Die Meister des Bauwerks
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Franz Alois Mayr (1723–1771) Tegernsee WikiMayr   Baumeister 1760   1764
Johann Georg Lindt (1734–1795) Obervellach Kärnten Lindt   Bildhauer, Altarbauer ~1762   1764
Peter Anton Lorenzonio (um 1721–1782) Cles bei Trient Lorenzoni   Maler 1762   1762
Johann Martin Heigl (um 1730–1774) Unbekannt Heigl   Maler, Freskant 1763   1764
Johann Nepomuk Hofer (Lebensdaten unbekannt) Unbekannt     Bildhauer ~1763   1764
Johann Georg Kapfer (um 1720–1794) Unbekannt     Bildhauer ~1763   1764
Wilhelm Epple (Lebensdaten unbekannt) Unbekannt     Maler ~1763   ~1764
Anton Bayr (1769–1792) Heidlingsfeld     Orgelbauer 1768   1769


Marienberg

Wallfahrtskirche Maria Königin des Rosenkranzes[1]

Pfarrkirche und Wallfahrtskirche von Raitenhaslach
Als sich 1146 die Zisterzienser in Raitenhaslach niederlassen, finden sie dort bereits eine Dorfgemeinschaft mit einer dem hl. Pankratius geweihten Pfarrkirche vor. Der Zisterziensergewohnheit entsprechend erhält die neue Klosterkirche zusätzlich das Patrozinium Mariä Himmelfahrt. Die Pfortenkapelle St. Georg im Klosterbezirk dient als Leutkirche, aber nicht als Pfarrkirche. Diese wird in die Eigenkirche eines Gutshofes an der heutigen Stelle auf dem Marienberg verlegt. Das alte Maria-Patrozinium auf dem St.-Maria-Berg, wie er noch bis ins 19. Jahrhundert genannt wird, bleibt bestehen. 1203 inkorporiert der Salzburger Erzbischof die Pfarrei Marienberg in das Kloster Raitenhaslach, das nun auch den Pfarrer stellen muss. Das Kloster pastorisiert Marienberg excurrendo.[2] 1244 folgt die Inkorporation eines Teils der nördlich gelegenen Pfarrei Mehring. Im gleichen Jahr ist Weihe einer neuen Kirche auf Marienberg. 1398 weiht der Salzburger Weihbischof[3] erneut eine nun vergrösserte Kirche, das Indiz für die bereits florierende Wallfahrt. Diese wird vor allem mit Ablässen gefördert. Einen eigentlichen Aufschwung erreicht sie im frühen 17. Jahrhundert. Kurfürst Maximilian I. von Bayern bestimmt die Gottesmutter 1615 zur «Patrona Bavariae». Das Gnadenbild der Muttergottes mit Kind, Zepter und Krone tragend und auf einer Mondsichel stehend, knüpft an die ersten Darstellungen der «Patrona Bavariae» an.[4] Abt Adam Daniel Rempolt lässt 1627 durch Dominikaner aus Landshut die Rosenkranzbruderschaft einführen, die schon zwei Jahre später 1.485 Mitglieder hat und bis 1763 auf 44.642 (lebende und verstorbene) Mitglieder anwächst. Obwohl die Wallfahrt nur regionale Bedeutung hat, ist der Zustrom von Gläubigen gross. Die Kirche wird in der Folge von den Raitenhaslacher Äbten reich ausgestattet. Noch 1747 erhöht Abt Robert den Kirchturm. Über das Aussehen dieser Vorgängerkirche ist nichts bekannt.

Neubau unter Abt Emanuel II. Mayr von Raitenhaslach

Baumeister und Gebäudearchitektur
Im September 1760 legt Abt Emanuel II. Mayr[5] in der alten Pfarr- und Wallfahrtskirche den Grundstein für einen Neubau an gleicher Stelle. Im Mai 1761 ist der Neubau so weit gewachsen, dass die alte Kirche abgebrochen werden muss. Das barocke Gnadenbild wird in feierlicher Prozession nach Raitenhaslach verbracht. Planer und Baumeister des Neubaus ist Franz Alois Mayr aus Trostberg.[6] Dieser ist seit 1749 auch Baumeister der Neubauten im Kloster Raitenhaslach. Für Marienberg liegt um diese Zeit auch ein erstes Projekt vor. Ein Modell dieses Projektes, wie es üblicherweise für Vertrag und Ausführung erstellt wird, ist erhalten. Es entspricht einem älteren Projektstand, der vor 1760 völlig überarbeitet wird.[7] Das Modell ist heute in der Kirche aufgestellt und zeigt eine spätbarocke Rundkirche mit Kegeldach. Die gegen das Tal gerichtete Ostseite dominiert eine auf Fernwirkung berechnete Doppelturmfront mit schlanken und ausdrucksstarken Türmen. Die Türme sind mit kunstvoll durchbrochenen Zwiebelhelmen bekrönt.[8] In diesen Baukörper ist ein Vierkonchen-Grundriss mit gleichen Armtiefen eingeschrieben. Der dann gebaute Innenraum stimmt mit dem abgelehnten Modell überein.[9]
Völlig verändert gegenüber dem Modell ist hingegen der gebaute Aussenkörper. Der runde Grundriss ist jetzt einem angenäherten Quadrat gewichen. Wesentlich sind die Änderungen in der Fassadengestaltung. Neu setzen die beiden Mayr (Abt und Baumeister) eine klassizistische Tempelfront an die Westseite und wiederholen zwischen den beiden östlichen Glockentürmen das tempelartige Frontispiz. Die gewagten durchbrochenen Turmhelm-Skulpturen weichen einem simplen Pyramidendach. Die meisten Fenster werden zu blinden Architekturelementen degradiert. Mit diesen Änderungen geht zwar der barocke Charakter des Baukörpers verloren, er gewinnt aber durch die neue westliche Eingangsfront, die wahrscheinlich vom Abt bewusst als Tempel-Zitat in die Achse der dominanten Freitreppe geplant wird. Die Eingangsfassade mit der Freitreppe ist das symbolhafte Pendant zur Fernwirkung der Doppelturmfront im Osten. Auf ihr prangt mit der Zahl MDCCMLXIV das Datum der Kirchweihe (1764). Das mittlere M ist als marianisches Symbol ausgebildet.

Die Freitreppe
Über 50 Treppenstufen erreicht der Pilger das noch 1747 erweiterte Plateau des Friedhofes und den Kircheneingang. Die Freitreppe ist trotz ihrer mehrfachen Neuerstellung (1792, 1950) ein beachtenswertes Monument.[10] Ihre mittlere dreiläufig gewendete Doppeltreppe hat die gleiche Breite wie die Eingangsfassade. Damit bildet sie eine Einheit mit der Wallfahrtskirche, was mit ihrer Rosenkranzsymbolik noch betont wird.[11]

Der Kirchenraum
Bemerkenswert an der Wallfahrtskirche Marienberg ist der Innenraum.[12] Er entsteht gleichzeitig mit der Klosterkirche Rott am Inn von Johann Michael Fischer. Ein Vergleich wäre ungerecht, denn dort leistet sich der Abt nicht nur den besten Baumeister, sondern auch die besten Stuckateure, Bildhauer und Freskanten des Kurfürstentums. Rott kann als das letzte grosse barocke Gesamtkunstwerk des ausklingenden Barocks bezeichnet werden. Im Gegensatz zum Abt von Rott verzichtet Abt Emanuel II. Mayr bei seinem Neubau auf grosse Namen. Die von ihm beigezogenen Meister sind lokal verwurzelt und vor allem im südöstlichen Oberbayern tätig. Dass er mit ihnen ein einzigartiges Raumkunstwerk erreicht, zeigt die hervorragende künstlerische Qualität auch weniger bekannter barocker Meister und ihr selbstverständliches Zusammenspiel beim Umsetzen der Programmvorgaben des Abtes.
Geprägt wird der Vierkochenraum des Baumeisters Franz Alois Mayr von den Fresken des  Münchners Johann Martin Heigl[13] und der Ausstattung der Bildhauer Johann Georg Lindt,[14] Johann Georg Kapfer[15] und Johann Nepomuk Hofer.[16] Der Stuckateur muss nicht erwähnt werden, denn fast alle Rocaille-Kartuschen an Gewölben und Wänden sind von Martin Heigl als «stucco finto» gemalt. Die Altarblätter der vier Seitenaltäre stammen von dem in Salzburg wirkenden Pietro Antonio Lorenzoni.[17]

Die Fresken von Johann Martin Heigl
Die Fresken von Johann Martin Heigl in der zentralen Kuppel, in den Pendentifs und in den Gewölben der vier konchenförmigen Kreuzarmen sind aussergewöhnlich in ihrer malerischen Qualität, in ihrer Erzählkraft und in ihrer Detailgenauigkeit. Der ehemalige Mitarbeiter von Johann Baptist Zimmermann erweist sich als ein ebenbürtiger Meister. Die Darstellungen folgen einem marianischen Programm, von Abt Emanuel II. vorgegeben und mit vielschichtiger Symbolik angereichert. Im Kuppelfresko verdichtet sich die Erzählung. Es zeigt vier terrestrische Hauptschauplätze. Ihre Bedeutung folgt den Rosen-Reden für die Erz-Bruderschaft des heiligen Rosenkranzes in der «Rosiliquia» von Thomas Ferselius.[18]
Für den Eintretenden ist als erstes das abfahrende Heils-Schiff im Ostteil lesbar. Papst, Abt (Emanuel), Kurfürst und Kurfürstin und andere Würdenträger sind seine Insassen. Darüber schwebt beim Schiffsmast die Patronin Maria mit Kind. Weitere Heilige, wie die Ordensgründer Benedikt, Bernhard, Franz von Assisi und Dominikus leisten ihr Gesellschaft. Links davon, im Norden, ist ein Leuchtturm mit Schiffbruchs-Darstellung zu sehen. Rechts, im Süden, liegt der Garten mit dem Dominikaner der Rosenkranzbruderschaft. Im Nordteil ist die Himmelspforte dargestellt. Auch hier halten sich weisse Mönche auf.
Man kann sich lebhaft vorstellen, wie dieser Fundus an Darstellungen und Symbolik die damaligen Kanzelprediger befeuert, und wie die Pfarrkinder von Raitenhaslach in ihnen wie in einem Bilderbuch lesen.

Die Ausstattung
Wertvoll ist auch die feste Ausstattung. Im monumentalen Hochaltar, der Johann Georg Lindt aus Burghausen entwirft, fügt er auch das barocke Gnadenbild des Vorgängeraltars ein. Auch der Bernhard- und der Anna-Altar an den Konchen-Stirnseiten sind Werke von Johann Georg Lindt, während der Kreuz-Altar und der Johannes-Altar beidseits des Chorbogens von Johann Georg Kapfer stammen. Die vier Seitenaltäre beherbergen auf der Altar-Mensa die Schau-Schreine mit den von Abt Emanuel II. erworbenen Gebeinen der Katakombenheiligen Vinzenz, Felix, Prosper und Justus. Vom völlig unbekannten Bildhauer Johann Nepomuk Hofer stammt die Rokoko-Kanzel und das zierliche Oratorium des Abtes als Gegenüber der Kanzel. Die Bildhauer- und Schreinerarbeiten werden durch eine einheitliche Fassung zusammengebunden. Die Marmorierung ist vom Rot und Blau (am Hochaltar) zum Grau-Blau der Seitenaltäre abgestuft. Goldfassungen der Bildhauerarbeiten herrschen vor allem im Chorbereich vor. Die Namen der Maler dieser wichtigen und bis 1770 dauernden Fassarbeiten sind nicht überliefert. Die Werkstatt der Anna Maria Deybl aus Tüssling könnte in Frage kommen.[19]
Um 1768/69 erstellt der fränkische Orgelbauer Anton Bayr[20] die Orgel mit einem Manuale und 11 Registern. Sie ist das einzige Werk dieses Meisters, das noch annährend im Originalzustand erhalten ist.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt werden die drei dominierenden Rundbogenfenster der Westfront, wie schon vorher diejenigen an der Ost-Schaufassade, zu blinden Architekturelementen.

Baukosten und ihre Tilgung
Die Baukosten betragen 45 000 Gulden. Die Abtei Raitenhaslach, obwohl mit der laufenden grossen Westerweiterung finanziell bereits stark belastet, kann dies verkraften. Denn die Tilgung der Bauschuld einer Wallfahrtskirche ist dank den Einnahmen aus Pilgeralmosen weniger problematisch als die Errichtung von Wohn- und Nutzbauten im Kloster.[21] Dafür sorgen auch neue Ablässe des Erzbischofs anlässlich der Einweihung.

Nach der Säkularisation 1803
Nach der Aufhebung aller Klöster in Bayern wird die ehemalige Stiftskirche von Raitenhaslach 1806 als neue Pfarrkirche bestimmt. Marienberg wird geschlossen und die erst 42 Jahre alte Kirche soll auf Abbruch verkauft werden. Die Kirche ist schon leergeräumt, als sich ein jahrelanger Kampf der Marienberger Bauern gegen die Obrigkeit in Burghausen anbahnt. Für ihren Kampf um Marienberg nehmen sie auch Arreststrafen in Kauf. 1811 gewinnen die aufmüpfigen Bauern, nachdem sich auch der bayrische Kronprinz für das Bauwerk einsetzt. Die Kirche wird nun Filialkirche von Raitenhaslach. Mit wenigen Ausnahmen kommen die meisten entfernten liturgischen Gegenstände und auch das Gnadenbild wieder nach Marienberg zurück. Mit der Neuordnung der Bistümer nach der Säkularisation kommt Marienberg 1821 vom Bistum Salzburg zum Bistum Passau.

Gebäudeunterhalt und Restaurierungen
Nach der durch die Bevölkerung erzwungenen Erhaltung der Wallfahrtskirche verweigert der Staat die Baupflicht, ist aber 1861 erstmals zu einem Zuschuss an Renovierungsmassnahmen bereit. In den 60er-jahren des letzten Jahrhunderts folgt eine umfassende Gesamtrenovation. Letztmals wird die Kirche innen von 2001 bis 2011 umfassend restauriert.

Pius Bieri 2015

 

Literatur:

Bezold, Gustav von; Hager, G.; Riehl Berthold: Die Kunstdenkmale des Königreiches Bayern, erster Band, die Kunstdenkmale des Regierungsbezirks Oberbayern, 3. Theil. München 1905.

Krausen, Edgar: Die Zisterzienserabtei Raitenhaslach, in: Germania Sacra, NF 11, die Bistümer der Kirchenprovinz Salzburg, das Erzbistum Salzburg. Berlin und New York 1977.

Komarek-Moritz, Sabine und Kupferschmied, Thomas: Marienberg. Kunstführer. Passau 2011.

Lange, Hans: «ein Closter, nit ein Pallast» in: Klosterkultur in Bayern vor der Säkularisation – zwischen Heilsgeschichte und Aufklärung (Hrsg. Iris Lauterbach). München 2011.

Graepler, Carl: Johann Georg Lindt, ein Beitrag zur Geschichte der bayrischen Plastik im 18. Jahrhundert. Dissertation München 1954. Online-Ausgabe 2009.

 

Anmerkungen:
[1] Das Marien-Patrozinium wird heute (Dehio 2006, Führer 2011) auch mit Maria Himmelfahrt verbunden. Bis zum Ende der Barockzeit ist dies aber der Abteikirche Raitenhaslach vorbehalten. In der Kirche selbst wird auf das Fest Maria Himmelfahrt deshalb kein Bezug genommen. Korrekt bezeichnet das Bistum Passau hingegen das Patrozinium mit «Maria Königin des hl. Rosenkranzes».

[2] Excurrendo (lateinisch): Hinaus laufen, im kirchlichen Gebrauch für das Versehen einer Pfarrstelle von aussen, meist von einem im Kloster wohnenden Pater.

[3] Weihbischof Leonhard, Bischof von Tiflis («Teffelicensis»).

[4] Haltung, barocke Kronen und Zepter verweisen auf Mitte bis Ende des 17. Jahrhunderts. Dehio (2006) datiert hingegen 1595.

[5] Abt Emanuel II. Mayr wird am 8. März 1759 als Nachfolger von Abt Robert Pendtner gewählt.

[6] Franz Alois Mayr (1723–1771), bis 1750 als Palier für die Brüder Johann Baptist und Ignaz Anton Gunetzrhainer tätig. Er beginnt als eines der ersten eigenen Werke 1749 die Konvent-Westerweiterung der Abtei Raitenhaslach.

[7] Das Modell ist im Massstab 1:66 erstellt. Obwohl alle Schriftquellen und Pläne fehlen, gehen Historiker von einem Erstellungsdatum 1759/60 unter Abt Emanuel II. aus. Dass das Modell schon unter Abt Robert Pendtner vor 1759 entstanden sein könnte, wird gar nicht erst in Betracht gezogen. Betreffend Marienberg sind Schriftquellen und Pläne, auch Anträge und Genehmigungen beim Geistlichen Rat in München nicht mehr vorhanden, sodass über die Ablehnung des ersten Projektes nur spekuliert werden kann. Die Projektänderung und Vereinfachung des Baukörpers und der Turmhelme können nicht mit einer plötzlichen Hinwendung des Abtes oder des Baumeisters zum Klassizismus erklärt werden, dazu ist die Zeit noch nicht reif und hätte sich auch im Innenraum auswirken müssen. Die radikale Umgestaltung der Turmhelme kann zwar mit Kosteneinsparungen begründet werden. Einleuchtender wäre aber, dass Abt Emanuel II. sein erstes Regierungsjahr benutzt, um ein vorhandenes Projekt nach seinen Vorstellungen zu ändern.

[8] Ähnlich der Turmhelme der Zisterzienserabtei Grüssau in Schlesien (1735), Stichveröffentlichung um 1752 in «Abbildung derer in Böhmen. Mähren, Schlesien gelegenen Clöster, Propsteyen etc. Heil. Ordens von Cisterz», von F., B. Wernero R. M. in Breslau.

[9] In der Kuppel ist ein Entwurf des Kuppelfreskos zu sehen, der allerdings nicht mit der Ausführung übereinstimmt und der nicht von Martin Heigl stammt.

[10] Nach dem Antrittspodest und dem ersten Lauf teilt sie sich in eine geradläufig gewendete Doppeltreppe mit je drei Läufen, um dann nach dem letzten gemeinsamen Podest mit einem weiteren Lauf zu enden. Auf jeder Podestbrüstung sind zwei umgekehrte romanische Kapitelle angebracht, die eine Steinkugel tragen. Die Kapitelle stammen wahrscheinlich aus dem 1775 abgebrochenen Kreuzgang von Raitenhaslach. Die Treppenbrüstungen sind seit dem Neubau von 1950 betoniert, glattverputzt und zu hell gestrichen, was die im 18. Jahrhundert noch vorhandene Einheit mit der alten Friedhofsmauer stört.

[11] Fünf Podeste und 50 Stufen entsprechen den fünf Gesätzen zu je 10 Ave Maria.

[12] Im «Dehio» wird Marienberg als eine der bemerkenswertesten und symbolträchtigsten Raumschöpfungen der Zeit in Bayern bezeichnet. Dies trifft zu, wenn zeitgleiche Wallfahrtskirchen verglichen werden. Die Wies ist 1760 schon zehn Jahre alt. Mit ihr, aber auch mit ausserhalb Kurbayerns liegenden Wallfahrtskirchen wie Vierzehnheiligen (1744), der Birnau (1746) oder Maria Steinbach (1749), darf Marienberg nicht verglichen werden. Wenn der Vergleich allerdings ausschliesslich mit kurbayrischen Zisterzienser-Wallfahrtskirchen getroffen wird, dann stimmt er sogar für das ganze 18. Jahrhundert.

[13] Johann Martin Heigl (†1774), Mitarbeiter von Johann Baptist Zimmermann, wohnhaft in München. Siehe Biografie.

[14] Johann Georg Lindt (1734–1795) aus Burghausen. Siehe Biografie.

[15] Johann Georg Kapfer (um 1720–1794), seit 1750 in Trostberg tätig.

[16] Johann Nepomuk Hofer (Lebensdaten unbekannt), vielleicht aus Steyr.

[17] auch: Peter Anton Lorenzoni (um 1721–1782) aus Cles bei Trient, Schüler von Paul Troger, Bürger von Salzburg seit 1749.

[18] Ferselius, Thomas: Rosiloquia, Das ist: Rosen-Reden/ Von der Fruchtbringenden Ertz-Bruderschafft Deß heiligen Rosenkrantzes Jesu und Mariae. Kempten 1679. Siehe Online-Ausgabe.

[19] Anna Maria Deybl aus Tüssling bei Altötting. Für alle Werke der 1760-Jahre von Johann Georg Lindt, deren weitere Meister aktenkundig sind, wird sie als Fassmalerin erwähnt. Siehe dazu auch die Biografie Johann Georg Lindt. Sabine Komarek-Moritz (Führer 2011) vermutet Markus Held (†1781) aus Amerang.

[20]Anton Bayr (1769–1792) aus Heidlingsfeld. Er heiratet 1744 die Witwe des Orgelbauers Hillenbrand und übernimmt dessen Orgelbau-Werkstatt in München. Mehr zu Bayr und der Orgel in Marienberg siehe: Orgelseite Bistum Passau.

[21] Eine Ausnahme ist die Wallfahrtkirche Wies des Klosters Steingaden, deren Baukosten aber genau das Vierfache von Marienberg betragen. Und selbst die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, 1772 mit 130 000 fränkischen Gulden ähnlich teuer wie die Wies, führt zu keiner Verschuldung der Zisterzienserabtei Langheim. Die Verschuldung Raitenhaslachs von 54 000 Gulden am Ende der Regierungszeit von Abt Emanuel II. hat entgegen böswilliger Unterstellungen nichts mit dem Bau der Wallfahrtskirche Marienberg gemein.


 

 


  Wallfahrtskirche Marienberg  
  Marienberg1Gesamt  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18.Jh.)
Burghausen
Bayern D
Kurfürstentum Bayern

Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Salzburg 1760
Bauherr und Bauträger


Mayr Abt Emanuel II. Mayr (reg. 1759–1780)

 
  Der Innenraum mit Hauptaltar, Seitenaltären, Kanzel und Oratorien in einer Aufnahme vom 15. Juli 2012 (Autor Mattana in Wikipedia).   pdf  
   
Marienberg1Q
Die Wallfahrtskirche von Westen, mit Schaufassade und Freitreppe.  
   
Marienberg2
Talseitige (südliche) Ansicht der Wallfahrtskirche.  
Marienberg1905
Grundriss der Wallfahrtskirche mit westlicher Freitreppe in einer Planaufnahme 1905. Quelle: Kunstdenkmale Bayern.  
MarienbergGrRissVergleich
Ein Vergleich des ersten Grundrisses, wie er im Modell ausgeführt ist, mit dem ab 1760 erstellten Grundriss.  
Marienberg3Heigl
Im zweiten Quartal des Jahres 1764 vollendet Johann Martin Heigl das grosse Kuppelfresko der Wallfahrtskirche. Er malt es nach einem Programm des Abtes Emanuel II. Die Bedeutung der vier terrestrischen Szenen erschliesst sich über die Rosen-Reden des Ferselius (1679). Der hier gezeigte Ausschnitt zeigt das abfahrende Heils-Schiff im Ostteil. Papst, Abt (Emanuel), Kurfürst und Kurfürstin und andere Würdenträger sind seine Insassen. Darüber schwebt beim Schiffsmast die Patronin Maria mit Kind. Weitere Heilige, wie die Ordensgründer Benedikt, Bernhard, Franz von Assisi und Dominikus leisten ihr Gesellschaft.
Für die Vergrösserung bitte anklicken!

> zum Gesamtbild des Kuppelfreskos.

 
Marienberg4
Der Hochaltar ist das Hauptwerk von Johann Georg Lindt. Er ist im August 1764 fertig gestellt. Im Zentrum fügt Lindt das Marien-Gnadenbild des 17. Jahrhunderts ein. Zu Füssen des Gnadenbildes stehen der hl. Dominikus und die hl. Katharina von Siena. Die beiden Dominikanerheiligen sind ein Hinweis auf die Einführung der Rosenkranzbruderschaft durch die Dominikaner aus Landshut.
Beidseits der frei in den Raum vorstehenden Säulen sind, mit 283 Zentimetern überlebensgross, die Statuen der beiden Bischöfe Benno (mit Fisch) und Rupertus (mit Salzfass) angeordnet. Damit bilden die Patrone von Bayern und Salzburg nebst dem Gnadenbild der «Patrona Bavariae» die Hauptfiguren.

> zum Ausschnitt Hochaltar.

 
Marienberg5
Ein Blick in nördliche Konche. Die Gruppe zweier Rundbogenfenster mit darüber liegendem, birnenförmigem Kartuschenfenster wiederholt sich an der Südseite. Vor allem das modische Rokoko-Kartuschenfenster sorgt für eine ausgewogene Beleuchtung des Zentralraums. Diese Fenstergruppierung ist ein bei Franz Alois Mayr gebräuchliches Motiv.
Die beiden Gruppenfenster sind allerdings die einzige Lichtquelle. Alle anderen acht hohen Rundbogenfenster der Kirche, auch die Fenster der beiden Schaufronten, sind blinde Fenster!
 
Marienberg6
Die beidseitig des Chores platzierten Altäre sind ein Werk von Johann Georg Kapfer. Wie Baumeister Mayr ist er Bürger in Trostberg. Die Altarblätter und Auszugsbilder dieser beiden Altäre sind Rokoko-Werke von hoher Qualität. Als Maler wird Wilhelm Epple genannt. Erst 1766 werden die Leiber des hl. Prosper (Kreuzaltar Nord, oben) und des hl. Justus (Johannesaltar Süd) auf die Altarmensa gestellt. Die Kanzel ist ein Werk von Johann Nepomuk Hofer.  
Marienberg7
Das gegenüber der Kanzel angebrachte Oratorium ist wie die Kanzel verdeckt (vom Turm) zugänglich. Es wird als Oratorium des Abtes bezeichnet. Es ist gleich der Kanzel eine ausgezeichnete Bildhauer- und Fassmalerarbeit. Bildhauer ist Johann Nepomuk Hofer, die Fassmaler sind unbekannt.  
Marienberg8
Die Orgel auf der Westempore wird 1768/69 vom fränkische Orgelbauer Anton Bayr gebaut. Sie ist das einzige Werk dieses Meisters, das noch annährend im Originalzustand erhalten ist.  
Grab1Grab2
Um die ehemalige Pfarrkirche liegt seit Jahrhunderten der Friedhof von Raitenhaslach. Viele der schönen Grabsteine sind heute verschwunden, wie der Familiengrabstein Ober vom Hofgut Quick nordwestlich Raitenhaslach (rechts). Erhalten ist der Grabstein des letzten Abtes von Raitenhaslach, des 1820 verstorbenen Ausanius Detterle (links).