Raum und Zeit

Konfession und barocke Baukunst

Gefördert von den Jesuiten und den Fürsten verbreitet sich der römische Barock schon vor dem Dreissigjährigen Krieg auch in die katholischen Länder nördlich der Alpen. Der «kurvierte» Spätbarock der römischen Bauwerke von Borromini findet in Prag und Wien am Ende des 17. Jahrhunderts einen fruchtbaren Boden und findet nach 1720 seinen Weg in die süddeutschen Gebiete. Die protestantischen Länder des Nordens und auch Frankreich verharren im klassischen Formenkanon oder bleiben wie die protestantischen Gebiete und Reichsstädte Süddeutschlands noch lange einer manieristischen Renaissance verhaftet. Nur bei Profanbauten, vor allem bei den Residenzen, hält um 1700 der von Wien und Prag geprägte Barock auch in den protestantischen Gebieten Süddeutschlands Einzug.
Vergleicht man die Karte der Bauwerke mit der Karte der Konfessionen, finden die grossen Lücken der nennenswerten barocken Bauten in gewissen Gegenden eine Erklärung. So ist im Herzogtum Württemberg ausserhalb von Ludwigsburg eine völlige Absenz von nennenswerten barocken Sakralbauten feststellbar.

Die Karte der Konfessionen ist als Ausschnitt aus der Wikipedia-Karte der Konfessionen in Mitteleuropa 1618 über die jeweilige topografische Karte gelegt. Vergleiche die Gesamtkarte in Wikipedia.

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Topografie der Bauwerke

Der geographische und politische Raum im Süden des Alten Reichs und der Eidgenossenschaft der Barockzeit (1620–1770) scheint mit Blick auf die damalige Landkarte sehr zersplittert. In Wirklichkeit ist der Raum kulturell einheitlicher als die erst 1802 geschaffenen Ländergrenzen. Die Bistumsgrenzen, im Mittelalter entstanden, sind für Zusammenhänge des barocken Bauwesens aussagekräftiger. Die Bistümer von Basel bis Salzburg liegen in den Grenzen der alten Herzogtümer Schwaben, Franken und Bayern. In diesem grossen Raum nördlich der Alpen entsteht in den katholischen Ländern früh eine eigenständige barocke Bauweise. Sie ist hier unter dem Begriff «Süddeutscher Barock» zusammengefasst.
Bereits 1617 bauen Jesuiten in Dillingen die erste frühbarocke Wandpfeilerkirche. Einheimische Meister, Vorarlberger und Wessobrunner, sind ab 1650 Konkurrenten der «Italiener». Sie bauen Residenzstädte und Sakralbauten. Geprägt ist dieser Barock um 1700 durch die Übernahme der bewegten spätbarocken Bauweise von Borromini und Guarini, vorerst in Prag und Wien, und dann mit schneller Verbreitung über die Oberpfalz in alle Regionen nördlich der Alpen bis an den Main. So entstehen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den katholischen Gebieten grossartige Schöpfungen einer Bau- und Raumkunst, die das Gegenteil des rationalen klassizistischen Barocks Frankreichs und der protestantischen nördlichen Länder sind.
Das Ende dieser barocken Kultur fällt mit der Zeit zusammen, in der auch das Klosterleben in Frage gestellt wird. Es ist die Zeit des Josephinismus und der französischen Aufklärung, die dem unbändig schöpferischen süddeutschen Barock um 1770 ein Ende setzt.

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