«Ferdinand Beer auß dem bregenzerwald auß der Auw»[1]
Johann Ferdinand Beer wird am 19. Oktober 1731 als Sohn des Joseph Gottfried und der Maria Moosbrugger in Au im Bregenzerwald geboren. Sein Grossvater ist der Baumeister Franz Beer I, sein Onkel Johann Michael Beer I von Bildstein. Johann Ferdinand macht die Lehre 1745–1748 in der Auer Zunft. Im Trupp seines Onkels Johann Michael Beer I ist er anschliessend bis 1749 am Bau der Kirche in Kirchberg und 1754–1755 am Bau der Kirche von Grub bei St. Gallen tätig. 1761–1767 ist er als Palier seines Onkels am Chor- und Turmneubau der Stiftskirche St. Gallen tätig, errichtet aber bereits 1763 das zusätzliche Obergeschoss des Abtei-Ostflügels selbständig. Der 1767 gewählte Fürstabt Beda überträgt ihm den Neubau der «Pfalz», der neuen äbtischen Residenz (das heutige Regierungsgebäude). Es ist das grösste Bauwerk im Oeuvre von Johann Ferdinand Beer. Er hat jetzt auch das Vertrauen des Offizials Pater Iso Walser. Mit ihm baut er von 1767 bis 1783 elf neue spätbarocke Landkirchen und baut zehn weitere um oder stattet sie aus. In den Akkordverträgen verpflichtet sich der Baumeister für die Fertigstellung der Kirchen mit Böden und Ausstattung, vielfach auch mit den Stuckaturen. Nur die Maler und Altarbauer sind immer ausgenommen. Die originellste Schöpfung in dieser Reihe ist die Kirche von Bernhardzell, ein kreisrunder Kuppelbau mit kurzen Armen in den vier Himmelsrichtungen und einem prachtvollen Kuppelfresko von Franz Ludwig Hermann. 1779–1781 geht Johann Ferdinand Beer «fremd»: Er baut in Mehrerau die neuen Konventgebäude der Benediktinerabtei.[2] 1784 zerstört ein Brand die Wallfahrts- und Pfarrkirche von Kirchberg (erbaut 1748–1749). Er fertigt noch das Projekt für den Kirchenneubau an, muss aber die Bauausführung aus gesundheitlichen Gründen ablehnen: Eine Gicht verunmöglicht ihm mit nur 53 Jahren weitere Berufstätigkeit.
In seiner Heimat, wo er sich jedes Winterhalbjahr aufhält, ist er eine geachtete Persönlichkeit. Er ist Stifter von Kirchenausstattungen und verschafft der Heimatkirche 1781 den Leib des Katakombenmärtyrers Pius. Er führt in Au aber auch den Regenschirm und das Kaffeetrinken ein. 1758 hat er Maria Barbara Berbig von Au geheiratet. Aus der Ehe gehen 12 Kinder hervor, von denen nur sechs das Säuglingsalter überleben. Keines wird später die Familientradition in der Auer Zunft fortsetzen.
Johann Ferdinand Beer stirbt am 1. Januar 1789, im 57. Lebensjahr.
Er ist der letzte Vorarlberger Baumeister von mehr als nur lokaler Bedeutung.
Pius Bieri 2008
Literatur:
Grünenfelder, Josef: Beiträge zum Bau der St. Galler Landkirchen unter dem Offizial P. Iso Walser 1759–1785, Friedrichshafen 1967.
Lieb, Norbert und Dieth Franz: Die Vorarlberger Barockbaumeister, München und Zürich 1960.
Gubler, Hans Martin: «Johann Ferdinand Beer» in: Die Vorarlberger Barockbaumeister, Ausstellungskatalog, Einsiedeln 1973.
Link:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D19822.php
Anmerkungen:
[1] Unterschrift auf dem «Bau-Accord wegen der neuen Kirch zu Bernhardzell año 1776»
[2] Heute Zisterzienserabtei.
Süddeutscher Barock • Home • Feedback
Die vorliegende Seite ist unter dem Label {{CC-nc-by}} für nichtkommerzielle Zwecke und unter der Nennung des Autors frei verwendbar.
Neubauten und wichtige Umbauten. Die mit* bezeichneten Ortschaften sind heute Teil der Stadt
St. Gallen.
Kirchberg | Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Peter und Paul, Neubau im Bautrupp von Johann Michael Beer I. Bauwerk 1784 durch Brand zerstört. | 1745–1748 |
Grub (Eggersriet) | Pfarrkirche St. Johannes Baptist, Neubau, im Bautrupp von Johann Michael Beer I. | 1754–1755 |
St. Gallen | Benediktinerabtei, Neubau Chor und Türme Stiftskirche St. Gallus und Otmar, als Palier des Johann Michael Beer I. | 1761–1767 |
St. Gallen | Benediktinerabtei, Osttrakt des Konventflügels, Umbau, Aufstockung. | 1763 |
St. Peterszell | Propstei, Neubau, Zuschreibung. | 1763-1764 |
St. Fiden* | Amt- und Schützenhaus des Stiftes in der Gemeinde Tablat, Neubau. | 1766–1767 |
St. Gallen | Benediktinerabtei, «Neue Pfalz», Neubau der fürstäbtlichen Residenz, heute Regierungsgebäude. | 1767–1771 |
Straubenzell* | Kapelle Maria Einsiedeln in Schönenwegen, Ausstattung heute zerstört. | 1768 |
Tübach | Pfarrkirche U. L. Frau, Umbau. | 1768 |
Engelburg | Pfarrkirche zu den heiligen Schutzengeln, Neubau mit Pfarrhaus. | 1768–1769 |
Steinach | Pfarrkirche St. Jakobus Maior und Andreas, Umbau. | 1770 |
Wildhaus | Pfarrkirche St. Bartholomäus, Neubau. | 1774–1777 |
Berg | Pfarrkirche zum hl. Erzengel Michael, Neubau. | 1775–1777 |
Bernhardzell | Pfarrkirche St. Johann Baptist, Neubau. | 1776–1779 |
St. Fiden* | Pfarrkirche zum Herzen Jesu, Neubau, bei Renovation 1954 verlängert. | 1776–1779 |
Rotmonten* | Wallfahrtskirche Heiligkreuz, Erweiterung, Ausstattung heute zerstört. | 1777 |
Bütschwil | Pfarrkirche St. Kilian, Neubau, Abgebrochen 1885. | 1777–1778 |
Glattburg | Gasthaus und Zollstation an Brücke der neuen Fürstenlandstrasse, Neubau. | 1778 |
Bregenz | Benediktinerabtei Mehrerau. Neubau Konventbauten. | 1779–1781 |
Häggenschwil | Pfarrkirche St. Notker, Umbau. | 1780 |
Hemberg | Pfarrkirche St. Johann Baptist und Andreas, Neubau. | 1781–1784 |
Libingen | Pfarrkirche St. Gallus, Teilneubau und Pfarrhaus, Neubau (Aufsicht) | 1782 |
Untereggen | Pfarrkirche St. Maria Magdalena, Neubau. | 1782–1786 |
Waldkirch | Pfarrkirche St. Blasius, Umbau. | 1783 |
Straubenzell* | Pfarrkirche St. Martin in Bruggen, Neubau, abgebrochen 1936. | 1783–1784 |
Mörschwil | Pfarrkirche St. Johann Baptist, Umbau. | 1783–1787 |
Kirchberg | Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Peter und Paul, Planung. | 1784 |
Süddeutscher Barock • Home • Feedback
Die vorliegende Seite ist unter dem Label {{CC-nc-by}} für nichtkommerzielle Zwecke und unter der Nennung des Autors frei verwendbar.