Theobald (Joseph) Weissenbach (1737–1792)

Abt OCist 1780–1792 in Raitenhaslach

Sohn eines Bierbrauers in Wemding
Er wird als sechstes von neun Kindern des bürgerlichen Bierbrauers[1] Jakob Weissenbach am 28. Januar 1737 in Wemding[2] geboren und auf den Namen Joseph getauft. Die Familie ist vermögend, dem jüngsten Sohn wird ein Studium am Jesuitengymnasium in Neuburg an der Donau und der anschliessende Besuch der Jesuitenuniversität Ingolstadt gewährt. Mit 19 Jahren tritt er unter Abt Robert Pendtner ins Zisterzienserkloster Raitenhaslach ein und leistet unter dem Namen Theobald 1759 Profess. An der 1759 erfolgten Wahl des neuen Abtes Emanuel II. Mayr ist er als Frater und Subdiakon wahlberechtigt. Im gleichen Jahr immatrikuliert er sich an der Universität Salzburg und promoviert 1761 als Doktor der Theologie. 1762 wird er zum Priester geweiht. Er lehrt anschliessend an der Hauslehranstalt in Raitenhaslach und bekleidet daneben auch verschiedene Klosterämter. Nach einem Vikariat in Gumattenkirchen übernimmt er 1775 die Pfarrei Halsbach. Am 27. September 1780 wird er unter dem Vorsitz seines Wemdinger Mitbürgers Robert Schlecht, der jetzt Reichsabt in Salem ist, als Nachfolger des bereits im Juni verstorbenen Vorgängers zum Abt gewählt. Intrigen des kurfürstlichen Geistlichen Rates verzögern die Wahl um drei Monate.

Abt der Aufklärung in Raitenhaslach
Der Vorgängerabt Emanuel II. kann als Rokokoprälat bezeichnet werden, auch wenn er die 1770 vom Kurfürsten verordnete Wende zum Klassizismus noch erlebt. Der neugewählte Abt Theobald ist bereits durch die Aufklärung und die gleichzeitig zunehmenden Repressionen gegen die landständischen Klöster geprägt. Er hat die von den Monarchen Europas betriebene Aufhebung des Jesuitenordens und seiner Kollegien 1773 miterlebt.[3] Seine Zeit als Abt in Raitenhaslach fällt in die Regierungszeit des Kurfürsten Karl Theodor, der schon 1779 im Bayrischen Erbfolgekrieg das für Raitenhaslach wichtige Innviertel an Österreich verliert. Schlimmer als dieser wirtschaftliche Verlust ist für die Klöster Bayerns die Haltung des Kurfürsten zu den Landständen und vor allem zum Prälatenstand . Bei seinen finanzpolitischen, gegen die Klöster gerichteten Massnahmen kann er sich immer auf den absolut zeitblinden Papst Pius VI. abstützen.[4]
Abt Theobald ist, und damit trägt er dem Zeitgeist Rechnung, Förderer der Naturwissenschaften und der klosterinternen Bildung. Nachdem sich die Klöster Bayerns bereit erklären, die Lehrtätigkeit an den ehemaligen Jesuitenschulen zu übernehmen, muss Raitenhaslach auch das Gymnasium in Burghausen führen. Der Abt ist deshalb Mitglied des General-Schulen-Directoriums in München und, wie alle Vorgänger, auch Mitglied in der Landschaftsversammlung.

Bauabt der Bibliothek
1781 reist er nach Salem, um dort für den Bau des neuen Bibliotheksaals in der Verlängerung des alten Nordflügels bei seinem Vaterabt und Mitbürger Robert Schlecht ein Darlehen von 30 000 Gulden aufzunehmen. Der Bibliotheksbau muss als Demonstration der Öffnung Raitenhaslachs zu Wissenschaft und Aufklärung verstanden werden. Der Abt beginnt 1782 mit dem Bau und verpflichtet für die Ausgestaltung des Saales Januarius Zick, der die Arbeiten 1785 abschliesst. Die erst siebenjährige alte Bibliothek wird in ein mathematisches Museaum (Studiensaal) umgebaut. Diese Bauten werden ihm nicht nur von besorgten Konventmitgliedern, sondern auch von späteren Chronisten wegen der zusätzlichen Schulden übel angelastet.
Wahrscheinlich ist dem Abt aber im Gegensatz zu seinen Kritikern bewusst, dass diesen «Schulden» grosse Aktivbestände bei Untertanen und vor allem bei der Bayrischen Landschaft gegenüberstehen. Als 1801 die kurfürstliche Kommission Raitenhaslach inventarisiert, wird nebst einem Gesamtvermögen von rund 253 000 Gulden ein Aktivsaldo von 50 782 Gulden festgestellt. Der nachfolgende Abt hätte eine solche Kehrtwende innerhalb von acht Jahren und während der Revolutionskriege nie geschafft.
Die gängigen Hinweise auf Verschuldungen durch Bauvorheben in Raitenhaslach müssen deshalb relativiert werden.

Papstbesuch 1782
1762 wird im zweiten Obergeschoss des neuen Prälaturgebäudes ein reich ausgestatteter Rokokoraum über drei Fensterachsen eingerichtet. Ursprünglich kleines Tafelzimmer oder Prälatenzimmer, heisst der Raum später Papstzimmer. Der Name bezieht sich auf einen vermeintlichen Besuch des Papstes Pius VI., der 1782 auf der Reise von Wien nach München über Braunau und Altötting in der Nähe Raitenhaslachs durchreist. In Altötting übernachtet er, und gewährt dort auch Abt Theobald von Raitenhaslach einen Ringkuss. Die detaillierte zeitgenössische Reisebeschreibung schliesst einen Abstecher nach Raitenhaslach nur schon aus Zeitgründen aus. Trotzdem heisst das Tafelzimmer heute Papstzimmer.

Kampf um entgangene Einkünfte im Innviertel und Tod in Wien
Mit der Übernahme des Innviertels beschlagnahmt Österreich ab 1779 auch Einkünfte der Abtei Raitenhaslach. Nach mehrjährigen vergeblichen Bemühungen um Ersatzeinkünfte reist Abt Theobald im Oktober 1790 nach Wien. Nach beharrlichen und langwierigen Verhandlungen kann der Abt im November 1791 ein für die Abtei positives Übereinkommen schliessen. An seinem Wiener Wohnort, dem Dominikanerkloster, wird er nun von einer unheilbaren Krankheit heimgesucht. Er stirbt am 30. Juni 1792 im 56. Altersjahr. Auf dem Dorffriedhof des Wiener Vorortes Penzing findet er die letzte Ruhestätte. Bezeichnend für die politische Lage ist, dass selbst die zum Dreissigsten in Raitenhaslach gehaltene Trauerrede dem Münchner Zensurkollegium vor dem Druck vorgelegt werden muss.

Porträt und Wappen
Porträts von Abt Theobald sind in Wemding und Raitenhaslach vorhanden. Sein Wappen ist von Blau und Rot geteilt und mit dem (goldenen?) Grossbuchstaben T belegt, der von einem sechszackigen Stern überhöht ist. Ein Exlibris aus 1780 zeigt das Wappen vereint mit dem Klosterwappen (sitzende Muttergottes mit Kind) und dem Zisterzienserwappen (eigentlich ein in Schwarz schräglaufender, zweireihig von Silber und Rot geschachteter Balken, wird hier in Gold dargestellt). Beidseits der Schildbekrönung von Stab und Haupt mit Inful ist die Inschrift F(rater) T(heobaldus) A(bbas) R(aittenhaslacensis) zu lesen.

Pius Bieri 2015

Literatur:
Krausen, Edgar: Die Zisterzienserabtei Raitenhaslach, in: Germania Sacra, NF 11, die Bistümer der Kirchenprovinz Salzburg, das Erzbistum Salzburg. Berlin und New York 1977.

Anmerkungen:
[1] Die Brauerei wird Storchenbräu genannt. Geburtshaus ist Haus Nr. 166, heute Langgasse 6.

[2] Wemding liegt im Ries an der Strasse von Donauwörth nach Nördlingen. Das im 18. Jahrhundert noch befestigte kurbayrische Städtchen ist dem Bistum Eichstätt zugehörig. Ein weiterer Wemdinger, nur drei Jahre jünger als Joseph Weissenbach, ist Robert Schlecht (1740–1802). Dieser tritt in die Zisterzienser-Reichsabtei Salem ein und wird dort 1778 zum Abt gewählt. Fast gleichaltrig ist der 1736 ebenfalls in Wemding geborene Taglöhner-Sohn Ferdinand Raab, der als Propst Friedrich II. 1788 letzter Prälat des Reichsstifts Wettenhausen wird. Die drei Wemdinger Prälaten sollen gemeinsam ihre Vaterstadt besucht haben. (Quelle: Joseph Laber, Neue Chronik der Stadt Wemding in Bayern, Nördlingen 1861). Belegt ist aber nur ein Besuch des Abtes Theobald auf der Rückreise von Salem über Neresheim im Jahr 1781.

[3] Die unabhängige und wenig ortsgebundene Organisation des Ordens, die zu soziale Einstellung im Bildungswesen, auch Gerüchte von Verschwörungen des Ordens gegen die Monarchie sind die Ursache. Schon 1764 wird der Orden in Frankreich wegen Illoyalität gegenüber der Krone aufgelöst. 1773 hebt der von den Bourbonen abhängige und unter Druck gesetzte Papst den Orden auf. Die Haltung der bayrischen Prälaten zur Aufhebung ist allerdings zwiespältig. So ist noch der Vorgängerabt Emanuel II. Ehrenmitglied der Bayrischen Akademie der Wissenschaften, die 1759 vom erklärten Jesuitengegner Georg von Lori gegründet wird, und die sich in der Folge  die Aufhebung des Jesuitenordens zum Ziel setzt.

[4] Die Unterstützung des unglücklichen Papstes gilt auch der 1798 vom Kurfürsten erhobenen Forderung einer Sondersteuer der Klöster von 15 Millionen Gulden. Damit leitet Karl Theodor praktisch die Säkularisation ein. Zum Thema der Säkularisation in Bayern siehe den Wikipedia-Beitrag.

Ein Exlibris von 1780 zeigt das Wappen des Abtes Theobald. Es ist von Blau und Rot geteilt und mit dem (goldenen?) Grossbuchstaben T belegt, der von einem sechszackigen Stern überhöht ist. Das Wappen ist vereint mit dem Klosterwappen (sitzende Muttergottes mit Kind) und dem Zisterzienserwappen (eigentlich ein in Schwarz schräglaufender, zweireihig von Silber und Rot geschachteter Balken, im Stich ist die Wappenfarbe aber nicht schwarz). Beidseits der Schildbekrönung von Stab und Haupt mit Inful ist die Inschrift F(rater) T(heobaldus) A(bbas) R(aittenhaslacensis) zu lesen.
Bildquelle:
Bayrische Staatsbibliothek.
  Abt OCist Theobald Weissenbach (1737–1792)  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  28. Januar 1737 Wemding   Kurfürstentum Bayern  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Abt OCist der Zisterzienserabtei Raitenhaslach   1780–1792  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  30. Juni 1792 Wien   Erzherzogtum Österreich  
  Kurzbiografie              
 

Theobald Weissenbach ist zur Zeit der Regierung des Kurfürsten Karl Theodor von Bayern Abt in Raitenhaslach. Der Kurfürst ist den Landständen und dem Prälatenstand alles andere als wohlgesinnt und ist zudem verantwortlich für die Abtretung des Innviertels an Österreich. Raitenhaslach verliert damit Einnahmen, erst 1791 kann Abt Theobald in Wien eine Übereinkunft mit Vorteilen für seine Abtei erreichen. Er ist Bauabt der neuen Bibliothek, die er als Demonstration der Öffnung Raitenhaslachs zu Wissenschaft und Aufklärung versteht. Dass er dafür Geld aufnehmen muss, wird ihm vom Konvent und von späteren Chronisten angelastet. In Wirklichkeit ist die Finanzbilanz der Abtei schon während seiner Amtszeit positiv..

    WappenWeissenbach  
  PDF (nur Text)         Bildlegende