Die Meister
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Georg Dientzenhofer (1643–1689) Oberuilpoint Oberbayen DientzenhoferGeorg   Baumeister-Architekt 1685   1689
Johann Schenkl (Lebensdaten unbekannt) Waldersdorf     Zimmermeister 1686   1686
(?) Alessandro Bernasconi (1660–1720) Riva San Vitale Tessin     Stuckateur (Stuckmarmor) ~1700   ~1700
(?) Alessandro Bernasconi (1660–1720) Riav San Vitale Tessin     Stuckateur (Stuckmarmor) ~1700   ~1700
Abraham Stark (1659–1709) Elbogen (Böhmen)     Orgelbauer ~1700   ~1700
Johann Georg Göhringer († 1730) Eger (Cheb)     Gold- u. Silberschmid 1715   1715
Johann Gebhard (1676–1736) Velthurns im Südtirol     Maler in Prüfening 1716   1716
Anton Smichäus (1704–1770) Prag     Maler in Laun (Lowny CZ) ~1730   ~1730
Franz Fassmann (1697–1760) Elbogen Böhmen     Orgelbauer 1734   1738
Johann Adam Pleyer (1686–1759) Elbogen Böhmen     Orgelbauer 1734   1738
Oskar Martin-Amorbach (1897–1987) Amorbach     Maler 1931   1940


Kappl (Kappel) bei Waldsassen
Wallfahrtskirche zur Heiligsten Dreifaltigkeit


Baugeschichte

Wallfahrt und Vorgängerbauten
Die Wallfahrt zur Kappl bei Waldsassen setzt im Mittelalter ein. Sie verdankt ihre Entstehung Zisterzienser-Konversen der Abtei Waldsassen. Diese verrichten in der Regel ihre Gebetszeiten am Arbeitsplatz. Bei ihrer Arbeit auf dem Glasberg bei Münchenreuth, der eine Wegstunde vom Kloster entfernt liegt, errichten sie einen Bildstock zur Verehrung der Dreifaltigkeit. Daraus entsteht eine Wallfahrt, die vom Kloster mit dem Bau einer Kapelle gefördert wird. Nach deren zweimaliger Zerstörung, im Hussitensturm und im Landshuter Erbfolgekrieg, wird sie Anfang des 16. Jahrhunderts wiedererrichtet. Die ab 1556 beginnende Durchsetzung der Reformation im Stiftsland Waldsassen durch die kurpfälzischen Herrscher bedeutet das vorläufige Ende der Wallfahrt. Als die Oberpfalz im Dreissigjährigen Krieg von Kurbayern wieder rekatholisiert wird, ist die Kapelle eine Ruine. 1645–1648 wird das Bauwerk auf Initiative des Pfarrers Johann Anton Mazaroth[1] wiederhergestellt. Den Hochaltar spendet 1652 der Oberamtsmann von Waldsassen, Oberst Augustin von Fritsch. Auf dem Altargemälde ist die über der neu gebauten Wallfahrtskapelle schwebende Dreifaltigkeit zu sehen. Dieses Altarblatt wird im neuen, Anfang des 18. Jahrhunderts gebauten Hochaltar der heutigen Kappl wiederverwendet. Die darauf dargestellte Kapelle von 1648 hat ein kurzes Langhaus, dem ein Chorturm mit Zwiebelhaube und Laterne vorsteht. Etwas abgedunkelt ist neben ihr das schon 1560 erwähnte und an einer Wallfahrtsstätte nicht wegzudenkende Wirtshaus zu sehen.

Neubaubeginn 1685
1669 erfolgt die Rückgabe des Klosters und der Herrschaft Waldsassen an den Zisterzienserorden. Abt Martin Dallmayr[2] von Fürstenfeld übernimmt die Herrschaft gegen eine hohe Ablösungssumme und führt das Kloster als Priorat. Schon seit 1661 wirken hier drei Patres der Abtei Fürstenfeld unter dem Superior P. Nivard Christoph[3]. Die Zisterzienser sind jetzt auch für die umliegenden Pfarreien zuständig. Für Münchenreuth und für die Wallfahrt in Kappl bleibt aber bis 1698 der Weltpriester Paulus Eckhardt zuständig.[4] Die Wallfahrt nimmt in der Friedenszeit nach dem Dreissigjährigen Krieg, auch dank einem mirakulösen Vorfall, stark zu.[5]
Ein grösserer Neubau scheint notwendig und kann offensichtlich finanziell bewältigt werden. Treibende Kraft für den Neubau ist Pfarrer Eckhardt. Er findet Hilfe beim Waldsasser Superior Nivard Christoph. Dieser ist seit 1681 Leiter des Klosterneubaus in Waldsassen. Die dortige Ausführung besorgt Georg Dientzenhofer[6] im Auftrag des Prager Baumeisters Abraham Leuthner. Dientzenhofer gewinnt schnell das Vertrauen des leitenden Superiors. Als deshalb 1684 der Neubau in Kappl projektiert werden soll, erhält Georg Dientzenhofer den Auftrag. Weder der Akkord mit Dientzenhofer[7] noch die Anteile der beiden Geistlichen für die Planungsvorgaben sind bekannt. Die gleichzeitige Arbeit Dientzenhofers in Waldsassen lässt aber darauf schliessen, dass eher der bauerfahrene Pater Nivard Christoph für die Verträge zuständig ist. Hingegen soll die Idee der Trinitäts-Darstellung im Kirchengrundriss von Pfarrer Paulus Eckhardt stammen. Die Planung wird im April 1685 vom Regensburger Ordinariat bewilligt, im Mai ist Baubeginn und am 12. Juli 1685 folgt die Grundsteinlegung.

Bauausführung 1685–1689
Der Bautrupp von Baumeister Dientzenhofer baut das aussergewöhnliche Bauwerk mit den überkuppelten drei Konchen und den drei Türmen innert weniger Jahren. Die Baudaten sind nur rudimentär bekannt. 1686 richtet Zimmermeister Johann Schenkl[8] aus Waldershof den anspruchsvollen Dachstuhl auf. Die Gewölbe folgen spätestens 1687. Erst jetzt wird der Kapellenbau von 1648, der noch immer im neuen Kircheninnern steht, abgebrochen. Mit dem Belassen des Vorgängerbaus muss die Wallfahrt nicht unterbrochen werden, ein Vorgang, der bei vielen Neubauten von Wallfahrtskirchen üblich ist. Anschliessend an die Fertigstellungsarbeiten des Rohbaus und dem Abbau der Hauptgerüste werden die bestehenden Altäre provisorisch im neuen Kirchenraum aufgestellt, denn schon 1689 folgt die Konsekration des Bauwerkes. Im gleichen Jahr stirbt im Alter von erst 47 Jahren Baumeister Georg Dientzenhofer.

Ausstattungen 1690–1734
1690 wird in Fürstenfeld P. Albert Hausner[9] als erster Abt der jetzt wieder selbständigen Abtei Waldsassen gewählt.
P. Nivard Christoph kehrt nach Fürstenfeld zurück. Pfarrer Paulus Eckhardt stirbt 1698. Der weitere Ausbau der Kappl und die Wallfahrtsseelsorge liegen jetzt in der Verantwortung der Äbte von Waldsassen. Abt Albert Hausner lässt schon 1698 fünfzehn Rosenkranz-Stationen am Weg von Waldsassen zur Wallfahrtskirche aufstellen. Auch der noch von Georg Dienztenhofer geplante Pultdach-Umgang wird von ihm gebaut.[10] Ob die drei Stuckmarmor-Hauptaltäre während seiner Regierung 1690–1710 oder erst nach dem Friedensschluss 1714 erstellt werden, ist ebenso unklar wie der Name des Meisters.[11] Die Altar-Antependien in vergoldeter und versilberter Treibarbeit werden 1715 von Johann Georg Göhringer aus Eger,[12] die beiden neuen Altarblätter 1716 wahrscheinlich von Johann Gebhard aus Prüfening[13] geliefert. Die Hauptaltäre müssten demnach nicht zwingend vor 1710 aufgestellt sein, die neue Ausstattung könnte auch in die Amtszeit des zweiten Abtes Anselm Schnaus[14] fallen. Dies gilt besonders für die Prachtskanzel, der Arbeit eines ausgezeichneten, aber leider unbekannten einheimischen Kunstschreiners. Ebenso unbekannt ist der für die hervorragenden Vergoldungen der Ausstattung und des Raumes beigezogene Fassmaler.
Das gleiche gilt für die sechs Nebenaltäre. Es sind marmorierte Säulenretabel in Anlehnung an die Stuckmarmoraltäre, die wahrscheinlich von einheimischen Altarbauern während der Regierung von Abt Anselm Schnaus eingerichtet werden. Im Gegensatz zu ihrer hohen Qualität sind die Altarblätter mit der Marienthematik anspruchslose Arbeiten, die teilweise im 19. Jahrhundert stark überarbeitet oder gar neu geschaffen werden.
Wie für die Kanzel, die Altäre mit ihren Bildwerken ist auch für das Kirchengestühl in der einschlägigen Literatur keine verlässliche Angabe zu finden. Ohne die Datierung des Gestühls «um 1690» durch Kunsthistoriker würde ich sie der Neorenaissance um 1890 zuordnen.[15]

Innenraumvollendung um 1730 bis 1738

Während der Regierung des dritten Abtes Eugen Schmid[16] wird die Wallfahrtskirche Kappl vollendet. Der Abt erteilt um 1730 dem jungen böhmischen Maler Anton Smichäus[17] den Auftrag zur Ausmalung des bis jetzt weissen Innenraums. Smichäus malt in die drei Kuppeln, die mit Gottvater (Ost), Gottsohn (Süd) und Heiliggeist (Nord) bezeichnet werden, eine entsprechende Thematik nach dem Programm des Abtes. Auch für die sechs Aussenwände der Altarnischen malt er entsprechende Bilder. Er malt aber nicht «al fresco», sondern in Öl. Die Malerei in Öl auf Putz hat damals viele Anhänger, offenbar zählt auch der Abt zu ihnen.[18] Erstaunlich ist deshalb nicht in erster Linie die angewendete Maltechnik, sondern der Beizug eines völlig unbekannten, jungen böhmischen Malers.
1734 bestellt Abt Eugen bei den im böhmischen Elbogen tätigen Orgelbauern Franz Fassmann und Johann Adam Pleyer[19] eine grössere Orgel. Mit weiteren Orgelbauern aus Elbogen bauen diese bis 1738, unter Verwendung des Brüstungswerkes von 1690, die Schwalbennestorgel (III/12) an der westlichen «Triangel»-Säule vor dem Westturm.

Die Kappl im 19. Jahrhundert und der Kirchenbrand von 1880
1803 erfolgt im Zuge der Säkularisation die Besitzergreifung des Stiftes Waldsassen durch Kurbayern und die Aufhebung der Abtei. Die Wallfahrtskirche entgeht dem Schicksal der Versteigerung auf Abbruch, weil sich mit der kleinen Landpfarrei Münchenreuth und einer neu gegründeten «Wallfahrtskirchenstiftung Kappl» eine Trägerschaft mit Unterhaltsverpflichtung findet. Die gleichzeitige innerkirchliche Bekämpfung der Wallfahrten als Folge der Aufklärung führt allerdings beinahe zum Erliegen der Wallfahrt. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts blüht sie wieder auf.
In der Nacht vom 3. März 1880 brennt das benachbarte Gasthaus. Die Flammen greifen auf das Schindeldach des Umgangs der Kappl über. Der Brand breitet sich auf den Kirchen-Dachstuhl und die Turmhauben der Kirche aus. Die Gewölbe halten. Die Schutträumung und die Wiederherstellung der Dächer erfolgt schnell, wenn auch anscheinend nicht als korrekte Rekonstruktion.[20] Anschliessend werden auch die Schäden im Innenraum bis zum Oktober 1880 behoben. Die Neuverglasung der Fenster erfolgt mit den damals beliebten farbigen Glasmalereien. Nur die Gewölbeausmalung des Anton Smichäus, die schon 1862 einer Renovation bedarf, hält dem Brand nicht stand. Wahrscheinlich ist nicht die Hitze, sondern der bis zur Neueindeckung fehlende Regenschutz die Ursache von grossflächigen Zerstörungen der Ölmalerei. Verschont bleiben Raumausstattung und Wandgemälde. Die Wandgemälde sind heute nicht mehr vorhanden.

Restaurierungen und Eingriffe der Moderne
Eine erste Restaurierung der Kirche nach dem Brand erfolgt 1903–1905. Mit dem neuen Pfarrer Leopold Witt setzt 1920 eine umstrittene Phase der Kuppel-Neubemalung ein. Während Witt eine neue Malerei will, «die wenig koste und den Bauern gefalle»,[21] setzt sich die Denkmalpflege für eine dem Bauwerk angemessene Malerei ein. Erst nach der Versetzung des Pfarrers, der 1928 eigenmächtig die Gottvaterkuppel ausmalen und an zwei Kuppeln den Putz abschlagen lässt, kann 1931 mit Oskar Martin-Amorbach[22] ein allen genehmer Maler für die neue Bemalung der drei Kuppeln beauftragt werden. Er vollendet die Gottvaterkuppel 1934, dann folgt ein kriegsbedingter Unterbruch, 1940 beendet er die restlichen Kuppeln.
Die Restaurierungen häufen sich nach dem Zweiten Weltkrieg. Teilweise werden dabei Sünden früherer Restaurierungen behoben. So entfernt man anlässlich der 1960 beendeten ersten Innenrestaurierung «stilwidrige Zutaten», worunter auch die farbigen Verglasungen von 1880 fallen. Die letzte Aussenrestaurierung findet 2001–2004 statt. 2018/19 wird auch die Orgel restauriert. Die bayerische Denkmalpflege sorgt zudem 2015 für die Verhinderung einer Windkraftanlage in der Nähe des Baudenkmals.

Baubeschrieb

Das Bauwerk von Georg Dientzenhofer
Die Dreizahl, das gleichseitige Dreieck oder drei verschlungene Kreise sind das Symbol der Dreifaltigkeit. Die Baugestalt der Kappl beruht auf diesem Prinzip, das dem Baumeister Georg Dientzenhofer angeblich von Pfarrer Paulus Eckhart vorgegeben wird. Die Idee, den Dreifaltigkeitsgedanken symbolisch in einen Bau umzusetzen, hat schon 1675 der Pfarrer von Kulmain. Für den Armesberg bei Kulmain, sieben Wegstunden von Münchenreuth entfernt, plant er eine Wallfahrtskirche mit drei überkuppelten Konchen. Die Idee wird 1677 aufgegeben und statt der Dreikonchenanlage ein reiner Rundbau erstellt. Die Planung von Armesberg muss in Münchenreuth oder Waldsassen bekannt geworden sein.[23]
  KapplArmesberg1675
  Das Projekt der Dreifaltigkeitskirche auf dem Armesberg bei Kulmain von 1675  
Georg Dientzenhofer nimmt die Anregung der Trinitäts-Symbolik auf und baut über dreipassförmigem Grundriss drei Konchen, die ein gleichseitiges Dreieck umschliessen. In die aussen einspringenden Winkel legt er drei Rundtürme. Das Bauwerk wird aussen von einem umlaufenden, eingeschossigen Gang mit Pultdach umfasst.
In die drei Meter starke zweischalige Umfassungsmasse der Konchen formt Dientzenhofer in jeder Konche drei raumhohe Nischen als Negativform.[24] Die drei Mittelnischen enthalten die frei vor die Aussenwände gestellten und zum Raumzentrum gerichteten Hauptaltäre. Die seitlichen sechs Nischen sind mit Emporen unterteilt, deren Zugang aus den Rundtürmen erfolgt. Unter den Emporen stehen in den Nischen-Schmalseiten, welche den Hauptaltären zugewandt sind, die bescheideneren Nebenaltäre. Doppelpilaster zwischen den Nischen gliedern den Innenraum. In die Nahtstellen der drei Konchen legt Dientzenhofer, vertieft in eine konkave Ausbuchtung, drei Vollsäulen. Die Säulen nehmen über dem heute wild marmorierten, hohen und flachen Gebälk[25] die Gurten des sphärisch gewölbten, dreieckigen Mittelzwickels auf. Er wird Triangel genannt.
Die Belichtung des Innenraums erfolgt in jeder der neun Nischen durch Halbrundfenster auf Emporenhöhe. Jede der Konchen erhält zudem eine Scheitellaterne.
Aussen wirkt das Bauwerk ungemein malerisch. Dies verdankt es nebst der Addition von Rundungen vor allem den drei eingeschnürten Zwiebelhauben mit Laternen auf den Rundtürmen und den ebenfalls mit einer Zwiebelhaube bekrönten Laternen der drei Konchen.
Die Architektur
Georg Dientzenhofer hat aus der Vorgabe der Dreifaltigkeitssymbolik eine überzeugende architektonische Lösung geschaffen. Sie ist in dieser radikalen Umsetzung erstmalig. Ihre Aussenerscheinung mit den Kuppeldächern und Zwiebelhauben verleitet manche Kunsthistoriker, eine slawische Herkunft zu vermuten. Böhmische und mährische Kuppelbauten könnten Dienztenhofer, sicher aber seinem Lehrer und Schwiegervater Abraham Leuthner bekannt sein.
Leuthner stellt in seinem Säulenbuch selbst überkuppelte Mehrkonchenbauten vor. (Quelle: Abraham Leuthner von Grundt, Prag 1677, Blatt XXXVIII)
  KapplLeuthner1677
Slawisch anmutende Hauben über Rundbauten sind allerdings ein schon länger bekanntes bayerisches Motiv. Derart baut der Wessobrunner Konstantin Pader 1661 die Rotunden von Maria Birnbaum und überdacht 1667 den Vierkonchen-Innenraum der Rotunde von Westerndorf mit einer grossen Zwiebelhaube. Aber ausser den Kuppeldächern hat der Bau von Georg Dientzenhofer keine direkten Vorbilder. Nur die Gestaltung des Innenraums, vor allem der Negativformen in den Mauermassen der Konchen, könnte einer Kenntnis römischer Zentralbauten des Hochbarocks zu verdanken sein.[26]
Die Dreifaltigkeitskirche Kappl findet 1703/04 mit der Schlosskapelle von Münchsdorf bei Vilsheim eine getreue, aber stark verkleinerte Wiederholung.[27]Michael Wening stellt sie 1723 in einem Stich vor. Bei ihr fehlt der eingeschossige Umgang, was zeigt, dass der Schlossherr von Münchsdorf die Kappl getreu in dem Zustand übernimmt, den sie zur Bauzeit seiner Kapelle noch hat.   KapplWeningMuenchsdorf1723
  Die Kpie der Kappl beim Schloss Münchsdorf bei Vilsheim (heute zerstört) in einem Stich von Michael Wening 1723. Quelle: Bayerische Staatsbibliothek.  

Hauptaltäre, Kanzel und Orgel
Die drei Hauptaltäre, die Kanzel und die Orgel sind die dominierenden Ausstattungen der Barockzeit.

Hochaltar
Der östliche Hauptaltar ist durch seine Ausführung als Hochaltar ausgezeichnet und bildet mit der gegenüberliegenden Orgel eine West-Ost-Hauptachse. Sein Retabel ist eine viersäulige Ädikula mit Auszug.[28] Es ist in rötlichem Stuckmarmor ausgeführt und farblich dem Hochaltar von Waldsassen ähnlich. Retabel und Tabernakel des Hochaltars, vor allem aber die Figuralplastik sind beste Leistungen von leider unbekannten Meistern der Zeit um 1700.

Hauptaltäre Süd und Nord
Die zwei weiteren Hauptaltäre sind vereinfachte und vielleicht erst um 1715 durch einheimische Altarbauer erstellte Nachbildungen des Hochaltars. Im Gegensatz zu diesem sind sie zweisäulige marmorierte Holzausführungen.[29] Ihre Altarblätter stellen die Hl. Familie (im nördlichen Altar) und Mariä Himmelfahrt (im südlichen Altar) dar.

Kanzel
Hohe künstlerische Qualität zeigt auch die Kanzel. Dichte vergoldete Akanthusschnitzereien auf dem Korb rahmen Reliefbilder der Evangelisten, auf dem Schalldeckel findet man ihre vollplastischen, goldgefassten Symbole und obenauf ein von Engel und Putten begleitetes Dreieinigkeits-Symbol.

Orgel
Die dreimanualige Orgel mit zwölf Registern ist das bisher einzige Ausstattungsstück der Kappl, deren Meister bekannt sind. Die Schwalbennestorgel der Orgelbauer aus Elbogen klebt an der Westsäule. Sie ruht auf einer fächerförmigen Auskragung mit der Säule als Zentrum. Die Zugänge schliessen an die seitlichen Nischen-Emporen an. Sie ist über ein bestehendes Positiv der ersten Ausstattung von 1690 gebaut. Während die Fächer der Emporen-Auskragung Régence-Ornamentik aufweisen, ist die Bildhauerarbeit der Orgel und ihre Weiss-Gold-Fassung bereits frühes Rokoko.

Die Kuppelfresken von Oskar Martin-Amorbach
Überraschend wird der heutige Besucher der Kappel von einem Innenraum empfangen, der von Kuppelfresken[30] beherrscht wird, die dem Verständnis des Barocks völlig widersprechen.
Daniel Rimsl (2018) beschreibt die Malerei wie folgt: «In Anlehnung an die Innenraumarchitektur der Kappl hat Martin-Amorbach monumentale Bildräume wie im Barock entworfen, aber sie wirken – ebenso wie die in ihnen agierenden Figuren – erstarrt und kühl. Darin äussert sich einerseits das Studium italienischer Frührenaissancemalerei und frühchristlicher Freskenmalerei, an denen er einen monumentalen und grossflächigen Stil ausgebildet hat. Die starren, scharf umrissenen und kaum verschatteten Figuren andererseits stehen unter dem Eindruck der Neuen Sachlichkeit».
Obwohl die Kuppelfresken ein gutes Beispiel einer Monumentalmalerei der Dreissigerjahre des letzten Jahrhunderts darstellen, sind sie mit dem Barockraum der Kappl unverträglich. Dies liegt nicht am Inhalt. Martin-Amorbach setzt die barocke Thematik der Vorgängermalerei sogar ausgezeichnet in moderne Inhalte um. Es fehlt aber alles, was die barocke Malerei ausmacht: Der Hell-Dunkel-Effekt, die Dynamik der Figuren und der Farben, das «sotto-in-sù» mit dem barocken Illusionismus, der in Kuppeln nur kräftige terrestrische Szenen unter einem von Heiligen bevölkerten hellen Himmel kennt.
Auch das zunehmende Verständnis für die deutsche Malerei der Dreissigerjahre ändert nichts daran, dass der Innenraum der Kappl seit 1940 in ein barockes Unten und in ein modernes Oben geschichtet ist. Die Fresken wären nur in einem Neubau der damaligen Zeit am richtigen Ort. Ein völliges Unterlassen der Kuppel-Neuausmalung hätte dem Barockraum weniger geschadet. Ein böser Ratschlag für zukünftige Innenreinigungen: Die Kuppelfresken nicht einbeziehen. Ihre Verdunkelung würde den Raum aufwerten.

Pius Bieri 2019

Literatur
Binhack, Franz: Geschichte der Dreifaltigkeitskirche bei Waldsassen, in: Programm der königlichen Studienanstalt Eichstätt. Eichstätt 1890.
Mader, Felix: Die Kunstdenkmäler von Oberpfalz und Regensburg, Heft XIV Bezirksamt Tirschenreuth. München 1908.
Schnell, Hugo: Die Kappel bei Waldassen. Kleiner Kunstführer. München 1953.
Treml, Robert: Kirchenführer der Kappel. Münchenreuth 2005.
Rimsl, Daniel: Soldaten als christliche Vorbilder. Die Deckenbilder von Oskar Martin-Amorbach in der Kappl, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 158 (2018).

Web

Dreifaltigkeitskirche Kappl in:de.wikipedia.org/wiki/Dreifaltigkeitskirche_Kappl

Anmerkungen:
[1] Johann Anton Mazaroth ist 1643–1653 Pfarrer in Waldsassen, Münchenreuth und Konnersreuth.

[2] Martin Dallmayr OCist (1612–1690), Abt 1640–1690 der Zisterzienserabtei Fürstenfeld bei München. Siehe zu ihm die Biografie in dieser Webseite.

[3] Pater Nivard Christoph OCist (1627/28–1693) aus Bruck bei Fürstenfeld, 1647 Profess in Fürstenfeld, Studium in Dillingen und Ingolstadt, 1661-1690 Superior in Waldsassen.

[4] Paulus Eckhardt ist 1677–1698 Pfarrer in Münchenreuth. Er stirbt hier 1698. Die weiteren Lebensdaten des gemäss Binhack «geborenen Preussen» sind leider bisher nicht auf Interesse gestossen, obwohl Eckhardt meist als Bauherr der Wallfahrtskirche Kappl bezeichnet wird. Dies könnte bedeuten, dass er mit Wallfahrts-Spenden auch die Finanzierung sicherstellt. Darüber ist in der einschlägigen Literatur leider kein Wort zu finden. Grundherr ist seit 1669 das Kloster Waldsassen, 1698 geht auch das Kirchenpatronat von Münchenreuth und Kappl wieder an Waldsassen.

[5] Die Heilung eines Wollkrämers von Waldsassen von seinem «Knochenfrass» im Jahr 1644, der nach mehreren Wallfahrten zu der ruinösen Kapelle plötzlich ohne Krücken geht, wird 1656 mit Zeugen protokolliert. Die Wallfahrt zur Dreifaltigkeit in Kappl ist allerdings eine der seltenen Wallfahrten, die ihren Ursprung nicht einem mirakulösen Gnadenbild verdankt.

[6] Georg Dientzenhofer (1643–1689) aus Oberuilpoint in Oberbayern, ist seit 1675 in Prag tätig. Er ist Schwager von Abraham Leuthner (1639–1701) und heiratet 1681 die Tochter eines Waldsasser Metzgermeisters. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[7] Er soll für Kappl 1685–1689 eine Verehrung von 6 Gulden und «Gesellengeld» von 183 Gulden erhalten haben. Das heisst, dass ihm die Leitung der Baumeisterarbeiten übertragen ist, die Arbeiten aber im Taglohn-Akkord ausgeführt werden, was für ein derartiges Bauwerk eher ungewöhnlich ist.

[8] Von Johann Schenkl sind keine Lebensdaten bekannt. 1678 baut er den Dachstuhl der Rundkirche auf dem Armesberg bei Kemnath, wahrscheinlich das Referenzbauwerk für die Kappl.

[9] Albert Hausner (1647–1710), Abt OCist von Waldsassen 1690–1710. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.

[10] Gemäss Binhack im Jahr 1704.

[11] Die drei Altäre werden von Mader (1908) als Werke «um 1690» bezeichnet. Der «Dehio» (2008) legt sie in den Anfang des 18. Jahrhunderts und bescheinigt ihnen stilistische Nähe zur Carlone-Werkstatt. Giovanni Battista Carlone erstellt den Hochaltar in Waldsassen 1696–1698 und ist nachher nicht mehr anwesend. Bis 1704 ist nur noch sein Sohn Diego Francesco in der Wallfahrtskirche Maria Hilf in Amberg als Altarbauer tätig. Zu den Carlone siehe die Biografien in dieser Webseite. In Waldsassen sind aus dem Trupp Carlone die Stuckateure Alessandro Bernasconi (1660–1720) und Francesco Cristofero Muttoni (1666–1726) verblieben. Die beiden letztgenannten lassen sich nach der Heirat mit den Töchtern des Magistrat-Rates und Bäckers Sölch in Waldsassen nieder. Der Hochaltar in Stuckmarmor dürfte gleichzeitig oder anschliessend an die Carlone-Arbeiten in Waldsassen (1696–1698) entstanden sein, die weiteren Holz-Altäre aber erst nach 1714.

[12] Johann Georg Göhringer († 1730), Gold- und Silberschmid in Eger (Cheb CZ). Die Antependien werden ihm zugeschrieben, weil er für die gleichzeitigen Arbeiten der Stiftskirche Waldsassen verbürgt ist.

[13] Johann Gebhard (1676–1756) aus Velthurns im Südtirol, wohnhaft seit 1694 in Prüfening bei Regensburg. Für Kappl liefert er zwei Altarblätter. Das nördliche Altarblatt zeigt die Hl. Familie, im südlichen ist Mariä Himmelfahrt dargestellt.

[14] Anselm Schnaus (1670–1724) aus Amberg, Abt in Waldsassen 1710–1724.

[15] Mader (1908) bezeichnet die Bankwangen als gute Arbeit um 1690. Der «Dehio» 2008 übernimmt diese Wertung. Diese Datierung für eine Zeit, in der in der Regel jede Wange mit individuelle Akanthusschnitzereien gefertigt wird, irritiert. Bei den Wangen in der Kirche Kappl sind selbst die bescheidenen Schnitzereiaufsätze seriell hergestellt. Die Wangen dürften nach 1880 entstanden sein.

[16] Eugen Schmid (1688–1744) aus Bruck bei Fürstenfeld. Profess 1709 in Waldsassen. Primiz 1714. Abt in Waldsassen 1724–1744. Der bibliophil veranlagte Abt lässt 1724 als erstes Bauvorhaben seiner Regierungszeit die Bibliothek in Waldsassen ausstatten. Auch dort lässt er einen unbekannten Maler (Karl Hofreuter aus Eger) die Deckengemälde für 256 Gulden malen, wendet aber für die Stuckaturen von Jacopo Appiani 450 Gulden auf.

[17] Anton Smichäus (1704–1770) von Prag, wohnhaft in Laun. Von seiner Ausbildung und der Tätigkeit in den 1730er-Jahren ist nichts bekannt. 1741 ist er in Italien. Nach diesem Aufenthalt wird nur ein einziges Deckenfresko als sein Werk bezeichnet, das er um 1750/60 gemalt hat. Ob der um 1730 nach Kappl gerufene junge Maler die Freskotechnik vor seinem Italienaufenthalt beherrscht, wäre erst bei Kenntnis des Lehrmeisters zu beantworten.

[18] Die Malerei in Öl auf trockenen Putzgrund ist keine Seltenheit. Der Konstanzer Maler Jacob Carl Stauder (1694–1756) wirbt auch bei Neubauten mit dieser Technik und hat damit Erfolg. Er verwendet eine Mischung von Öl- und Tempera. Siehe zu ihm die Biografie in dieser Webseite. Die Vorteile sind der Wegfall des «intonaco», wie der Feinputz von 5–7 mm genannt wird (dieser kann aber auch auf alten Kalkputz aufgetragen werden). Die Nachteile sind schnelles Nachdunkeln und die fehlende Verbindung der Malerei mit dem Untergrund. Die Deckenmalereien Stauders in den Klöstern und Kirchen Süddeutschlands und der Schweiz haben aber «überlebt».

[19] Franz Fassmann (1697–1760) und Johann Adam Pleyer (1686–1759), Orgelbauer in Elbogen (heute Loket CZ). Fassmann baut 1737 die Orgel (II/15) der Wallfahrtskirche Plan-Planá und wird 1747 mit der Orgel (III/33) im Prager Stift Strahov berühmt. Pleyer baut 1739 die Orgel der Stadtkirche von St.Joachimsthal (Jáchymov). Ihre beiden Compagnons sind David Schmidt und Leopold Goll, beide aus Elbogen. Die Orgel in Kappl wird mit Einbezug eines älteren Brüstungspositivs des ebenfalls aus Elbogen stammenden Orgelbauers Abraham Stark (1659–1709) und seines Sohnes Wenzel Stark (1670–1757) gebaut. Quelle: Eberhard Kraus. Seine Veröffentlichungen sind allerdings widersprüchlich. Für das Brüstungspositiv nennt er zwei Daten: 1690 und 1707, und an anderer Stelle einen Orgelbauer aus Planá.

[20] Hugo Schnell beschreibt 1953, wie nach neuen Plänen des Bauamtes Amberg 1881 die Türme erhöht und umgestaltet werden. Auch das Hauptdach wird in der Neigung verändert. Mader berichtet aber 1908 über diesen nicht unmassgeblichen Eingriff nichts. Diese neobarocken Veränderungen scheinen aber das Erscheinungsbild der Kappl nicht zu beinträchtigen.

[21] Daniel Rimsl 2018.

[22] Oskar Martin-Amorbach (1897–1987). Eigentlich Oskar Martin, der sich nach seiner Geburtsstadt Martin-Amorbach nennt. Er hat seine grossen Erfolge in nationalsozialistischer Zeit bis 1945, ohne dass er sich aber dem Regime anbiedert. Wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP verliert er nach dem Krieg die Professur in Berlin. Er betätigt sich jetzt bei Rekonstruktionen oder Neuschöpfungen in wiederhergestellten kriegszerstörten Bauten (Goldener Saal im Rathaus Augsburg, Neumünster Würzburg), bei denen er viel Einfühlungsvermögen in die Vorgängermalerei beweist. Zu seinen Malereien im Neumünster Würzburg siehe den Beitrag in dieser Webseite.

[23] Der Beizug des dortigen Zimmermeisters für den Dachstuhl der Kappl spricht für vorherige Kontakte nach Kulmain.

[24] Sie können in ihrer Positivform auch als Übertragung einer Wandpfeilerhalle (Trautmannshofen 1686) in einen Zentralbau ausgelegt werden, was für den Praktiker Dientzenhofer die naheliegende Möglichkeit darstellt.

[25] Das von Mader 1908 beschriebene Laub- und Bandwerk im Fries ist heute nur schwach sichtbar.

[26] Zum Beispiel Sant'Andrea al Quirinale, 1658–1661 von Gianlorenzo Bernini.
Dientzenhofer kann römische Bauwerke allerdings nur aus Stichen kennen, vielleicht aus der 1683 erfolgten Veröffentlichung von Plänen römischer Kirchen (Hrsg. Giovanni Giacomo de Rossi). Möglich ist auch eine Vermittlung des römischen Hochbarocks durch den romerfahrenen Malerarchitekten Jean-Baptiste Mathey und den Prager Baumeister Paul Ignaz Bayer, die 1682–1692 die Karmelitinnen-Kirche St. Joseph in Prag bauen. Ihre Vorbilder scheinen die Kirchen Santa Maria di Montesanto und Santa Maria de Miracoli (Carlo Rainaldi 1662) zu sein. Aber ihr architektonisches Prinzip ist nicht neu. Schon Serlio hat derartige Zentralbauten in seinen Traktaten des 16. Jahrhunderts vorgestellt.
Ableitungen der Raumarchitektur der Kappl von römischen Vorbildern bleiben deshalb immer spekulativ und eher unwahrscheinlich. Gesichert ist nur der Kontakt von Dientzenhofer mit italienischen Baumeistern, sei es in Passau oder in Prag. Prag ist damals ein Schmelztiegel der neuen Architektur. Die sechs Brüder Dientzenhofer, fünf davon seit 1681 nicht mehr in Prag, sind zudem untereinander in dauerndem Austausch. Ihnen liegt die Tektonik der Wandpfeilerhalle im Blut. Doppelpilaster am Wandpfeilerkopf sind die Regel. Die Brüder sind zu dieser Zeit reine Praktiker. So ist der berühmte Christoph Dienztenhofer 1689 gemäss den Klosterannalen von Teplá zwar in seiner Kunst sehr erfahren, aber weder des Lesens noch Schreibens kundig. Deshalb dürfte schlussendlich auch die Kappl eine reine praktische Interpretation der Planungsvorgabe durch die Bauherren sein, eine geniale Umsetzung des Wandpfeilerhallen-Prinzips in den geforderten Zentralbau.

[27] Das Schloss ist seit einem Brand von 1818 abgerissen. Die Kapelle ist seither vereinfacht umgebaut und hat heute das Patronat St. Maria von Einsiedeln. Ihre Lage: 48°27'8.29"N 12° 8'47.89"E.

[28] Die zweisäulige Mitte des Hochaltars öffnet sich mit abgewinkelten Säulen und entsprechend geformten Gebälk konkav zum Altarraum. Eine runde Lichtöffnung durchbricht den Auszug, der auch als eingezogene Attika gesehen werden kann. Beide Gesimse sind nach oben geschweift, das untere ist mit Schneckenausbildungen im Scheitel gespalten. Das kleine Altarblatt von 1648 ist von einer lebhaften, carlonesken, weiss- und goldgefassten Putten- und Engelsgruppe umgeben. Ein Putto im Scheitel hält eine Tiara. Zwei lebensgrosse Seitenfiguren der hll. Bischöfe Leo und Augustinus stehen auf dem verlängerten Retabelsockel. Die Mensa mit dem versilberten Antependium ist vor dem Retabel freigestellt. Ihr vergoldeter Tabernakel ist ebenfalls von Engeln und Putti umgeben. Auf ihm steht ein älteres Relief-Bildwerk der Krönung Mariens, über dem zwei Putten einen bekrönten Baldachin halten.

[29] Die Retabel übernehmen die Architektur des Hochaltars in marmorierter Holzausführung. Anstelle der äusseren Säulen ist die Retabelrückwand mit Pilastern abgeschlossen. Das Gebälk wird vom Altarblatt gesprengt, sein Gesims ist deshalb halbrund gebogen und im Scheitel wieder mit Schnecken getrennt. Der Auszug liegt unter dem Fenster und ist lediglich mit einem weiteren geschweiften Gesims angedeutet. Je zwei grosse, polimentweiss gefasste Seitenfiguren stehen seitlich des Retabels auf Konsolen. Die freistehende Mensa hat ein ähnliches Silber-Antependium wie der Hochaltar.

[30] Ich verwende hier für die Malereien von Martin-Amorbach die Bezeichnung «Fresken», wie diese (meist gedankenlos) für alle Deckenmalereien auf Putz verwendet wird. Seine Maltechnik wird leider in der zugänglichen Literatur nicht beschrieben. Tatsächlich wirken die stark lasierend aufgetragenen Bilder wie Fresken, was allerdings seit dem Aufkommen der Keim-Künstlerfarben nichts mehr mit der alten Kalkfarben-Freskotechnik gemein hat.




 



  Kappl (Kappel) bei Waldsassen. Wallfahrtskirche zur Heiligsten Dreifaltigkeit  
  Kappl1Innen  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
Waldsassen
Oberpfalz Bayern D

Kurfürstentum
Bayern
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Regensburg   1685
Bauherr und Bauträger
      Paulus Eckhardt, Pfarrer 1677–1698 in       Münchenreuth
Hausner  Abt OCist Albert Hausner
      (reg. 1690–1710)
      Abt OCist Eugen Schmid
      (reg. 1724–1744)
 
  Blick in die Ostkonche des Innenraums der Wallfahrtskirche Kappl mit Hochaltar und Kanzel. Foto: Bieri 2019.   pdf  
   
KapplAussen1
Die Kappl von Süden (von der Wirtshausseite) gesehen. Foto: Bieri 2019.  
   
KapplAltarAusschnitt
Auf dem Altargemälde des Hochaltars ist die über der neu gebauten Wallfahrtskapelle schwebende Dreifaltigkeit zu sehen. Dieses Altarblatt stammt aus der darauf dargestellten Kapelle von 1648. Diese hat ein kurzes Langhaus, dem ein Chorturm mit Zwiebelhaube und Laterne vorsteht. Im Dunkel links neben der Kapelle liegt das schon 1560 erwähnte und an einer Wallfahrtsstätte nicht wegzudenkende Wirtshaus. Die lebhaften, das Bild rahmenden Engel und Putti weisen auf Stuckateure im Umfeld des Carlone Trupps hin, der seit 1696 in Waldsassen tätig ist. Foto: Bieri 2019.  
KapplGrundriss
Georg Dientzenhofer nimmt die Anregung der Trinitäts-Symbolik auf und baut über dreipassförmigem Grundriss drei Konchen, die ein gleichseitiges Dreieck umschliessen. In die aussen einspringenden Winkel legt er drei Rundtürme. Das Bauwerk wird aussen von einem umlaufenden, eingeschossigen Gang mit Pultdach umfasst.  
KapplSchnitt
Der Schnitt durch die Nordwestkonche zum Südostturm (siehe oben) zeigt instruktiv die komplexe Gewölbelösung.
Bildquelle: Mader 1908.
 
KapplA2
Die Kappl vom nach Südosten abfallenden Gelände gesehen. Foto: Bieri 2019.  
KapplHochaltar
Der östliche Konchenaltar ist durch seine Ausführung als Hochaltar ausgezeichnet und bildet mit der gegenüberliegenden Orgel eine West-Ost-Hauptachse. Sein Retabel ist eine viersäulige Ädikula mit Auszug. Es ist in rötlichem Stuckmarmor ausgeführt und farblich dem Hochaltar von Waldsassen ähnlich. Retabel und Tabernakel des Hochaltars, vor allem aber die Figuralplastik sind beste Leistungen von leider unbekannten Meistern aus der Carlone Werkstatt um 1700. Mehr zum Hochaltar siehe in Anmerkung 28. Foto: Bieri 2019.  


Die zwei weiteren Hauptaltäre sind vereinfachte und vielleicht erst um 1715 durch einheimische Altarbauer erstellte Nachbildungen des Hochaltars. Im Gegensatz zu diesem sind sie zweisäulige marmorierte Holzausführungen. Die Altarblätter werden Johann Gebhard aus Prüfening zugeschrieben. Mehr dazu in Anmerkung 29.
KapplAltar3
Hauptaltar der Südkonche. Im Altarblatt Mariä Himmelfahrt (1716). Das versilberte Antipendium, wie auch bei den anderen Hauptaltären, von Johann Georg Göhringer (1715). Foto: Bieri 2019.  
KapplAltar4
Hauptaltar der Nordkonche. Im Altarblatt die Hl. Familie auf dem Weg nach Jerusalem (1716). Foto: Bieri 2019.  
KapplKanzel
Die Kanzel ist von hoher künstlerischer Qualität. Dichte vergoldete Akanthusschnitzereien auf dem Korb rahmen Reliefbilder der Evangelisten, auf dem Schalldeckel findet man ihre vollplastischen, goldgefassten Symbole und obenauf ein von Engeln und Putten begleitetes Dreieinigkeits-Symbol. Auch von diesem Meisterstück um 1720/30 fehlen die Künstlernamen. Foto: Bieri 2019.  
KappelBänke
Das Kirchengestühl, von Kunsthistorikern vermutlich 200 Jahre zu früh datiert. Siehe die Anmerkung 15. Foto: Bieri 2019.  
KapplOrgel
Orgelbauer aus Elbogen in Böhmen bauen die Schwalbennestorgel bis 1738 unter Verwendung des Brüstungswerkes von 1690. Die dreimanualige Orgel mit zwölf Registern ist das bisher einzige Ausstattungsstück der Kappl, deren Meister bekannt sind. Sie ist über ein bestehendes Positiv der ersten Ausstattung von 1690 gebaut. Während die Fächer der Emporen-Auskragung Régence-Ornamentik aufweisen, ist die Bildhauerarbeit der Orgel und ihre Weiss-Gold-Fassung bereits frühes Rokoko. Foto: Regerman 2016 in Wikipedia.    
Kappl1920
Die Fotografie um 1900 ist eine Aufnahme der Orgel mit den damals noch sichtbaren Deckengemälden von Anton Smichäus um 1730. Im Vergleich mit den modernen Fresken des Malers Martin-Amorbach scheint dieser Thematik und Komposition übernommen zu haben. Bildquelle: Mader 1908, Foto Karl Weysser München.  
KapplFresko2
Die beiden Kuppelfresken West über der Orgel heute. Es sind die Heiliggeist- und die Gottessohn-Kuppeln, die Martin-Amorbach nach 1940 malt. Foto: Bieri 2018.  
KapplFresko1
Das erste Kuppelfresko, das Martin-Amorbach 1934 malt, ist die Gottvater-Kuppel über dem Hochaltar. Künstlerisch wertvoll, negiert es alles, was eine barocke Malerei ausmacht. Es fehlen der Hell-Dunkel-Effekt, die Dynamik der Figuren und der Farben und das «sotto-in-sù» mit dem barocken Illusionismus, der in Kuppeln nur kräftige terrestrische Szenen unter einem von Heiligen bevölkerten hellen Himmel kennt. Foto: Bieri 2019.  
KapplFresko3
Die drei Kuppeln in einer Gesamtansicht. Oben die westlichen, unten die östliche Kuppel. Foto: Bieri 2019.