Br. Stephan Huber SJ (1554–1619)

Jesuitenbaumeister
Stephan Huber wird 1554 oder 1556 in Egling geboren.[1] Als er 1586 in Landsberg das Noviziat bei der Gesellschaft Jesu beginnt, ist er Bildhauergeselle. Im Nekrolog wird erwähnt, dass er sich in Rom als Bildhauer («statuarius») weitergebildet hat. Er arbeitet vorerst als Bildhauer und Altarbauer in Landsberg, wo er bis 1588 den Hochaltar der neuen Jesuitenkirche baut. Er baut anschliessend weitere Altäre in der Ordensprovinz. Sein Ruf als guter Altarbauer dringt auch über die Provinzgrenzen. So fertigt er 1603 einen Hochaltar in Brünn. Zur Baukunst gelangt er vorerst, zwischen 1593 und 1595, mit kleineren Werken in Ingolstadt und Regensburg. 1604 wird er nach Konstanz berufen und baut dort bis 1608 Kirche,[2] Kollegbau und Gymnasium der Jesuiten. Dann plant und baut er in Hall bis 1610 die Allerheiligenkirche, ähnlich der Konradskirche von Konstanz, richtet sie ein und baut anschliessend während zweier Jahre den alten Kollegbau um. 1612 finden wir ihn wieder in Landsberg, wo er den Osttrakt des Kollegs als Erweiterungsbau für die Novizen erstellt. Hier hat er als Gehilfen den jungen Br. Jacob Kurrer (1585–1647), ebenfalls aus Ingolstadt, der ein Jahr vorher als Maurergeselle in Landsberg eingetreten ist. Kurrer wird später als Erbauer der Luzerner Hofkirche und als erster Planer für einen neuen Abteibau in Einsiedeln bekannt.
1613 wird Br. Stephan als Planer der neuen Konventbauten nach Ochsenhausen vermittelt. Er ist dort Anfang Januar 1614 für Planungsgespräche anwesend und erstellt im gleichen Jahr die Planung. Nach dieser entsteht ab 1615 eine Konventanlage, welche die nüchterne Architektur jesuitischer Kollegbauten mit dem symmetrischen, residenzähnlichen süddeutschen Schlossbau verbindet. Seine Planung ist damit am Anfang einer langen Tradition von Klosterresidenzen des süddeutschen Barocks, an deren Ende Weingarten, Einsiedeln, Ottobeuren, St. Blasien und Wiblingen stehen.
Die Planung für Ochsenhausen ist gleichzeitig sein letztes bekanntes Werk. 1616 geht er, nun erschöpft und krank, wieder nach Konstanz, wo er am 24. Mai 1619 mit 63 oder 65 Jahren stirbt.
Die Lebensbilder der Jesuitenbaumeister vom Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts sind sich ähnlich. Sie treten dem Orden als ausgebildete und erfahrene Bauleute oder Kunsthandwerker bei. Sie wechseln entsprechend den Ordensgewohnheiten in rascher Folge die Ordensniederlassungen. Diese städtischen Kollegien bieten Möglichkeiten zur Weiterbildung auf dem Gebiet der Baukunst, sei es in direkter Anschauung, sei es durch Vorlagenwerke, oder einfach in der Zusammenarbeit mit ihren hervorragend geschulten Vorgesetzten. Ihre Kirchenbauten sind noch klar der Renaissance verhaftet.[3] Sie bereiten aber den Barock vor, der dann, völlig unabhängig von römischen Vorbildern, im Sakralbau mit der Dillinger Jesuitenkirche 1610–1617 und im Residenzbau mit der Klosteranlage von Ochsenhausen beginnt.

Pius Bieri 2010, rev. 2020

Benutzte Literatur:
Braun, Joseph SJ: Die Kirchenbauten der deutschen Jesuiten. Freiburg im Breisgau 1910.
Herold, Max (Hg.): Ochsenhausen. Von der Benediktinerabtei zur oberschwäbischen Landstadt. Weissenhorn 1994.

 

Anmerkungen:

[1] Die Angaben zum Geburtsjahr und Geburtsort differieren. Braun (1910) nennt 1554, Herbert Gerl SJ in «Catalogus generalis provinciae Germaniae Superioris et Bavariae Societatis Iesu, 1556-1773», München 1968, nennt 1556. Der Geburtsort wird bei Braun mit Ingolstadt beschrieben, während Gerl Egling nennt.

[2] Jesuitenkirche St. Konrad, heute altkatholische Christuskirche.

[3] Die Kirchen sind dabei keineswegs in Anlehnung an italienische Ordensbauten erstellt. In der oberdeutschen Provinz ist das einschiffige Langhaus fast immer ohne Querschiff. Die versteifenden Wandpfeiler sind innen gelegen, sie bilden Nischen, die nur bis unter das Längsgesims am Gewölbeansatz reichen. Ein schmuckloses Tonnengewölbe mit Stichkappen ist die Regel. Der Chor ist um die Nischentiefe eingezogen. Die Fassade hat die Augsburger Renaissance und nicht Rom zum Vorbild. Beim Bau der Dillinger Jesuitenkirche 1610–1617 durch den Misoxer Hans Alberthal in Anlehnung an die deutschen Hallenkirchen erstellt, werden die Pfeilernischen zu gewölbetragenden Wandpfeilern, der süddeutsche Barock beginnt hier. Zur Jesuitenkirche Dillingen siehe den Beitrag «Dillingen, Jesuitenkirche» in dieser Webseite. Zu Hans Alberthal siehe die Biografie in dieser Webseite.

  Br. Stephan Huber SJ (1554–1619)>  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  1554 oder 1556 Egling   Bayern D  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Kurfürstentum Bayern   Eichstätt  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  24. Mai 1619 Konstanz   Baden-Württemberg D  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Vorderösterreich   Konstanz  
  Kurzbiografie        
 

Stephan Huber ist einer der Jesuitenbaumeister, welche die Kolleg- und Kirchenbauten der Jesuiten am Übergang zum Barock entscheidend mitprägen. Seine Kirchen in Konstanz und Hall im Tirol nehmen mit der Doppelgeschossigkeit der Seitenschiffe bereits die späteren Wandpfeilerkirchen vorweg, Innenraum und Strassenfassaden sind aber noch Renaissancearchitektur. Die heutigen barocken Innenräume mit dem Gewölbestuck entstehen erst nach dem Dreissigjährigen Krieg. Seine Neubauplanung des Klosters Ochsenhausen ist hingegen frühes Signal und Vorbild. Ochsenhausen steht am Anfang einer langen Tradition von Klosterresidenzen des süddeutschen Barock, an deren Ende Weingarten, Einsiedeln, Ottobeuren, St. Blasien und Wiblingen stehen.

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Die Allerheiligenkirche des Jesuitenkollegs von Hall im Tirol ist der zweite Kirchenbau des Jesuitenbaumeisters Stephan Huber.
Er baut die Kirche1608–1610 in ähnlicher Form wie seine kurz vorher fertiggestellte Konstanzer Jesuitenkirche. Im innenraum ist die Zweigeschossigkeit der Seitenschiffe noch erhalten, sodass man sich die ursprüngliche Wirkung der Konstanzer Jesuitenkirche vorstellen kann.
> Zum Bild des Innenraums.
Die Fassade in Hall ist mit ihren Schweif- und Volutengiebel noch stark der ausgehenden Renaissance verpflichtet. Die barocken Stuckvoluten im Giebelgeschoss werden allerdings erst 1684 angebracht.
Bildquellen: Andrew Bossi in Wikipedia.