Schlossanlage
Gartengebäude

3.  Die Gartenburgen von Kurfürst Max II. Emanuel


3.1 Die Pagodenburg

«Maison Des Indes autrement Pagottembourg»[1]
Pierre de Bretagne beschreibt unter diesem Titel die Pagodenburg zwei Jahre nach ihrer Vollendung. Ihr Zweck sei die Erfrischung und der Kleiderwechsel der fürstlichen Gäste nach dem Mailspiel, das hinter der Pagodenburg stattfindet. Der barocke Gartenplan zeigt diese mehrere hundert Meter langen Mailbahn Richtung Norden.[2] Bretagne beschreibt auch den längsovalen Platz vor der Pagodenburg, der an der Kreuzung mehrerer Alleen liegt und welcher ein grosses Bassin mit mehreren Wasserspielen aufweist. Heute liegt an dieser Stelle der kleine oder Pagodenburger See. Das zweigeschossige Gebäude der Pagodenburg wird von Hofbaumeister Joseph Effner[3] 1716–1719 gebaut. Es wird am 16. Juli 1719 mit einem Souper der Hofgesellschaft das erste Mal benutzt. Die Bewirtung erfolgt jeweils von einem «Logement de Concierge», wie das 100 Meter östlich gelegene Wärterhaus genannt wird.
Der Grundriss der Pagodenburg ist die Überlagerung eines griechischen Kreuzes über ein Oktogon. Die Kreuzarme sind nur wenig vorstehend und enthalten eine kleine Treppe, Vestibüls oder Kabinette. Im Erdgeschoss bildet das Oktogon den Saal, das Obergeschoss ist durch die Zweiteilung des Oktogons verunklärt. Durchaus möglich, dass der Kurfürst dieses Grundrissschema vorgegeben hat. Es ist nicht neu, die Renaissance-Theoretiker des 16. Jahrhunderts zeigen den zentralen Innenraum mit vier Kreuzarmen in vielen Variationen.[4]

Beispiel von Zentralraum-Grundrissen mit Kreuzarmen.
Crema   15. Jahrhundert
Santuario Santa Maria della Croce, Crema
(1490–1493). Früher Renaissance-Zentralbau mit vier Kreuzarmen.
Serlio1584BuchV   16. Jahrhsundert
Zentralbau mit vier Kreuzarmen in «Tutte l’Opere d’Architettura di Sebastiano Serlio», Venedig 1584.Buch V, Seite 203.
Serlio1584BuchVII   16. Jahrhundert
«Tutte l’Opere d’Architettura di Sebastiano Serlio», Venedig 1584.
Villa mit oktogonalem Innenhof, einer oktogonalen Raumschicht und vier Kreuzarmen.
Vorbild für Bouchefort von Germain Boffrand.
Kahlenberg   17. Jahhundert
Wallfahrtskirche auf dem Kahlenberg, nach der siegreichen Türkenschlacht 1683 bis 1693 wieder aufgebaut. Von hier aus wurde der Ersatz von mit Beteiligung des Kurfürsten Max II. Emanuel Wien gestartet.
Pagodenburg   18. Jahrhundert
Pagodenburg im Garten von Nymphenburg, 1716 von Joseph Effner.
PavillonFrancais   18. Jahrhundert
Der Pavillon Français, 1750 von Ange-Jacques Gabriel beim Petit Trianon in Versailles gebaut, ist der vollendetste Gartengebäude dieses Typus.

Obwohl türkische Bauwerke für Kurfürst Max II. Emanuel nicht fremd sind, basiert die Architektur der Pagodenburg anders als ihre Inneneinrichtung auch nicht auf fernöstlichen Vorbildern.[5]
Pierre de Bretagne, der einzige direkte Zeuge, weiss jedenfalls nicht davon und erläutert, dass die Pagodenburg deswegen so heisse, weil ihre Innenräume reich in indischer und chinesischer Art ausgestattet und bemalt seien, «mit chinesischen Darstellungen, die wie Pagoden aussehen». Dass hingegen dem Kurfürsten ein holländischer Tee- oder Kaffeepavillon vorschwebt, ist sogar wahrscheinlich.

Die Pagodenburg und die Chinoiserie-Mode
Das im 17. Jahrhundert erwachsende Interesse an ostasiatischer Ornamentik und Architektur wird durch Berichte und Stiche der Jesuiten-Mission und mit Vermittlung der Handelsnation Holland gefördert. 1670 lässt der französische König in Versailles von Louis Le Vau das Trianon de Porcelaine bauen. Vorbild ist der chinesische Kaiserpalast von Peking. Aber nur die Keramikverkleidung des Trianon ist Chinaimport, die Architektur ist französische Klassik.

Trianon   Gehe zum Beschrieb des Trainon de Porcelaine.

Wie die Architektur des Trianon de Porcelaine ist auch die Erscheinung der Pagodenburg kein fernöstlicher Architektur-Import. Die Attikabrüstung vor dem verdeckten Flachdach, die durchgehende Pilastergliederung und die Fenstergestaltung verraten den französisch geschulten Baumeister. Die Pagodenburg zeigt sich aussen als klassisches barockes Gebäude ohne jeden Anklang an Fernost.[6]
Anders im Innern. Hier sind die Bezüge zu China vor allem in den Appartement-Räumen des Obergeschosses unübersehbar. Exotischer Charakter wird schon im Erdgeschoss mit den «Delfter Kacheln», den aus Rotterdam stammenden Fayenceplatten, angedeutet.[7] Ihre blauen Malereien auf weissem Grund sind dem chinesischen Import-Porzellan nachgeahmt. Im grossen Mittelsaal mit ausgeprägtem Régence-Charakter sind die Kacheln als Füllung der Täfelungen eingesetzt. Ihr Blau wird von der Hohlkehle und den Chinoiserie-Motiven der Decke aufgenommen. Die Ölmalereien auf Putzgrund stammen in allen Räumen ursprünglich von Johann Anton Gumpp,[8] sind aber nur zum kleineren Teil noch original erhalten. Im Obergeschoss sind im Chinesischen Salon und im Lackkabinett nebst Chinoiseriemalereien auch originale Lackarbeiten zu sehen. Die geglückte ovale Form des chinesischen Salons, welche den Zufallsgrundriss überbrückt, verleiht ihm grosse Intimität. Das nördliche Ruhezimmer, ein reiner Régenceraum, zeigt im Deckengemälde nochmals chinesische Motive.

Zum Gebäudetypus der Pagodenburg
Die Pagodenburg ist, wie der eingangs geschilderte Verwendungszweck und ihr Bezug zum Garten der Nymphenburg andeutet, ein Gartenlusthaus. Im französischen Sprachgebrauch nennt man das Gartenlusthaus «pavillon» oder «folie», manchmal auch «pavillon de plaisance», nie aber «maison de plaisance». Siehe zum Typus des Gartenlustgebäudes auch die Bemerkungen zur Badenburg (unten) und die Erläuterungen im Glossar Baukunst.

Baumeister und Künstler der Pagodenburg
Jahr Name, Lebensdaten, Beruf Tätigkeit für die Pagodenburg
1716–1719 Joseph Effner (*1687 Dachau †1745 München), Hofbaumeister Planung und Leitung der Arbeiten.
1717–1718 (um) Guillielmus de Grof (*1676 Antwerpen †1742 München), Hofbildhauer und Stuckateur. Stuckaturen und plastische Gestaltungen in den Hohlkehlen.
1717–1719 (um) Johann Adam Pichler (* Tirol †1761 München),
Hofkistler, Bildhauer, Vergolder
Wandgestaltungen in allen Räumen.
1717–1719 Johann Gumpp (*1654 Innsbruck †1719 München), Maler und Freskant Decken-Chinoiserien (Öl!) in allen Räumen. Nicht mehr original erhalten.
1718–1719 (um) Antoine Motté (Lebensdaten unbekannt, aus Frankreich stammend), Hofschlosser Kunstschmiedearbeiten.

Spätere Renovationen der Pagodenburg
Diesel zeigt in seinem Stichwerk die Pagodenburg mit einer Balustradenattika, die mit Vasen bekrönt ist. Dieses Architekturelement fehlt heute. Unklar ist, ob es 1767–1769 mit der ersten umfassenden Sanierung der Pagodenburg verschwindet. Die damaligen Eingriffe haben aber, mit Ausnahme der Ergänzungen an den offensichtlich durch Wasser stark zerstörten Deckenmalereien, keine weiteren grundsätzlichen Veränderungen zur Folge. Die heutige Farbfassung der Fassade geht auf diese Sanierung zurück. Die letzten Restaurierungen finden 1955, 1985–1987, 1995 und 2003 statt.

 

Anmerkungen (Pagodenburg)

[1] Das indische Haus, auch Pagodenburg genannt. Kapitelüberschrift im Bericht von Pierre de Bretagne 1723.

[2] Zum Mailspiel siehe das Glossar in dieser Webseite. Pierre de Bretagne beschreibt auch, wie auf den beiden Queralleen parallel zur Mailbahn und ausgehend von der Pagodenburg, kleine reichverzierte Pferdekutschen die fürstlichen Teilnehmer des Spiels (les princes) zu ihren Kugeln gefahren werden. Heute sind an dieser Stelle die Serpentinen des Baches im Pagodenburger Tal.

[3] Joseph Effner (1687–1745) aus Dachau. Hofbaumeister 1715–1745. Siehe die Biografie und das Werkverzeichnis in dieser Webseite.

[4] Zentralräume (runde, oktogonale oder quadratische) mit angefügten Kreuzarmen sind klassische Renaissance-Themen. Siehe dazu die Beispiele. Germain Boffrand verwendet den Typ Serlio, Buch VII, Seite 29 für das Projekt Bouchefort des Kurfürsten Max II. Emanuel. Die Kreuzarme sind aber in Bouchefort, gleich wie bei der Villa Rotonda von Palladio, als Portiken ausgebildet. Die Reduktion dieser Vorlagen auf den eigentlichen geometrischen Kern ist beim kleinen Grundriss der Pagodenburg ein architektonisches Muss und stellt keine neue Invention dar. Dass Kurfürst Max Emanuel holländische Tee- oder Kaffeepavillons als ideelles Vorbild nimmt, ist zwar wahrscheinlich, die Pagodenburg hat aber ihre architektonischen Wurzeln in der Zentralraumtheorie der Renaissance. Zu Bouchefort siehe den Beitrag in der Biografie von Germain Boffrand in dieser Webseite.

[5] Der Grundriss eines Kiosks (Bagdhad- oder Revan-Kösk) im Topkapi-Serail von Istanbul entspricht ebenfalls dem Grundriss der Pagodenburg. Daraus folgert Ulrika Kiby (siehe Literatur) eine Übernahme aus Istanbul und wendet dann diese Übernahme gleich auch auf das Jagdhaus Fremersberg (Rohrer 1716) bei Baden-Baden an. Das Jagdhaus entspricht mit der runden Mittelhalle auch dem Serlio-Grundriss in Buch V, Seite 203. Und warum sollten denn Rohrer oder der Kurfürst ein Grundriss-Schema eines Gartenlusthauses in Istanbul verwenden, das sie beide weder aus persönlicher Erfahrung noch aus der Literatur kennen können? Die beiden Beispiele zeigen zudem, wie gefährlich die (leider bei Kunsthistorikern verbreitete) Unsitte ist, die Genesis eines Bauwerk-Types mit Grundrissvergleichen zu wagen. Das schönste derartige Garten gebäude ist der Pavillon Français, den Ange-Jacques Gabriel 1750 beim Petit Trianon in Versailles baut. Kein Kunsthistoriker, keine Kunsthistorikerin fragt nach einem fernöstlichen Vorbild bei Gabriel!

[6] Ich vergleiche hier mit dem Entwurfsprozess des Trianon de Porcelaine, um darzustellen, dass Max II. Emanuel ebenso wenig wie der französische Sonnenkönig gewillt ist, fernöstliche Architektur zu übernehmen. Solche Architekturimporte sind um 1716 noch kein Thema. Erst zur Zeit des Rokoko und bis weit ins 19. Jahrhundert werden Garten-Lustgebäude in chinesischen, indischen oder japanischen Formen gebaut. Beispiele: Das Drachenhaus und das chinesische Teehaus im Park von Sanssouci (nach 1755) oder der chinesische Turm (1789) im Englischen Garten von München.

[7] Siehe dazu «Fayence», «Fliesen», «Kacheln» im Glossar dieser Webseite. Die in Deutschland übliche Bezeichnung Fliesen anstelle Platten widerstrebt mir.

[8] Johann Anton Gumpp (1654–1719), Hofmaler. Arbeiten in der Residenz, in Lustheim, Schleissheim, im Mittelbau von Nymphenburg sowie in der Pagodenburg. Die Deckenbilder der Pagodenburg werden durch Restaurationen ab 1769 verändert und teilweise im 19. Jahrhundert völlig neu erstellt.

PagodenburgInnen5   PagodenburgInnen6   PagodenburgInnen7
Im Treppenhaus bestehen die Wände aus abwechselnd blauen und weissen «Delfter Kacheln». Nahtlos verbinden sie sich mit zwei Kachel-Gemälden der gleichen Rotterdamer Manufaktur. Sie zeigen einen barocken Garten mit Pfauen im Vordergrund. Foto: Bieri 2016.   Grotesken mit Chinoiserie-Motiven sind auch an den Türflügeln im Obergeschoss enthalten. Hier die Türe zum kurfürstlichen Ruhezimmer. Foto: Bieri 2016.
Lagepläne von Badenburg und Pagodenburg 1772 und 1838
Ausschnitt aus dem Plan Cuvilliés d. J. (1772). Er zeigt den Barockgarten vor dem Umbau zum Landschaftsgarten (1804).
Rot hervorgehoben ist hier die Badenburg (links) und die Pagodenburg (rechts). Die beiden Gartenburgen sind durch den Paisinger Kanal, dem «Grand Canal», und den ihn begleitenden Alleen getrennt. Beide Garten-Lustgebäude sind von den «Salles», den im «Grand Bois» ausgeschnittenen Plätzen beidseits des Kanals zu erreichen. Zu diesen «Salles» führen Alleen in Form der «Patte d'oie». Siehe dazu den Gesamtplan Cuvilliés mit der Legende und den Beschrieb der Gärten und der Kanäle in dieser Webseite.
Die Wasserbassins in diesen Plätzen sind hier blau hervorgehoben. Das separate Wasserparterre nördlich der Badenburg wird von einem Parallelkanal erschlossen, während die Pagodenburg direkt an die «Salle» mit dem grossen Bassin angeschlossen ist. Vergleiche dazu auch die Stiche von Matthias Diesel (rechts). Quelle: Universitätsbibliothek Heidelberg.

1772

Ausschnitt in gleicher Grösse wie oben,  aus dem Stahlstich von Soeltl (1838). Der Plan ist hier von Süden (links) nach Norden geschnitten. Der Plan stellt den heutigen Nymphenburger Park dar. Quelle: British Library, London. Zum Gesamtplan Soeltl 1838.  

1838

 

 

3.2 Die Badenburg

Ein barockes Prunkbad mit italienischen und türkischen Wurzeln
1718, nach seiner Rückkehr aus Italien, beginnt Hofbaumeister Joseph Effner mit dem Bau der Badenburg. 1722 ist das Bauwerk vollendet. Das zweigeschossige, unterkellerte Gebäude besteht aus einem längsrechteckigen Baukörper, dem eigentlichen Badehaus, und einer nordseitig angefügten Sala Terrena von gleicher Höhe. Ihr Grundriss bildet ein unechtes Oval.[1] Sie dient als Fest- und Speisesaal und bildet die Schauseite. Das südseitige, 22 Meter lange Bad- und Aufenthaltsgebäude ist dreigeteilt, das mittige Vorzimmer führt zur Galerie des zweigeschossigen Badesaals im Westrisalit und zum Ruheraum des Kurfürsten im Ostrisalit. Das Bad selbst ist durch die westliche Wendeltreppe an den Nahtstellen Saal-Badhaus zu erreichen. Mit der Länge 870 Zentimeter, der Breite von 610 Zentimeter und der Wassertiefe von 145 Zentimeter ist es sicher das grösste fürstliche Innenraum-Bad der europäischen barocken Welt um 1700. Die umlaufenden Zuschauergalerien auf dem Niveau des Hauptgeschosses über dem vertieften und mit holländischen Fayencen bekleideten Bad und der anschliessende Festsaal zeigen, dass das Badegebäude in erster Linie dem Vergnügen der Hofgesellschaft dienen sollte.
Die beiden engen Wendeltreppen sind die einzigen Vertikalverbindungen. Die westliche führt hinunter zum Bad, die östliche zur Küche mit dem Heizraum, aber auch zu weitern Baderäumen unter dem Saal. Diese Räume sind mit Wannen ausgestattet, aber schon wegen des engen und steilen Zuganges nicht für die anspruchsvolle Hofgesellschaft gedacht. Das gleiche gilt für die Zimmerverschläge im Obergeschoss, die mit beiden Wendeltreppen erreichbar sind.
Offensichtlich stammen bei der Badenburg wie bei der Pagodenburg die Planungsvorgaben vom Kurfürsten. Anders sind die vielen Ungereimtheiten der Grundrisse nicht zu erklären. Sie werden erst mit der Fassaden- und Innenraumgestaltung von Effner befriedigend gelöst. Das freistehende Badegebäude von Kurfürst Max II. Emanuel liegt in der barocken Architekturlandschaft und auch zu den Hofgepflogenheiten des frühen 18. Jahrhunderts derart quer, dass französische Wurzeln für den Gebäudetypus ausgeschlossen werden müssen.[2] Private Bade-Lusthäuser mit mehreren Räumen und einem zentralen Festsaal sind in Frankreich unbekannt.[3] Mit dem Ende der Renaissance ist die höfische Badekultur weitgehend ausgestorben.[4] Nur die islamische Kultur hat die alte Badetradition der Römer weiter kultiviert und ist wahrscheinlich Auslöser für den Bau der Badenburg. Kurfürst Max Emanuel muss diese Badekultur seit seinen Feldzügen im kaiserlichen Heer gegen die Osmanen kennen. Ob er die Badehäuser des Fürsten Stanislaus Heraklius Lubomirski in Warschau[5] oder des Grafen von Saalburg zu Salaberg[6] kennt? Beide beweisen Erfahrungen ihrer Erbauer mit der osmanischen Badekultur. Beide sind mit ihren Grottierungen auch italienisch geprägt. Das grosse Warschauer Badehaus (Łazienki) erregt nach seiner Erstellung dank der aussergewöhnlichen Nutzung und Architektur Aufsehen, es könnte das ideelle Vorbild des Kurfürsten für die Badenburg darstellen.[7] Die Architektur der Badenburg hingegen beruht auf anderen Vorbildern. Sie steht, wie auch das Badehaus auf der Salaburg, in der Nachfolge italienischer Casinos. Effner dürfte diesen Bautyp seit seiner kurz vor Baubeginn erfolgten Italienreise aus eigener Anschauung kennen.

Lazienki BadenburgGrundriss
Vogelschauansicht des Warschauer Badehauses Łazienki, erbaut 1668–1689. Grundriss der Badenburg.
Lazienki Gehe zum Beschrieb des Warschauer Łazienki  
Salaberg Gehe zum Beschrieb des Salaberg-Badehauses  

Die Badenburg im barocken Garten
Heute liegt die Badenburg idyllisch am grossen See des Nymphenburger Parks. Seit der Umgestaltung des Barockgartens in einen englischen Landschaftsgarten ist sie Staffagearchitektur. Anders im alten barocken Garten. Hier dominiert sie und ist Mittelpunkt zweier reich gestalteter Gartenparterres.
Der damalige Zugang zur Badenburg beginnt am nördlich gelegenen «Grand Salle oblongue», wie der Platz am Kreuzungspunkt der Mail-Alleen genannt wird. Sechs Alleen in Form der «patte d'oie» führen zu diesem im Wald ausgeschnittenen «Salle». Von ihm gelangt der Besucher in Platzachse zum grossen Wasserparterre mit dem Becken des Neptun, das von einem Parallelkanal des Paising-Nymphenburger Kanals gekreuzt wird. Die nun das Bild beherrschende Badenburg empfängt den in das Parterre Eintretenden mit der reichen barocken Stuckfassade des Saals. Eine Attikazone und Statuen auf der Balustrade bekrönen den Bau. Die breite Treppenanlage führt vom Wasserparterre hinauf zum erhöhten Gebäude. Im Stich von Matthias Diesel ist diese nördliche Empfangssituation im barocken Zustand dargestellt.
Etwas einfacher ist das südliche Broderieparkett gestaltet. Auch hier verdanken wir das damalige Aussehen dem Stichwerk von Matthias Diesel.

Die Räume und ihre Künstler
Joseph Effner lässt die architektonischen Unzulänglichkeiten des Bauwerkes dank einer guten Detailgestaltung vergessen. Er ist wahrscheinlich auch Entwerfer der Wandgestaltungen. Pierre de Bretagne, der 1723 die Badenburg ausführlich beschreibt, nennt sie ein Meisterwerk der Baukunst, mit Räumen von grosser Annehmlichkeit und rühmt die Werke der Bildhauer, Stuckateure und Maler. Die offensichtliche «Italianità» des Festsaals ist den noch hochplastischen Stuckaturen des Hofbildhauers Charles Dubut[8] und dem grossen Deckenfresko des bisher wenig bekannten Venezianers Jacopo Amigoni[9] zu verdanken. Charles Dubut gestaltet auch die Stuckaturen und Bildhauerarbeiten der Aussenfassaden, die nur durch den Stich von Matthias Diesel bildlich überliefert sind. Die Räume des Badehauses sind im Unterschied zum Saal in zurückhaltender Régence ausgestattet. Der Badesaal lebt von den Blautönen der holländischen  Fayence-Platten im Badebereich, der Zuschauergalerie mit den Stuckmarmorwänden von Johann Georg Bader, dem Geländer des Pariser Kunstschlossers Antoine Motté, und dem Deckenbild des Malers Nicolas Bertin, das dieser 1719 aus Paris nach München liefert. Stark dekorative Grotesken und Kartuschen dominieren das Leinwandgemälde, aus der dichten illusionistischen Randzone blicken unzählige Badenixen zum Betrachter hinunter und zeigen ihre Reize. Chinoiserien prägen den Ruheraum des Kurfürsten, ein Kleinod ist das chinesische Kabinett mit den Affenszenen.

Baumeister und Künstler der Badenburg
Jahr Name, Lebensdaten, Beruf Tätigkeit für die Badenburg
1718–
1722
Joseph Effner (*1687 Dachau †1745 München), Hofbaumeister. Planung und Leitung aller Arbeiten.
1719–
1734
Charles Claude Dubut (*1687 Paris †1736 München), Hofstuckateur und Bildhauer. Stuckaturen und Bildhauerarbeiten innen und aussen. Plastiken im Gartenparterre.
1720 Jacopo Amigoni (*1675 Neapel †1752 Madrid),
Maler.
Deckenfresko im Festsaal. Thema:  
«Der Morgen, der Frühling, das Wasser».
1720 (um)
(? Einbau)
Nicolas Bertin (*1667 Paris †1736 Paris). Maler.
Lieferung des Leinwandbildes 1719 aus Paris.
Deckenbild im Badesaal (830 x 560 cm).
Thema: Wassernixen und Nymphen.
1720–
1721 (um)
Johann Adam Pichler (* Tirol †1761 München),
Hofkistler, Bildhauer, Vergolder.
Wandgestaltungen im kurfürstlichen Schlafzimmer und im Vorzimmer.
1722 Johann Georg Bader (*1675 †1726), Stuckateur und Marmorierer, Sohn eines Wessobrunners. Stuckmarmorarbeiten (Wände, Architekturgliederung)  im Badesaal.
1722 (um) Antoine Motté (Lebensdaten unbekannt, aus Frankreich stammend), Hofschlosser. Kunstschlosserarbeiten. Metallgeländer im Badesaal.
1722 (um) Guillielmus de Grof (*1676 Antwerpen †1742 München), Hofbildhauer und Stuckateur. Brunnenbecken im Festsaal.


Veränderungen in klassizistischer Zeit
Nicht nur der Barockgarten und die Parterres der Badenburg weichen ab 1804 dem heutigen englischen Landschaftspark, auch die Nordfassade des Gebäudes wird vom Klassizisten Leo von Klenze[10] um 1825 verändert. Er entfernt alle barocken Stuckatur- und Bildhauerarbeiten von Charles Dubut. Die Nordfassade erhält damit das heutige Gesicht.

Zerstörungen und Wiederaufbau nach 1945
Im Zweiten Weltkrieg wird die Badenburg teilzerstört, aber wieder rekonstruiert. Auch das Deckenfresko Amigonis wird 1943 zerstört. Der Wiederaufbau ist 1955 beendet. Das Amigoni-Fresko wird 1984 im Rahmen einer grösseren Restaurierungskampagne von Karl Manninger[11] rekonstruiert.

Die Badenburg, eine «maison de plaisance»?
Kaum ein bayrischer Beitrag zur Badenburg, der das Gebäude nicht auch gleichzeitig als «maison de plaisance» bezeichnet. Ein Badeschlösschen ist sie sicher, auch ein «palazzetto del piacere» (wie das Casino der Renaissance manchmal bezeichnet wird), sie darf Badelusthaus oder einfach Lusthaus genannt werden, aber sie ist keine «maison de plaisance». Denn Sekundärbauten in einem Barockgarten, wie das Trianon de Porcelaine in Versailles oder das Badehaus in Marly, werden nicht derart bezeichnet. Allenfalls nennt man des «pavillon de plaisance». Die Bezeichnung «maison de plaisance» gebührt in Frankreich nur bewohnbaren Lustschlössern  mit einer eigenen Gartenanlage. Unverständlich, warum das aussagekräftige deutsche Wort Gartenlusthaus oder Gartenschlösschen nun plötzlich einem falschverstandenen französischen Begriff weichen muss, der selbst im frankophonen Bayern des 18. Jahrhunderts für die Badenburg nie angewendet wird.

Pius Bieri 2016


Anmerkungen (Badenburg):

[1] Das unechte Oval oder das «ovato bislongo» ist ein Rechteck, dessen Schmalseiten ausgerundet sind.

[2] Anderer Meinung ist der Autor des Dehio (2006), Ernst Götz, der die Badenburg als «Sicherlich angeregt durch französische Badeappartements» bezeichnet. Angeregt von Frankreich kann einzig der Grundriss mit der an ein Oval angenäherten Sala Terrena sein, nie aber der Gebäudetypus. 

[3] Louis XIV richtet in Versailles ab 1671 eine Raumfolge von fünf Räumen mit einem Bad unter der Spiegelgalerie ein. Schon 1683 werden sie ersatzlos abgebrochen. Auch die anderen bekannten Appartement-Bäder in französischen Schlössern des 17. Jahrhunderts sind nur für die Nutzung durch den Hausherrn oder der Hausherrin eingerichtet. Das gesellschaftliche Moment fehlt vollständig. Die gilt auch für das einzige bekannte freistehende Badegebäude, einem der zwölf Pavillons im Garten von Marly-le-Roi (1687). Der «pavillon des bains» ist im Erdgeschoss mit zwei Badewannen für Gäste ausgestattet. Architektonische Anregungen für die Badenburg können nicht aus diesen französischen Badeappartements stammen.

[4] Die Renaissance kennt noch eine intakte Badekultur.
Im fünften Buch von «De Archittetura» des Vitruv, Ausgabe 1567 (Venedig) ist auf Seite 198 ein dreiteiliges Badgebäude in der römischen Tradition dargestellt.
Jacob Burckhardt beschreibt in «Die Geschichte der Renaissance in Italien» (Stuttgart 1868) in § 122 «Bäder» das Bad der Villa Grimaldi zu Bissagno bei Genua, wo in einem runden Baderaum das heisse Wasser aus dem Rachen von Meerwundern, das kalte aus Fröschenmäulern in das Becken fliesst. Meist ist mit den italienischen Renaissance-Badräumen auch eine Grottenarchitektur verbunden.
François I richtet 1530 eine Folge von Baderäumen mit vertieften Becken im Schloss von Fontainebleau ein, sie werden schon 1697 zerstört.
1567 richtet Erzherzog Ferdinand II. von Tirol für seine Gemahlin Philippine Welser im Schloss Ambras ob Innsbruck einen Folge von «Abziehstube», Schwitz- und Wannenraum ein, dessen vertieftes Becken 160 cm tief ist.
Nebst diesen privaten Bädern des Adels sind nördlich der Alpen vor allem die öffentlich zugänglichen Thermalbäder, meist schon zu Römerzeit besucht, in den Ortschaften mit dem Namen Baden (Baden-Baden, Baden bei Wien, Baden im Aargau) stark besucht. Mit der Einschleppung der Syphilis um 1493 geht diese Badekultur zu Ende.

[5] Fürst Stanislaus Heraklius Lubomirski (1640–1702) lässt 1683–1689 durch Tylman van Gameren auf einer künstlichen Insel südlich der Altstadt Warschaus das Łazienki-Badehaus errichten. Der zentrale Badesaal ist kuppelgewölbt, drei Türme mit Zwiebelhauben verleihen trotz des holländischen Baumeisters eher türkischen Charakter. Ein grosser Festsaal ist zum Wasser orientiert. Das Gebäude wird 1788–1793 in das heutige «Palais auf dem Wasser» integriert. Die vorangegangenen Dokumentationen zeigen ein barockes Prachtsgebäude, grösser und architektonisch überzeugender als die Badenburg. > Zur Bilddokumentation des Łazienki in Warschau.

[6] Franz Ferdinand Reichsgraf von Salburg zu Salaberg (1648–1712), kaiserlicher Kämmerer, Hofkriegsrat und Feldmarschall-Leutnant. 1685 bis 1691 ist er als Obrist und ab 1689 im Rang eines Generalwachtmeisters in kurbayrischen Diensten. Ein «Ehrenhandel» mit Pistolen führt 1692 zum Tod des Kontrahenten, des kurbayrischen Oberstleutnants Graf Castelli. Um vor der Verfolgung durch den Kurfürsten Max II. Emanuel sicher zu sein, begibt sich Salburg in die Dienste der Republik Venedig. Bis 1698 ist er in den Kriegen gegen die Türken als General-Leutnant und Oberst (Regimentsinhaber) eines deutschen Fuss-Regiments beteiligt. Zurück in seiner Herrschaft, baut er um 1698–1700 das noch heute bestehende freistehende Badehaus. Der Hauptzugang erfolgt durch einen Grottensaal. Ein mittlerer Baderaum enthält das vertiefte Becken von knapp 3 x 3 Meter. Das im Vergleich zum Warschauer Łazienki bedeutend intimere Salaberger Badehaus verdankt die Entstehung ebenfalls den türkischen und venezianischen Erfahrungen des Bauherrn. Wie die Badenburg ist die Architektur vom italienischen Gartencasino der Renaissance abgeleitet. >Zum Plan des Badegebäudes auf Schloss Salaberg.

[7] Kurfürst Max II. Emanuel heiratet 1695 die Tochter des Polenkönigs und Türkensiegers Jan III Sobieski, Therese Kunigunde. De Beziehungen zum Warschauer Hof sind damit vorhanden. Es darf davon ausgegangen werden, dass ihm das Łazienki mindestens aus Beschreibungen bekannt ist.

[8] Charles Claude Dubut (1687–1742) aus Paris. Hofstuckateur und Bildhauer. Siehe Wikipedia-Beitrag: https://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Claude_Dubut.

[[9] Jacopo Amigoni (1675–1752), Maler des venezianischen Rokoko. Siehe die Biografie und das Werkverzeichnis in dieser Webseite.

[10] Leo von Klenze (1784–1864), wichtiger Architekt des Klassizismus, Hofarchitekt von König Ludwig I. seit 1815.

[11] Karl Manninger (1912–2002) aus Pöcking.

 

BadenburgI7   BadenburgI8   BadenburgI9
Das Deckenbild im Badesaal, von Nicolas Bertin 1719 aus Paris nach München geliefert, ist nur vom (nicht zugänglichen) Baderaum im Untergeschoss erfassbar. Stark dekorative Grotesken und Kartuschen dominieren das Leinwandgemälde. Aus der dichten illusionistischen Randzone blicken unzählige Nymphen paarweise zum Betrachter hinunter. Im Bild sind drei dieser lebenslustigen Nymphenpaare des südlichen Teils (Eingangrechts Galerie Ost, Gegenstück West, Eckstück bei Eingang Galerie Süd) festgehalten. Fotos: Bieri 2016.

 

 

 

3.3 Die Magdalenenklause

Eine Eremitage als drittes Gartenschlösschen des Kurfürsten Max II. Emanuel
Das letzte Gartenbauwerk des Kurfürsten ist eine Eremitenklause. Er lässt sie nördlich und ausserhalb des Parterres in den hier beginnenden Wald (dem «grand bois») vom Hofbaumeister Joseph Effner ab 1725 bauen. Die Klause ist eingeschossig, mit Grottenkapelle und anschliessenden Wohnräumen des «Eremiten». In dieser Art entspricht sie vielen Klausen in Fürstengärten. Sie werden ursprünglich wirklich für eine besinnliche Vertiefung des Religiösen gebaut. Eremitenklausen in Barockgärten des 18. Jahrhunderts entsprechen allerdings nur noch selten dieser Bestimmung.[1] Wie die Gartenlusthäuser können sie als Retirade dienen, sind nun aber vor allem Kulissen einer durch Schäferpoesien geprägten und dem Spieltrieb verfallenen Hofgesellschaft. Die romantische Verklärung des Eremitendaseins, verbunden mit der Ruinenfaszination des Barocks, bilden das Grundgerüst der Architektur. Der Bezug zur Religion ist vordergründig. So dient die zehn Jahre vorher errichteten Eremitage des Bayreuther Markgrafen Georg Wilhelm vor allem den Eremitenspielen des Hofes.[2]  

Bauwerk und Künstler
Die Magdalenenklause wird 1728 eingeweiht. Sie ist in Form einer Ruine gebaut. Das Ruinöse sollte die Vergänglichkeit darstellen. Zur Ruine gesellt sich die «Unnatur» der Umgebung. Im Gegensatz zu den Parterres der beiden vorangehenden Gartenlusthäusern ist die Umgebung der Klause im Barockgarten nicht geometrisch gestaltet. Sie liegt in einem «jardin sauvage», einem mit verschlungenen Wegen gestaltetes Boskett.
Die bewohnbare Ruine ist ein architektonisch belangloses, mit eklektizistischen Vorsatzstücken versehenes Bauwerk. Die Magdalenenkapelle und ihr Vorraum nehmen fast die Hälfte des simplen Rechteckgrundrisses ein. Der Grottierer Johann Bernhard Joch aus München gestaltet beide Räume in aufwändiger Grottenarchitektur. Die wenigen nicht grottierten Deckenfelder bemalt der Hofmaler Nikolaus Gottfried Stuber. Die nördlich anschliessenden Wohnräume sind ohne künstlerischen Anspruch.
Die Dachlandschaft der Magdalenenklause wird nach 1750 vereinheitlicht. Das von Franz Joachim Beich um 1730 gemalte Gemälde der Klause zeigt den vielleicht etwas idealisierten «Ruinen»-Zustand vor dieser Dachveränderung.

Anmerkungen (Magdalenenklause):

[1] Die Eremitage der Markgräfin von Baden-Baden im Garten des Lustschlosses Favorite, von Michael Ludwig Rohrer um 1717 gebaut, wird von der frommen Markgräfin tatsächlich auch im Sinne einer religiösen Vertiefung benutzt. Sie verzichtet ebenso wie der Fürstbischof von Speyer beim Neubau der grossen Eremitage von Waghäusel (1723/29) auf Ruinenarchitektur.

[2] Es ist das heutige «Alte Schloss» der Eremitage, das in ausgeprägter Grottenarchitektur gebaut ist. Nach einem Bericht des Freiherrn von Pöllnitz aus 1737 wissen wir, dass die Hofregel hier Eremitenkutten vorschreibt, man schläft in winzigen Zellen und isst mit hölzernem Löffel aus irdenem Geschirr, wozu man sich im «Refektorium» versammelt. Danach entlässt der Markgraf als «Père Supérieur» die Gesellschaft zu den Klausen im anliegenden Wald. Es herrscht dabei Schweigepflicht bis zum Rückruf mit Glocken, welche den vergnüglichen Teil des adeligen Eremitenspiels einläuten.

 

Pius Bier i2016

 

Fotos:
Einzelne Fotos dieser Seite sind aus den Wikipedia-Commons übernommen. Den Autoren danke ich für die Genehmigung zur Weiterverwendung.

 

Literatur :
Bretagne, (Frère CanA) Pierre de: Réjouissances et fêtes magnifiques qui se sont faites en Bavière l’an 1722 au mariage de S. A. S. Monseigneur le Prince Electoral... Munique 1723.
Hager, Luisa: Nymphenburg. Schloss, Park und Burgen. München 1955.
Hojer, Gerhard: Die Münchner Residenzen des Kurfürsten Max Emanuel, in: Kurfürst Max Emanuel. Ausstellungskatalog Band I. München 1976.
Frank, Dietrich von: Joseph Effners Pagodenburg. Bd. 2 der Schriften aus dem Institut für Kunstgeschichte der Universität München. München 1985.
Dessen, Gesche von: Die Badenburg im Park von Nymphenburg. Bd. 9 der Schriften aus dem Institut für Kunstgeschichte der Universität München. München 1986.
Bauer, Hermann und Rupprecht Bernhard: Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, Band 3, Stadt und Landkreis München, Teil 2, München 1989.
Krause, Katharina: Die Maison de plaisance. Landhäuser in de Ile-de-France (1660–1730). Berlin 1996.
Kiby, Ulrika: Die Exotismen des Kurfürsten Max Emanuel in Nymphenburg. Hildesheim 1990.
König, Ulrike: Grotte und Bad, das Sommerhaus im Schloss Salaberg in Niederösterreich. Wien-Köln-Weimar 2002.
Webseite über die Rotterdamer Fayenceplatten in der Pagodenburg:
http://www.tegels-uit-rotterdam.com/pagodenburg.html.
Webseite der Wikipedia «Schlosspark Nymphenburg» mit Beitrag zur Pagodenburg und Badenburg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlosspark_Nymphenburg.

 

  Die Gartenburgen des Kurfürsten Max II. Emanuel in Nymphenburg  
  BadenburgA1  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
München, Bayern D
Kurfürstentum Bayern
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Freising   1716
Bauherr und Bauträger

Kurfürst Max Emanuel von Bayern
(1679–1726)
 
  Die Badenburg, gesehen aus nordöstlicher Richtung.
Foto: Guido F.R. Radig (2013) in Wikipedia.
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PagodenburgA1
Die Pagodenburg, gesehen von Süden. Foto: Rufus46 (2008) in Wikipedia.  
   
PagodenburgGrRiss
Erdgeschossgrundriss. Für den Grundrissplan mit beiden Geschossen bitte Bild anklicken.  
PagodenburgA2
Die Südfassade des klassisch-barocken Gartenpavillons. Die hart wirkende Attika ist in der Barockzeit noch eine Balusterbrüstung mit Postamenten über den Pilastern, die mit Vasen betont sind.
Foto: Bieri 2016.
 
PagodenburgA3
Das leichte Balkongeländer  des Kunstschlossers Antoine Motté und die korinthischen Kapitelle der Kolossalpilaster stammen aus der Bauzeit. Um 1767 setzt François Cuvilliés lockere Rokokoelemente über die Fensterstürze und die Kapitelle. Foto: Bieri 2016.  
PagodenburgInnen1
Im Gegensatz zur Architektur der Pagodenburg zeigen die Innenräume den Bezug zu China, was sich hier im Erdgeschoss-Saal in den blauen «Delfter Kacheln», den Fayenceplatten aus Rotterdam und den blauen Chinoiseriemalereien an Hohlkehlgesims und Decke zeigt.
Foto: Rufus46 (2008) in Wikipedia.
 
PagodenburgInnen2
Die Decke im Saal malt Johann Anton Gumpp 1718. Sie ist in Öl auf Putz gemalt. Trotz mehrfach notwendiger Restaurierungen ist die Decke in der ursprünglichen Form erhalten.
Foto: Bieri 2016.
 
PagodenburgInnen3
Die Ecken betonen acht allegorische Figuren, deren Attribute einen Jagdbezug aufweisen. Die Verkörperung von Europa mit dem Kopfputz aus Reiherfedern sitzt in der Nordwestecke, zwischen Puttis und  Büsten in Régence-Kartuschen. Foto: Bieri 2016.
PagodenburgInnen4
Eigentliche Chinoiseriemalereien sind im Erdgeschoss an den Seitenwänden der Vorräume zu sehen. Gumpp malt diese bis zum Mai 1719. Er bezeichnet sie als «mit Indianischen Figuren unnt ornamenten von Berliner Blau in Blau gemallet». Die Chinoiserien werden damals allgemein als «indianisch» beschrieben. Sie sind Putz gemalt. Foto: Bieri 2016.  
Diesel
Die Lage und das Aussehen der Pagodenburg zur Barockzeit ist durch den Stich von Matthias Diesel (1723) überliefert. Sie liegt, wie auch im Cuvilliés-Plan 1772 gut sichtbar, direkt an einer der beiden «Salles oblongues». Diese «Salles» sind in den Wald eingeschnittene Plätze, von ihnen gehen als «Patte d'oie» die Alleen aus. Bassins und Springbrunnen zeichnen diese Verkehrsknotenpunkte aus. Stich aus «Erlustierender Augen-Weyde zweyte Fortsetzung». Quelle: ETH Zürich.  
DieselNord
Die Badenburg zur Barockzeit in einem Stich von Matthias Diesel (vor 1722). Sie liegt erhöht über einem Wasserparterre mit Springbrunnen. Auch die heute nicht mehr vorhandene barocke Stuckfassade mit der Balustraden-Attika ist hier dargestellt. Stich aus «Erlustierender Augen-Weyde zweyte Fortsetzung». Quelle: ETH Zürich.  
Beich
.1723, kurz nach der Fertigstellung malt Franz Joachim Beich das grosse Ölgemälde der Badenburg, das heute in der nördlichen Galerie des Schlosses Nymphenburg hängt. Die Vogelschaudarstellung zeigt im Vordergrund den Platz am Knotenpunkt von sechs Alleen. Im Plan Cuvilliés 1772  ist der  Platz als «Grand Salle oblongue» mit vielen Wasserspielen beschrieben. Richtung Süden schliesst das Wasserparterre der Badenburg an. Der Besucher wird vom Kaskaden-Bassin mit der Neptunstatue auf einem Delphin empfangen. Der Delphin selbst wirft eine «erstaunliche Menge Wasser» (Bretagne 1723). Hinter dieser Kaskade und vor der Badenburg liegt das grosse Bassin mit weiteren Springbrunnen. Die Badenburg steht frei im erhöhten Platz. Dahinter ist das südliche Broderieparterre zu erkennen. Vergleich den Beschrieb und das Bild mit dem Plan Cuvilliés 1772.
Foto: Bieri 2016.
BadenburgA2
Die Nordansicht der Badenburg heute, über den Badenburger See gesehen.
Foto: Rufus46 (2006) in Wikipedia.
BadenburgA3
Die Badenburg von Südwesten.
Foto: Bieri 2016.
 
Badenburg1912
Die Westhälfte des Festsaals, vor allem aber die Stuckaturen, sind auf einer Postkarte (1912) gut festgehalten. Bildquelle: Hans Michael Trappen in Flickr.
BadenburgI1
Die Saal-Innenwand gegen Osten.
Foto: Bieri 2016.
BadenburgI2
Über die vier Raumausrundungen des Kranzgesimses setzt der Stuckateur Charles Claude Dubut je zwei Putten, welche die Jahreszeiten darstellen. Die Gruppe mit den Fruchtkörben und den über das Gesims quellenden Weintrauben symbolisiert den Herbst und das Sternzeichen der Waage. Foto: Bieri 2016.  
BadenburgI3
Das Deckenfresko mit dem Thema «Der Morgen, der Frühling und das Wasser» ist eine 1986 abgeschlossene Rekonstruktion von Karl Manninger. Es ersetzt das 1943 durch Bomben zerstörte Original, das Jacopo Amigoni 1720 als sein erstes Werk in Kurbayern malt. Foto Bieri 2016.  
BadenburgI4
Für die zwei Brunnenmuscheln im Saal fertigt Guillielmus de Grof 1722 die vergoldeten Metallplastiken eines auf einem Delphin reitenden Tritonenkindes (Tritonen: Meergötter, Begleiter des Neptun, ihr Unterleib ist fischartig). Foto: Bieri 2016.  
BadenburgI5
Der zweigeschossige Baderaum mit umlaufender Gästegalerie. Über der ehemaligen Wasserlinie ist das untere Geschoss mit holländischen Fayencen (Delfter Kacheln) verkleidet. Im Galeriegeschoss beginnt die von Johann Georg Bader erstellte Wandverkleidung mit Stuckmarmor. Foto: Bieri 2016.
 
Magdalena1
Die Magdalenenklause, wie die Eremitage genannt wird, in einem zeitgenössischen Gemälde vor 1750 (Ausschnitt, Autor Franz Joachim Beich?). Noch ist das Dach nicht vereinheitlicht, der Ruinencharakter kommt so voll zum Ausdruck. Quelle: Wikipedia, dort ohne Angabe der Provenienz.  
Magdalena2
Die  Südfassade mit der Chorapside der Kapelle. Der Wald ist inzwischen derart nahe an das Eremitagen-Gebäude gerückt, dass es nur aus ganz naher Distanz wahrgenommen werden kann.
Foto: Bieri 2016.
 
Magdalena4
Über dem Eingang ist die Inschrift zur Einweihung am 4. April 1728 angebracht. Die Einweihung wird durch den Wittelsbacher Clemens August von Bayern (Fürstbischof und Kurfürst von Köln, Fürstbischof von Münster, Paderborn, Hildesheim, Osnabrück, Hochmeister des Deutschen Ordens) vollzogen. Foto: (Ausschnitt, 2012) Rufus46 in Wikipedia.  
Magdalena4
Der Innenraum der Kapelle gegen Westen gesehen. Die Ruinenarchitektur des Äusseren wechselt im Innern zu einer Grottenarchitektur des Grottierers Johann Bernhard Joch. In der Wandgrotte befindet sich ein Brunnen mit der Statue der büssenden Magdalena, 1726 von Giuseppe Volpini. Die Fresken malt im gleichen Jahr Hofmaler Nikolaus Gottfried Stuber. In der Kuppel links: Speisung in der Wüste. Mitte: Noli me tangere.  Rechts: Die reuige Magdalena. Foto: Pedro J. Pacheco 2014.  
Magdalena5
Das westliche (mittlere) Kuppelfresko «noli me tangere» stellt die Begegnung von Maria Magdalena mit dem Auferstandenen dar. Man beachte das rahmende Grottenwerk mit den vielen weissen Muscheln.
Foto:Bieri 2016.