähr quadratischen Innenhof. In der Mitte des Südflügels kragt ein Stichflügel in den Hof, vielleicht das Refektorium. Die dreischiffige, basilikale Stiftskirche mit Querschiff und gotischem Chor bildet den Nordabschluss. Der Konvent-Ostflügel bildet die Fortsetzung des Süd-Querschiffs. Wahrscheinlich unterscheidet sich dieses Konventgeviert nur durch die einheitliche und straffere Gestaltung des Ostflügels von den Gebäuden des 16. Jahrhunderts. Noch immer steht am Südende des Ostflügels die Kirche St. Stephan.
Völlig neu in Konzept und Grösse ist hingegen der westlich vorgelagerte Klosterhof. Er bleibt in dieser Art bis 1803 unverändert. Umlaufende, meist zweigeschossige Wirtschaftsbauten bilden einen Vorhof von 100 Meter Tiefe und 140–160 Meter Länge. Der einzige Aussenzugang erfolgt über das heute Taubenturm genannte Nordtor. Dieses Tor, und vor allem die langen Pferdestallungen mit den Getreidespeichern im Obergeschoss, der sogenannte Marstall-Traidkasten-Bau nördlich der Kirche, können als einzig erhaltene Bauten dieses Klosterhofes einen Eindruck von seiner hohen Qualität vermitteln.
Ganz speziell am Konzept 1622/31 sind aber die Lücken. Offenbar plant schon Propst Simon eine neue Kirche und sieht dafür den Platz nördlich der gotischen Stiftskirche vor. Anders lässt sich die Lücke zwischen Marstall und gotischer Kirche nicht erklären. Auch die spätere Vergrösserung des Konventgevierts nach Süden scheint schon geplant. Denn die neuen Bauten des Südflügels am Klosterhof sind um diese Distanz nach Süden vorgerückt.

Hochbarocke Architektur der Bauphase 1681–1688 in einer Ansicht von 1697
Wening1701   1697 sticht Wening die Vogelschauansicht des Klosters und veröffentlicht sie 1701. Er stellt alle Gebäude in grosser Detailgenauigkeit aus südöstlicher Richtung dar. Die Ökonomiegebäude des Klosterhofs entsprechen, nun viel präziser dargestellt, den Beschreibungen im Compendium Oeconomicum von 1642. Das Konventgeviert der Baumeister Michael Thumb und Michael Natter südlich der Kirche ist als Neubau erfasst. Die Konventflügel sind jetzt dreigeschossig, das abfallende Gelände nach Südost bedingt sogar ein befenstertes Untergeschoss. Der Südflügel steht jetzt vor der Flucht des Klosterhof-Südflügels. Ost und Westflügel der neuen Konventbauten sind über die alten Fundamente gelegt und gegen Süden um vier Fensterachsen verlängert. Ein Querflügel, dicht vor das Seitenschiff der mittelalterlichen Kirche gebaut, schliesst den quadratischen Konventhof nach Norden. Die Absicht der Planer von 1622/31 ist damit einleuchtend wiederholt: Eine neue Barockkirche soll jenseits des alten gotischen Bauwerks und jenseits seines nördlich freistehenden Turms gebaut werden.
Der 1701 von Michael Wening veröffentlichte Stich ist eine
Vogelschau des Klosters aus Südost mit präziser Erfassung des Ökonomiehofs und der 1681–1688 gebauten Konventgebäude.
Noch steht die alte Stiftskirche, die Lücke für ihren Neubau ist
bereits vorhanden. Bildquelle: Bayerische Staatsbibliothek.
 
Dieser geplante Typus der Zweihofanlage mit der Kirche als nördlichem Abschluss ist sehr selten, wird aber im nahen Stift Rottenbuch durch Antonio Riva wenige Jahre später in der Planung wiederholt.[51]
Im Wening-Stich sind auch die neuen Turmobergeschosse des Kirc hturms und des Eingangstors dargestellt, die als erste Arbeiten von Michael Thumb in Diessen gelten. Die Kirche St. Stephan wird, gemäss der Klosterchronik wegen Baufälligkeit, während den Arbeiten an den Konventflügeln abgebrochen.

Die spätbarocke Vollendung der Bauphase 1722–1739 in einer Ansicht von 1739
  1739 sticht der Augsburger Johann Gottfried Böck die Vogelschau-Ansicht des Klosters aus Südwest. Der Druck ist deswegen wertvoll, weil er die bereits gebaute neue Barockkirche neben der noch nicht abgebrochenen alten gotischen Kirche zeigt. Im Detail korrekt, zeichnet Böck das Brauerei- und Mühlengebäude im Vordergrund übertrieben hoch. Über dem Ammersee ist unter der Bezeichnung Heiligenberg das Stift Andechs zu sehen.
   
Blick auf das Kloster von Südwesten. Kupferstich von Johann Gottfried Böck (1739), nach dem Kirchenneubau durch Johann Michael Fischer, aber noch vor dem Abbruch der alten Stiftskirche. Bildquelle (Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Sammlung Nicolai, Bd. 155, fol. 41).

Das fertig gebaute Kloster in Ansichten von 1766/67
  1766 und 1767 erscheinen die letzten Vogelschauansichten. Die beiden Stecher Zimmermann und Jungwirth benutzen offenbar die gleiche Vorlage. Jungwirth sticht präziser als Zimmermann. Das Kloster ist von Westen gesehen. Die alte Kirche ist abgebrochen. Durch das Verbinden des West -und Ostflügels mit der neuen Kirche ist an der Stelle der gotischen Kirche der Nordhof entstanden. Auch der Marstall ist jetzt mit der Kirche verbunden. Am südliche Ökonomieflügel ist die neue, über 13 Fensterachsen reichende Dreigeschossigkeit dargestellt, deren Gast- und Prälaturgeschosse nahtlos in den Konvent-Westflügel übergehen.
 
Der Stich von Jos. Anton Zimmermann nach einer Zeichnung von Franz Kirzinger (1766) stellt das Kloster in einer Vogelschau aus Westen im jetzt vollendeten Zustand dar. Bildquelle: Bayerische Staatsbibliothek.


Die Kirchenfassade

Die Fassade von Johann Michael Fischer ist dominierendes Element in der geschlossenen Westfront, wie diese in den Stichen von Zimmermann und Jungwirth überliefert ist und wie sie bis 1804 besteht. Wie viele der grossen städtischen Kirchenfassaden ist sie eine turmlose Giebelfassade. Der heute wieder an alter Stelle errichtete Kirchturm bleibt zwar prägendes Element, er steht aber im Innenhof auf mittelalterlichen Fundamenten. Die Fassade ist zudem nicht in eine beidseits einheitlich gestaltete Front eingebettet, wie dies etwa in Fürstenfeld, Zwiefalten oder Rott am Inn noch heute zu sehen ist. Nach 1739 erstreckt sich die Klosterwestfront zwar auf 139 Meter, aber die nördlichen an die Kirche anschliessenden 51 Meter der Ökonomie sind zweigeschossig, die südlichen 62 Meter der Prälatur sind dreigeschossig. Das Ungleichgewicht der flankierenden Bauten, heute durch das nur vier Fensterachsen enthaltende, südlich anschliessende Restbauwerk schmerzhaft sichtbar, ist weder für Fischer noch für den Propst ein Thema, denn im Gegensatz zu heute nähert sich der Besucher seitlich durch das Nordtor und erfasst die Fassade nicht frontal. Sie scheint in ihrer plastischen Kurvierung auf wellenförmig bewegter Grundrisslinie von Fischer bewusst auf diesen Zugang geschaffen. Vom heutigen Westzugang hebt sich die Modellierung nicht derart klar hervor. Zudem hindert ein unnötiger Baumbewuchs die seitliche Erfassung.
Die Fassade Fischers ist aber selbst aus der Fontalansicht und trotz des verstümmelten südlichen Klosterflügels von eindrücklicher Grossartigkeit. Sie ist mit 25,5 m Breite um 3,5 m breiter als das Kirchenschiff. Schlanke, hinterlegte Pilaster auf einer hohen Sockelzone gliedern sie fünfteilig. Das konvex vorschwingende Mittelfeld ist eine Ädikula, deren Frontispiz das Gebälk durchbricht, und die mit Eingangsportal, Fenster und Frontispiz-Wappenkartusche zusätzlich hervorgehoben ist. Mit den gleichfalls durch Fenster betonten, nun konkav angrenzenden Feldern wird die Hauptgeschoss-Mitte als Dreiergruppe zusammengefasst. Das Ädikulamotiv des Hauptgeschosses wird im steil aufragenden Giebelgeschoss weitergeführt. Es setzt über einer Attika an. Die Nischenädikula durchbricht ein von Schweifbögen getragenes Segmentbogengesims. Die Bildwerke der Mittelachse in beiden Geschossen beziehen sich auf den Orden, die Gründer und auf die Kirchenpatronin.[52]
«Diese Fassade ist ein Wunderwerk an kraftvoller, bis ins Letzte differenzierter Gliederungskunst, an gelöster Spannung und leichter, flüssiger Bewegung und vor allem an souverän beherrschter Proportion».[53]

 

Der Kirchenraum

Architektur und Ausstattung

Der Bautypus    
Johann Michael Fischer führt ab 1732 einen Kirchenbau weiter, der in dieser Bauart erstmals 1617 für die Jesuitenkirche in Dillingen angewendet wird. Es ist der Typus der emporenlosen Wandpfeilerhalle.[54] Deren Wandpfeiler erlauben eine optimale, indirekte Belichtung und ergeben einen Kulissenraum, der mit der Aufstellung der Altäre an den Wandpfeilern das vielzitierte «Theatrum sacrum» hervorruft. Noch 1720 vollendet Domenico Mazio in Aldersbach ein Langhaus in gleicher Grösse in diesem Typus, gleichzeitig mit dem ersten Baubeginn in Diessen. Fischer findet aber 1731 in Diessen eine begonnene Wandpfeiler-Emporenhalle vor, die nördlich der bestehenden gotischen Kirche bis auf Traufhöhe gebaut ist. Der von Fischer übernommene Grundriss ist ein Rechteck von 61 x 22 Meter, in ähnlicher Länge wie die danebenliegende gotische Querschiff-Basilika. Das Langhaus hat nach einem ersten Emporen-Vorjoch vier Wandpfeilerjoche, dann zieht sich der Bau zu einem quadratischen Chor ein. Dieser ist als Vierung mit angedeutetem Querhaus ausgezeichnet. Das Querhaus ist in Diessen sicher auch eine Reverenz zur gotischen, beim Neubau noch parallel stehenden Vorgängerkirche. Die Art dieser Querhausausbildung innerhalb eines kompakten Baukörpers wird schon seit dem 16. Jahrhundert angewendet.[55] Dem geschlossenen Rechteck-Baukörper ist eine halbrunde Apsis als Altarraum angefügt.
Fischer beginnt also 1732 mit dem Umbau eines Neubaus. Es scheint fast, als würde er erst unter solchen Voraussetzungen zu Höchstleistungen angespornt, denn derart beginnt er ab 1741 auch in Zwiefalten und 1748 in Ottobeuren mit den Neubauten.
In Diessen baut er die begonnene Emporenhalle zu einer reinen Wandpfeilerhalle um, indem er die bereits gebauten Emporen abbricht und dann dem Baukörper seinen Stempel aufdrückt.
  Eindrücklich zeigt der Vergleich des Langhaus-Querschnitts von Diessen mit demjenigen von Aldersbach die Meisterleistung Fischers. Obwohl er die ursprüngliche, durch die Emporen bedingte Zweigeschossigkeit der Fassaden beibehält und sie für ein durchlaufendes Gebälk nutzt, dessen Architrav genau in der Raumhöhen-Mitte liegt, lenkt er nicht weniger Licht in den Raum. Dies erreicht er durch das Einfügen einer Attikazone, die über dem stark vorspringenden Kranzgesims «balusterförmig schwellende Attikastücke –ein Markenzeichen von Diessen»[56] aufweist und den Gewölbe-Fusspunkt um zwei Meter anhebt. Damit bewirkt er auch eine leicht hufeisenförmige Form der Gewölbetonne. Wie schon in Osterhofen schwingen auch in Diessen die Gurtbögen der Quertonnen in den Raum vor. In den drei Mitteljochen des Hauptgewölbes verzichtet Fischer zugunsten des Gemäldes auf Gurtbögen.  
Querschnittvergleiche der ehem. Stiftskirche
Diessen mit der ehem. Abteikirche Aldersbach


 
Ein völlig anderes Bild bietet der Chorraum. Schon der Einzug weist anstelle der kannelierten Pilaster an den Wandpfeilerstirnen Stuckmarmor-Dreiviertelsäulen auf. Sie sind Teil von vier Säulenarkaden, die über Pendentifs die Rundkuppel tragen und zu den beiden Querarmen und dem Altarraum überleiten. Die Rundkuppel setzt hoch an und hat ihren Scheitelpunkt 4,50 m über demjenigen des Langhaus-Gewölbes. In die Querarme sind im unteren Teil optisch freie Einbauten mit balkonartigen Auskragungen in der Brüstung hineingestellt. Wie bei der Orgelempore, wo diese Balkone noch ausgeprägter sind, zeigt sich hier die entwerfende Hand Cuvilliés. Ein grosses Fenster im Nordquerarm sorgt für eine gute indirekte Belichtung der Vierung.

Die Stuckaturen
Die Stuckaturen und Stuckmarmorarbeiten von Franz Xaver und Johann Michael Feichtmayr, in Arbeitsgemeinschaft mit Johann Georg Üblher, stehen am Übergang von der Régence in das Rokoko und zeigen starken Einfluss von François Cuvilliés, der auch für den Beizug des vorher in Alteglofsheim und in der Residenz mit ihm zusammenarbeitenden Üblher verantwortlich ist. Im bildhaften Einheitsraum und in der Stuckatur beginnt die Hinwendung zum Rokoko erstmals in einem Kirchenbauwerk. Das mit der Amalienburg[57] im höfischen Bereich schon vorweggenommene Rokoko ist in Diessen allerdings erst spürbar, so am frühen Aufgeben der Symmetrie in den Einzelformen und in der ersten Anwendung der Rocaille durch Cuvilliés und Üblher. Die Stuckateur-Arbeiten von Diessen werden in der Regel wenig gewürdigt. Man stelle sich aber den Innenraum von Diessen ohne die Kartuschen und das Bandelwerk, ohne die phantasievollen Kapitelle, ohne die Figuralplastiken der Balkone und der Gewölbe, und ohne die Stuckmarmorarbeiten vor – dann erfasst man den hohen Wert der Stuckaustattung, die noch heute von Kunsthistorikern lieblos als Dekoration bezeichnet wird.

Die Fresken
Mit den Stuckateuren kommt auch Johann Georg Bergmüller nach Diessen. Durch die Wahl dieses Malers setzt Propst Herkulan ein Zeichen. Sein ikonologisches Bildprogramm umfasst für die grossen Gewölbefresken des Langhauses auschliesslich geschichtliche Themen. Für den bereits als Decken-Historienmaler bekannten Augsburger Akademiedirektor scheinen die Themen deshalb wie zugeschnitten. Diessen wird das Hauptwerk Bergmüllers. Er malt hier ein grosses Mittelbild über drei Joche, zwei Breitbilder in die angrenzenden Joche des Langhauses und das Kuppelfresko im Chor. Alle Quertonnenflächen bleiben unbemalt. Die Qualität des Innenraums von Diessen lebt auch von dieser Reduktion und der Betonung der Hauptrichtung zum Altar. In den Bildern öffnet sich über dem realen Kirchenraum der Blick nach oben in einen historischen Ereignisraum, in dem ganz oben in Wolkengebilden die Zuständigen des Himmels schweben.
Das grosse Mittelbild ist zweisichtig angelegt. In seiner Mitte wachen in Wolkengebilden die Patrone Diessens mit der Himmelskönigin über den historischen, terrestrischen Ereignisraum mit der Stiftung des Klosters 1132 und mit der Aufnahme der sel. Mechthild von Diessen in das Frauenkloster St. Stephan. Dieser Bildteil muss bereits in Richtung Empore betrachtet werden. Über der Empore ist dann auch das Bild mit der Auffindung der Gebeine des sel. Rathard zu sehen. Das Fresko im Gewölbejoch vor dem Chor stellt die Gründung des Klosters St. Georg durch den sel. Grafen Rathard im Jahr 815 unter der im Himmel schwebenden «Divina Providentia» dar. Im Kuppelgemälde versammeln sich die Heiligen und Seligen des Hauses Diessen-Andechs in der Art eines barocken Heiligenhimmels um den im Scheitelpunkt schwebenden Christus. Das dank des hohen Triumphbogens und der Höhenlage der Kuppel auch in der vorderen Langhaushälfte lesbare Kuppelgemälde bildet den Abschluss der barocken Geschichtslektion, die schon für die Einweihung 1739 unter dem Titel «Der neue Himmel zu Diessen» Thema der Festpredigt ist.
Alle Gewölbemalereien in Diessen sind von Bergmüller «al fresco», das heisst, in den nassen Putz gemalt.
Mehr zu den Inhalten der Gewölbefresken siehe in den nebenstehenden Bildbeschrieben .

Die Altarausstattung
Sechs Wandpfeileraltäre, zwei leicht eingerückte Seitenaltäre und der mächtige Hochaltar sind vom eintretenden Besucher in der Art einer barocke Szenographie sofort ablesbar. «Nach dem von Eingangsgitter und Orgelbühne gebildeten ersten Rahmen setzen Wandpfeiler Kulissen. Das letzte Langhausjoch mit der Brüstung ist wie ein Orchester dem Chore vorgeschaltet. Zwischen den zwei (wie in Obermarchtal und Aldersbach) näher zusammengerückten Seitenaltären öffnet sich die Chorbühne. Sie liegt auf einer Stufenrampe erhöht, über dem Chorbogen aber ist (wie in Fürstenfeld) ein stuckierter violetter Vorhang aufgezogen. Der Hochaltar stellt nochmals eine eigene Bühne auf der Bühne dar…», schreibt Norbert Lieb.[58]
Die Wirkung der Altarszenographie von Diessen ist vor allem wegen der zurückhaltendend gefassten Stuckaturen im sonst weissen Wandkleid überwältigend. Dieses Farbklima dürfte dem Einfluss Cuvilliés zu verdanken sein und setzt sich vom überschwenglichen Spätbarock der Brüder Asam etwa in Aldersbach klar ab. Unübersehbar sind auch die einheitlichen Fassungen der in Holz ausgeführten Altäre, deren Grundakkord allerdings vom ursprünglichen kühlen Caput mortuum und Hellgrau ins heutige warme Ockergelb und Braunrot gewechselt hat.

Der Hochaltar
Der Konventuale P. Dall'Abaco tritt zur Zeit des Altarbaus in Diessen ein. Er nennt in seiner Chronik den Hofbildhauer Dietrich als Altarbauer und den «Oberhof-Baumeister und Dirrektor Franz Cuivillier» als Entwerfer. Diese Notiz scheint glaubwürdiger als seine Mitteilung eines vollständigen Abbruches der 1722 begonnenen Kirche durch Baumeister Fischer.[59]
Das Hochaltar-Retabel füllt mit rund 13 Meter Breite und 20 Meter Höhe die Apsis-Rundung vollständig aus. Die Mensa mit Tabernakel steht in der Apsismitte frei vor dem Retabel. Dieses nimmt mit seinem wellenförmigen unteren Gemälderahmen den oberen Abschluss des Tabernakels auf, der damit optisch eine Einheit mit dem Retabel bildet. Dies gilt auch für die vier Kirchenväter, deren zwei, Ambrosius und Augustus, weit vor der Mensa auf Podesten platziert sind, während Gregor und Hieronymus zwischen den vorderen Säulen des Hochaltar-Retabels stehen. Die Kirchenväter wirken, wie schon der Tabernakel, trotz ihrer Distanz von fünf Metern als Teile des Hochaltars.
Das Retabel ist zweischichtig aufgebaut. Zwei Säulenpaare stehen frei auf den übereck in den Raum vorspringenden Piedestalen. Diese vier Säulen bilden die die vordere Ebene. Sie sind die optische Rahmung des mit der hinteren Ebene verbundenen Altarblattes, einem Werk des Hofmalers Balthasar Augustin Albrecht mit der Himmelfahrt Mariens. Diese vordere Ebene und das Altarblatt ist von den angrenzenden Fenstern hell belichtet, während die hintere Ebene mit einem vertieften weiteren Säulenpaar im Halbdunkel bleibt. Die Gesamtform des Altars ist eine Säulenädikula mit einem äusserst reichplastischen Oberstück der Dreifaltigkeit, welche in Bezug zum Altarblatt in Erwartung der Aufnahme Mariens stehen.
Der Diessener Hochaltar ist als noch immer funktionierender Wandelaltar gebaut. Das Hochaltarblatt kann versenkt werden und legt eine gut zwei Meter tiefe Bühne frei, in deren gemalten Kulissen anlässlich der Höhepunkte des Kirchenjahrs wechselnde Szenen gezeigt werden.

Seitenaltäre und Wandpfeileraltäre im Langhaus
Zur Lage der Langhausaltäre, ihren Patrozinien und den Malern der Altarblätter siehe den nebenstehenden Grundriss der Stiftskirche.

Die beiden Seitenaltäre sind, ganz im Sinne des «Theatrum sacrum», nach innen gerückt. Sie sind Werke des während der Ausführung verstorbenen Augsburger Bildhauers Ehrgott Eberhard Bendl und seines Nachfolgers Aegid Verhelst. Ihre Säulenretabel wirken mit übereck gestellten Säulen und einem reichplastischen Oberstück wie kleine Brüder des Hochaltars.

Vier der sechs Wandpfeileraltären sind Werke von Aegid Verhelst. Es sind klassische Ädikularetabel mit übereck gestellten Pilastern. Im Auszug des gesprengten Giebels ist zusätzlich zum darunterliegenden Altarblatt ein Ovalbild, meist des gleichen Malers, zu sehen.  Hervorragend sind die Figuralplastiken und ihre Einfügung ins wahrscheinlich von Cuvilliés orchestrierten Altarkonzept.

Von allen neun Altarretabeln der Stiftskirche weisen nur die beiden Retabel der mittleren Wandpfeiler ins beginnende Rokoko. Diese Werke von Johann Baptist Straub verzichten auf jeden architektonischen Aufbau. Sie sind vor allem Rahmungen der etwas grösseren Altarblätter von Pittoni und Tiepolo, belebt durch die jeweils zwei Assistenzfiguren.

Kanzel, Orgel, Gitter
Kanzel
Die Kanzel von Johann Baptist Straub hängt am mittleren Wandpfeiler neben seinem Stephanus-Altar. Der Schalldeckel gleicht einer beschwingten Stoffdraperie. Er ist bekrönt von Engeln und, unter dem in einer Gloriole liegenden Auge Gottes, mit dem Apostel Paulus. Elegant und leicht wirkt die Kanzel vor allem aus der rückwärtigen Sicht mit ihrem Treppenaufgang.

Orgel
Der Orgelprospekt auf der Westempore steht im Gegenlicht der drei Westfenster. Er verdeckt das Mittelfenster in der unteren Hälfte mit einem niederen fünfteiligen Pfeifenwerk. Zwei flankierende Türme bilden den Abschluss und lassen die äusseren Fenster frei. Musizierende Engel bekrönen die Türme, die oben mit einer von Putti besetzten Spange verbunden sind. Der Prospekt wirkt auf der grossen Empore bescheiden, was vielleicht mit ihrer Nutzung als klösterlicher Psallierchor zusammenhängt.[60] Das Orgelwerk des Orgelbauers Kaspar König von 1739 mit 24 Register (II/P/24) wird 1878 und 1959 umgebaut. Seit einem Neubau 1987 umfasst es nun 39 Register (IV/P/39).

Gitterabschluss des Vorraums
Schon zur Klosterzeit wird die Kirche mit einem Gitter unter der Empore verschlossen, das heute auch ausserhalb der Gottesdienste für die Besucher geöffnet wird. Es ist ein Werk des Münchner Kunstschlossers Marx Krinner von 1739 in feinster Régence. Dominant prangt in der Mitte das Stiftswappen, überhöht von Inful und Krone.

Literatur
Bezold, Gustav von, und Riehl, Berthold: Die Kunstdenkmale des Regierungsbezirkes Oberbayern, I. Theil. München 1895.
Hugo, Joseph Anton: Chronik des Marktes und der Pfarrei Diessen. Diessen 1901.
Rupprecht, Bernhard: Diessen, in: Die bayerische Rokoko-Kirche. Kallmünz 1959.
Lieb, Norbert: Barockkirchen zwischen Donau und Alpen. München 1953.
Fried, Pankraz: Landgericht Landsberg und Pfleggericht Rauhenlechsberg. München 1971.
Fried, Pankraz und Haushofer, Heinz: Die Ökonomie des Klosters Diessen. Das Compendium Oeconomicum von 1642. Stuttgart 1974.
Dietrich, Dagmar: Ehem. Augustiner-Chorherren-Stift Diessen am Ammersee. Grosser Kunstführer. München-Zürich 1986.
Dischinger, Gabriele und Peter, Franz (Hrsg.): Johann Michael Fischer, Bd. I, Tübingen 1995
Dischinger, Gabriele (Hrsg.): Johann Michael Fischer, Bd. II. Tübingen / Berlin 1997.
Reuter, Guido: Der Hochaltar der ehemaligen Augustinerchorherren-Stiftskirche in Diessen am Ammersee, in: Barocke Hochaltäre in Süddeutschland 1660–1770, Petersberg 2002.
Dhein, Friederike: Diessen am Ammersee und seine Wasserversorgung, in: Landsberger Geschichtsblätter 2006.
https://historischerverein-landsberg.de/Geschichtsblaetter/aeltere-Jahrgaenge/
Dietrich, Dagmar: Johann Evangelist Holzer und die «sakrale Gemäldegalerie» des Propstes Herculan Karg im ehemaligen Augustiner-Chorherrenstift Diessen am Ammersee, in: Landsberger Geschichtsblätter 2010.
Dietrich, Dagmar: Die Gebrüder Asam und der Hochaltar der Augustiner-Chorherren-Stiftskirche Diessen am Ammersee, in: Landsberger Geschichtsblätter 2013.

 

Anmerkungen

[1] «Bevor man, wie es in der Forschung üblich ist, dem Chronisten aufs Wort glaubt, sollte man fragen, was er wollte» (Arno Borst in «Ritte über den Bodensee»).
Die Klosterchronisten von Diessen nennen Daten und Personen zur Gründungsgeschichte, für die entsprechende Quellen fehlen. Gründer von St. Georg soll um 815 der selige Graf Rathard sein. 955 wird eine Klosterzerstörung durch die Ungarn gemeldet, die als Hunnen bezeichnet werden. 1020 soll das zerstörte Kloster wieder aufgebaut sein. Was diese Überlieferung sicher will, ist eine Einreihung von Diessen in die zu karolingischer Zeit gegründeten Nachbarklöster Benediktbeuern, Wessobrunn oder Schäftlarn. Sicher hat diese Klosterüberlieferung wie jede andere Gründungslegende auch einen historischen Kern. Nur werden die leider erfundenen Daten und Zusammenhänge noch heute «aufs Wort geglaubt». Dies führt dazu, dass Reste eines vielleicht hochmittelalterlichen Vorgängerbauwerks von St. Georg als «Ratharduszelle» des Jahres 815 zugänglich gemacht sind, der «Dehio» die Kirche «an der Stelle eines um 815 vom Sel. Rathard gegründeten Kollegiatstiftes» beschreibt und in der Denkmalliste berichtet wird, der um 1500 gebaute Sakralbau sei über karolingischem Vorgängerbau errichtet.

[2] Noch 1157 vermacht Graf Heinrich von Diessen und Wolfratshausen sein ganzes Besitztum, zu dem nebst Diessen (der spätere Marktort) auch der grosse Diessener Forst zählt, dem Chorherrenstift.

[3] Das Jahr 1132 ist das einzige dokumentierte Datum zur Neugründung des Stifts.

[4] Die Stephanskirche soll gemäss älterer, aber ebenso unzuverlässiger Überlieferung Klosterkirche eines Frauenstifts sein, das von der 1020 verstorbenen sel. Gräfin Kunissa von Diessen gegründet worden sei. Diese Kirche der Salierzeit müsste am gleichen Ort wie ihr um 1465 gemeldeter Neubau gesucht werden. In den Ansichten des Klosters im Zustand von 1545 und 1606 ist ein kapellenartiges Bauwerk in der östlichen Fortsetzung des alten Konvent-Südflügels dargestellt. In der Ansichten von 1654 ist die Kirche an gleicher Stelle gotisch geprägt und hat einen Turm mit barockem Zwiebelhelm. Sie wird um 1681 während des Konventneubaus abgebrochen.

[5] Mechtild von Diessen-Andechs (um 1125–1160). Sie wird als Selige verehrt. In Diessen ist sie von ungefähr 1147–bis 1153 Oberin, um dann für sieben Jahre als Oberin des Frauenstifts Edelstetten zu wirken.

[6] Simon Wörle oder Wehrlin (1582–1648) aus Landsberg. Propst in Diessen 1611–1648. Er flüchtet während des Krieges 1632–1648 viermal ins Kloster Neustift in Brixen, wo er bei einem späteren Besuch stirbt. In Diessen führt er die tridentinische strengere Regel ein ist aber auch der erste überragende Bauherr.

[7] Compendium Oeconomicum des P. Wilhelm Reittorner von Schöllnach (siehe Literaturverzeichnis). An Baukosten notiert er von 1622–1631 die Gesamtsumme von 25 809 Gulden. Darin sind auch Bauausgaben in der Herrschaft enthalten. 1622 beginnt der Propst vorerst mit der materialmässigen Bauvorbereitung. Er baut eine neue Klosterziegelei. Er beginnt die Bauarbeiten mit den neuen Mühlen und baut anschliessend das neue Bräuhaus (1624). Die Hauptausgabe von 3067 Gulden verursacht 1627 der nördlich der Kirche gelegene Ostflügel des Ökonomiehofs, der mit rund 58 Meter Länge als Traidkasten (im Obergeschoss) und als Marstall für 50 Pferde (im Erdgeschoss) gebaut wird. Der 1628 gebaute Nordflügel mit Eingangsturm kostet 3916 Gulden.

[8] Anton Iglmayr (1595–1673) aus Überlingen. Propst in Diessen 1648–1673. Er tritt erst 1627 als bereits geweihter Priester ins Kloster und bleibt auch während der Schwedenzeit Seelsorger und Betreuer der Pestkranken.

[9] Renatus Sonntag (1622–1690) aus Waldsee, Propst in Diessen 1673–1690.

[10] Michael Thumb (1640–1690) aus Au im Bregenzerwald. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[11] Michael Natter (1649–1719) aus Au im Bregenzerwald. Palier von Michael Thumb. Er löst ihn in Diessen 1684 als Baumeister ab und heiratet hier 1685 die Tochter des Äusseren Rats Elisabeth Pintner. In Landsberg am Lech wird er später bürgerlicher Baumeister.

[12] Dionysus von Rehlingen ist 1658–1692 Propst des Reichsstiftes Wettenhausen. Michael Thumb baut für ihn die Wettenhausener Stiftskirche (1670–1687), anschliessend auch den Gästetrakt und den Prälaturbau des Klosters. Als Visitator aller Chorherrenstifte des Bistums Augsburg ist er mit dem Propst in Diessen bekannt. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[13] Andreas Sedlmayr (1640–1719) aus Berghausen bei Freising. Propst in Diessen 1690–1719.

[14] Der Krieg auf bayerischem und schwäbischem Boden wird 1702 durch den Kurfürsten Max II. Emanuel ausgelöst, der sich mit Frankreich gegen Österreich und das Reich verbündet. 1703 muss er sich aus dem kurzfristig eroberten Tirol zurückziehen und lässt das Oberland den nachrückenden Tiroler Bauern offen. 1704, nach der bayerischen Niederlage gegen die Alliierten in Höchstädt, flüchtet er für 10 Jahre in französische Obhut. 1704–1714 ist Bayern unter österreichischer Verwaltung.

[15] Ivo Baader (1685–1728) aus Indersdorf. Propst in Diessen 1719–1728.

[16] Planer und ausführender Baumeister sind bis heute unbekannt. Auch das Datum des Baubeginns basiert auf der in Bausachen völlig unzuverlässigen Chronik des Paters Dall'Abaco (siehe dazu die Anmerkung 20). Dass an Fundamenten und Aussenmauern acht Jahre gearbeitet wird, kann ausgeschlossen werden. Der Bau der Wandpfeilerhalle muss aus unbekannten Gründen, am ehesten wegen mangelnder Finanzen, schon früh eingestellt worden sein, oder wird erst viel später begonnen. Weil der spätere Propst Herculan Karg im Kloster als Ökonom an den Entscheiden der 1720er-Jahre mitbeteiligt ist, dürfte ein Baustopp erst nach der Wahl Kargs zum Propst (1728) eine Erfindung der Historiker sein.

[17] Herculan Karg (1691–1755) aus Innsbruck. Er ist Sohn eines Hofmusikers. Gefördert von P. Maximilian Rassler SJ, dem Professor für Kirchenrecht in Innsbruck und vorherigen Kanzler in Dillingen, kommt der Knabe wegen seines musikalischen Talents nach München, wo er im Gregorianischen Seminar der Jesuiten studieren kann. 1712, mit schon 21 Jahren, tritt er in Diessen ein und studiert in Ingolstadt Theologie und Philosophie. 1717 feiert er Profess und ist im Stift Diessen Lehrperson und Ökonom (Prokurator). 1728–1755 ist er Propst in Diessen.

[18] Johann Michael Fischer (1692–1766) aus Burglengenfeld, Baumeister («Maurermeister») seit 1723 in München. Mehr zu Johann Michael Fischer siehe in der Biografie dieser Webseite.

[19] Zu Osterhofen siehe den Baubeschrieb in dieser Webseite. Der Baubeginn in Osterhofen gleicht demjenigen von Diessen. Baumeister Rizzi wird hier auf Empfehlung des Kurfürstlich-Geistlichen Rates durch Fischer verdrängt. Dieser preist in seiner Konkurrenz-Bewerbung zu Osterhofen vor allem die finanziellen Vorzüge der (deutschen) Wandpfeilerhalle gegenüber der (italienischen) Wandpfeilerbasilika.
Eine zweite Reise unternimmt Propst Herculan in Begleitung seines Ökonoms und eines weiteren Konventualen im Spätherbst 1733 nach Brixen und Bozen, sicher wegen ihrer Weingüter im Südtirol, aber auch zur Besichtigung von Kirchen, nun für die Wahl der Stuckateure und Maler.

[20] Der Chorherr Joseph (Ferdinand) Dall'Abaco (1718–1792) beschreibt in seiner Chronik, dass Fischer den Grund belassen, «was aber von Gemäur ausserhalb demselben aufrecht stunde», abgetragen habe. Der Musiker Dall'Abaco tritt 1739 in Diessen ein. Er kann deshalb das Baujahr 1732 nur durch Hörensagen kennen und schreibt die Abläufe erst Jahrzehnte später auf. Trotzdem ist sein Text die Grundlage aller Schilderungen des Bauablaufs, insbesondere des vorgängigen Abbruchs aller Wandkonstruktionen durch Fischer. Die Hörensagen-Mitteilung von Dell'Abaco könnte vielleicht auch so verstanden werden, dass 1732 Fischer die vom Vorgänger begonnenen Seitenemporengewölbe und Quertonnen abbaut, alte Fensteröffnungen zumauert und die Wandpfeiler verändert. Dies würde dem Baubefund 1983 von zugemauerten Fensteröffnungen entsprechen. Nach der Mitteilung des Propstes im Gesuch vom August 1733 beim Münchner Geistlichen Rat bleibt nämlich selbst das Baugerüst des Vorgängerbaus stehen.
An der neueren Aussage der Kunsthistorikerin Dagmar Dietrich (S. 188 in Band I 1995), dass Baumeister Fischer 1732 alle Aussenmauern abbricht, sie dann mit Emporen doppelgeschossig aufrichtet, um anschliessend ab Herbst 1733 seine neuen Wände wieder aufwändig umzubauen, darf ruhig gezweifelt werden. Dagmar Dietrich schliesst diesen Bauvorgang 1986 im Grossen Kunstführer vernünftigerweise noch selbst aus, ändert aber ihre Meinung 1995 diametral. Abgeleitet von Arno Borst (Anm. 1) gilt für Diessen offenbar, dass man, wie es in der Forschung üblich ist, dem Chronisten aufs Wort glaubt. Oder steht hinter der Diessener Glaubensfragen auch die Hype um Johann Michael Fischer, dem man gerne den vollständigen Neubau zuschreiben möchte?

[21] Johann Pföderl (1667–1758) aus Königsdorf, Zimmermeister in Bernried. Pföderl ist für Ingenieur-Holzbauten in Oberbayern ein gesuchter Zimmermann und arbeitet auch viel mit Baumeister Joseph Schmuzer zusammen.

[22] François Cuvilliés (1695–1768) aus Soignies bei Mons. Hofbaumeister. Er ist bevorzugter Baumeister der beiden Kurfürsten Clemens August (1729/34 Jagdschloss Falkenlust in Brühl) und Karl Albrecht (Reiche Zimmer der Residenz 1729–1737) Zusammen mit Johann Baptist Zimmermann baut er 1734 die Amalienburg im Garten von Nymphenburg, das Inkunabel-Bauwerks des höfischen süddeutschen Rokokos. Siehe zu Cuvilliés die Biografie in dieser Webseite.

[23] Gabriele Dischinger in: Johann Michael Fischer Band II, 1997.

[24] Siehe Anmerkung 20. Fischer baut immer sehr rationell und dem Propst hätten für solche Spielchen die Mittel gefehlt. Zudem wäre der Gewölbebau 1733 bei einer derartigen Bauverzögerung nicht mehr möglich. Für die Jahre 1734 und 1735 sind aber keine Nachrichten über Bauvorgänge vorhanden.

[25] Johann Georg Üblher (1703–1763) aus Wessobrunn. Schwiegersohn von Joseph Schmuzer. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[26] Franz Xaver I Feichtmayr (1705–1763) aus Wessobrunn, wohnhaft in Augsburg. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[27] Johann Michael Feichtmayr (1710–1772) aus Wessobrunn, Werkstatt in Augsburg. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[28] Johann Georg Bergmüller (1688–1762) aus Türkheim. Akademiedirektor in Augsburg.  Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[29] Johann Joachim Dietrich (1690–1753) aus Au bei München, Kunsttischler und Bildschnitzer. 1736 und 1737 arbeitet er gemeinsame mit Johann Baptist Zimmermann unter der Leitung von François Cuvilliés in der Amalienburg.

[30] Johann Baptist Straub (1704–1784) aus Wiesensteig. Hofbildhauer in München seit 1737. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[31] Ehrgott Bernhard Bendl (um 1660–1738) aus Pfarrkirchen, Werkstatt in Augsburg. Seine beiden Altar-Retabel  werden von Aegid Verhelst vollendet.

[32] Aegid Verhelst (1696–1749) aus Antwerpen. Zu Aegid Verhelst und seinen Wandpfeileraltären in Diessen siehe die Biografie in dieser Webseite.

[33] Mehr zu den Altarblättern siehe in der Erläuterung zum Kirchengrundriss und den Bildlegenden der Ausstattung.

[3] Kaspar König (1675–1765) aus Ingolstadt.
Zu ihm siehe https://www.deutsche-biographie.de/gnd135811589.html#ndbcontent

[34] Kurfürst Karl Albrecht, Sohn des für die bayerische Unterjochung 1704–1714 verantwortlichen Fürsten, eröffnet gemeinsam mit den Franzosen den Krieg gegen Österreich im Herbst 1741. Seine Truppen stossen über Oberösterreich nach Böhmen vor. In Prag lässt er sich zum Kaiser krönen. 1742 sind die siegreichen Österreicher wieder in Bayern und besetzen München. Erst mit dem Tod des Kurfürsten und Kaisers Anfang 1745 endet der Krieg. Seinem Sohn bürdet er Schulden von 35 Millionen Gulden auf, mehr als das 8-fache des Staathaushalts.

[36] Berthold Wolff (um 1724–1797), Sohn des Augsburger Verlegers (Jeremias?) Wolff. Profess 1742, Priester 1747 (falsches Datum 1727 bei Lindner), Propst in Diessen 1755–1798. Obwohl er 43 Jahre als Propst wirkt, ist über sein  Wirken wenig bekannt. Nur einige Neu- und Umbauten seiner Regierungszeit sind ermittelt. Er arbeitet mit dem Stuckateur Thomas Schaidhauf zusammen (1766 in St. Georg Diessen, 1771 in Grafrath, 1777/80 für St. Johann Diessen).

[37] Ferdinand Grasl (1751–1829) aus Wildenroth, Sohn eines Försters. Profess 1774. Propst in Diessen 1797–1803. Er zieht sich 1803 in ein Privathaus bei St. Georg zurück.

[38] Vielleicht verschuldet durch die Massenvernichtung von Dokumenten 1803, vielleicht auch wegen des Desinteresses der Forschung zur Barockzeit sind, mit Ausnahme der Zahlen im Compendium Oeconomicum von 1642, für die ganze nachmittelalterlichen Jahrhunderte bis 1802 kaum konkrete Zahlen zum Vermögen und nur wenige zum Personalbestand des Stiftes veröffentlicht. Ein Professbuch fehlt. Die Feststellung gilt auch für die Pläne der Konventbauten. Falls vorhanden, sind sie nicht öffentlich zugänglich. Die Literatur zur Klosterkirche ist bis heute umgekehrt proportional zu derjenigen der Kloster- und Ökonomiegebäude.

[39] In «Klöster als Arbeitsgeber um 1800» (1986) beschreibt Dietmar Stutzer die Besitzes- und Finanzsituation 1802 detailliert. Bei den Verbindlichkeiten betreffen allein 23 390 Gulden ein Transferdarlehen an das durch den Bau der Wieskirche hochverschuldete Kloster Steingaden. Stutzer bemerkt dazu, «dass Diessen zusammen mit den Nachbarklöstern in erheblichem Umfang indirekt an der Finanzierung der Wieskirche beteiligt war». Er weist auch auf die Mühen der Aufhebungskommissare mit der Bewertung von Sakralbauten hin. So bewerten sie die Stiftskirche Diessen mit 8000 Gulden, die zu Diessen gehörende Wallfahrtskirche Grafrath mit 9000 Gulden und die Wallfahrtskirche Wies des Klosters Steingaden sogar mit 20 000 Gulden. Offenbar gehen die Kommissäre um diese Zeit noch vom Ertragswert aus, der bei Wallfahrtskirchen höher liegt. Als dann die Wallfahrten verboten werden, wird die Wies 1806 nur noch auf 2519 Gulden geschätzt. Mehr dazu unter https://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV000407806

[40] Noch 1851 werden von der Kirchenverwaltung 576 Pfund Musikhandschriften, «weil unbrauchbar für die heutige Zeit», als Altpapier verkauft.

[41] St. Martin auf dem Vogelherd (20 Wegminuten südlich des Klosters) soll das älteste Gotteshaus Bayerns gewesen sein. Nebst der ehemaligen Pfarrkirche St. Georg bleiben folgende Filialkirchen bestehen: Die Kirche St. Alban (am See, 30 Wegminuten nördlich des Klosters), sie wird bei der Versteigerung durch den letzten Propst erworben. Die Kirche St. Johann (20 Minuten östlich des Klosters) wird als Friedhofskirche von der Markgemeinde übernommen.

[42] Die erste grössere Restaurierung des Innenraums mit grossflächigen Überarbeitungen der Fresken findet 1884 statt. Weitere Teilrestaurierungen des Innenraums erfolgen 1907–1909 und 1930–1937. Die originalen Fassungen der Altäre verschwinden bei diesen Restaurierungen, das Farbklima der letzten grossen Restaurierung in den 1980er-Jahren bedeutet lediglich eine Annäherung an den Originalzustand und eine konservierende Beibehaltung der veränderten Altar-Fassungen.

[43] Hugo 1901, S. 97: «Der gegenwärtige Turm, welcher weder mit dem Stil noch der Grösse der Kirche in Harmonie steht, wurde nach den Plänen des Kreisbaurates von Thiersch in den Jahren 1846–1848 erbaut und kostete 18 000 Gulden». Wahrscheinlich ist der genannte «von Thiersch» der königliche Bezirksingenieur Max Freiherr von Duersch. Der unpassende Spitzhelm erklärt sich aus der damals den Barock ablehnenden Strömung.

[44] Die Verschiebung des Turms in die Kirchenfassade ist offenbar 1986/88 nicht kommuniziert worden, denn alle Publikationen zeichnen ihn immer noch freistehend an der Stelle von 1848–1986, vier Meter südlich der Fassade.

[45] Die Knabenschule ersetzt die alte klösterliche Schule an der Judengasse (heute Schützenstrasse). Diese wird 1803 an Private verkauft.

[46] Schon 1901 ist dem Chronisten Hugo die Lage der alten Klosterbrauerei nicht mehr bekannt, wenn er den Teilabbruch des Konvent-Westflügels «zwischen der jetzigen Schule und Klosterbrauerei» beschreibt. Und über einen Brand im von ihm bereits «Klosterbräuhaus» genannten Konvent-Erdgeschoss (1826) schreibt er: «Es brannte zwei Tage und zwei Nächte in den Gängen. Pfarrhaus und Kirche schwebten in grosser Gefahr von dem Brande ergriffen zu werden». Die alte, 1624 erbaute Brauerei liegt aber zu dieser Zeit noch in der westlichen Hälfte des Ökonomie-Südflügels. Heute sind von ihr als Fassaden-Relikt noch einige Fensterachsen im 1895/1904 an dieser Stelle gebauten Elektrizitätswerk zu sehen.

[47] Die Neubauten sind 2016 eingeweiht worden. Sie sind der Ersatz für Altbauten einer 1867 durch Dominikanerinnen aus Landsberg an dieser Stelle begründeten Mädchenvolksschule. Den Neubauten fällt ein bestehender zweigeschossiger und fünfachsiger «Prälatenbau» zum Opfer. Obwohl der abgebrochene Bau im Bereich der Wirtschaftsbauten des Klosterhofs liegt, ist er zur Klosterzeit noch nicht vorhanden.

[48] Die alte Kirche St. Stephan, deren Patrozinium nun dem umgewandelten Marstall gilt, ist an der Stelle des S-O–Eckbereichs der ehemaligen Konventbauten zu suchen. Sieh dazu den Lageplan.

[49] Die Pergamentmalerei ist in Jahrgang 2006 der Landsberger Geschichtsblätter abrufbar, unter  https://historischerverein-landsberg.de/Geschichtsblaetter/aeltere-Jahrgaenge/

[50] Der Verfasser des umfassenden Werkes, Pater OA Augustin Erath, ist Konventuale von Wettenhausen. Er übersetzt das Werk von Filippo Picinello aus dem Italienischen ins Lateinische. Die Vogelschau des Klosters Diessen fügt er in Liber XII, Cap. XVIII «Gemma» auf Seite 695 ein. Eine Hand hält aus den Wolken den gefassten Edelstein mit der Überschrift «lucet et ornat» (es glänzt und schmückt) über dem Kloster. Obwohl das Buch erst 1687 erschienen ist, muss der Stich bereits vor 1681 entstanden sein, da in diesem Jahr der unterzeichnende Stecher Johann Heinrich Löffler gestorben ist. Folglich sind dort auch die umfassenden Veränderungen der Konventgebäude nach 1681 noch nicht dargestellt. Hingegen sind die neuen Turmhelme von 1678 auf Kirchturm und Torturm schon eingetragen.

[51] Rottenbuch: Planung Antonio Riva 1694. Verwirklichung erst ab 1737 durch Joseph Schmuzer. Siehe dazu https://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Werke/h-r/Rottenbuch.html

[52] In der ovalen Flachnische über dem Eingangsportal steht die Marmorbüste der Kirchenpatronin von Aegid Verhelst.
Die Wappenkartusche im Frontispiz ist ein erstaunlich gut erhaltenes Schnitzwerk der Régence. Es enthält das Klosterwappen, in Blau einen goldenen Adler über einem goldenen Löwen. Es ist das Wappen der Grafen von Andechs, immer mit umgekehrter Stellung der Figuren.
In der Nische der Giebelfassade steht der Hl. Augustinus in Bronze. Der Bildhauer ist unbekannt.

[53] Bernhard Schütz in «Die kirchliche Barockarchitektur in Bayern und Oberschwaben 1580–1780», München 2000.

[54] Siehe zu den Typen der Wandpfeilerkirchen das Glossar in dieser Webseite, Buchstabe W.

[55] In Aldersbach ist der gotische Chor übernommen. Die Lösung mit dem angedeuteten Querschiff ist vor allem in Wandpfeiler-Emporenhallen Usanz (z. B. Bamberg St. Martin 1686, Disentis 1696, Speinshart 1692, Donauwörth 1717). Die Lösung stammt von den Wandpfeiler-Basiliken des römischen Typus wie Santa Maria della Scala (1594), die zum Vorbild der Karmelitenkirchen in Würzburg oder Regensburg wird, sie ist aber schon in St. Michael München 1593 ablesbar und wird von den Dientzenhofer noch 1685 in Waldsassen angewendet. In Donauwörth deutet Joseph Schmuzer 1717 das Querschiff durch das Weglassen der Emporen beidseits der Vierung (vor dem Chor) an.

[56] Bernhard Schütz in «Die kirchliche Barockarchitektur in Bayern und Oberschwaben 1580–1780», München 2000.

[57] Zur Amalienburg (1734–1737) von François Cuvilliés und Johann Baptist Zimmermann siehe den Beitrag «Die Amalienburg im Schlossgarten von Nymphenburg» in dieser Webseite unter https://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Werke/h-r/Nymphenburg_Amalienburg.html

[58] Norbert Lieb 1953. Zu seinen Vergleichen mit Obermarchtal (Altarausstattung 1690–1701), Fürstenfeld (Stuck 1718 Appiani) und Aldersbach (Altarausstattung 1720–1729) siehe die Baubeschriebe in dieser Webseite.

[59] Siehe Anmerkung 20. Die Nennung des Hofbildhauers Johann Joachim Dietrich kann nicht aus der Luft gegriffen sein. Die Kunsthistorikerin und Namensgenossin Dagmar Dietrich vermutet in mehreren Aufsätzen (siehe Literatur) eine vorgängige Planung der Brüder Asam (bis 1732). Ihre stilvergleichende Ableitungen basieren auf dem von Propst Herculan gehaltenen Bauplan in seinem Porträt. Sie ist sich deshalb völlig sicher, dass der 1736–1738 geschaffene Hochaltar ein überarbeiteter Asam-Entwurf ist. Sogar «ein Asam'sches Altarmodell und Bozzetti des Egid Quirin Asam für den Diessener Hochaltar» sind für sie Tatsachen. Stilvergleiche genügen aber für derartige Aussagen nicht.

[60] Für Diessen ist kein Chorgestühl bekannt. Die Platzierung des Konventes an feierlichen Anlässen im Chorraum dürfte mobil erfolgt sein. Die Westempore dient als Psallierchor, hat aber wahrscheinlich nur ein einfaches Gestühl.

 



Ehemaliges Augustiner-Chorherrenstift und Stiftskirche Mariä Himmelfahrt in Diessen am Ammersee
Titelbild Kirche innen
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
Diessen am Ammersee Kurfürstentum Bayern
Bistum (18. Jh.) Baubeginn
Augsburg Ökonomiehof 1624
Konventbau 1681
Kirche 1732
Bauherr und Bauträger
Propst OA Simon Wörle (reg. 1611–1648)
Propst OA Renatus Sonntag (reg. 1673–1690)
Propst OA Herkulan Karg (reg. 1728_1755)
 
Innenraum der ehemaligen Stiftskirche mit ihren Altären und Deckenfresken in der Art eines «Theatrum sacrum». Foto: Bieri 2022.
Fassade
Die Westfassade der Kirche (um 1739/40) und der Kirchturm von 1986/88. Foto: Bieri 2022.
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Diessen und der Ammersee in Apians « Bairische Landtafeln» 1568 (Tafel17). Diessen liegt in der Mitte des Kartenausschnittes. Links oben Landsberg am Lech, rechts unten Weilheim. Quelle: Bayerische Staatsbibliothek.
Im 1807 erschienenen «Strom-Atlas von Baiern» des Obersten von Riedl (hier Ausschnitt aus dem Plan des Ammersees, Blatt 8 der zweiten Lieferung) ist die Chaussee nach Landsberg inzwischen wichtige Durchgangstrasse und hat dem Strassenkreuz im Markt die Bedeutung genommen. Der Kirchturm des Klosters ist Triangulationspunkt zu den Kirchen am gegenüberliegenden Seeufer (Fischen, Berg Andechs, Rieden, Inning).
Bildquelle: Bayerische Staatsbibliothek. (Link)
Lageplan des Chorherrenstiftes Diessen mit dem Gebäudebestand um 1800. Die heute noch bestehenden Gebäude sind dunkelblau, die abgebrochenen Gebäuden sind hellblau-grau markiert. In der Vergrösserung sind alle Gebäude mit ihrem Zweck und dem Baudatum  beschrieben. (Für Vergrösserung und Legende anklicken!)
Kirche aussen und ehem. Klostergebäude
Die ehemalige Stiftskirche von Norden gesehen. Foto: Anefre 2022 in Wikipedia.
Der Torturm mit dem links noch vorhandenen Relikt der Ökonomiebauten, vom Klosterhof gesehen. Das Gebäude rechts ist nicht klosterzeitlich. Foto. Andreas Praefcke 2008.
Das einzig verbliebene grössere Gebäude des Ökonomie- oder Klosterhofs ist der ehemalige Marstall (Pferdestall) mit dem Traidkasten (Kornschütte) im Obergeschoss.
Foto: Armatus1995 (2019).
Heute werden die Gewölbe des Marstalls als Winterkirche St. Stephan genutzt.
Foto: GFreihalter 2016.
Noch immer original erhalten ist die Orangerie im ehemaligen Konventgarten (Lageplan Nr. 7.1). Foto: Armatus1995 (2019).
Die Fassade von Johann Michael Fischer
«Diese Fassade ist ein Wunderwerk an kraftvoller, bis ins Letzte differenzierter Gliederungskunst, an gelöster Spannung und leichter, flüssiger Bewegung und vor allem an souverän beherrschter Proportion» (Bernhard Schütz). In dieser Foto ist der 15 Meter hinter der Fassade liegende Kirchturm wegretuschiert. Foto: Bieri 2007.
Ausschnitt der Mittelfelder mit dem Wappenfrontispiz der konvex vorschwingenden Ädikula des Hauptgeschosses und der Nischen-Ädikula des Giebelgeschosses. In der Nische der Giebelfassade steht der Hl. Augustinus in Bronze. Der Bildhauer ist unbekannt. Foto: Bieri 2022.
Die Marienbüste über dem Hauptportal ist ein Werk von Aegid Verhelst. Foto: Bieri 2022.
Der Kirchenraum
Grundriss der ehemaligen Stiftskirche mit Eintragung der Altäre. Für Vergrösserung und Erläuterungen anklicken! .
Querschnitt der Kirche im Langhaus. Die eingetragene Geometrie zeigt die Ausgewogenheit der Tektonik, der Mittelpunkt liegt genau über dem Architrav.
Innenraum mit Blick zum Chor. Im Vordergrund die beiden Altäre und die Kanzel von Johann Baptist Staub. Sechs Wandpfeileraltäre (hier vier sichtbar), zwei leicht eingerückte Seitenaltäre und der mächtige Hochaltar sind vom eintretenden Besucher in der Art einer barocke Szenographie sofort ablesbar. Mehr zu den Altären siehe in den Bildbeschrieben unten und im Grundriss. Foto: Bieri 2022.
Innenraum mit Blick zur Orgelempore und dem Orgelprospekt von 1739. Foto: Bieri 2022.
Blick zur Südseite des Innenraums mit dem durchlaufenden Gebälk und der Attikazone über dem Kranzgesims der Wandpfeiler. Die anschwellenden Baluster dieser Attikazone erzeugen eine Hufeisenform der Gurtbögen, deutlich im Gurtbogen des Chors ablesbar.
Foto: Bieri 2022.
IEinblick in den Chor mit Altarraum und Hochaltar. Mehr zum Hochaltar siehe unten. Foto: Bieri 2022.
Stuckaturen und Deckengemälde
Der Blick ins Gewölbe zeigt die Tektonik der Wandpfeilerhalle mit dem stark auskragenden Kranzgesims und den vorschwingenden Gurtbögen der Wandpfeilertonnen. Die Gewölbefresken von Johann Georg Bergmüller sind, wie schon die Altarorchestrierung, eine Betonung der Längsrichtung mit Hinführung zum Hochaltar. Gurtbögen trennen die Chorkuppel und die Querfresken vom grossen Hauptfresko, das über drei Joche reicht. Foto: Bieri 2022.
Auf dem Chorbogenscheitel sitzen zwei Allegorien der Zeit vor einer Vorhangdraperie. Sie flankieren ein sich drehendes Zifferblatt um den festen Zeiger der goldenen Sonne. Das um die Sonne kreisende Zifferblatt soll das kopernikanische Sonnensystem versinnbildlichen. Es ist zur Barockzeit mit der Turmuhr verbunden. Wie bei der meisten Figuralplastik zeigt sich hier die Hand von Johann Georg Üblher.
Foto: Andreas Praefcke 2008.
In den vier Zwickelkartuschen der Chorvierung sind Stuckreliefs der Kardinalstugenden (hier, in der Nordost-Kartusche die Weisheit mit den Attributen Sonnenscheibe und Fackel mit Schlange). Die Kartuschen sind in ihrer Symmetrie noch der Régence verpflichtet, weisen aber bereits Rocaillen auf. Sie sind vermutlich Arbeiten von Franz Xaver Feichtmayr. Foto: Bieri 2022.
Die acht Stuckmarmor-Dreiviertelsäulen im Chor sind paarweise übereck angeordnet. Mit ihren Kapitellen, dem Gebälk und der Attika nehmen sie die Vorgaben aus dem Langhaus auf. Unter der Zwickelkartusche der Weisheit (oben) halten hier drei Putti den Wappenschild des Stiftes, den Adler über dem Löwen. Foto: Bieri 2022.
Auch die seitlichen Emporenlogen, hier in Fortsetzung der Emporenbrüstung, sind Zeugnisse der hochstehenden künstlerischen Qualität der Stuckaturen.
Foto: Andreas Praefcke 2018.
Die Stuckaturen der Orgelempore sind die letzten Arbeiten der Wessobrunner in Diessen. Die aufgrund des Chronogramms mit 1740 datierte Mittelkartusche weist mit ihrer Asymmetrie ins Rokoko und bezeichnet gleichzeitig das Ende der Arbeiten in Diessen.
Foto: Andreas Praefcke 2008.
Um das grosse Mittelfresko, das Johann Georg Bergmüller 1736 malt, sind die gleichzeitigen Stuckaturen besonders reich und auch mit Figuralplastik ausgestattet. So sind die Engelhermen, die aus den Zwickeln des zweiten und dritten Langausjoches herauswachsen, Träger des Freskorahmens. Das Gemälde Bergmüllers zeigt vorne (im Bild unten) die Stiftung des Klosters 1132 und (im Bild oben für die Blickrichtung Richtung Empore) die Aufnahme der sel. Mechthild von Diessen in das Frauenkloster St. Stephan. Siehe dazu die beiden Szenenausschnitte unten. In der Gemäldemitte sind die Patrone Diessens um die Himmelskönigin versammelt. Foto: Bieri 2022.
In den östlichen Teil des grossen Langhausfreskos malt Bergmüller die legendäre Gründung des Klosters durch die Grafen Bertold von Diessen-Andechs und Otto von Diessen-Wolfratshausen. Die Gründer stehen beim von Pagen gehaltenen Bild des (barocken) Klosters. Über der Szene ist das römische S. Giovanni in Laterano und der auf dem Thron sitzende Papst dargestellt, wie er die Beglaubigungsurkunde von 1132 überreicht. Foto: Bieri 2022.
Im westlichen, rückwärtigen Teil des Mittelfreskos tritt Mechtildis von Diessen in einer theatralischen Szene, ähnlich eines Bühnenauftritts, in das Frauenkloster St. Stephan ein. Von der Balustrade schauen realistisch gemalte Personen nach unten, vielleicht Propst Herculan und Baumeister Fischer. Die zweitürmige Kirche im Hintergrund ist reine Kulisse und hat mit der im späten 17. Jahrhundert  abgebrochenen Kirche St. Stephan nichts gemein. Foto: Bieri 2022.
Das Bild über der Empore stellt die Auffindung der Gebeine des hier im Himmel schwebenden legendären seligen Grafen Rathard dar, der nach der Klostertradition zur karolingischen Zeit das Kloster St. Georg gründet und dessen Gebeine im 12. Jahrhundert wieder mirakulös aufgefunden werden. Foto: Bieri 2022.
Das Fresko im Gewölbejoch vor dem Chor stellt die legendäre Gründung des Klosters St. Georg durch den sel. Grafen Rathard im Jahr 815 dar. Über der Szene mit dem auf den Bauplan zeigenden Grafen schwebt im Himmel die Personifikation der göttlichen Vorsehung, die «Divina Providentia». Foto: Bieri 2022.
Im Kuppelfresko des Chors versammeln sich 28 Heilige und Selige des Hauses Diessen-Andechs in der Art eines barocken Heiligenhimmels um den im Scheitelpunkt schwebenden Christus. Prominent sind im östlichen, vom Schiff lesbaren Kuppelteil Graf Rathard, Mechtildis, Rasso, Euphemia, Kunissa und Gertrud zu sehen. In den Zwickelkartuschen sind die Stuckreliefs der vier Kardinaltugenden zu sehen, hier die Klugheit und die Gerechtigkeit. Foto: Bieri 2022.
Hochaltar
Zum Hochaltar des Hofbildhauers Dietrich, der wahrscheinlich von François Cuvilliés entworfen ist, siehe den Beschrieb im nebenstehenden Text. Die vier Kirchenväter wirken in der Frontalansicht wie in der gleichen Ebene liegende Assistenzfiguren, obwohl das vordere Paar fünf Meter vor dem Retabel platziert ist.
Foto: Bieri 2022.
Das Altarblatt mit der Himmelfahrt Mariens ist ein Werk des Hofmalers Balthasar Augustin Albrecht und steht im Bezug zur Figurengruppe der Dreifaltigkeit in Erwartung Mariens unter dem Baldachin des Retabel-Oberstückes (oder -Auszuges). Foto: Bieri 2022.
Der Diessener Hochaltar ist als noch immer funktionierender Wandelaltar gebaut. Das Hochaltarblatt kann versenkt werden und legt eine gut zwei Meter tiefe Bühne frei, in deren gemalten Kulissen anlässlich der Höhepunkte des Kirchenjahrs wechselnde Szenen gezeigt werden. Foto: H. Helmlechner 2017 in Wikipedia.
Seiten- und Wandpfeileraltäre
 
Die beiden Seitenaltäre im Vorjoch zum Chor sind Werke von Ehrgott Eberhard Bendl und seinem Nachfolger Aegid Verhelst.
Nord: Rosenkranzaltar (Blatt: Rosenkranzspende von Franz Georg Hermann).
Süd: Kreuzaltar (Blatt: Christus am Kreuz von Georg Desmarées). Fotos: Bieri 2022.
 
Die Wandpfeileraltäre im vierten Joch sind Werke von Aegid Verhelst.
Nord: Mechtildisaltar mit den Aposteln Petrus und Andreas (Blatt: Busse der Maria Magdalena von Johann Andreas Wolff). Mechtildis-Schrein auf der Mensa.
Süd: Augustinusaltar mit den Aposteln Johannes und Jakobus d. Ä. (Blatt: Verzückung des hl. Augustinus von Johann Georg Bergmüller). Rathardus-Schrein auf der Mensa.
Fotos: Bieri 2022.
 
Die mittleren Wandpfeileraltäre im dritten Joch sind Werke von Johann Baptist Straub.
Nord: Stephanusaltar mit den Aposteln Philippus und Bartholomäus (Blatt: Steinigung des hl. Stephanus von Giambattista Pittoni).
Süd: Sebastiansaltar mit den Aposteln Thomas und Matthäus (Blatt: Martyrium des hl. Sebastian von Giambattista Tiepolo). Fotos: Bieri 2022.
 
Die hintersten Wandpfeileraltäre im zweiten Joch sind wieder Werke von Aegid Verhelst.
Nord: Michaelsaltar mit den Aposteln Jakobus d. J. und Judas Thaddäus (Blatt: Engelskampf von Johann Evangelist Holzer).
Süd: Josephsaltar mit den Aposteln Matthias und Simon (Blatt: Tod des hl. Joseph von Balthasar Augustin Albrecht). Fotos: Bieri 2022.

Kanzel und Skulpturen
Die Kanzel von Johann Baptist Straub hängt am mittleren Wandpfeiler. Der Schalldeckel gleicht einer beschwingten Stoffdraperie. Er ist bekrönt von Engeln und, unter dem in einer Gloriole liegenden Auge Gottes, mit dem Apostel Paulus. Foto: Bieri 2022.
 
Von Johann Baptist Straub sind die Assistenzfiguren des Apostels Bartholomäus am Stephanusaltar und des Apostels Thomas am Sebastiansaltar.
Fotos: Rufus46 (2014) in Wikipedia.
 
Von Aegid Verhelst sind die Assistenzfiguren des Apostels Andreas am Mechtildisaltar und des Apostels Jakobus des Älteren am Augustinusaltar. Fotos: Rufus46 (2014) in Wikipedia.