Wolfgang Schmid (1655–1715)

Abt OSB in Zwiefalten 1699–1715

Wolfgang Schmid wird mit dem bürgerlichen Taufnamen Franz Jakob 1655 in Messkirch geboren. Sein Vater steht in fürstenbergischen Diensten und wird 1660 Obervogt der Herrschaft Neufra. Hier bewohnt die Familie das gleichnamige Schloss.[1] Der junge Franz Jakob tritt nach einem kurzen Besuch der Ehinger Lateinschule um 1668 in die Zwiefalter Klosterschule ein. 1671 ist er Novize im Kloster ein und leistet 1672 Profess. 1677 ist er als Theologiestudent in Dillingen immatrikuliert. Mit ihm studiert in der gleichen Klasse sein Mitfrater und spätere Abt Ulrich Rothheusler. Beide feiern 1681 Primiz. In Zwiefalten amtet er anschliessend als Vorsteher der Klosterschule, dann ist er Novizenmeister und Philosophiedozent der neuen Professen im Kloster. Zwei Jahre wirkt er in der Abtei Elchingen als Dozent der Philosophie. Der 1692 neu gewählte und nur zwei Jahre ältere Abt Ulrich Rothheusler bestimmt ihn zum Prior. Er übt dieses Amt bis 1698 aus, um dann wieder als Professor für Theologie und «Exhortator»[2] zu wirken.
Am 30. April 1699 wird er zum Abt von Zwiefalten gewählt. Er ist anfänglich wegen seiner Strenge in der Sorge um die Klosterdisziplin nicht beliebt. Als Prior wählt er P. Beda Summerberger. Mit ihm führt er die Bruderschaft zum Herzen Jesu in Zwiefalten ein.[3]
Beim Konvent-Neubau in Zwiefalten, an dem seit 1668 mit kriegsbedingten Unterbrüchen gebaut wird, fehlen zu dieser Zeit noch wenige Ausstattungen im Süd- und Fraterflügel. 1700 kann das neue Refektorium im Südflügel eingeweiht werden. Weitere Bauvorhaben werden wieder durch einen Krieg unterbrochen. Der bayrische Kurfürst, nun in Allianz mit den Franzosen, eröffnet 1702 mit dem Überfall auf Ulm den Spanischen Erbfolgekrieg in Süddeutschland. Abt Wolfgang flüchtet mit den jüngeren Konventualen und den Reliquienschätzen auf das Schloss Untercastell im Thurgau.[4] 1704, nach der für Bayern verheerenden Schlacht von Höchstädt, beruhigt sich die Lage. Aber noch 1707 fordern abwechselnd die Franzosen und Württemberg von Zwiefalten grosse Kriegskontributionen. Die Kosten für Zwiefalten belaufen sich auf 42 000 Gulden.
Bei Abt Wolfgang scheinen sich die Elemente klösterlichen Lebens, Spiritualität, Caritas, Wissenschaft und das zum Unterhalt notwendige ökonomische Denken im Gleichgewicht zu halten. Er ist ein grosser Förderer der weiterführenden Schule in Ehingen. Er lässt hier die 1698 begonnenen Kollegiengebäude fertigstellen und legt 1712 den Grundstein zur Studienkirche. Wie für alle Bauvorhaben seiner Regierungszeit zieht Abt Wolfgang auch hier den Vorarlberger Franz Beer II als Baumeister bei. Die Kirche kann 1719 geweiht werden.[5] Nebst diesem wichtigen Sakralbau lässt Abt Wolfgang in der Klosterherrschaft auch wichtige Profan- und Ökonomiebauten errichten. So baut er 1708 im Norden des Zwiefalter Klosters den Eckflügelbau der Meierei.[6] Hier wirken das erste Mal die Brüder Schneider als selbstständige Baumeister. Weitere Bauten des Abtes sind Mühlengebäude, der Neubau der Apotheke vor dem Südflügel, auch die neue Stuckausstattung der Kapitelskapelle, wofür er den Ellwanger Stuckateur Melchior Paulus beizieht. Abt Wolfgang wird auch im Zusammenhang mit den Wasserbauten um und im Kloster genannt. Im 1698 erworbenen Gross-Engstingen lässt er 1705 ein Statthalterei-Schloss erstellen.[7]
Abt Wolfgang Schmid stirbt am 2. April 1715 im Alter von 60 Jahren in Zwiefalten.

Pius Bieri 2011, rev. 2019

 
Benutzte Literatur:

Holzherr, Karl: Geschichte der ehemaligen Benediktiner- und Reichs-Abtei Zwiefalten. Stuttgart 1887.
Wieland, Georg: Vom Kolleg zum Konvikt Ehingen. Ehingen 1970.


Anmerkungen:

[1] Das Schloss der fürstenbergischen Herrschaft Neufra liegt im Donauried südlich von Riedlingen. 

[2] Als Exhortator wird im akademischen Studium derjenige bezeichnet, der mit Diskursen und Vorträgen ermuntert und ermahnt

[3] P. Beda Summerberger, der spätere Abt, ist unter den Benediktinern einer der ersten Herz-Jesu-Verehrer in Deutschland, einer Form schwärmerischer Frömmigkeit.

[4] Das Schloss ob Tägerwilen, gegenüber der Ruine Unter-Castell, im Volksmund «Pfaffenschlössli» genannt, wird unverständlicherweise 1958 gesprengt. Es ist ein mächtiger dreigeschossiger Walmdachbau in schöner Aussichtslage. Das ebenfalls dem Kloster Zwiefalten gehörende Gut Girsberg, 15 Gehminuten östlich, erhält erst 1790 den herrschaftlichen Schlossbau.

[5] Das architekturgeschichtlich bedeutende Werk wird aussen nach einem Dachstuhlbrand von 1769 vereinfacht und erfährt innen 1958 bis 1963 durch eine purifizierende und rücksichtslose neue Ausstattung mit zentraler Altarinsel eine zweite Zerstörung. Noch erhalten ist die Gewölbezone mit Stuck von Melchior Paulus und Fresken von Melchior Steidl.

[6] Der Nordflügel steht noch heute und dient der Gemeindeverwaltung.

[7] Die Herrschaft kann vom Hochstift Chur erworben werden. Das Schloss wird nach dem Übergang der Herrschaft an Württemberg (1750, für den Erwerb der Reichsunmittelbarkeit) 1767 von den neuen Besitzern abgebrochen. Seine Lage ist gegenüber der Pfarrkirche St. Martin, die 1717 vom Nachfolger Beda Summerberger durch Baumeister Franz II Beer gebaut wird.

Bildnis des Abtes Wolfgang in der Äbtegalerie Zwiefalten

Das runde Büstenporträt in einem erläuternden Rahmenwerk ist in der Art eines Schabkunstblattes gemalt.
Quelle:
Hubert Hosch, Freieskunstforum.de
  Abt OSB Wolfgang Schmid (1655–1715) von Zwiefalten  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  1655 Messkirch Baden-Württemberg D   Fürstentum Fürstenberg  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Reichsabt OSB   1699–1715  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  2. April 1715 Zwiefalten Baden Württemberg D   Reichsabtei Zwiefalten  
  Kurzbiografie              
 

Die Regierungszeit des Abtes Wolfgang Schmid ist vom Spanischen Erbfolgekrieg überschattet, der ihn 1702 zur Flucht auf das Schloss Untercastell im Thurgau zwingt. Er ist aber trotz des Krieges ein rühriger Bauabt. Seine Neubauten erstellt er mit dem Baumeister Franz Beer, der unter dem Vorgänger den Südflügel erstellt hat. Beer baut ihm die nördlichen Wirtschaftsgebäude und einige weitere Profanbauten im Dorf, dann das Kollegium und die Studienkirche von Ehingen. Auch der Ausbau der Kapitelskapelle im Ostflügel und der Bau des Amtsschlosses in Gross-Engstringen sind Abt Wolfgang zu verdanken.

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