Die Meister des Bauwerks
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Joh. Leonhard Dientzenhofer (1660–1707) St. Margarethen Bayern ok   Baumeister-Architekt 1691   1704
Gottfried Heinrich Krohne (1703–1756) Dresden ok   Hofarchitekt 1730   1743
Balthasar Neumann (1687–1753) Eger Böhmen ok   Ingenieur-Architekt 1741   1742
Johann Thomas Nissler (1713–1769) Floss Oberpfalz ok   Baumeister-Architekt 1758   1759
Johann Lorenz Fink (1745–1817) Memmelsdorf bei Bamberg     Hofarchitekt 1774   1792

Langheim

Ehemalige Zisterzienserabtei und Stiftskirche St. Maria. Heute Klosterlangheim.

Tochterkloster von Ebrach
Bambergische Ministerialen stiften 1132 im Leuchsengrund bei Lichtenfels im oberen Maintal Land und Ausstattung zur Gründung einer Zisterze. Gründer ist der heilige Bischof Otto I. von Bamberg. Der Gründungskonvent kommt aus der kurz vorher in der Filiation Morimond gegründeten Zisterze Ebrach.[1] Schon früh stellt Langheim selbst den Gründungskonvent eigener Tochterklöster.[2] Die mittelalterliche Klosteranlage Langheims ist um 1193 vollendet. 1317 kann eine gotisch umgebaute Kirche eingeweiht werden. Sie ist eine dreischiffige Basilika mit Kreuzgewölben, ohne Querschiff und ohne Chorkapellen. Die Zisterzienserabtei entwickelt sich bis Anfang des 14. Jahrhunderts zu einer bedeutenden Grundherrschaft, erreicht allerdings nie die wirtschaftliche Potenz der Vaterabtei Ebrach oder gar der Reichsabteien der Bistümer Konstanz und Augsburg. Dazu tragen auch wirtschaftliche Probleme im 15. Jahrhundert, Plünderungen im Bauernkrieg und während des Dreissigjährigen Krieges bei. Trotzdem ist Langheim im 17. Jahrhundert das an Einnahmen reichste Kloster im Hochstift Bamberg. Wichtigste Aussenstellen sind die ehemaligen Grangien Tambach bei Coburg und Trieb sowie die Amtshöfe von Kulmbach und Altenkunststadt. Die Einnahmen der zum Kloster gehörenden Wallfahrt von Vierzehnheiligen sind dabei unbedeutend, sie betragen im 17. Jahrhundert mit 400 fränkischen Gulden kaum ein halbes Prozent der Gesamteinnahmen.
Wie Ebrach versucht auch Langheim seine vom Kaiser verbriefte Unabhängigkeit zu verteidigen und wird damit in ähnliche Auseinandersetzungen mit den immer mehr absolutistisch regierenden Fürstbischöfen verwickelt. Das Streben der Langheimer Mönche nach Reichsunmittelbarkeit ist angesichts der Machtverhältnisse nach dem Dreissigjährigen Krieg nur noch Wunschdenken, beherrscht aber den politischen Alltag in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Bamberger Machtdemonstrationen nach dem Dreissigjährigen Krieg
1649, ein Jahr nach dem Ende des Dreissigjährigen Krieges, wird der 36-jährige Mauritius Knauer zum Abt gewählt. Der auch als Schöpfer des Hundertjährigen Kalenders bekannte Abt ist ein guter Ökonom und schafft in seiner Amtszeit die Grundlagen für die barocke Blüte Langheims. Er ist Verfechter der Reichsunmittelbarkeit Langheims, was ihm der Fürstbischof mit mehrfachen militärischen Besetzungen des Klosters und einer mehrmonatigen Gefangennahme beantwortet. Auch seine Nachfolger werden von den Bamberger Fürsten als Feinde behandelt. Um die Rechtsgutachten der Römer Kurie und des Kaiserhofes zugunsten Langheims kümmern sie sich nicht. Ihr Geldbedarf ist gross, auf die Einnahmen aus Langheim wollen sie nicht verzichten und als absolutistische Herrscher mit hochadeliger Herkunft betrachten sie jeden Versuch Langheims, historisch verbriefte Rechte ihnen gegenüber geltend zu machen, als unerträglichen Angriff auf ihre hoheitliche Gewalt.

Barocke Klosterneubauten im 17. Jahrhundert
Unter Abt Thomas Wagner (reg. 1677–1689) erreicht der Konflikt mit Bamberg seinen Höhepunkt. Fürstbischof Schenk von Stauffenberg lässt den Abt, der sich wegen kriegsähnlicher Einfälle des Bamberger Militärs beim Papst beschwert, verhaften und lässt ihn erst nach einem erzwungenen Widerruf frei. Der Abt flüchtet sich daraufhin in den Klosterhof von Kulmbach, ausserhalb des bambergischen Machtbereichs. Noch vor seiner Gefangennahme beginnt Abt Thomas 1681 mit der barocken Neugestaltung Langheims, vielleicht inspiriert von den Neubauten des reichen böhmischen Tochterklosters in Plasny. Langheims Klosterbaumeister Jakob Blös (vor 1640–1685) baut den östlichen Konventflügel und das Noviziat. Inzwischen hat aber auch die Vaterabtei Ebrach mit einer barocken Umgestaltung begonnen, deren grossartige residenzähnliche Gesamtplanung sofort zum Vorbild wird. Ihr Planer und Baumeister, Leonhard Dientzenhofer (1660–1707), ist inzwischen hochfürstlich bambergischer Hofbaumeister. Ihn zieht der 1690 neugewählte Abt Gallus Knauer  für seine Bauvorhaben bei. Dientzenhofers Planung für Langheim ist nicht erhalten, sie dürfte aber alle nachfolgenden Arbeiten beinflusst haben. Er selbst baut von 1691 bis 1704 nur den vorgelagerten, dreigeschossigen Südflügel der «Alten Abtei». Der Flügel ist im Osten mit einem Abschlusspavillon versehen, dem symmetrischen westlichen Gegenstück steht die notwendige Verlegung der oberen Tordurchfahrt und des Bräu- und Backhauses im Wege. Kontributionen und Unsicherheiten im Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1714), an dem sich der Bamberger Fürstbischof und Mainzer Kurfürst Lothar Franz von Schönborn auf die Seite des Kaisers stellt, beenden die Bautätigkeiten Dientzenhofers in Langheim.

Abt Gallus Knauer und Lothar Franz von Schönborn
1693 wird Lothar Franz von Schönborn (1655–1729) Fürstbischof von Bamberg. 1695 ist er auch Kurfürst von Mainz und Reichserzkanzler. Er ist damit die mächtigste Person der Reichskirche. Bei der Neuwahl des Deutschen Kaisers 1711 lässt er sich seine ausschlaggebende Stimme mit 100 000 Gulden bezahlen und beginnt damit den Bau des Schlosses Pommersfelden mit Johann Dientzenhofer, dem Jüngsten der Baumeistersippe. Mit diesem Absolutisten, der auch skrupellos alle Neffen in seinen Machtapparat einbindet, muss auch der seit 1690 regierende Langheimer Abt Gallus Knauer (1664–1728) um die Rechte der Abtei und um unberechtigte Geldforderungen kämpfen. Bei der Auseinandersetzung um das Opfergeld von Vierzehnheiligen obsiegt er zwar, macht sich aber keine Illusionen über die Machtverhältnisse. Nördlich von Lichtenfels lässt er, zwar an der Landesgrenze, aber noch auf klösterlichen Grund, von Baumeister Leonhard Dientzenhofer einen ovalen Gutshof mit Wassergraben und dicken Mauern errichten. Der «Nassanger»[3] genannte Hof sollte als Fluchtburg bei erneuten Übergriffen des Bamberger Fürstbischofs dienen. Dass eine solche Vorsichtsmassnahme nicht abwegig ist, zeigt die neuntägige militärische Besetzung Langheims nach dem Tod von Abt Gallus Knauer. Seine Nachfolger werden dann den offenen Widerstand gegen Bamberg aufgeben und versuchen, die Rechte Langheims auf diplomatischem Weg zu wahren.

Abt Stephan Mösinger und Friedrich Carl von Schönborn
Der eigentliche barocke Bauabt Langheims ist Stephan Mösinger (reg. 1734–1751).  Zwar beruft schon sein Vorgänger, Abt Martin Wolf (reg. 1728–1734) nach seiner Wahl den erst 25-jährigen Weimarer Landbaumeister Gottfried Heinrich Krohne (1703–1756) nach Langheim.[4] Bis zur Wahl Abt Stephans ist die «Neue Abtei», auch Fürstentrakt genannt, nach dem Plan Krohnes bereits aufgerichtet. Der neue Zwischentrakt verbindet die «Alte Abtei» mit dem Konventbau und ist repräsentativer Empfangsbau des Klosters. Seit 1730 baut Krohne, immer mit dem Staffelsteiner Baumeisterunternehmen König - Weber - Nissler, auch am Süd- und Westflügel der Konventbauten. Abt Stephan zieht ihn noch während der Bauarbeiten 1739 für die Planung der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen bei, die er möglichst ohne grosse Kosten bauen will. Er hat mit dem Nachfolger von Lothar Franz von Schönborn, dem seit 1729 regierenden Fürstbischof und Reichsvizekanzler Friedrich Carl von Schönborn (1674–1746) einen Vertrag geschlossen, nach dem das Kloster die Finanzierung des Neubaus in Vierzehnheiligen übernehmen wird, der Fürstbischof den Bauplan aber vorgängig genehmigen muss. Im Gegenzug verzichtet Bamberg auf seinen Anteil am Opfergeld. Dass Abt Stephan mit diesem Vertrag die von ihm prioritär gewünschten Bauten in Langheim nicht mehr erlebt, liegt an den nun folgenden Aufwendungen für Vierzehnheiligen. Friedrich Carl von Schönborn, der ja nicht zahlen muss und nur erlesene Architektur duldet, sorgt für eine ausgesprochen kostspielige Wallfahrtskirche, die nach dem Willen des Abtes tatsächlich nicht die heutige vielbewunderte architektonische Qualität hätte.

Balthasar Neumann in Langheim
Das Projekt Vierzehnheiligen entwickelt sich anfänglich als Folge von Schachzügen zweier Kontrahenten, von denen der eine nur kostengünstig und der andere nur qualitativ erstklassig bauen will. Das von Abt Stephan bei Krohne bestellte Projekt wird vom gut beratenen Fürstbischof abgelehnt. Er bestellt eigenmächtig beim Bamberger Hofbaumeister Küchel einen Gegenentwurf, den Abt Stephan ablehnt, angeblich wegen zu hoher Kosten. Der Abt engagiert nun in einem klugen Schachzug 1741 den Baumeister des Fürstbischofs, Balthasar Neumann (1687–1753). Er soll in erster Linie für Langheim planen, aber auch einen kostengünstigen Entwurf für Vierzehnheiligen erstellen. Die Planung für Langheim umfasst die Vollendung der von Dientzenhofer und Krohne begonnenen barocken Konvent- und Abteibauten, in erster Linie aber den Ersatz der noch immer mittelalterlichen Zisterzienserkirche durch ein barockes Bauwerk. Dazu überreicht Balthasar Neumann 1742 eine der phantasievollsten Kirchenplanungen des ganzen europäischen Barocks. Zur Zweiturmfassade im Westen addiert er vier die Vierungskuppel flankierenden Türme. Auf der Kuppel sitzt ein weiterer Turm. Die insgesamt sieben Türme lassen alles bisher Geplante im süddeutschen Sakralbau im Schatten stehen, auch wenn die Kirche mit 78 Metern Länge nicht die Masse der Benediktinerkirchen von Weingarten oder Münsterschwarzach erreicht.
Für die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen entwirft Neumann im gleichen Jahr eine Säulenbasilika mit Querschiff und Stichkappentonne. Auf die Vierungskuppel verzichtet er hier. Vierzehnheiligen scheint nun auch für Abt Stephan ohne Verzicht auf das grosse Projekt von Langheim machbar. Nun geht er aber einen Schritt zu weit und übergibt nach der Genehmigung des Projektes durch den Fürstbischof seinem Baumeister Gottfried Heinrich Krohne die Weiterbearbeitung von Vierzehnheiligen. Dieser, sicher den Weisungen Abt Stephans gehorchend, kürzt die Kirche Neumanns und verschiebt sie aus Kostengründen nach Südosten. Damit liegt der in der Vierung geplante Gnadenort jetzt im Schiff. Chor und Vierung sind 1743 schon auf drei Meter Höhe gebaut, als der Fürstbischof einen Baustopp verfügt. Er schiebt diplomatisch die Schuld Krohne zu. Der Abt, um das Gesicht zu wahren, lässt jetzt den Baumeister fallen. Nun übernimmt Friedrich Carl von Schönborn die Regie und überzeugt Neumann von einer Neuplanung unter Berücksichtigung des von Krohne begonnenen Grundrisses. Mit dem erneuten Baubeginn 1744, nun unter der Leitung Balthasar Neumanns, ist auch für Abt Stephan klar, dass er auf seine Kirche in Langheim endgültig verzichten muss.

Bautätigkeit in Langheim in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
Trotz der finanziellen Belastung durch Vierzehnheiligen ruht die Bautätigkeit in Langheim nicht vollständig. Gottfried Heinrich Krohne ist nach dem Eklat in Vierzehnheiligen und der Fertigstellung der beiden Konventflügel wieder ausschliesslich in Thüringen tätig. Noch in die Amtszeit von Abt Stephan fallen Neubauten von Ökonomiegebäuden im Klosterbereich, sicher nach Planungen Krohnes. Dazu gehört der vierflügelige, heute noch bestehende Ökonomiehof, dessen Westflügel Krohne 1740 baut. Ob der terrassierte Konventgarten mit der bekrönenden Orangerie, dem «Glashaus», von Krohne oder sogar von Balthasar Neumann stammt, wie spekuliert wird, ist zweitrangig. Denn wie die nach dem Vorbild der Vaterabtei Ebrach gestalteten Gartenanlagen sind auch deren Architekturelemente heute verschwunden. 1758 benutzt Abt Malachias Limmer (reg. 1751–1774), der Nachfolger Stephan Mösingers, eine finanzielle Erholungspause vor dem Beginn der Wölbungsarbeiten in Vierzehnheiligen, um den Krankenflügel zu erstellen. Erst nach der Einweihung von Vierzehnheiligen kann Abt Johann Nepomuk Pitius (reg. 1774–1791) wieder an Neubauten denken. Planer ist jetzt der Bamberger Hofbaumeister Johann Lorenz Fink (1745–1817). Zwischen 1789 und 1792 entstehen die heute noch sichtbaren Bauten der Konsulensie und des Ostpavillons am Konventflügel. Hier wie auch beim neuen Mittelrisalit des Ökonomiehofes nimmt Fink die barocke Architektursprache Krohnes wieder auf. Der Klosterkirche wird eine neue, ebenfalls noch barocken Geist zeigende Westfassade vorgesetzt.
Am Ende des 18. Jahrhunderts stehen im Klosterareal mit Ausnahme der Klosterkirche und der beiden kleineren Sakralbauten nur noch Gebäude, die erst nach dem Beginn der Barockisierung entstanden sind. Langheim zeigt jetzt das Bild einer geordneten Klosterlandschaft. Um die symmetrisch gestalteten, repräsentativen Abtei- und Konventgebäude lagern, noch mittelalterlichen Strukturen gehorchend, die Ökonomie- und Dienstgebäude.
1792 umfasst die Konventliste 59 Konventualen und drei Konversen. In Langheim und auf den Amtshöfen sind 200 bis 250 Klosterangestellte als Beamte, Bediensteste, Handwerker, Knechte und Mägde tätig. Ebenfalls 1792 werden mit 17 000 fränkischen Gulden die höchsten jährlichen Bauausgaben verzeichnet. Trotz der Bauaufwendungen betragen die Einnahmenüberschüsse im Durchschnitt 8000 fränkische Gulden,[5] dies bei Jahreseinnahmen von 100 000 Gulden. Langheim ist Ende des 18. Jahrhunderts eine gut verwaltete und schuldenfreie Klosterherrschaft.[6]

Das Ende
In der Nacht zum 7. Mai 1802 verwüstet ein Grossbrand das Kloster. Einige Konventflügel brennen in den oberen Stockwerken aus und auch das Kirchendach wird eingeäschert. Dem Brand fällt auch die im obersten Stock des Westflügels gelegene Bibliothek zum Opfer. Abt Candidus Hemmerlein (reg. 1791–1803) geht sofort wieder an den Wiederaufbau. Er muss zwar wissen, dass seit dem Ende des Kongresses von Rastatt 1799 die Säkularisation der geistlichen Fürstentümer Bamberg und Würzburg eine beschlossene Sache ist und Bayerns Kurfürst erster Anwärter auf die Übernahme ist. Dessen beabsichtigte Aufhebung aller Klöster ist bekannt. Trotzdem lässt der Abt noch im Sommer 1802 neue Dächer aufrichten. Nur als Notdächer gedacht, sind es anstelle der Mansarddächer einfache Walmdächer.[7] Für die endgültigen Dächer stellt das Kloster im anschliessenden Winter 1802–1803 das Holz bereit, obwohl schon Anfang Dezember 1802 der Abt, die Konventualen und Bediensteten auf den Kurfürsten von Bayern als neuen Landesherr vereidigt werden. Offensichtlich rechnen die Mönche nicht mit der Schnelligkeit der klosterfeindlichen neuen Behörden, die aber sofort jeden weitern Ausbau in Langheim untersagen und am 24. Juni 1803 die Abtei formell aufheben. Die Klosterbeamten werden in den Staatsdienst übernommen. Abt und Mönche erhalten vergleichsweise grosszügige Pensionen, obwohl sie zum grossen Teil weder in die Seelsorge noch in den Staatsdienst treten. Schlimmer geht es mit den hunderten vom Kloster abhängigen Angestellten. Sie fallen in Armut.

Zerstörungen
Niemand zeigt sich am Gesamterwerb der Klostergebäude interessiert. Noch im Mai 1803 wird das Mobiliar versteigert und vielfach verschleudert, wie die 29 Äbteporträts, die für wenige Kreuzer zur Zweitnutzung als Malgrund weggehen. Der Land- und Gebäudebesitz soll in ein Dorf umgewandelt werden, deshalb werden die Beamtenhäuser und die Ökonomiebauten als Bauernhäuser mit Landanteil verpachtet. Der Konventbau wird in fünf Teilen parzelliert verkauft. Schon 1803 wird die derart erworbene «Neue Abtei», der vielleicht schönste Bauteil Langheims, abgebrochen. Ein Schreiner erwirbt die Kirche St. Katharina beim unteren Tor und baut sie zur Werkstatt um. Die gotische Stiftskirche, seit dem Brand ohne Dach, wird 1804 abgebrochen.[8] 1826 beschliessen die Behörden,  auch die noch im Staatsbesitz verbliebenen Gebäude auf Abbruch zu verkaufen.
Von der ehemaligen geschlossenen Klosterlandschaft ist heute wenig zu sehen. Unverstümmelt ist nur die Konsulensie erhalten. Der 1986 nach einem Grossbrand wiederhergestellte Ökonomiehof zeigt noch seine ursprüngliche Südfassade mit dem klassizistischen Mittelrisalit. Die ehemalige Friedhofskirche ist jetzt Pfarrkirche. Die Fassaden des südwestlichen Konventrisalits sind noch erhalten und lassen den Reichtum der Gesamtanlage ahnen. Erhalten ist auch die Südfassade des Priorats. Verstümmelt sind die Katharinenkapelle, das Sekretariat, die Wagenremise, Mühle, Backhaus und Bräuhaus erhalten. Alle anderen Bauwerke sind verschwunden. Verschwunden ist auch eine blühende Kulturlandschaft der Zisterzienser mit terrassierten Gärten, den Teichen mit der raffinierten Wasserwirtschaft und der kunstwerkgeschmückten Chaussee nach Vierzehnheiligen.

Pius Bieri 2010

 

Benutzte Einzeldarstellungen:
Dippold, Günter: Das Ende des Klosters Langheim, in: Heimatbeilage zum Oberfränkischen Schulanzeiger 307. Bayreuth 2003.
Ruderich, Peter: Vierzehnheiligen, eine Baumonographie. Bamberg 2000.
Dischinger, Gabriele: Kloster Langheim, in: Klassizismus in Bayern, Schwaben und Franken - Architekturzeichnungen. Ausstellungskatalog. München 1980.
Jäck, Joachim Heinrich: Biographie des Abts Mauriz Knauer. Erlangen 1813.

 

Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Langheim
http://www.mgl-obermaingeschichte.de/barock/SeitenLangheim/langh1.htm



Anmerkungen:

[1] Abt Adam von Ebrach, Freund des heiligen Bernhard von Clairvaux und selbst Kreuzzugsprediger, entsendet einen Gründungkonvent mit einem Abt gleichen Namens. Adam von Ebrach stirbt 1161. Adam von Langheim stirbt 1180.

[2] Das bekannteste, 1144 besiedelt, ist Plass oder Plasny in Westböhmen. Eine weitere Tochter, Schlägl, lebt nur sieben Jahre und wird 1218 an die Prämonstratenser übergeben. Auch die Frauenklöster Himmelskron, Schlüsselau und Sonnefeld, später auch Maidbronn, sind dem Abt von Langheim unterstellt.

[3] Dehio: Der Bau ist ein Unikum, einer der interessantesten Zweckbauten der deutschen Barockarchitektur: Höchste Funktionalität verbindet sich mit einer möglicherweise von antiken Vorbildern angeregten idealen Form.

[4] Der ungewöhnliche schnelle Aufstieg vom Sohn eines Stallknechts zum herzoglichen Baumeister ist nur durch die Förderung des Kurfürsten von Sachsen zu erklären, was zur Vermutung einer illegalen adeligen Vaterschaft geführt hat. Enge Beziehungen Langheims zur Residenzstadt Coburg, vor deren Toren der Tambacher Klosterhof liegt, sind für den Beizug Krohnes ausschlaggebend. Hier hat Krohnes Vorgänger Christian Richter bis 1722 gewirkt und von hier hat schon Abt Gallus Knauer den Baumeister Georg Brückner für den Bau des Sommerschlosses in Trieb geholt.

[5] Der fränkische Gulden wird zum rheinischen Gulden, der in Altbayern, Schwaben und der nördlichen Schweiz gilt, im Verhältnis 4:5 gewechselt. Zum Vergleich: Das Jahreseinkommen eines Handwerkgesellen beträgt 80 fränkische oder 100 rheinische Gulden.

[6] Die Mär vom verschwenderischen Abt Johann Nepomuk Pitius, der Langheim beinahe in den Abgrund geführt haben soll, ist angesichts der guten Wirtschaftslage bei seiner Suspendierung 1787 nur eine Wiederholung der damaligen üblen Nachreden und des Unverständnisses gegenüber seinem noch barocken Amtsverständnis und Repräsentationswillen.

[7] Die Notdächer sind auf den wenigen Resten der Konventbauten bis heute verblieben.

[8] Nach dem Brand hat der Abt die Absicht, die gotische Kirche umzubauen und verzichtet deshalb auf das notwendige Dach. Eine Planung von Hofbaumeister Johann Lorenz Fink, datiert 1802, zeigt die neue Kirche mit Querschiff und Kuppel, aber innerhalb der Umfassungsmauern  der mittelalterlichen Basilika. Es scheint, dass Fink die Planung Balthasar Neumanns, klassizistisch interpretiert, mit den Ausmassen der bestehenden Kirche aufleben will.

 


  Langheim: Ehemalige Zisterzienserabtei und Stiftskirche St. Maria  
  Langheim1800  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18.Jh.)
Klosterlangheim Oberfranken Bayern D Hochstift Bamberg
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Bamberg 1691, 1730
Bauherr und Bauträger

     Abt Gallus Knauer (reg. 1690–1728)
     Abt Martin Wolf (reg. 1728–1734)
ok Abt Stephan Mösinger (reg. 1734–1751)
ok Abt Malachias Limmer (reg. 1751–1774)
     Abt Johann Nepomuk Pitius
     (reg. 1774–1791)

 
  1800 zeichnet Frater Alanaus Bittermann eine kolorierte Vogelschauansicht der Klosteranlage Langheim aus Westen. Staatsbibliothek Bamberg, VIII A 24d.   pdf  
   
LangheimSituation
Langheim um 1800, entsprechend der Zeichnung Bittermann. Anklicken!  
   
Langheim1
Der Südwestrisalit des Konventbaus, auf der Vergrösserung des obigen Situationsplanes mit 5 gekennzeichnet, ist ein noch bestehender Teil der 1735–1743 von Krohne erstellten Konventbauten.
Bildquelle: Wikipedia author Benreis.
 
Langheim2
Die überladen-dekorative Steinhauerarbeit am Portal und an den Fassaden des Konventbaus ist ein Kennzeichen des sächsisch-weimarischen Hofbaumeisters Gottfried Heinrich Krohne.  
Langheim1800Ausschnitt
Ein Ausschnitt aus der Vogelschau-Vedute von Alanaus Bittermann mit dem heute abgebrochenen Flügel der «Neuen Abtei» (im Situationsplan Nummer 8) zeigt nochmals die kaum zu bändigende Dekorationslust des Hofbaumeisters Krohne.  
Langheim3
Ein weiterer, noch immer bestehender Bauteil ist der Südost-Eckrisalit des Priorats. Im vergrösserten Situationsplan ist er mit Nummer 7 markiert. Der Bau von 1789–1792 gehört zur letzten Bauetappe des Klosters. Sein Architekt, der Hofbaumeister Johann Lorenz Fink, nimmt dabei Rücksicht auf die schon bestehenden Bauten Krohnes.  
Langheim5
Die Friedhofskapelle St. Michael, 1624 erbaut, ist heute Filialkirche St. Maria, Petrus und Bernhard. Sie hat damit das Patrozinium der abgebrochenen Stiftskirche übernommen. Auf dem vergrösserten Situationsplan siehe Nummer 2.
Bildquelle:Wikipedia.
 
Langheim6
Die ehemalige Leutkirche St. Katharina ist ein romanisches Bauwerk. Die Kirche fristet heute, völlig verstümmelt, ein tristes Dasein als Remise. Auf dem Situationsplan siehe Nummer 3. Bildquelle: Wikipedia.  
LangheimNeumann1
1741–1742 plant Balthasar Neumann den Neubau der Stiftskirche. Sein Plan (hier genordet), zeigt unten den langen Südflügel der «Alten Abtei» von Leonhard Dientzenhofer 1691–1704 gebaut, die «Neue Abtei» (1728–1734) von Krohne und die Konventflügel, die um 1741 noch nicht fertig gestellt sind. Im Gegensatz zur Kirchenplanung Neumanns werden die Klosterbauten entsprechend diesem Plan noch im 18. Jahrhundert vollendet.  
LangheimNeumann2
Überwältigend ist das Kirchenprojekt von Balthasar Neumann. Es wird als eine der phantasievollsten Kirchenplanungen des ganzen europäischen Barocks bezeichnet.
Original: Sammlung Eckert 108 im Mainfränkischen Museum Würzburg.
 
LangheimNeumann3
Der Längsschnitt die gplanten Säulenbasilika mit der grossen Vierungskuppel, die von vier Türmen flankiert ist. Zusammen mit den Türmen der Zweiturmfassade im Westen und dem Kuppelturm plant Neumann damit sieben Türme.  
Langheim4
Auch die Ökonomie- und Verwaltungsbauten der Klosteranlage sind durchwegs sorgfältig gestaltet. Hier der Frontispiz des Mittelrisalits am Südflügel des vierflügeligen Ökonomiehofs. Er trägt die Wappenkartusche des Abtes Nepomuk Pitius (reg. 1774–1791) und ist vom Klassizismus noch völlig unberührt.  
Langheim7
Nochmals das gleiche Wappen ist auf dem Verwaltungsbau der Konsulensie zu sehen, die Johann Lorenz Fink 1774 erstellt. Siehe im Situationsplan Nummer 12.