Klostergeschichte 1121–1803
Gründung und Lage
1121 stiftet Otto von Iringsburg (Eurasburg) sein Gut «Puriberg» zur Errichtung eines Chorherrenstifts. Er stattet es mit Wald- und Fischrechten und bedeutendem Grundbesitz aus. Dieser umfasst auch Weingüter im Tiroler Inntal und bei Bozen. Im gleichen Jahr bestätigt Papst Calixtus die Stiftung, die vermutlich von Beginn weg dem Orden der Augustiner-Chorherren angegliedert ist. Der Gründungsort, das heutige Beuerberg, liegt an der Loisach, eine knappe Wegstunde südlich der Stifter-Stammburg. Der in die Isar mündende Alpenfluss Loisach ist damals auch Transportweg und dient vor allem der Flösserei.[1] In Beuerberg existiert im Gründungsjahr des Klosters bereits eine Pfarrei, deren Häuser «im Graben» an der Loisach liegen. Die Pfarrkirche St. Peter und Paul dieser älteren Siedlung liegt leicht erhöht auf gleicher Höhe wie das neue Kloster. Ihr Patrozinium geht jetzt auf das Kloster über.[2] Der Ortspfarrer Heinrich wird in der Folge erster Propst der neuen Klostergemeinschaft.
Die Gründung von Beuerberg fügt sich in die Welle der gleichzeitigen Neugründungen von Chorherrenstiften in den Grenzen des alten Bayerns ein.[3] Zu diesen Neugründungen zählt auch das nahe Nachbarkloster Bernried am Westufer des Würm- oder Starnbergersees, welches bereits dem Bistum Augsburg zugehörig ist. Beuerberg liegt wie das etwas weiter entfernte Stift Dietramszell im Bistum Freising.
Die Klostergemeinschaft vom 12. bis zum 16. Jahrhundert
Der Konvent von Beuerberg bleibt in den ersten sechs Jahrhunderten trotz des grossen Besitzes äusserst klein. 1312 und 1560 zählt er acht Personen, noch 1656 sind nur neun Chorherren im Kloster. Im 14. Jahrhundert kann sich das Stift mit dem Erwerb von Pfarreien vergrössern, deren Betreuung zur Aufgabe der Chorherren zählt. Dem Kerngebiet der Klosterherrschaft wird 1332 der Status einer Klosterhofmark zugesprochen. Anfang des 16. Jahrhunderts bestimmt der Bayernherzog mehrere unfähige Administratoren und Pröpste, die einen wirtschaftlichen Niedergang des Klosters einleiten. Ein Lichtblick der folgenden Reformationszeit ist die Regierung des ebenfalls vom Bayernherzog eingesetzten Propstes Leonhard Mochinger (1527–1563). Er löst den Konvent auf und holt von anderen Stiften fünf neue Chorherren. Unter seiner Regierung blühen in Beuerberg die Wissenschaften. Er lässt die Konventgebäude neubauartig umbauen und sorgt als guter Ökonom für viele Ankäufe von Höfen. Der Reformer ist aber 1544 auch für die Übertragung der Klostervogtei an die Wittelsbacher Herzöge verantwortlich, von denen Beuerberg jetzt dauernd abhängig bleibt und welche das Kloster vor allem als Zentrum ihrer Jagdaufenthalte schätzen. Die nächsten, nun wieder vom Konvent gewählten Pröpste des 16. Jahrhunderts setzen das Reformwerk fort. Beuerberg hat sich nun zu einem Musterkloster entwickelt.
Das 17. Jahrhundert: Kirchenneubau während des Dreissigjährigen Krieges
Propst Eberhard Mayr,[4] der 1619 gewählt wird, beginnt um 1625/1626 mit der Barockisierung der Stiftskirche. Diese ist noch immer die schon im 12. Jahrhundert gebaute romanische Kirche. Für den Umbau zieht er Bartholomäus Steinle aus Weilheim bei.[5] Steinle ist, wahrscheinlich zusammen mit Jörg Schmuzer,[6] auch für die Stuckaturen zuständig. Zudem wird er als Entwerfer des monumentalen Hochaltars genannt. Allgemein geht die Kunstgeschichte bei dieser ersten Bauphase von einer Stuckierung bestehender Gewölbe aus, worauf auch die Gesamtkosten des Umbaus von 1535 Gulden hindeuten. 1628 stürzt das Gewölbe des Mittelschiffs ein und zerstört auch das südliche Seitenschiff. Der nun beigezogene Baumeister Isaak Pader[7] vermutet den Einsturz wegen der Zusatzlast durch die Stuckaturen und zu «flachem Zirkel» des alten Gewölbes. Nur der Chorbereich mit dem Hochaltar bleibt unversehrt. Weil auch der Dachstuhl wegen «zu geringem Dachzimmer und dem neuen Plattendach» einstürzt, dürfte damit eher der zu schwache Stuhl Auslöser des Bauunglücks gewesen sein.
Anfang 1629 schliesst der Propst einen Taglohnakkord für den Neubau des Langhauses mit dem Wessobrunner Maurermeister Jonas Schaidhauf.[8] Die Planung wird Isaak Pader zugeschrieben. Der Bau ist schon Ende 1630 fertiggestellt. Das neue Langhaus kostet 4846 Gulden. Erst unter dem nächsten Propst Simon Bauhofer[9] kann auch die Ausstattung vollendet werden.
Inzwischen hat der Dreissigjährige Krieg auch Beuerberg erreicht. Nach der Einnahme Münchens streift die schwedische Soldateska nach Süden bis ins Gebirge. Sie plündern im Mai 1632 das vom Konvent verlassene Kloster und ermorden den einzigen zurückgebliebenen Chorherr, den 73-jährigen ehemaligen Propst Vitus Nutzinger.[10] Die Rückkehr ins Kloster dürfte noch im gleichen Jahr erfolgt sein, denn zur Weihnachtszeit sind schon wieder bayerisch-kaiserliche Truppen in der Gegend, die allerdings nur durch Tölzer Schützen an der Plünderung des nahen Klosters Benediktbeuern gehindert werden können. Der Spuk ist in Beuerberg aber selbst nach dem Abzug der Schweden 1634 noch nicht vorbei. Nun richten kaiserliche und spanische Truppen Verwüstungen an.[11] Noch schlimmer als die plündernde Soldateska wütet jetzt die Pest. Erneut flüchten Propst Eberhard und einige Chorherren. Der Propst stirbt im Oktober 1634 mit erst 45 Jahren auf der Flucht vor dem unsichtbaren Feind.
Sein Nachfolger, Propst Simon Bauhofer, nutzt die über zehn Jahre dauernde Erholung im bayerischen Oberland für die Vollendung der Kirchenausstattung. Im August 1635 kann die durch den Krieg verzögerte Einweihung der Kirche mit elf Altären nachgeholt werden. Bis 1643 lässt er durch die Maurermeister Martin Zäch aus Weilheim und Michael Putzenlechner aus Beuerberg die Pfarrkirche Beuerberg neu bauen.[12] Die gleichen Maurermeister bauen ihm anschliessend in Münsing die dortige Pfarrkirche um.
1646 bis 1648 bedrohen erneut fremde und eigene Soldateska die Region. Wieder flieht der Propst «in die Berge». Diesmal wird das Kloster aber verschont.
Nach dem Ableben von Propst Simon 1654 wird die Klosterherrschaft bis zum Ende des Jahrhunderts durch drei weitere fähige Pröpste geleitet. Der 1659 gewählte Propst Ulrich Pyrson[13] erweist sich ebenfalls als tätiger Bauherr. Schon im ersten Jahr seiner Prälatur lässt er den Kirchturm um zwei Geschosse erhöhen und gibt ihm damit das heutige Aussehen. Er lässt anschliessend 1665–1668 den westlichen Ökonomiehof völlig neu bauen.[14] Die Ausführung erfolgt durch den schon beim Neubau der Pfarrkirche tätigen Michael Putzenlechner. Anschliessend setzt er die Konventbauten in den Stand, wie sie durch Michael Wening 1701 im Druck veröffentlicht werden.
Das 18. Jahrhundert
Der erste Propst des 18. Jahrhunderts, Patritius Bärtl,[15] regiert 1697-1712. Davon fallen 10 Jahre in den vom Kurfürsten Max II. Emanuel von Bayern 1702 ausgelösten Krieges gegen Österreich und seinen Alliierten im Spanischen Erbfolgekrieg. Die Niederlage Bayerns 1704 hat die österreichische Administration Bayerns bis 1714 zur Folge. Obwohl das bayerische Oberland vom Krieg 1702–1704 betroffen ist, hat Beuerberg erneut Glück. Es wird während des Krieges «von keinem feindlichen Soldaten oder einer Kriegskontribution belästigt».[16] Der Konvent hat sich inzwischen vergrössert und zählt 1708 anlässlich einer Visitation 16 Chorherren und einen Laienbruder. 1710 erfolgt die Aufnahme des Chorherrenstifts in die Lateranische Kongregation, was mit der Verleihung der Pontifikalien verbunden ist. Die Pröpste von Beuerberg dürfen nun den Titel eines lateranischen Abtes führen.
1712–1744 regiert Propst Cajetan Perner.[17] 15 Jahre nach Beendigung des Erbfolgekrieges kann er den schon lange geplanten, aber durch die Kriegsaufwendungen hinausgeschobenen Neubau der Konventflügel wieder aufnehmen. 1729 ist Grundsteinlegung für drei neue, nun dreigeschossige Konventflügel um den nach Süden fast um das Doppelte verlängerten Innenhof. Die noch bis 1668 umgebauten Konventflügel sollen durch diese Neubauten ersetzt werden. Bis zum erneuten Kriegsausbruch 1742 ist aber erst der Ost- und Südtrakt vollendet. Propst Cajetan stirbt 1744. Im Gegensatz zum Vorgänger verzeihen ihm die späteren Chronisten die aufgelaufenen Schulden.[18] Der nachfolgende Propst Cajetan Gerstlacher regiert nur bis 1751.[19] Ihm wird der Bau des prunkvollen, hohen Kirchengangs entlang der Kirchensüdseite, der Verbindung von der Prälatur zum Psallierchor zugeschrieben, obwohl weder Osttreppenhaus noch Prälaturflügel zu diesem Zeitpunkt gebaut sind. Propst Dominikus Lechner,[20] der bis 1770 regiert, beginnt 1752 mit dem Bau des Prälaturflügels, dessen Westfassade er aber einige Meter in den Klosterhof vorrücken lässt und in der gleichen Flucht der Kirche eine neue Fassade vorlegt.[21] Bis 1755 ist der lange Flügel unter Dach. Als Baumeister und Planer wird Lorenz Sappel genannt.[22] Noch bis 1758 wird im Festsaal im Obergeschoss des Risalits am Südende gearbeitet. Hier wird als Stuckateur Thassilo Zöpf[23] und als Freskant Martin Heigl[24] vermutet. Erst 1771, nun unter Propst Franziskus Prantner,[25] kann mit dem Anschluss des Prälatur-Flügels an die Ökonomiebauten von 1668 die Anlage vollendet werden. 1782 bestellt Propst Franziskus eine neue Kanzel, die von Johann Georg Miller in Kleinweil mit Joseph Anton Fröhlich in Tölz gefertigt wird.[26] In seine Regierungszeit fällt auch die Neugestaltung der Westempore und die neue Orgel 1791-1794. Die einheitliche frühklassizistische Erscheinung des Innenraum-Westabschlusses ist dem Wessobrunner Stuckateur Franz Edmund Doll zu verdanken.[27] Das Orgelwerk (I/P/12) erstellt Jakob Kölbl, ein Orgelbauer aus Wessobrunn.[28]
In den letzten Jahren des Klosters Beuerberg von 1794 bis 1802 führen noch zwei Pröpste das Kloster. Wie alle Klöster wird es immer mehr mit Geldforderungen zur Tilgung der hohen Staatsschulden konfrontiert. Die Anzeichen der Säkularisation mehren sich. Der 1794 erstmals gewählte, dann aber von der kurfürstlichen Kommission nicht akzeptierte Paul Hupfauer[29] wird 1802 als letzter Propst eingesetzt. Noch als Propst verfasst er eine Schrift, welche die Nutzlosigkeit der Klöster für Staat und Gesellschaft betont und die Aufhebungspolitik des Staates befürwortet. Ihr Besitz und ihr Vermögen liessen sich für eine Vielzahl gemeinnütziger Aufgaben, worunter auch die bessere Ausstattung der staatlichen Bibliotheken falle, zweckmässiger einsetzen.
Das Kloster 1803 bis heute
Säkularisation 1803 und Neubeginn 1846 durch die Salesianerinnen
Die Vorschläge des letzten Propstes werden vom Kurfürsten Max IV. Joseph schneller und radikaler umgesetzt, als dies der Verfasser vielleicht selbst erwartet hat. Im Februar 1803 wird Beuerberg als aufgelöst erklärt. Der Propst ist als Vertreter der Universität Landshut schon 1802 in einer Spezialkommission für die Sichtung der wertvollen Bücher in den bayerischen Klosterbibliotheken tätig, die dann 1803 nach Landshut geliefert werden. Ihn kann die Auflösung im Gegensatz zu den 13 Chorherren[30] nicht mehr treffen. Von ihnen erhalten mit Ausnahme eines Tirolers alle eine Pension. Sie nehmen zum grösseren Teil Pfarrstellen an. Eine erstaunliche Karriere macht der Chorherr Bonifaz Kaspar Urban, der 1842 Erzbischof von Bamberg wird.[31] Härter trifft es die 44 weltlichen Angestellten des ehemaligen Klosters, von denen 20 Klosterdiener sind oder in der Krankenpflege arbeiten. Die Diskrepanz zwischen der Zahl der Chorherren und ihrer Diener ist bei Chorherrenstiften keine Ausnahme.
Der Klosterbesitz wird mit 705 191 Gulden geschätzt, wobei der grosse Waldbesitz 90 % der Schätzung einnimmt. Die Klosterkirche wird neue Pfarrkirche, die alte Pfarrkirche bleibt als Friedhofskirche erhalten. Die Versteigerungen erfolgen sofort. Die Gebäude und Grundstücke des Klosters in Beuerberg ersteigert der Münchner Kaufmann Johann Karl von Arnhard. Das Brauhaus kommt schon 1812 in andere Hände, 1815 macht Arnhard Konkurs und der Gebäudebesitz wird auf die Gläubiger aufgeteilt. 1821 erwirbt ein Freiherr von Maderny[32] den Besitz. Sein Sohn verkauft die drei Konventflügel 1846 an die Salesianerinnen von Dietramszell.[33] Für Beuerberg ist dies ein riesiger Glücksfall, denn damit finden die Klostergebäude eine ihnen angemessene Neunutzung. Die Salesianerinnen, die im 19. Jahrhundert auch die Gebäude des Ökonomiehofs kaufen können, wirken als Schulschwestern bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten. Ab 1934 richten sie in den Klosterräumen ein Damenerholungsheim ein, im Krieg wird ein Lazarett betrieben. Ab den 1950iger Jahren nutzen sie das Kloster als Müttergenesungs- und Altenerholungsheim. 2014 beenden sie ihr Wirken in Beuerberg wegen fehlendem Nachwuchs. Die Gebäude sind jetzt im Besitz des Erzbistums München-Freising. Sie sollen als Mittelpunkt Beuerbergs erhalten und weiter ausgebaut werden (Museum, Herberge, Gewerberäume, Gastronomie).
Gebäudeschicksale seit 1803
Die ehemalige Stiftskirche St. Peter und Paul
Die Stiftskirche wird Pfarrkirche und geht damit nicht nur in das Eigentum, sondern auch in die Baupflicht des Staates über. In den seither vergangenen 220 Jahren ist sie mehrfach im jeweiligen Zeitgeschmack restauriert worden. Im Innern werden im 19. Jahrhundert viele Altäre verändert. Dokumentationen zu diesen Restaurierungen fehlen weitgehend. Viele Eingriffe der Salesianerinnen-Zeit werden 1942 rückgängig gemacht. 1981 folgt ein weiterer Renovierungseingriff. 2011–2021 wird die letzte umfassende Gesamtrestaurierung durch das Bauamt Weilheim geleitet.
Die ehemalige Pfarrkirche und die Kreuzkapelle
Auf Intervention des Pfarrers der neuen Pfarrgemeinde, des ehemaligen Chorherrn Possidus Sterzer, entgeht die alte Pfarrkirche dem Abbruch. Sie wird zur Friedhofskirche umgewidmet. Hingegen wird die nördlich des Kirchturms gelegene Kreuzkapelle, die auf dem Wening-Stich zu sehen ist, nach 1803 abgebrochen.
Bauliche Veränderungen durch die Salesianerinnen
Schon im ersten Jahr ihrer Tätigkeit bauen die Schulschwestern eine neue Konventkirche. Sie legen das Bauwerk in den südlichen Ökonomieflügel beim Anschluss an die ehemalige Prälatur. Das neugotische Bauwerk beansprucht die Hälfte des Ökonomieflügels. Eine spätere Erweiterung der Kirche springt als Stichflügel 12 Meter nach Süden vor und «übertrumpft» damit den anschliessenden Risalit des Konvent-Südflügels um 6 Meter. Die klare symmetrische, barocke Risalit-Architektur ist seither empfindlich gestört.
1860 kaufen die Schwestern auch die der Prälatur gegenüberliegende, in den Ökonomie-Westflügel integrierte Brauerei. Sie lassen den Bau auskernen oder abbrechen und verbinden ihn mit dem Prälatur-Westflügel. Seither schliesst ein zweigeschossiger Arkadengang den ehemaligen Ökonomiehof nach Norden. Er heisst jetzt «Marienhof».
Selbstverständlich erfolgen auch grössere innere Umbauten der Konventflügel. Im Gegensatz zu anderen Ordens-Neunutzungen von Augustiner-Chorherrenklöstern, wie Au und Gars am Inn, bleibt aber in Beuerberg das barocke Erscheinungsbild der Gebäudevolumen bestehen.
Die barocke Klosteranlage
Im kurzen Abstand eines Jahrzehnts werden zwei Ansichten des Klosters Beuerberg im Druck veröffentlicht, die auch gleichzeitig die ersten Bildquellen sind. Es handelt um die beiden Stiche, die 1690 von Anton Wilhelm Ertl in Nürnberg und 1701 von Michael Wening in München verlegt werden. Der Jurist Ertl lässt seine Stiche in Augsburg von Johann Ulrich Krauss anfertigen, während der Zeichner Wening seine Arbeiten selbst sticht. Die Ansicht Beuerberg von Ertl ist mit 14 x 8 cm eher klein, diejenige von Wening beträgt 25 x 17 cm. Die meisten Ansichten Ertls sind deshalb auch weniger detailliert und sorgfältig gestochen (radiert), sie sind vor allem fast immer auch in ihrer Aussage unzuverlässig. In Beuerberg ist aber die Bildaussage beider Stiche praktisch übereinstimmend, ihre Zeichnung muss also auf einen gemeinsamen Urheber zurückgeführt werden. Beide Stiche stellen das Kloster mit der Kirche von 1629, dem Kirchturm von 1659, dem noch zweigeschossigen, kürzeren Konventbau und den neuen Ökonomiehof von 1665 dar. Speziell aufschlussreich ist die Gestaltung der Prälatur- und Kirchen-Westfassade mit ihrer Fortsetzung als Arkadenbau der Ökonomie, wie sie dies Gebäude 1752 noch bestehen. Vor der Kirche liegt die Kreuzkapelle, hinter dem Kloster über der Loisach die 1643 gebaute Pfarrkirche |
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Bild links: «Closter Beÿerberg» im Chur-Bayerischen Atlantis, Theil. 2, Nürnberg 1690, von Wilhelm Anton Ertl. Quelle: Bayerische Staatsbibliothek. |
Bild rechts: «Closter Beÿrberg» in Historico-topographica descriptio,Thail 1, München 170, von Michael Wening. Quelle: ETH Zürich. |
Die Vorgängeranlage
Die nach 1717 veränderte Klosteranlage ist im Stich von Michael Wening dokumentiert. Er zeigt die Klosteranlage nach den Erneuerungen von 1674 durch Propst Ulrich. Südlich der Stiftskirche sind drei zweigeschossige Konventflügel um einen in etwa quadratischen Innenhof angeordnet. Der Kreuzgang ist umlaufend. Der Konventbau entspricht damit dem alten Typ der Rechteckanlagen um einen einzigen Innenhof mit der Kirche als nördlichen Abschluss. Der Prälaturflügel ist eingangsseitig mit Fassaden-Mittelturm und Eckturm bereichert, beide tragen Zwiebelhauben und fassen die Klosterpforte symmetrisch. Der Kirchturm, ebenfalls mit Zwiebelhaube, hat bereits das heutige Aussehen. Vor ihm steht entlang der Klostermauer die Kreuzkapelle. Die ebenfalls zweigeschossigen drei Flügel des Ökonomiehofs von 1668 zeigen im Erdgeschoss umlaufende Arkadenreihen zum Hof. Im Südflügel, der auch Torflügel ist, liegen damals im Obergeschoss Festsaal und Gästezimmer. Der den Hof nach Westen begrenzende lange Westflügel entspricht dem heutigen Bau mit 13 Fensterachsen. Mit dem abschliessenden eingeschossigen Stadel gegenüber der Kirche ist er durch eine Mauer verbunden. 1705 wird an seiner Stelle der grössere zweigeschossige Zehentstadel (Getreidekasten) gebaut.
Die Anlage des 18. Jahrhunderts
Der Konventneubau von 1729–1771 und die Anpassung der Kirchenwestfront an die neue Prälatur verändert das Aussehen des Klosters fundamental. Dann bleibt, mit Ausnahme des Abbruchs der Kreuzkapelle, der barocke Gebäudebestand bis 1812 bestehen. Das damalige Ortsblatt von Geometer Stroeber bildet daher die Grundlage des erläuternden Lageplans.
Die nun dreigeschossigen Konventflügel sind jetzt um einen doppelt so tiefen und auch breiteren Hof angeordnet. Der neue Konvent-Südflügel liegt in der Flucht des alten Ökonomiehof-Südflügels. Ost- und Westflügel stossen sechs Meter nach Süden vor und bilden damit zwei Risalite. Sie sind je um die 13 Meter breit. Der Westflügel mit der Prälatur ist gegenüber dem Altbau um sechs Meter in den Ökonomiehof vorgeschoben und auch einen halben Meter weniger breit als der Ostflügel. Nur dieser steht in der Nordhälfte noch auf alten Fundamenten. Im westlichen Risalit- oder Kopfbau befindet sich im zweiten Obergeschoss der eher kleine Festsaal (10,8 x 12,0 m) von 1758 mit einem sehenswerten Deckenfresko von Martin Heigl und Stuckaturen von Thassilo Zöpf. Im östlichen Risalit liegt die Bibliothek (11,4 x 20,7 m), darunter das «Museum» (Rekreations- und Studierraum) und im Erdgeschoss das Refektorium. Der dazwischenliegende Südflügel hat eine Tiefe von 17 Meter. In seinem zweiten Obergeschoss befindet sich ein heute Salesiuskapelle genannter grosser Saal mit Muldendecke, in dem Deckenbilder in der Manier des 17. Jahrhunderts zu sehen sind. Sie können bisher weder einer Periode noch einem Maler zugewiesen werden.[34] Mit Ausnahme der Küche im Erdgeschoss befinden sich in diesem Flügel keine weiteren speziellen Räume.
Die Bauten von 1674 um den Ökonomiehof bleiben bestehen. Sie werden aber, bedingt durch den Anschluss an den Prälaturflügel, in der Raumeinteilung verändert. Ihre Nutzung bis 1803 ist im Lageplan vermerkt.
Die Architektur der Kirche
Die Vorgängerkirche
Die erste Kirche des frühen 12. Jahrhunderts ist eine dreischiffige, querschifflose Pfeilerbasilika mit Flachdecken. Spätgotische Freskenreste an der südlichen Aussenmauer deuten auf eine mittelalterliche Kirche in der heutigen Aussenbreite. Deren Mittelschiffbreite dürfte der heutigen Chorbreite von 8 Meter entsprochen haben. Ein behaupteter apsidialer Ostabschluss und eine westliche Doppelturmfront sind weder durch Bauforschung noch durch Quellen belegt. Die Kirche wird in unbekannter Zeit, vermutlich in der Spätgotik, eingewölbt und vielleicht in eine Hallenkirche umgewandelt. Gegen eine Basilika spricht die Notiz von Pfatrisch (1876), Seite 122, die Kirche habe stark vorspringende Pfeiler besessen. Auch der schon 1626 bestehende Chor in der Art einer Freipfeilerhalle könnte auf diesen Typus auch im Langhaus hinweisen. Der alte Kirchturm wird 1560 durch einen Blitzschlag zerstört, «mit einem Aufwand von grossen Steinmassen liess Propst Leonhard den Grundbau führen». Neuere Veröffentlichungen glauben aber an einen romanischen Unterbau des heutigen Glockenturms.[35]
Der Neubau von 1629
Der Zusammenbruch des Langhaus-Gewölbes nach der ersten Barockisierung von 1626–1627 führt zu einem Neubau während des Dreissigjährigen Krieges. Auf den Grundmauern der romanischen Kirche wird zwischen dem noch bestehenden Chor und dem bestehenden Westabschluss mit dem Glockenturm das Langhaus neu gebaut.
Das Langhaus
Anstelle des dreischiffigen Vorgängerbaus erstellt der Baumeister nun eine einschiffige Wandpfeilerhalle, wie sie erstmals 1610-1617 in Dillingen und 1617–1620 auch in Eichstätt als Jesuitenkirchen gebaut werden.[36] 1624 folgt in Weilheim die erste Wandpfeilerhalle Oberbayerns in der typologischen Abkunft von Dillingen. Ihre Ähnlichkeit mit Beuerberg ist frappant. Noch heute wird Beuerberg als «Bau in der Nachfolge von St. Michael in München» zitiert, was vielleicht für die Stuckatur, sicher aber nicht für den Bau zutrifft.[37]
Das Langhaus von Weilheim hat wie Beuerberg vier Wandpfeilerjoche, deren Quertonnen als Stichkappen in die Längstonne des Mittelraums einschneiden. Es ist grösser als Beuerberg, hat aber die Gemeinsamkeit gedrückter Raumproportionen. Sie unterscheiden sich damit von den Vorgängerbauten Dillingen und Eichstätt.[38] In Weilheim entspricht die Raumhöhe der Breite des Mittelraums. In Beuerberg ist das Verhältnis von Breite zu Höhe mit 1:1,1 bereits etwas ausgewogener. Aber noch immer ist der Unterschied zu Dilligen (1:1,3) und zu Eichstätt (1:1,5) sehr gross. Die «breitgelagerte Behäbigkeit»[39] strahlt dank der Weissfassung der Raumhülle trotzdem einen speziellen Reiz aus.
Der Chorbereich
1628 bleibt der Chor und auch der Hochaltar vom Einsturz des Langhausgewölbes verschont. Anzunehmen ist, dass die vorangehende Barockisierung 1626/1627 ein Umbau ist, der die alten Mauern, Pfeiler und Gewölbe in barocker Formensprache neu interpretiert. Die Stuckaturen und Gewölbe dieser Umgestaltung sind erhalten. Die hallenkirchenartige Freipfeiler-Emporen-Architektur der beiden Chorjoche mit dem über der Sakristei angeordneten Psallierchor wäre dann die Umwandlung eines gotischen Vorgängerbaus durch Bartholomäus Steinle und Jürg Schmuzer. Anregung dürfte die gleichzeitig gebaute und fast identische Chorlösung der Stiftskirche Polling gewesen sein.[40] Ein Rätsel bietet die Sakristei von Beuerberg, die im Erdgeschoss den Chor nach Osten schliesst. Über ihr liegt der zum Kirchenraum offene Psallierchor. Obwohl nichts auf einen Neubau des Rechteckraums der Sakristei hindeutet, wird dieser und ihr stuckiertes gotisches Netzgewölbe als Nachgotik von 1626 gedeutet.[41]
Die Westerweiterung
1752 wird der neue Prälatur-Westflügel rund sechs Meter nach Westen in den Klosterhof vorgezogen.[42] Der Prälaturflügel ist bis zu diesem Zeitpunkt mit der zweiachsigen Kirchenwestfassade und dem leicht vorstehenden Glockenturm bündig. Damit die Kirchenfassade erneut in der Flucht des Prälaturflügels liegt, wird die Kirche rund sechs Meter verlängert. Der Glockenturm, vorher ein mitgliederndes Fassadenelement, wächst nun aus dem Baukörper heraus. Die neue, um ein Drittel breitere Kirchenfassade wird dreiachsig gestaltet. Drei grosse Rundbogenfenster, das leicht erhöhte mittlere durch ein aufgebogenes Traufgesimse betont, belichten den rückwärtigen Teil der Empore. Mit ihnen korrespondieren zwei Fenster und das Mittelportal im Erdgeschoss. Die Fassade wird mit einer Architekturbemalung als Schauseite betont. Zu ihrer Datierung siehe die Anmerkung 21.
Kirchenbelichtung und Kirchengang
Jedes Langhausjoch der Kirche von 1630 hat an der Nord- und Südseite ein hochrechteckiges Fenster mit unten und oben einspringenden Rundbogenabschlüssen.[43] Im Chor ist die gleiche Fensterform in den beiden Nordjochen in kleinerer Grösse in jedem Geschoss enthalten. Den Fenstern der Südseite wird über 100 Jahre später der Kirchengang vorgebaut.
Diese doppelgeschossige Obergeschossverbindung liegt über einem Erdgeschossgang, der als Nordflügel des Kreuzgangs älteren Datums ist. Sie führt von der Prälatur zum nordöstlichen Treppenhaus und damit zum Psallierchor. Obwohl eigentlich ein Gebäudeteil des Klosters, bildet der Kirchengang nun die Südfassade der Kirche, die ihre ausgewogene Belichtung den fünf bedeutend grösseren Rundbogenfenster des Kirchengangs verdankt. Sie liegen jeweils gegenüber den vier Kirchenfenstern und dem Eingang zur Chorempore und wirken als Kirchenfassade. Die Architekturmalereien mit Pilastern und Fensterrahmungen verstärken diesen Eindruck. Der Bau des Kirchengangs soll in den 1740er-Jahren erfolgt sein. Weil zu dieser Zeit die Lage der noch bestehenden alten Prälatur den Kirchengang in der heutigen Länge nicht erlaubt hätte, kann die heutige fünfachsige Fassade aber nur aus den 1750er-Jahren stammen.
Die Stuckaturen
Ausgangspunkt aller Stuckaturarbeiten in Oberbayern ist um 1630 noch immer die Münchner Jesuitenkirche St. Michael (1583–1597). Ihr Schöpfer ist der in Rom aufgewachsene und dort ausgebildete Friedrich Sustris. Er stuckiert den mächtigen Innenraum und das Gewölbe, das an die römische Maxentius-Basilika erinnert, zusammenhängend mit einem Quadraturstuck der Renaissance.[44] In Weilheim, Polling und Beuerberg wirkt diese Stuckierung noch immer stilbestimmend. Wie dort, werden die figurativen Elemente des Felderstucks in der Werkstatt als Model- oder Versetzstuck gegossen. Dies gilt auch für die Eier-, Lorbeer- und Perlstäbe, welche die Rahmen und Gräte begleiten. Die nur klassisch-römischen, kannelierten Pilaster der Wand- und Freipfeiler in korinthischer Ordnung wirken als straffe und vornehme Gliederung. Das Gebälk ist im Langhaus umlaufend und nur bei den Fenstern unterbrochen. Alle Stuckarbeiten sind weissgefasst.
Die Wappen
Am Choreinzug sind beidseits des Chorbogens zwei grosse Wappenschilde als bemalte Stuckkartuschen zu sehen. Es sind die Wappen des Klosters und des Propstes Eberhard Mayr. Das Klosterwappen ist von Rot zu Blau geteilt, silbern kreuzen sich in der Teilung Schwert und Schlüssel. Es sind keine Machtansprüche, sondern stehen für die Apostel Petrus (Schlüssel) und Paulus (Schwert). Zusätzlich sind die goldenen Initialen C[loster] und B[euerberg] eingefügt. Das Wappen des Bauherrn Eberhard Mayr ist von Blau zu Rot geteilt und enthält oben einen wachsenden Mohr in weissem Gewand und unten ein silbernes Kleeblattkreuz. Die Initialen stehen für E[berhard] P[ropst].
Die Ausstattung der Kirche
Hochaltar
Der Hochaltar von 1626/27 ist ein stattliches Retabel am Übergang zum Barock, das frei vor dem höherliegenden Psallierchor steht. Die vier Spiralsäulen der dreiachsigen Mittelpartie stehen in der Art manieristischer Schreineraltäre auf auskragenden Volutenkonsolen. Seine inneren, weinlaubbekränzten und blau gelüsterten Sprialsäulen sind leicht vorgesetzt und fassen das Altarblatt des Weilheimer Malers Elias Greither.[45] Das hochformatige Blatt (2,4 x 4,9 m) stellt die Kreuzabnahme dar. Zwischen inneren und äusseren Säulen stehen in Nischen die Statuen der Apostel Peter und Paul. Die auskragende, im Gegenlicht stehende Retabelarchitektur wirkt zwar gegenüber dem gleichzeitigen Pollinger Altar von Bartholomäus Steinle stark retardierend, überzeugt aber in Proportion und Farbfassung. Er fügt sich hervorragend in den hellen Chorabschluss ein. Sein ursprüngliches Aussehen kann nicht rekonstruiert werden, da der ganze Oberbau mitsamt dem Gebälk im frühen 18. Jahrhundert, teilweise nochmals 1942 korrigiert wird. In diesem Kriegsjahr folgt auch eine neuer, neobarocker Tabernakel. Was den Beuerberger Hochaltar mit Polling und mit vielen späteren Barockaltären Oberbayerns verbindet, ist seine Aufstellung als Trennung des höherliegenden Psallierchors zum Chorraum.
Weitere Altäre im Chorraum
Unter den Seitenemporen des Chors sind beidseits des Hochaltars zwei kleinere Altäre rundbogig in die Abschlusswand eingepasst. Das Altarblatt des nördlichen Weihnachtsaltars mit der Anbetung der Hirten von 1636 stammt von Hans Ulrich Franck.[46] Das schwächere Blatt des südlichen Osteraltars mit der Auferstehung dürfte vom gleichen Künstler und auch aus 1636 stammen. Beide Altarretabel sind der Renaissance verhaftet und tragen fein gearbeitete Assistenzfiguren. Die Altäre sind vom Kirchenbesucher nicht einsehbar.
Ebenfalls nicht einsehbar ist der noch deutlicher der Renaissance verhaftete Annaaltar im Psallierchor. Das schmale Bildhauerretabel steht zwischen den beiden Fenster der Ostfassade. Es ist mit 1620 datiert. «Dieses Altärchen zu Beuerberg ist eines der liebenswürdigsten Werke, welche aus der Renaissance leider so selten bis auf uns gekommen sind».[47] Wie bei allen Altären der Stiftskirche Beuerberg ist auch hier der Altarbauer und Bildhauer unbekannt.
Die neue liturgische Ausstattung ist ein Werk des Bildhauers Werner Mally aus München. Altar und Ambo sind aus hellem Kelheimer Kalkstein gearbeitet und fügen sich gut in den Chorraum ein.
Vom Chorgestühl ist heute nichts mehr zu sehen.
Langhausaltäre
Acht Holzretabel der Langhausaltäre stehen an den Wandpfeilern und beanspruchen deren volle Breite und Höhe. Sie überschneiden mit ihrem Oberstück («Auszug») das Hauptgesims und ragen in das Gewölbe der Quertonnen. Die emporenlose Wandpfeilerbauweise wird damit optimal genutzt. Der eintretende Besucher erfasst dank dieser Aufstellung alle Altäre mit einem Blick. Mit dunklen holzfarbigen Fassungen und goldenen Hervorhebungen leiten sie tiefenperspektivisch zum Hochaltar. Sie dominieren in ihrer Geschlossenheit den weissen Innenraum und zeigen gleichzeitig den langsamen Stilwechsel vom ältesten Altarpaar im zweiten Joch (1636) und demjenigen im vordersten Joch (um 1700/1723). Die Datierungen der Altarblätter geben in Beuerberg keinen Hinweis auf das Baujahr der Altarretabel, weil sie teilweise in jüngere Retabel eingebaut sind. Die Altar-Patrozinien bleiben aber an Ort.
Die Altäre im Langhaus Die Altarblätter werden 1783 vom Konventualen Possidus Sterzer in ihrer Lage erfasst. Er macht dies zuhanden einer Inventarisation der in bayerischen Klöstern vorhandenen Kunstschätze, die Lorenz von Westenrieder in diesen Jahren durchführt. Ihre damalige Lage wird hier mit «Sterzer 1783» vermerkt. Auch die Altarblatt-Grösse ist dem Inventar Sterzer entnommen. |
Joch 4 (vorne): Heilig-Geist-Altar und Sebastians-Altar Die beiden Retabel sind strenge und geschlossene Ädikula-Säulenretabel mit gesprengtem Segmentgiebel, der das Oberstück in Form einer weiteren Ädikula fasst. Die Rundbogen-Altarblätter durchbrechen das Gebälk, nur das Gesims läuft durch. Die Retabel übernehmen die Klarheit italiensicher Marmoraltäre und stammen aus der Zeit um 1700. Beide Retabel werden 1723 zu Aufnahme von «Heiligen Leibern» in der Sockelzone erhöht . Nord: Heilig-Geist-Altar. Auf der Mensa steht seit 1723 der Schrein des Katakombenheiligen Bonifatius. Im Altarblatt die Pfingstszene, mit Maria im Zentrum der Jünger, darüber die Dreifaltigkeit. Es ist schon 1783 an dieser Stelle. Als Maler wird Hans Ulrich Franck (1636) vermutet. Im Oberblatt eine jüngere Darstellung mit Gottvater. Süd: Sebastians-Altar. Auf der Mensa liegt seit 1723 der Katakombenheilige Claudius. Das Altarblatt (1638) stammt vom Maler des Hochaltarblattes Elias Greither der Ältere und zeigt das Martyrium des hl. Sebastian. Das Blatt ist schon 1783 an dieser Stelle. Im Oberblatt ist eine jüngere Darstellung des Erzengels Michael zu sehen. |
Joch 3: Bruderschafts-Altar und Augustinus-Altar Die Retabel der beiden Altäre im dritten Joch sind ungleich. Das Retabel des nördlichen Bruderschafts-Altars ist eine stark klassizistisch wirkende Säulenädikula der Neorenaissance von 1882. Es wird als Ersatz eines barocken Retabels bezeichnet. Wahrscheinlich ist das ursprüngliche Retabel ein Pendant des südlichen hochbarocken Augustinusaltars. Dessen feines Retabel mit zwei laubbekränzten Sprialsäulen hat ebenfalls Ädikulacharakter. Es zeichnet sich durch einen reichen bildhauerischen Oberbau aus, der eine Mater Dolorosa mit zwei auf der Segmentverdachung sitzenden, adorierenden Engeln enthält. Nord: Bruderschafts-Altar. Datierung 1882, Neo-Renaissance. Als Altarblatt seit 1936 ein Votivbild mit der Darstellung der Skapuliermadonna (um 1730) des aus Kochel stammenden Wolfratshauser Malers Guglhör. Im Oberblatt Mariensymbol (1882?). Ein grosses, rundbogiges und künstlerisch bedeutenderes Altarblatt (um 1630/40) mit der Darstellung der Rosenkranzspende hängt heute an der dem Altar gegenüberliegenden Wand. Es soll das vorherige Altarblatt sein, aber Sterzer meldet 1783: «Auf diesem Altar ist kein Gemälde». Das Tonnengewölbe über dem Bruderschafts-Altar erhält um 1730 eine neue Stuckierung mit zwei gemalten Emblemen. Süd: Augustinus-Altar. Datierung um 1670. Altarblatt mit der Taufe des hl. Augustinus durch den hl. Ambrosius. Es soll 1638 von Elias Greither dem Älteren gemalt sein. Sterzer schreibt es 1783 Hans Ulrich Franck (1636) zu. Anmerkungen zum Blatt des Augustinus-Altars: Pfatrisch (1876) vermutet als Bildthema die Taufe Chlodwigs durch Remigius. In Au am Inn gilt die gleiche Szene, 1630 gemalt von Crammer, als Taufe des Herzogs Theodo durch den hl. Rupert. |
Joch 2: Nothelfer-Altar und Kreuz-Altar Die beiden Retabel des zweiten Jochs stammen noch aus der Erstausstattung. Beide sind flache Holzretabel der deutschen Tischler-Renaissance mit (zu) grossen Assistenzfiguren auf weit auskragenden Konsolen. Die phantasievollen manieristischen Oberstücke enthalten Nischen für die Figuralplastik. Nord: Nothelfer-Altar. Datierung (spätestens) 1635. Altarblatt als Neuschöpfung 1946 (Richard Holzner 1883–1958). Das alte Altarblatt von Elias Greither dem Älteren (1635) verschwindet schon im 19. Jahrhundert. Assistenzfiguren sind die Kirchenlehrer Ambrosius oder Augustinus (mit Buch) und Hieronymus (mit Kardinalshut). Im Oberstück der Hl. Rochus. Süd: Kreuz-Altar. Datierung (spätestens) 1635. Im Altarblatt (1635?) Christus am Kreuz mit den Schächern. Es ist ein Werk des Münchner Malers Thomas Hoffmann (†1646) aus Landshut. Bei Sterzer 1783 hängt es im Psallierchor und ist im Altar durch eine «moderne» Kreuzigung ersetzt. Assistenzfiguren sind die Bauernheiligen Leonhard (mit Kette) und Sylvester (mit Stier). Im Oberstück der hl. Sebastian. |
Joch 1: Schutzengel-Altar und Antonius-Altar Die beiden Retabel des westlichsten Jochs werden von Bezold 1895 noch zur Erstausstattung bis 1653 gezählt. Dies kann nicht zutreffen. Die Bildhauerarbeiten weisen in den Hochbarock. Auffallend ist die starke Betonung des Sprenggiebels über einem durchlaufendem kräftigen Gebälk. Auf den eingerollt endenden Giebelgesimsen sitzen gestikulierende Engel. Das Oberstück fasst in ovaler Nische das Oberblatt. Anstelle der bei dieser Retabelarchitektur zu erwartenden Säulen stehen vor angedeuteten Pilastern je zwei Assistenzfiguren eines guten lokalen Bildhauers. Die beiden Altarblätter werden von Johann Baptist Untersteiner[48] 1709 geliefert. Ihre Masse 160 cm B x 284 cm H sind mit den vordersten Altarblätter von 1636/38 fast identisch. Trotzdem ist der angenommene Altartausch (mit den Altarblättern am alten Ort) schwer vorstellbar.[49] Die Datierung dieser hintersten Altäre hat nicht nur Bezold (1895) Schwierigkeiten bereitet. Eine Rechnung von 1709 spricht von «2 hindere Altär». 1709 ist deshalb ebenso wahrscheinlich wie eine solche um 1670. Von «frühbarock» kann aber keine Rede sein. Nord: Schutzengel-Altar. Datierung unklar. Altarblatt 1709 von Untersteiner mit der Darstellung des Erzengels Raphael und des Knaben Tobias. Assistenzfiguren sind zwei Bischöfe oder Äbte (die Zuweisung an Augustinus und Gregor des Grossen aufgrund der Attribute nicht nachvollziehbar). Im Oberblatt die Verspottung Christi, in der Predella-Nische Maria Verkündigung. Süd: Antonius-Altar. Datierung unklar. Altarblatt 1709 von Untersteiner mit dem hl. Antonius an der Pflege von Pestkranken. Assistenzfiguren sind der Erzengel Michael mit Schwert und Waage und der hl. Georg. Im Oberblatt Maria als Himmelskönigin, in der Predella-Nische Maria Heimsuchung. |
Kanzel
Die Kanzel von 1782 wird schon von Bezold (1895) als beachtenswert beschrieben. In den barocken Raum fügt sie sich hervorragend ein. Zwar lässt ihre weiss-goldene Fassung und der klare Aufbau des Tischlers Johann Georg Miller schon den nahenden Klassizismus ahnen. Aber die reichen Schnitzereien des Tölzer Bildhauers Joseph Anton Fröhlich machen sie zur Rokokokanzel und damit auch zum einzigen Ausstattungselement der Spätzeit des Barocks. Ihr Kanzelkorb ist durch acht pilasterähnliche Volutenlisenen mit verkröpftem oberen und unteren Gebälk gegliedert. Auf den unteren goldenen Voluten sitzen weissgefasste Putti. Ein unter dem Korb schwebender Engel scheint ihn zu tragen. Die eingerollten Tragkonsolen des unteren Gebälks sind über dem Engel mit goldenen «Spanngurten» zusammengehalten. Reliefs der vier Evangelisten und des hl. Augustinus sind in den Rocaille-Kartuschen der Korbfelder angebracht. Im Schalldeckel wiederholt sich die Grundform des Korbes. Spangenartig fügen sich hier Voluten zu einer luftigen Überkuppelung mit fallenden Blumengebinden zusammen, die oben mit einem Christogramm im Strahlenkranz bekrönt ist. Mit Ausnahme der Putti und des Engels sind alle Schnitzarbeiten vergoldet.
Orgel und Orgelempore
Zehn Jahre nach dem Bau der Kanzel folgt der Neubau der Orgel und der Westempore. Nun hat sich der Frühklassizismus endgültig durchgesetzt. Doch der Westabschluss des Kircheninnenraums von Beuerberg wird vom Wessobrunner Stuckateur Franz Edmund Doll derart einfühlsam gestaltet, dass er eine letzte grosse Bereicherung des barocken Raums wird. Zwar ist überhaupt nichts von der vorherigen Orgelempore und selbst von der Vorgängerorgel überliefert. Die grosse Orgel von Propst Simon, die er nach dem Dreissigjährigen Krieg bauen lässt, dürfte noch als kompaktes Instrument in der westlichen Arkadennische gestanden haben. Das neue Instrument von 1794 mit 12 Registern (I/P/12) ist nicht besonders gross. Trotzdem gestaltet nun Doll in Zusammenarbeit mit dem Orgelbauer Kölbl den Orgelprospekt zweigeteilt und legt die 16’ Pedaltürme seitlich vor die Rückwand. Die anschliessenden Felder sind nach hinten abgestuft und in die 1755 vertiefte Westarkade eingepasst. Sie lassen das grosse Westfenster völlig frei. Wie der zweigeteilte Prospekt der Hauptorgel sind auch die drei Felder des Brüstungspositivs nach aussen ansteigend. Optisch verbinden sie sich mit dem nur wenig dahinterliegenden Hauptprospekt zu einer rahmenden Auszeichnung des schmalen westlichen Tonnengewölbes. Die Emporenbrüstung bildet nun nicht nur mit dem Positiv, sondern auch mit der Hauptorgel eine völlige Einheit. Ihre je drei Felder beidseitig des Positivs sind mit frühklassizistischen Stuckreliefs versehen, die jeweils einem Musikinstrument gewidmet sind. Sie sind rosa getönt, während die Rahmen und Flächen in einem ungewohnten Grünblau gefasst sind.
Pius Bieri 2023
Literatur
Anmerkung Nur benutzte Literatur zu Beuerberg, die im Buchhandel oder in schweizerischen Bibliotheken (Fernleihe) erhältlich ist oder die als Digitalisat zur Verfügung steht. Vom Bauamt Weilheim, das sich für die letzte Restaurierung zuständig erklärt, habe ich auf Nachfrage keine Informationen erhalten. |
Pfatrisch, Peter: Geschichte des regulierten Augustiner-Chorherren-Stiftes Beuerberg. München 1876. |
Bezold, Gustav von; Riehl, Berthold; Georg Hager: Die Kunstdenkmale des Regierungsbezirkes Oberbayern, 2. Theil. München 1902. Bearbeiter Beuerberg: Gustav v. Bezold. |
Stutzer, Dietmar: Klöster als Arbeitgeber um 1800. Göttingen 1986. |
Altmann, Lothar: Die Beuerberger Stiftskirche, in: 1121, 900 Jahre Kloster Beuerberg, S. 389–411. München 2022. |
Altmann, Lothar: Die Beuerberger Stiftsgebäude, in: 1121, 900 Jahre Kloster Beuerberg, S. 413–431. München 2022. |
Schauerte, Thomas: Ehem. Augustiner-Chorherrenkirche Beuerberg. Kunstführer. Regensburg 2022. |
Web
Beuerberg in Wikipedia, mit einigen guten CC-Fotos, von denen ich hier einige verwendet habe. https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Beuerberg |
Anmerkungen
[1] Die Loisach entspringt in Tirol beim Fernpass, passiert Garmisch, dann die ältere Klosterlandschaft am Kochelsee mit Schlehdorf und Kochel, quert bei Benediktbeuern die alte Strasse von Schongau nach Tölz und mündet bei Wolfratshausen in die Isar.
[2] Die alte Pfarrkirche («Patroni primarii ss. Petrus et Paulus, patroni secundarii ss. Joannes et Paulus») übernimmt das Sekundärpatrozinium und wird auch Marienkirche. Das Kloster baut sie 1643 neu. Seit 1803 dient sie als Friedhofskirche.
[3] In den alten Grenzen Bayerns (mit dem Innkreis) befinden sich im 18. Jahrhundert 23 Augustiner-Chorherrenstifte in 6 Bistümern. Anzahl der Klöster pro Bistum: Freising: 6 / Salzburg: 5 / Augsburg: 4 / Passau: 4 / Regensburg: 3 / Chiemsee 1. Alle werden zwischen 1070 und 1133 gegründet. Die derartige nachreformatorische Dichte ist einmalig. Im bedeutend grösseren Gebiet zwischen Lech und Rhein mit den Bistümern Augsburg und Konstanz können sie an einer Hand gezählt werden. Im südlichen Oberbayern sind es, von West nach Ost, die Klöster Rottenbuch, Diessen, Polling, Bernried, Schlehdorf, Beuerberg, Dietramszell, Weyarn, Beyharting, Herrenchiemsee, Reichenhall, Berchtesgaden, Au am Inn, Gars am Inn und Baumburg.
[4] Eberhard Mayr (1589–1634). Seine Herkunft wird mit Bayl bei Berndorf angegeben. Die Ortschaft ist aber in Bayern und Oberösterreich unbekannt. Er wird 1619 (nicht 1616!) zum Propst gewählt und regiert bis 1634. Eine Forschung zu diesem wichtigen Propst und Bauherr ist bisher ausgeblieben.
[5] Bartholomäus Steinle (um 1580–1628) aus Böbing bei Rottenbuch, seit 1605 in Weilheim. Er ist Bildhauer, Altarbauer, Stuckateur und Baumeister. Sein Hauptwerk als Altarbauer ist der Hochaltar der Stiftskirche von Stams in Tirol. Beim Kirchenneubau der Stadtpfarrkirche in Weilheim 1624/31 ist er «Baudirektor» nach Plänen von Hans Krumpper. Hier wird er auch als Entwerfer der Stuckaturen vermutet. 1623–1626, also kurz vor Beuerberg, wird er für den fortschrittlichen und schon in den beginnenden Barock weisenden Hochaltar der Stiftskirche Polling (Sockelzone J. B. Straub 1763) genannt. Der Entwurf des noch dem Manierismus verhafteten Beuerberger Hochaltars dürfte aber eher nicht von ihm stammen. Zu Steinle siehe die Biografie in dieser Webseite.
[6] Jörg Schmuzer (um 1575–1645) aus Gaispoint-Wessobrunn. Maurer und Stuckateur. 1621/26 baut er die Stiftskirche Polling als ausführender Meister nach Plänen von Hans Krumpper um und erstellt die Stuckaturen. 1626 und 1627 dürfte er in Beuerberg nach Vorgaben von Steinle tätig sein. Um 1628 ist er in der Stadtpfarrkirche Weilheim tätig. Weil er 1629–1631 in Füssen das Franziskanerkloster baut, kann er nicht mehr Stuckateur des Langhaus-Neubaus von Beuerberg sein. 1633 ist er Stuckateur in der Jesuitenkirche Innsbruck. Sein Enkel ist der Baumeister Johann Schmuzer (1642–1710).
[7] Isaak Pader (um 1570–1635), auch Bader, aus Wessobrunn, Sohn des Jakob (1544–n. 1608). Er ist seit 1617 Hofmauermeister in München und arbeitet auch als Stuckateur. Constantin Pader (siehe Biografie) ist sein Neffe. Er ist Baumeister der Wallfahrtskirche Sammarei und Planer der Jesuitenkirche und des Kollegs Burghausen. Nach 1630 ist er an St. Peter in München tätig. Als Gutachter in Beuerberg dürfte er auch für die Planung des Neubaus zuständig sein. Dieser «kann glaubhaft als Werk Isaak Paders gelten» (Norbert Lieb 1941).
[8] Jonas Schaidhauf (Lebensdaten unbekannt) aus Handlehen/Forst bei Wessobrunn. Weitere Werke sind nicht bekannt.
[9] Simon Bauhofer (1593–1653) aus Hechendorf bei Murnau. Er regiert 1635–1653.
[10] Vitus Nutzinger (1559–1632) aus Weindorf bei Murnau. Propst 1600–1603. Er wird wegen «luxuriösem Leben» zur Resignation gedrängt, verbleibt aber als Chorherr im Kloster.
[11] In allen älteren Quellen zu den Verheerungen des Dreissigjährigen Krieges im bayerischen Oberland werden die durch die eigenen Truppen verursachten Gräuel nicht erwähnt. Auch neuere Quellen zu Beuerberg bieten mit Ausnahme der Plünderung 1632 keine klaren Hinweise zu den Truppendurchzügen, der Fluchtdauer, der Einwohnerdezimation durch die Pest und der Verödung von Gutsbetrieben. Schon der Chronist von 1876, Peter Pfatrisch, beklagt: «Was jedoch das Kloster bei den Durchzügen befreundeter Truppen, die mit Einquartierungen und Erpressungen oft nicht weniger schlimm als die Feinde hausten, zu leiden hatte, darüber finden sich leider keine Aufzeichnungen». Für die konkreten Angaben zu Benediktbeuern siehe Josef Hemmerle in Germania Sacra NF 28.
[12] Die Kirche ist heute Friedhofskirche, im Inneren 1778 neu ausgestattet. Die Lebensdaten der beiden Erbauer sind unbekannt. Die Planung dürfte Martin Zäch zugeschrieben werden.
[13] Ulrich Pyrson (1623–1674) aus München. Propst in Beuerberg 1659–1674.
[14] «Eine ganz neue Gestaltung liess er dem Klosterhofe geben, in welchem mehrere Gebäude, als der Pferdestall, Werkstätten und der Getreidekasten, in unregelmässiger Bauform und dazu noch im baufälligen Zustande sich befanden. Diese liess er sämtliche niederlegen, in Folge dessen der Hof die gegenwärtige viereckige Gestalt erhielt» (Peter Pfatrisch 1876). Dieser Beschrieb des Westvorhofs trifft auf die Situation des Ortblattes B 40 von 1812 noch immer voll zu und stimmt auch mit den Stichen Ertl 1690 und Wening 1701 überein. Der Neubau der Ökonomiebauten von 1665, das heisst die Gestaltung des heute veränderten Westvorhofs, ist damit eindeutig nicht Bestandteil des späteren Klosterneubaus, wie dies die aktuelle Denkmalliste suggeriert. Siehe dazu auch den Architekturbeschrieb.
[15] Patritius Bärtl (1635–1713) aus München. Propst in Beuerberg 1697–1712. Er resigniert 1712 mit 77 Jahren unter dem Druck des Konventes, der ihm Geldverschwendung vorwirft. Bis heute wird diese nichtzutreffende Version der Resignation in allen neuen Beiträgen zu Beuerberg wiederholt. Siehe auch die nächste Anmerkung.
[16] Zitat aus der Geschichte Beuerbergs von Peter Pfatrisch 1876. Sie ist typisch für alle bayerischen Klosterchroniken, welche die zehnjährige österreichische Administration Bayerns bis 1714 während des Spanischen Erbfolgekrieges ausblenden und sich fast ausschliesslich mit der Sendlinger Mordweihnacht 1705 beschäftigen, an der auch 24 rebellische Bauern und Handwerker getötet werden. Ausgeblendet werden vor allem die hohen Finanzbelastungen (Kriegssteuern) schon vor und vermehrt während der österreichischen Administration, die zu einer Verschuldung des Klosters von 7810 Gulden führen. Sie werden aber nicht dem Hasardeur Max II. Emanuel oder seinen treuen Beamten angelastet, sondern sind Vorwürfe von Konventmitgliedern 1712 (und seit 1876 von den Chronisten).
[17] Cajetan I. Perner (1674–1744) aus München. Propst in Beuerberg 1712–1744.
[18] Er hinterlässt mit 7166 Gulden Schulden eine ähnliche Summe wie sein Vorgänger, dieser aber nach zehn Jahren Kriegsbelastungen. Der neue Krieg, vom Sohn des für den ersten Krieg verantwortlichen Kurfürsten provoziert, dauert für Bayern von 1741 bis 1745 und hat erneut die Besetzung durch Österreich zur Folge. Die Kriegsbelastungen über die fünf Jahre sind kleiner als im Spanischen Erbfolgekrieg. Das Kloster Beuerberg wird mit einer Kontributionszahlung von 2000 Gulden von den gefürchteten Panduren verschont. Bedeutender sind aber die Folgen der staatlichen Schuldenwirtschaft der beiden Kurfürsten für die bayerischen Klöster. Die bayerischen Staatschulden belaufen sich 1745 auf 35 Millionen Gulden oder dem achtfachen der Jahreseinnahmen, dies bei knapp 800 000 Einwohnern. An der Schuldentilgung werden die Klöster bis zum Höhenpunkt ihrer vollständigen Enteignung 1803 immer mehr beteiligt.
[19] Cajetan Gerstlacher (1698–1751) aus Indersdorf. Propst in Beuerberg 1744–1751.
[20] Dominikus Lechner (1725–1770) aus München. Er leistet 1745 Profess und kann am Collegium Germanicum in Rom studieren. 1751–1770 ist er Propst in Beuerberg.
[21] Für die Kirchenverlängerung bestehen grosse Datierungsdiskrepanzen. Selbst Lothar Altmann, der die neue Kirchenfassade in: «Die Beuerberger Stiftsgebäude» 2022, Seite 420, als Folge der Anpassung an die 1752 begonnen Westflügel-Fassade beschreibt, nennt im vorangehenden Kapitel auf Seite 407 das Jahr 1729 als Baujahr. Dies, weil das Datum MDCCXIX klein über dem Eingangsportal in einer Kartusche der 1964 «nach Befund» gemalten Architekturmalerei enthalten ist. Vieles an der Fassadenmalerei, darunter vielleicht auch das Datum, ist eine Erfindung des damaligen Restaurators oder seiner Vorgänger, wenn nicht schon 1752 bewusst auf die Grundsteinlegung 1729 hingewiesen werden soll. Dass die neue Fassade der Kirche 23 Jahre vor dem Bau des Westflügels und gleichzeitig mit der Grundsteinlegung am südöstlichen Konventflügel fertiggestellt sei, kann allerdings nur einen zahlen- und quellengläubigen Historiker überzeugen.
[22] Lorenz Sappel (1705–1759) aus Reichersbeuern bei Tölz. Er ist seit 1744 als Nachfolger von Michael Pröpstl, dessen Witwe er heiratet, Maurermeister in München. Seine Tätigkeit in Beuerberg ist nicht belegt.
[23] Thassilo Zöpf (1723–1807) aus Gaispoint-Wessobrunn. Stuckateur und Altarbauer des Rokoko. Erste Zusammenarbeit mit Martin Heigl um 1756 in St. Leonhard im Forst bei Wessobrunn.
[24] Johann Martin Heigl (1730–1774). Seine Herkunft ist unbekannt. Er ist Schüler von Johann Baptist Zimmermann. Gehe zur Biografie Heigl_Johann_Martin.html
[25] Franziskus Prandtner (1716–1794) aus Wolfratshausen. Propst in Beuerberg 1770–1794. Er ist Förderer des Landschulwesens im Geiste der Aufklärung.
[26] Von beiden Meistern sind die Lebensdaten nicht bekannt. Miller ist Altarbauer und Kistler, Fröhlich Bildhauer.
[27] Franz Edmund Doll (1744–1824) aus Gaispoint–Wessobrunn. Stuckateur und Altarbauer. Schüler und Mitarbeiter von Thassilo Zöpf. Mit ihm stuckiert er 1753 den Festsaal in Beuerberg. Um 1780 gestaltet er mit Thassilo Zöpf den Rokoko-Innenraum der Pfarrkirche (heute Friedhofskirche) Beuerberg. Um 1785 beginnen sich in seinen Arbeiten frühklassizistische Einflüsse durchzusetzen.
[28] Jakob Kölbl (1764–1805) aus Wielenbach bei Weilheim. Orgelbauer in Heid-Wessobrunn seit 1788.
[29] Paul Hupfauer (1745–1808) aus Wall bei Miesbach. Eintritt in Beuerberg 1769. Er wird erstmals 1774 gewählt, auf Intervention des kurfürstlichen Kommissärs wegen vermeintlicher Mitgliedschaft bei den Illuminaten (eines radikalaufklärerischen Geheimordens) wird die Wahl aber annulliert und anschliessend Otto Winhart (1735–1802) gewählt. Paul Hupfauer ist tatsächlich schon während seiner Münchner Lehrtätigkeit von 1781 bis 1791 in einem Münchner Zirkel bayerischer radikaler Aufklärer anzutreffen.
[30] Gemäss der Auflistung von Scheglmann 1908, der Propst wird in den heute genannten 14 Chorherren offenbar eingerechnet.
[31] Bonifaz Kaspar Urban (1773–1858). Vorerst besorgt ihm der vielgescholtene letzte Propst eine Stelle als Professor in Landshut. 1821 wird er Hofkaplan in München. Die Besetzung aller wichtiger kirchlichen Ämter ist im Königreich Bayern seit 1817 der Krone vorbehalten. Urban ist 1832 vorerst in Regensburg Dompropst, Generalvikar und Weihbischof. König Ludwig I. sorgt 1842 für seine Ernennung zum Erzbischof des jetzt bayerischen Bistums Bamberg.
[32] Ferdinand Franz Anton von Maderny (1768–1833) , ein aus Italien oder der Schweiz (Maderno Capolago?) eingewanderter Textilkaufmann, vorerst Handelsmann in Augsburg, dann in München, wird als bayerischer Landsasse 1808 in den Adelsstand erhoben.
[33] Die Salesianerinnen von München sind seit einer 1784 erfolgten Wegweisung des Kurfürsten in Indersdorf tätig. Sie können 1831 Dietramszell kaufen. Hier führen sie als Schulschwestern erfolgreich eine Töchterschule mit erstaunlich hohem Unterrichtsniveau und mit Pensionat. Mehr dazu siehe im Baubeschrieb Dietramszell.
[34] Im flachen Mittelfeld mit fünf Feldern sind vier Bilder musizierender Engel um das Mittelbild mit einer Eucharistiedarstellung zu sehen. In den ansteigenden Mulden sind es Emblemdarstellungen. Im Corpus der barocken Deckenmalereien Bd. 2 (1981) sind die Bilder im Beitrag Beuerberg nicht behandelt. Eine neubarocke Malerei der Salesianerinnen des frühen 20. Jahrhunderts mit diesen Themen kann eher ausgeschlossen werden und ist auch nicht bekannt.
[35] Spekulationen zu einer Doppelturmfront und zu drei Chorapsiden sind im Kirchenführer 2022 und im Dehio 2006 vorhanden. Demgegenüber schreiben Hermann und Anne Bauer 1985 und Lothar Altmann 2022 von einem ursprünglich freistehenden Glockenturm. Wenn der Wiederaufbau des Turms 1560–1564 an alter Stelle stattgefunden hat (was anzunehmen ist), sind romanische Unterbauten möglich, bei einem freistehenden Turm wäre das Langhaus ein Joch kürzer gewesen. Eine geplante Doppeltumfront ist auszuschliessen, der Dreiapsiden-Ostabschluss ist Phantasie.
[365] Die Dillinger Jesuiten- oder Studienkirche ist ein Werk von Matthias Kager und Hans Alberthal. Die Eichstätter Jesuitenkirche wird von Hans Alberthal und Jakob Kurrer gebaut, wahrscheinlich nach einer Planung von Matthias Kager. Mehr zu diesen Kirchen siehe in dieser Webseite unter Eichstaett_Jesuitenkirche. Mehr zum Typus der Wandpfeilerhalle siehe im Glossar diese Webseite im Glossar, Buchstabe W. Hier wird auch der grosse Unterschied zur Münchner Jesuitenkirche erläutert, die mit Dillingen und Eichstätt in nichts, und mit Beuerberg nur in den Stuckaturen verwandt ist.
[37] Zitat aus dem Dehio 2006. Erstmals stellt 2022 Lothar Altmann in «1121, 900 Jahre Kloster Beuerberg» diesen kunsthistorischen Unsinn in Frage. St. Michael in München hat in seiner Architektur keine Nachfolge. Der Querschnittvergleich zeigt den gewaltigen Unterschied zu den aus gotischen Hallenkirchen entwickelten Wandpfeilerhallen. Leider sind Querschnitt-Veröffentlichungen oberbayerischer Kirchen eine grosse Seltenheit, ihre Absenz führt in der Folge zu falschen Analogien. Auch im erwähnten neuesten 500-seitigen Werk zu Beuerberg will man dem Leser weder Grundrisse noch Schnitte zumuten.
[3] Massverhältnisse der Langhäuser (Innenmasse):
Beuerberg: 16,8 m breit, 24,8 m lang, vier Joche. Mittelraum 11,6 m B, 12,75 m H Proportion B:H=1:1,1.
Weilheim: 21,5 m breit, 27,5 m lang, vier Joche. Mittelraum 14,5 m B, 14,5 m H. Proportion B:H=1:1,0.
Dillingen: 20,3 m breit, 29,5 m lang, vier Joche u. Vorjoch. Mittelraum 14,5 m B, 18,8 m H. Proportion B:H=1:1,3.
Eichstätt: 21,6 m breit, 33,6 m lang, drei Joche u. Vorjoch. Mittelraum 15,0 m B, 23,0 m H. Proportion B:H=1:1,5.
[39] Bernhard Schütz spricht in «Die kirchliche Barockarchitektur» (2000) von «breitgelagerter Behäbigkeit». Er bezeichnet die Gewölbe als Flachtonne (segmentbogenförmiger Schnitt). Dies entspricht zwar dem Eindruck, die Gewölbe von Beuerberg und Weilheim sind aber eindeutig Halbtonnen mit konzentrischem Schnitt, ihr Auflager und das Auflager der Arkaden-Quertonnen ist mit dem Pilaster-Gebälkabschluss der Wandpfeiler identisch. Die bessere «Gesamtharmonie des Raumes», die er bei den gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Bayern tätigen «Italiener» (Androy in Kühbach und Sciascia in Weyarn) ortet, ist nicht dem «konzentrischen Schnitt» der Halbtonne, sondern den bedeutend höher geführten Wandpfeiler-Quertonnen-Abseiten zu verdanken, die manchmal noch mit einer Attika–Aufständerung höher gelegt werden. Prominentes Beispiel ist die Schönenbergkirche in Ellwangen, bei der Heinrich Mayer 1683 den von Michael Thumb begonnenen Bau mittels einer Attikazone das Gewölbe höherlegt.
[40] Die Stiftskirche Polling bei Weilheim ist eine gotische Freipfeilerhalle, die 1621–1628 barockisiert wird. Ausführender Meister nach Plänen von Hans Krumpper ist Jörg Schmuzer (siehe Anmerkung 6). Im Gegensatz zu Beuerberg liegen die Psallierchöre als Emporen seitlich des Chors.
[41] Die Sakristei wird von Gustav Bezold 1895 als in der architektonischen Anlage, wie auch in der Ausstattung einheitlicher und stimmungsvoller Raum beschrieben. Im Dehio (2006) wird sie ignoriert. Im Kirchenführer (2022) wird das Gewölbe als nachgotisch bezeichnet, was in Nebenräumen der Zeit möglich wäre. Nur: Warum soll denn die Sakristei 1626 im bestehenden Chorraum überhaupt neu gebaut werden? Und warum gotische Gewölbe, wo doch in den 1626/27 umgebauten Chorabseiten die Gewölbe alles andere als Gotisch sind?
[42] Das Datum 1752 gemäss Lothar Altmann (Seite 420)
[43] Die frühbarocke Fensterform wird von Bernhard Schütz als «bayerisches Fenster» umschrieben. Die gleiche Fensterform und -Ordnung wendet Konstantin Pader in späteren Bauten an. Johann Schmuzer verwendet sie in Ilgen und Schwangau. Gegen Ende des Jahrhunderts verschwindet sie.
[44] Am Bau von St. Michael beteiligen sich sein Schwiegersohn Hans Krumpper, der spätere Baumeister in Weilheim, und auch Isak Paader, der vermutete Planer der Stiftskirche Beuerberg.
[45] Elias Greither der Ältere (um 1569–1646) erwirbt 1591 in Weilheim das Bürgerrecht. Er scheint auch die Freskotechnik beherrscht zu haben (Friedhofkirche St. Salvator und Sebastian in Weilheim). Warum das Altarblatt der Kreuzabnahme erst 1645 geliefert wird (Greither hätte dieses damit mit ungefähr 80 Jahren geliefert), ist aus der Literatur nicht ersichtlich.
[46] Hans Ulrich Franck (1590/95–1675) aus Kaufbeuren, Maler in Augsburg.
[47] Richard Hoffmann in: Der Altarbau im Erzbistum München und Freising. München 1905.
[48] Johann Baptist Untersteiner (1661–1713), kurbayersicher Hofmaler ab 1703, auch als «Rubens von Tölz» bezeichnet. Er ist Schüler von Nikolaus Prugger in München.
[49] Lothar Altherr 2022, Seite 405.
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Ort, Land (heute) | Herrschaft (18. Jh.) |
Beuerberg (Eurasburg) | Kurfürstentum Bayern |
Bistum (18. Jh.) | Baubeginn |
Freising | 1629 |
Bauherr und Bauträger | |
Propst Eberhard Mayr (1589–1634) | |