Die Meister
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Peter Thumb (1681–1766) Au Vorarlberg ok   Baumeister-Architekt 1726   1743
Leopold Sitti (Lebensdaten unbekannt) Italien?     Stuckateur ~1728   ~1735
Johann Pfunner (um 1713/16–1788) Schwaz Tirol Wikipedia   Maler 1773   1773

Tennenbach
Ehemalige Zisterzienserabtei und Münster Unserer Lieben Frau

Blütezeit im Mittelalter
Der Gründungskonvent des Zisterzienserklosters Tennenbach kommt um 1158 aus Frienisberg bei Aarberg im damaligen Oberaargau.[1] 12 Mönche unter Führung des Abtes Hesso von Üsenberg besiedeln das vom Herzog Berthold IV. von Zähringen vermittelte Tal im Schwarzwald. Es liegt vier Wegstunden nördlich der Zähringergründung Freiburg im Breisgau und eine Wegstunde nördlich der Hochburg. Auf dieser Rodungsburg der Herren von Hachberg wird, glaubt man einer Urkunde des 13. Jahrhunderts, 1161 der Gründungsvertrag abgeschlossen. Das Kloster wird auch Porta Coeli oder Himmelspforte genannt. Mit dem Mutterkloster Frienisberg, seinerseits ein Filiation von Lützel[2], beginnen schon schnell Streitigkeiten, sodass Lützel die Neugründung Tennenbach 1180 «unechte Tochter» an Salem überträgt.[3] Mit dem Bau der Klosterkirche und der Konventbauten wird schon nach 1160 begonnen. Um 1184 sind die Konventbauten im Wesentlichen vollendet, an der Klosterkirche wird noch bis 1230 gebaut. Die Abtei kann schon früh einen umfangreichen Güterbesitz im Oberrheingebiet aufbauen. Im Breisgau liegen 12 Grangien mit durchschnittlichen Grössen von 170 Hektaren Landumfang.[4] Anfang des 14. Jahrhunderts wechselt die Abtei von der Eigenbewirtschaftung der Grangien zur Verpachtung. Um diese Zeit verzeichnet die Abtei im berühmten Tennenbacher Güterbuch Rechte und Besitzungen der Abtei an 233 Orten.[5]

Krieg und Stillstand im 16. und 17. Jahrhundert
Im Bauernkrieg 1525 wird das Kloster, mit Ausnahme der Kirche, vom Bauernhaufen in Schutt und Asche gelegt. Die Schadenschätzung von 30000 Gulden zeigt das Ausmass der Zerstörungen. Die Mönche halten sich in ihrem Hof zu Freiburg auf und gehen dann, obwohl nach der Niederschlagung des Aufstandes nicht mehr bedroht, nach Wettingen.[6] Weder sie noch die Äbte kehren zurück. 1541 steht das Kloster, in dem sich nur noch einige Novizen aufhalten, vor der Selbstauflösung. Es überlebt dank den aus Württemberg geflüchteten Mönchen der Zisterzienserabtei Bebenhausen, denen vom Salemer Vaterabt das verlassene Kloster Tennenbach zugewiesen wird. Ihr Abt Sebastian Lutz kehrt 1549 wieder nach Bebenhausen zurück und muss dort die Reformation akzeptieren. 1541 bis 1558 bleibt Tennenbach ohne eigenen Abt.[7] Unter Abt Martin II., der 1585 bis 1627 regiert, beginnt ein zaghafter Aufschwung. Aber schon 1632, während des Dreissigjährigen Krieges, müssen der Abt und die 18 Mönche das Kloster erneut verlassen und vorerst in den Tennenbacher Hof von Freiburg, später wieder in sichere Zisterzienserklöster des Auslands fliehen.[8] Nach 1647 kehren die wenigen verbliebenen Mönche ins inzwischen wiederhergestellte Kloster zurück, 1652 folgt auch der Abt. Schweizerische Klöster helfen personell und setzen 1664 sogar Abt und Prior ein.[9] Für die Zeit zwischen 1674 und 1676 sowie 1704 und 1713 sind weitere kriegsbedingte Zerstörungen überliefert. Immer wieder muss der Konvent flüchten. Das Kloster spürt die Grenzlage. Die rücksichtslosen Eroberungsfeldzüge des Sonnenkönigs und die Ausbeutung durch die kaiserlichen Truppen halten sich beim alltäglichen Kriegsterror die Waage. Die Mönche müssen aufgeatmet haben, als 1715 die Nachricht vom Tode des französischen Despoten eintrifft.

1723: Wiederaufbau oder Neubau?[10]
Ein Grossbrand zieht 1723 auch Teile der Konventgebäude in Mitleidenschaft. Nicht betroffen sind die Kirche und der Ostflügel. Sofort wird die Wiederherstellung begonnen, wie ein Akkord für die Lieferung von Fenster- und Türgewänden zeigt. Zweimal sind damit die Konventgebäude nach Bränden über ihren noch mittelalterlichen Grundmauern wieder hergestellt worden. Die Raumorganisation des mittelalterlichen Klosters dürfte dabei nie verändert worden sein. Südlich der Kirche ist das wohl mehrheitlich noch zweigeschossige Klostergeviert um den pultgedeckten Kreuzgang angeordnet, im Ostflügel liegt im Erdgeschoss der Kapitelsaal, vielleicht auch die des öfteren erwähnte Liebfrauenkapelle. Beide Räume sind auch Grabstätten. Ein «Schlafhaus»[11] mit angebautem Pferdestall wird erwähnt. Vielleicht gehört dies bereits zur organisch gewachsenen Gebäudegruppe mit Verwaltungs- und Ökonomiegebäuden, die sich um das Kernkloster ausbreiten. Der Zugang erfolgt über ein Torhaus. Von diesem vorbarocken Zustand ist kein Dokument überliefert. Die Anlage der Zisterzienserabtei Wettingen kann als anschaulicher Vergleich beigezogen werden.[12] Dem barocken Geist kann diese ungeordnete und jeweils immer nach Bedarf wiederhergestellte Häuserlandschaft nicht mehr genügen. Andere, mit Tennenbach verbundene Zisterzienserabteien haben seit kurzem ihr mittelalterliches Flickenkleid abgeworfen und stattdessen rationale schlossähnliche barocke Residenzen errichtet.[13] Deshalb wird parallel zum begonnenen Wiederaufbau auch in Tennenbach ein völliger Neubau diskutiert.

Barocker Neubau 1726–1736
Seit Januar 1725 regiert in Tennenbach Leopold Münzer aus Freiburg.[14] Er ist vor seiner Wahl Beichtiger im Zisterzienserinnenkloster Friedenweiler, dessen Kirche und Konventgebäude im März 1725 einem Grossbrand zum Opfer fallen. Der Wiederaufbau der Kirche wird vom Tennenbacher Abt schon im Juni dem Vorarlberger Baumeister Peter Thumb übertragen.[15]   Der Abt folgt damit einer Empfehlung des Abtes von St. Peter im Schwarzwald, und zwar für die geplanten Neubauten in Friedenweiler und in Tennenbach. Spätestens mit dem Amtsantritt von Leopold Münzer sind also die Würfel für einen vollständigen Neubau gefallen.
Am 4. Februar 1726 wird der Akkord über 18 300 Gulden mit Thumb geschlossen. Der Verding, wie der Akkordvertrag genannt wird, ist erhalten. Erster Punkt ist der Wasserkanal ab der neuen Säge zum Neubau und die Kanalverteilung unter den Abortanlagen. Zweiter Punkt ist der Abbruch aller Bauten, mit Ausnahme der Kirche. Dritter Punkt ist die Erstellung des Neubaus gemäss den vorgelegten Plänen. Speziell erwähnt werden die Gewölbe der Bibliothek, der Archivräume und der Kustorei in den zwei Obergeschossen. Vierter Punkt ist das Erstellen aller Arbeits- und Lehrgerüste. In den weiteren Punkten verpflichtet sich Tumb zur Kaution in der Höhe seines Vermögens und das Kloster zur Lieferung aller Materialien sowie zur Übernahme von Kost und Logis aller Leute in Thumbs Bautrupp.
Thumb beginnt im Frühjahr 1726 mit dem Südflügel und baut im nächsten Jahr den Westflügel. Palier ist Jakob Felder. Beide Flügel werden sofort nach der Eindeckung ausgebaut und stuckiert.[16] 1730 sind sie zum Bezug bereit. Die Lage dieser beiden Flügel erlaubt eine Benutzung des alten Klosters, vor allem des brandverschonten Ostflügels bis zu dessen Neubau 1734–1736. Die westlich vorgelagerten Ökonomietrakte baut Thumb bis 1743.
Der Klosterneubau von Peter Thumb, wie er auf einer Vedute des 18. Jahrhunderts dokumentiert ist, ist eine dreigeschossige Dreiflügelanlage mit überlangem Südflügel. Durch Verdoppelung dieser Verlängerung im Norden bildet Thumb vor dem Ostflügel einen Ehrenhof. In der Achse dieses Ehrenhofes liegt eine gekürzte Kapelle des 13. Jahrhunderts. Der Anschluss der neuen Gebäude an die romanische Basilika erfolgt beim Ostflügel an alter Stelle, während der West- oder Abteiflügel mit einem Eckrisalit um Gebäudetiefe vor der Kirchenwestfassade vorsteht. Auffallend ist die Übereinstimmung der Eck- und Mittelrisalite und der Fassadengestaltung mit St. Peter im Schwarzwald, dessen Konventgebäude Thumb erst nach Tennenbach baut. Während der Westflügel von Tennenbach wenig länger als St. Peter ist, ist die Südfassade von Tennenbach um einen Drittel kürzer als diejenige von St. Peter.[17]  

Säkularisation
Als vorderösterreichisches und landsässiges Kloster wird Tennenbach früh von der antimonastischen Politik Kaiser Josephs II. betroffen, die 1782 in einer ersten, vor allem gegen kontemplative Frauenklöster gerichteten Aufhebungswelle gipfelt. Tennenbach wird dank eines Bittganges des Abtes nach Wien vorläufig von der Aufhebung verschont. 1803 bleiben die Klöster im Breisgau, auf österreichischem Gebiet liegend, zunächst noch von der Säkularisation verschont. Aber 1805 schlägt Napoleon den Breisgau dem neugegründeten badischen Grossherzogtum zu. Tennenbach wird in der Folge am 17. Juli 1806 säkularisiert. Die 20 Ordensgeistlichen und die verbliebenen Laienbrüder verlassen das Kloster.

Zerstörung
Die badische Regierung betreibt nun den Ausverkauf der Abtei systematisch mit dem Ziel, sich der Unterhaltskosten für eine nicht mehr einträgliche Anlage zu entledigen. Nach dem Weggang der Ordensgeistlichen bleibt eine Kolonie ehemaliger Dienstleute zurück, für die von 1807 bis 1826 eine Säkularpfarrei  zu Lasten der Staatskasse eingerichtet werden muss. Bei Aufhebung des Klosters besteht die Kolonie noch aus 121 Dienstleuten. Pläne zur Aufhebung der Siedlung reichen bis 1810 zurück, als sich die Tendenz zur «Bettler- und Asozialensiedlung» abzeichnet, von der sich Nachbargemeinden bedroht fühlen. Unter Grossherzog Leopold wird die Räumung beschlossen und bis 1835 «durch Androhung von Gewalt und Anwendung scharfer Polizeimassnahmen» auch durchgesetzt. Bereits 1832 werden die Klostergebäude versteigert und abgebrochen. Die romanische Basilika wird, wie unten beschrieben, nach Freiburg versetzt. Über ihre barocke Ausstattung und auch über deren Verbleib ist bis heute nicht geforscht worden. Zwei Seitenaltäre des Rokoko kommen 1817 in die neue Kirche von Kiechlingsbergen. Die weiteren 15 Altäre und auch das Mobiliar dürften heute nicht mehr auffindbar sein. Mit grossem Aufwand wird nach der Zerstörung eine grüne Landschaft hergestellt, nur die frühgotische Kapelle in der Achse des barocken Osthofes überlebt und erinnert noch an das Zisterzienserkloster. Die Strasse in Richtung Hochburg wird später an die Stelle des abgebrochenen Klosters verlegt, sie würde es heute in der Mitte trennen.

Das Schicksal der Stiftskirche
In der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts wird in Tennebach mit dem Bau der siebenjochigen Basilika mit Querhaus begonnen. Ihr Chor hat quadratischen Grundriss und ist flach geschlossen. Mit den Spitztonnen in den Chorkapellen und in den Seitenschiffen entspricht sie dem bernhardinischen Typus, wie er im westburgundischen Fontenay anzutreffen ist. Kreuzrippenwölbungen im Chor, in den Querhäusern und an den gotischen Gewölbefeldern des Langhauses, aber auch die grosse Variationsbreite der Detailformen belegen die lange Bauzeit bis 1230. Eingriffe der späteren Jahrhunderte sind nicht ausgeblieben. So ist in den Zeichnungen des 19. Jahrhunderts ein grosses spätgotische Masswerkfenster in der Chorwand sichtbar. Ein mächtiger Vierungsturm aus dem 16. Jahrhundert dominiert die Dachlandschaft. Dieses Bauwerk weckt das Interesse der Romantiker und Künstler, welche um 1820 das deutsche Mittelalter wieder neu entdecken und die ehemalige Klosterkirche erhalten wollen. Während die badische Regierung noch mit der Umsiedlung der ehemaligen Dienstleute beschäftigt ist und das Abbruchschicksal der unverkäuflichen Konventgebäude schon besiegelt ist, scheint eine Rettung der Kirche möglich.
Was dann allerdings beschlossen wird, bedeutet das Ende des mittelalterlichen Bauwerkes. Oberbaurat Heinrich Hübsch[18] erhält den Auftrag für die Versetzung und den Wiederaufbau als evangelische Ludwigskirche in der Neuburg-Vorstadt von Freiburg. Hübsch erstellt mit Teilen des Baumaterials der Klosterkirche eine der frühesten deutschen Kirchenbauten im «Rundbogenstyl». Obwohl er ab 1829 Steinmaterial in tausenden von Fuhren nach Freiburg transportieren lässt, ist keine getreue Rekonstruktion beabsichtigt. Das 19. Jahrhundert hat eine Idealvorstellung des Mittelalters, dem selbst mittelalterliche Bauwerke nicht genügen. Deshalb wird die Ludwigskirche ein Neubau, nur noch in Grösse und Form an Tennenbach erinnernd. 1944 wird sie durch einen Bombenangriff vollständig zerstört und nicht wieder aufgebaut.

Die Kapelle
Einsam steht heute ein offensichtlich gekürzter frühgotischer Sakralbau am Rande des ehemaligen Klostergeländes. Es ist die um 1275 gebaute Krankenkapelle, deren Lage abseits der Konventgebäude im Osten für ein mittelalterliches Zisterzienserkloster die Regel ist.[19] Verbunden sind damit in der Regel das Krankenhaus und der notwendige Wasserkanal. Als Abt Antonius Merz sie 1721 die Kapelle kürzt und ein neues Portal und ein Barockfenster in den gotischen Triumphbogen einsetzt, ist sie schon lange Leutkirche der Klosterdienstleute. Die heutige rohbauartige Erscheinung dieser Verkürzung, leider bei der letzten Restaurierung nicht behoben, verdanken wir dem barockfeindlichen 19. Jahrhundert.

Pius Bieri 2008. Rev. 2012

 

Benutzte Einzeldarstellungen:

Zur Geschichte der Ludwigskirche Freiburg:
Walther, Silke: «In welchem Style sollen wir bauen?» Studien zu den Schriften und Bauten des Architekten Heinrich Hübsch (1795−1863), Dissertation Uni Stuttgart 2004, zugänglich unter:
URL: http://elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2004/1936/

Zur Geschichte von Tennenbach:
Schmidt, Stefan: 850 Jahre Kloster Tennenbach, Festschrift zum Gründungsjubiläum 2008.  Zugänglich unter der Literaturliste des Zisterzienserordens zu Tennenbach unter:
http://www.ocist.de/index.php?id=6299
Alzog Johann.: Itenarium oder Raisbüchlein des P. Conrad Burger, in: Freiburger Diözesan-Archiv, Band 5, Freiburg 1870.

Zur Baugeschichte:
Gubler, Hans Martin: Peter Thumb 1681−1766, Sigmaringen 1972.
Kraus, Franz Xaver: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogtums Baden, Sechster Band, Die Kunstdenkmäler des Landkreises Freiburg, Tübingen und Leipzig 1904.

 

Links:
http://de.wikisource.org/wiki/Die_evangelische_Ludwigs-Kirche
http://www.cistopedia.org/index.php?id=6297


Anmerkungen:

[1] Frienisberg, auch Aurora genannt, gegründet 1131 als Tochter von Lützel (Lucelle), aufgehoben in der Reformation 1528, danach Sitz des bernischen Landvogtes, zwischen 1890 und 1922 weitgehend zerstört. Letzte grosse zerstörerische Eingriffe 1974. Siehe auch: Historisches Lexikon der Schweiz

[2] Lützel oder Lucelle im Jura, an der schweizerisch-französischen Grenze bei Löwenburg im heutigen Kanton Bern, während der Französischen Revolution aufgehoben und heute zerstört. Teile des Klosters sind noch erhalten. Die geografische Lage dieser wichtigen Abtei wird von Historikern fast durchwegs falsch beschrieben.

[3] Salem, von Lützel 1137 gegründet und 1804 säkularisiert.

[4] Landwirtschaftliche Aussenstellen mit befestigtem Gutshof, Kapelle und Wohnräumen für den Leiter, einem Konversen des Klosters.

[6] Die Zisterzienserabtei Wettingen oder Maria Stellis, gegründet von Salem 1727, säkularisiert 1841, nimmt vor allem im Dreissigjährigen Krieg flüchtende Zisterzienser auf. Das Kloster liegt beim aargauischen Baden. Die Wahl dieser weit entfernten Abtei trotz des längst beendeten Bauernaufstandes ist nur erklärbar, wenn die wenigen Konventualen für Tennenbach keine Zukunft mehr sehen. Tatsächlich kehrt niemand zurück, auch Abt Johannes V (reg. 1508–1540) und Abt Johannes VI (reg. 1540–1541) leben im freiwilligen Exil.

[7] In der Abtsliste wird der in Tennenbach gewählte Abt Sebastian Lutz von Bebenhausen (reg. 1542–1549 in Tennenbach) als 23. Abt von Tennenbach aufgeführt.

[8] Die Geschichte des Exils der neun Patres, sechs Professen und zwei Konversen, die 1632 fliehen, ist sehr spannend im «Raisbüchlin» des P. Conrad Burger (1613–1680) beschrieben, das er als Beichtiger im Zisterzienserinnenkloster Wonnental verfasst. Seine Exilstationen sind (chronologisch, ohne Reisestationen): Freiburg im Breisgau – Wettingen – Altenryf (Hauterive bei Freiburg im Üechtland) – Morimond– Clairvaux – Cîteaux , dann nach einer Rundreise in Frankreich wieder zurück nach in die Schweiz nach Altenryf. Nächste Stationen sind Wettingen (hier 1637 Primiz), Bronnbach und Rain in der Steiermark. Nochmals zurück nach Wettingen kommt er dann 1642 ins verlassene Tennenbach zurück, das aber erst 1647 wieder bezogen werden kann und, dies geht aus dem «Raisbüchlin» deutlich hervor, die Weiterexistenz nur mit Hilfe «gelehnter» Konventualen aus Wettingen und dem luzernischen St. Urban sichern kann und 1664 sogar einen Abt und Prior aus diesen Klöstern akzeptieren muss. Der Bericht gibt auch einen Einblick in den Niedergang der französischen Klosterkultur zur Zeit Richelieus. Am meisten regt den deutschen Zisterzienser auf, dass selbst im Hauptkloster des Ordens, Cîteaux, der Grossteil der Patres die lateinische Sprache nicht beherrscht.

[9] Nebst Wettingen vor allem die Luzerner Abtei St. Urban. Siehe «Raisbüchlin» des P. Conrad Burger.

[10] Dieser Absatz soll eine Gegenschilderung zur üblichen und völlig unbelegten Darstellung, dass von 1723–1726 die Mönche im Exil hausen und sich «noch hie und da sich eine Mauer oder eine Säule über dem rauchenden Schutt» erhebt. Belegt ist, dass der Ostflügel nach dem Brand noch unbeschädigt ist.

[11] Die Bezeichnung des P. Conrad Burger für das Dormitorium.

[12] Wettingens Kirche wird erst 1250 fertig, die Klosteranlage 1285. Die Kirche ist mit Ausnahme der nicht quadratischen Vierung in Jochzahl, Chorausbildung und Grösse gleich wie Tennenbach. Die Kirche und die anschliessende Klosterlandschaft des 13. Jahrhunderts ist, barockisiert, noch vollständig erhalten.

[13] Die nahen Zisterzienserabteien der oberdeutschen Provinz, wie Salem, Kaisheim und St. Urban, haben ihre Konventanlagen um diese Zeit schon barock erneuert. Baumeister dieser drei neuen Konvente ist der Schwiegervater von Peter Thumb, Franz Beer von Bleichten. Der Brand der Tennenbacher Konventbauten von 1723 ist nicht Ursache, sondern willkommene Begründung für einen funktionalen barocken Ersatz der nicht mehr zeitgemässen Bauten über mittelalterlichen Strukturen. 

[14] Leopold Münzer regiert von 1725 bis 1754. Er muss zur Zeit seiner Wahl zwischen um die 40 Jahre alt sein.

[15] Peter Thumb (1681–1766), aus Bezau im Bregenzerwald. Er wird von Abt Ulrich für den Neubau des Klosters Tennenbach und des ebenfalls abgebrannten Zisterzienserinnenkloster Friedenweiler vorgeschlagen. Abt Leopold Münzer verdingt Friedenweiler schon 1725 an Thumb.

[16] Stuckateur ist Leopold Sitti, der bis 1736 auch in St. Peter arbeitet. Seine Lebensdaten sind nicht erforscht.

[17] Die Vedute von 1751 scheint in den Details präzise zu sein. Nach dieser Vedute hat Tennenbach die Achsfolge 3 - 6 - 3 - 6 - 3 am Westflügel und 3 - 6 - 6 - 6 - 3 am Südflügel. Die Achsfolgen von St. Peter sind: 3 - 4 - 3 - 4 - 3 und 3 - 9 - 8 - 9 - 3. Tennenbachs Konventgebäude dürften einen Grundriss von ungefähr 67 auf 85 Metern umschreiben. Der Innenhof ist 33 Meter tief und ungefähr 50 Meter lang.

[18] Heinrich Hübsch (1795–1836) ist der führende Architekturtheoretiker am Übergang vom Klassizismus zum «Rundbogenstyl» und zur Neugotik. Siehe die Stuttgarter Dissertation von Silke Walther (2004).

[19] Sie liegt in Wettingen in gleicher Lage.

 

 

 

 


  Ehemalige Zisterzienserabtei Tennenbach  
  Tennenbach1759  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
Tennenbach bei Freiamt
Baden-Württemberg D
Vorderösterreich
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Konstanz   1726
Bauherr und Bauträger

Abt Leopold Münzer (reg. 1724–1754)
Abt Benedikt Stöcklin (reg. 1754–1765)

 
  Die Vogelschauansicht aus Süden ist die einzige verlässliche Darstellung der Abtei Tennenbach. Zeichnung 1759, heute im GLAK (H Tennenbach 2). Quelle Wikipedia.   pdf  
   
TennenbachGoogle
Der Klostergrundriss in eine Google Earth Aufnahme (2009) eingefügt. Vergrössern!  
   
Tennenbach1
Nur die Marienkapelle, in der obigen Luftaufnahme an der Strasse rechts im Bild, erinnert noch an die grosse Klosteranlage. Das frühgotische Bauwerk (1275) ist ursprünglich Krankenkapelle. Gemäss der zisterziensischen Tradition liegt das Krankenhaus mit der Kapelle ausserhalb der Konventbauten. Die Kapelle wird später Pfarrkirche für die wachsende Zahl von Dienstleuten, auch deren Begräbnisstätte. Sie entgeht zwar dem Abbruch, aber nicht einer barockfeindlichen Verstümmelung der Westfassade. Ihr spätgotischer Flügelaltar ist heute in der Pfarrkirche St. Bonifatius von Emmendingen zu sehen.
Anmerkung 2013: Das Waldstück am Hang hinter der Kapelle ist seit 2013 entfernt.
 
Tennenbach1820
1821 zeichnet Carl Christoph von Röder die Kapelle von Osten, im Hintergrund steht noch die barocke Klosteranlage und die mittelalterliche Kirche.
Bildquelle: Hoegger, Zisterzienserbauten der Schweiz, Band 2, 1990, Seite 180.
 
Tennenbach1829vor
Die Klosterkirche des 12. Jahrhunderts wird hier im Zustand um 1820, aus Westen gesehen, in einer Zeichnung festgehalten. Rechts schliesst der Westflügel der Konventbauten an. Der Zeichner und die Entstehungszeit sind unbekannt.
Quelle: Oberrheinische Kunst, Freiburg 1927, Heft 3 Tafel 52 Abb. 1.
 
Tennenbach1904
Aufgrund eines Aufnahmeplanes von 1829 wird dieser Grundriss der Stiftskirche 1904 in «Die Kunstdenkmäler des Grossherzogtums Baden» aufgenommen. Im Gegensatz zu den Barockbauten wird der Wert der mittelalterlichen Stiftskirche damals erkannt, was aber den Abbruch nicht verhindert.  
TennenbachGrundrissvergelcih
Tennenbach ist eine Zisterziensergründung (1158) in der Filiation Morimond (1115), Bellevaux (1120), Lützel (1123) und Frienisberg (1131). Die Kirche und die Konventgebäude der Neugründung folgen dem Vorbild dieser älteren Abteien. Fontenay, in der Filiation Clairvaux 1118 gegründet, ist wie die Kirchen der oben erwähnten Klöster dem gleichen Typus verpflichtet: flacher Chorabschluss und vier gerade abschliessende Kapellen im Querschiff. Unterschiede sind vor allem in der Jochzahl der Längsschiffe vorhanden. So hat Fontenay neun Joche, Tennenbach derer sieben, Lützel ebenfalls sieben und Frienisberg nur fünf Joche.  

Wettingen (Filiation: Lützel – Salem, gegründet 1227) hat den gleichen Grundrisstypus von Tennenbach und eine ähnliche Grösse. Zur Veranschaulichung der möglichen vorbarocken Anlage Tennenbachs ist hier die Anlage von Wettingen in die Google-Earth-Aufnahme (2009) eingefügt. Man beachte die Lage der Infirmerie-Kapelle von Wettingen, die nur wenig von derjenigen von Tennenbach abweicht.


 
TennenbachMayer
Mit Ausnahme der Vogelschauansicht 1759 und einiger darauf basierender Wiederholungen sind keine Bilddokumente der barocken Anlage vorhanden. Auch auf diesem kleinen Andachtsbild, einem Stich von Peter Mayer um 1760, ist die bekannte Vogelschauansicht klein in die Sockelzone eines altarähnlichen tektonischen Gerüstes eingebaut. Das Andachtsbild vermag, nebst den beiden Seitenaltären in Kiechlinsbergen, einen Eindruck von der barocken Welt in Tennenbach geben.
Es wird zur Einweihung des Altars für den hl. Victor durch den Abt Benedikt Stöcklin gedruckt.
 
>zur Bedeutung des Bildinhaltes  
Tennenbach2
Die zwei letzten Äbte des Klosters sind Carl Caspar, geboren 1736 in Reute bei Emmendingen (reg. 1782–1803) und August Zwiebelhofer (reg. 1803–1806). Sie finden ihre gemeinsame Ruhestätte auf dem Kirchhof am Hang unterhalb des noch heute bestehenden grossen und gedeckten Kreuzes. Seit 2013 ist dieser Hang nicht mehr bewaldet. Der Grabstein wird aber schon vor 1900 entfernt und zusammen mit anderen Grabdenkmälern an der gotischen Marienkapelle angebracht. Dort wird der doppelsichtige Stein, der auf der Rückseite noch die Inschrift von Abt Carl Caspar trägt, in die Aussenmauer eingelassen. Er trägt die Inschrift: HIER RUHT DER HOCHWÜRDIGSTE HERR / AUGUST ZWIEBELHOFER / PRELAT UND ABT / ZU THENNENBACH / GEBOHREN ZU RASTATT / DEN XXVII JUN MDCCXXXIX / EIN MAN VOLL EIFER / FÜR DAS GUTE / WOHL IHM DASS ER / SCHON RUHTE / DENN NACH EINEM / MONDESLAUF / HOB MAN ALLE KLOESTER AUF.
Bildquelle:
Wikipedia-Benutzer Joergens.mi.
 
TennenbachKirche1890
1944 fällt die Ludwigskirche in Freiburg dem Bombenkrieg zum Opfer. Sie wird nicht wieder aufgebaut. Die Kirche im «Rundbogenstyl» wird 1829–1839 als Nachfolgerin der Klosterkirche von Tennenbach mit Benutzung des Materials aus deren Abbruch gebaut. Mit der Abteikirche von Tennenbach hat die Ludwigskirche allerdings wenig gemein. Man vergleiche die Fotografie der Ludwigskirche 1890 mit der Zeichnung der Abteikirche 1820 (oben) vor dem Abbruch.
Bildquelle: alt-freiburg.de
 

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Das Andachtsbildchen gilt dem Märtyrer Victor, dessen Skelett wie bei den barocken «heiligen Leiber» in einem Altaraufbau kostbar verziert präsentiert wird.
Am Behältnis des «heiligen Leibes» knien der selige Hugo von Tennenbach (Mönch in Tennenbach 1209–1270) und die selige Adelheid von Teningen, eine Zisterzienser-Inklusin der gleichen Zeit. Über den beiden Lokalheiligen thront die Muttergottes mit Kind. Sie ist im Zwiegespräch mit dem hl. Bernhard, der das Kreuz Christi mit der Dornenkrone in der linken Hand hält und mit der rechten Hand auf den aufgebahrten hl. Victor deutet. Der Titel über dem Andachtsbild lautet «Imago B(eati) V(irgins) Mariae Taumaturgae in Sacello Mon(asterio) Tennebacensis» und ist ein Hinweis auf den Altar der wundertätigen Maria in der Stiftskirche, in der auch die beiden Lokalheiligen verehrt werden.
Abt Benedikt Stöcklin (1754–1765) ist im Sockel erwähnt. In seiner Vita wird erwähnt, dass er einen eigenen kostbaren Altar für die Reliquien des hl. Victor errichten lässt («Lipsana S(anctus) Victorii in ara propria collocavit ecclesiamque summopere exornavit»).
Es wäre interessant zu erfahren, ob es sich um den gleichen hl. Victor handelt, dem die Äbtissin von Olsberg 1688 nach feierlicher Translation einen Altar einrichtet und den Katakombenheiligen zum zweiten Kirchenpatron erhebt. Immerhin ist Abt Benedikt Visitator in Olsberg.

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Wettingen