Bartholomäus Steinle (um 1580–1628/29)

Bildhauer in Weilheim

Herkunft, Lehr- und Wanderjahre
Bartholomäus Steinle wird auf dem Steinlehof in Hinterkirnberg südöstlich von Böbing geboren. Das Dorf liegt in der Herrschaft des Chorherrenstifts Rottenbuch. In westlicher Richtung ist das Kloster vom Steinlehof über den Ammergraben in eineinhalb Wegstunden zu erreichen.[1] Bartholomäus hat als Hofmarksuntertan die Möglichkeit, unentgeltlich die Klosterschule in Rottenbuch zu besuchen. Allerdings ist weder über den Schulbesuch noch über seine bei Hans Degler[2] in Weilheim vermutete Lehre Näheres bekannt. Auch Dauer und Verlauf der Gesellenwanderung bleiben im Dunkeln.[3]

Weilheim
Nach seiner Rückkehr lässt er sich in Weilheim nieder und arbeitet in der Werkstatt von Hans Degler. Bereits 1600 und 1601 werden Steinle anstelle Deglers die Bildhauerwerke in Rottenbuch zugeschrieben.[4] 1603 soll er für den Bennobogen in der Frauenkirche gearbeitet haben.[5] 1605 wird er in das Bürgerrecht der Stadt Weilheim aufgenommen. Dies dürfte auch der Zeitpunkt der Eröffnung einer eigenen Werkstatt sein. In den nachfolgenden Jahren heiratet er. Mehr ist über seine Familie nicht bekannt. Er bleibt sesshaft. Mit Ausnahme des frühen Hauptwerkes in Stams sind alle Arbeitsorte in der näheren Umgebung zu finden. Grosse Auftraggeber sind die Prälaten der Klöster von Füssen, Wessobrunn und Polling. In den 1620er-Jahren ist er Mitglied des Äusseren Rats der Stadt Weilheim. Die 1624 erfolgte Berufung als Baudirektor des Stadtkirchen-Neubaus dokumentiert sein Ansehen in der Stadt. 1628 bricht in Weilheim die Pest aus. Bartholomäus Steinle stirbt Ende 1628 oder Anfang 1629, wahrscheinlich an der Seuche. Er hinterlässt keine Nachkommen.

Bildhauer und Altarbauer
Bartholomäus Steinle ist Holzbildhauer. Seine Bildwerke stehen am Übergang von einer noch gotisch beinflussten manieristischen Renaissance zum beginnenden Barock.[6] Sie sind auch im 18. Jahrhundert noch immer geschätzt, während seine Altarretabel[7] meist schon im Spätbarock verschwinden. Zwar ist kein Entwurf aus seiner Hand erhalten, er dürfte aber auch bei den Retabeln massgebend mitgewirkt haben. Ausgeführt werden die Retabel von Tischlermeistern. Aus der Werkstatt Steinle kommen nur ihre Bildschnitzerarbeiten. Fast alle der ihm zugeschriebenen und noch erhaltenen Figuralplastiken stammen aus Altaraufträgen. Erstaunlicherweise wird ihm keine Kanzel zugeschrieben.
Steinle wird auch als Stuckateur, manchmal sogar als Baumeister bezeichnet. In beiden Sparten kann er nur als Entwerfer tätig sein. Für Stuckaturen werden ihm einzelne Entwürfe zugeschrieben. Die Ausführung der Holzmodelle für den figürlichen Modelstuck in einigen Kirchen ist sogar wahrscheinlich. Deswegen ist er aber kein Stuckateur. Noch weniger ist er, dies im Gegensatz zu seinem Münchner Landsmann Krumpper, Entwerfer von Architekturen. Der einzige ihm zugeschriebene Entwurf für die Kirche Weilheim beruht auf einem Missverständnis seiner Funktion als «Baudirektor».

Georg Petel als Schüler von Bartholomäus Steinle?
Der in Weilheim geborene Georg Petel (1601-1634) ist einer der bedeutenden Bildhauer des deutschen Frühbarocks. Er arbeitet in Elfenbein und Holz. Im 18. Jahrhundert wird er als «deutscher Michelangelo» gepriesen. Seine Gesellenwanderung und spätere Reisen führen ihn nach Antwerpen, Paris, Genua und Rom. In Antwerpen knüpft er Kontakt zu Peter Paul Rubens. Nach seiner Rückkehr erhält er 1625 das Bürger- und Meisterrecht in Augsburg. Mit nur 33 Jahren stirbt er während der Aushungerung von Augsburg durch kaiserliche Truppen.
Petel ist schon mit 10 Jahren Waise. Seine Vormundschaft übernimmt Bartholomäus Steinle. Daraus folgert schon Norbert Lieb (1973), dass Steinle der Lehrmeister von Petel sei, während Sauermost (1988) eine Ausbildung beim Bildhauer und Elfenbeinschnitzer Angermair in München für wahrscheinlicher hält. Beides sind zwar Vermutungen, aber eine abgebrochene Lehre bei Steinle und eine anschliessende Ausbildung beim Weilheimer Christoph Angermair[8] n München gilt heute als das wahrscheinlichste Szenarium.

Die Hauptwerke von Bartholomäus Steinle

Zu einer Gesamtwerk-Übersicht siehe das Werkverzeichnis 1603–1627

Hochaltar Stams 1611-1612
1608 beruft Abt Melchior Jäger den jungen Bartholomäus Steinle in die Zisterzienserabtei Stams in Tirol. Der Abt ist in Schöffau aufgewachsen. Das Dorf liegt eine knappe Wegstunde südlich des Steinlehofs und ist ebenfalls nach Rottenbuch orientiert. Abt Melchior muss die Arbeiten seines Landsmannes schon gut kennen, was auch auf eine ausgedehntere frühere Tätigkeit Steinles hinweist, als dies seine wenigen bekannten Werke vor 1609 vermuten lassen. Steinle erhält in diesem Jahr den Auftrag für den Hochaltar und für mehrere Seitenaltäre. Nur der Hochaltar ist erhalten. Er ist ein Gemeinschaftswerk des Tischlermeisters Wolfgang Kirchmayr und der Steinle-Werkstatt. Steinle arbeitet hier von 1611 bis 1612 mit dem Bildhauer Stephan Zwinck, drei Gesellen und einem Lehrjungen an den Schnitzarbeiten und am Aufbau. Der Hochaltar wird 1731 mit einem blauen Stuckvorhang hinterfangen, der die von Steinle beabsichtigte Gegenlichtwirkung zwar eliminiert, aber den filigranen Aufbau trotzdem positiv betont und vielleicht auch zusammenhält. Vor das 11,5 Meter hohe fünfgeschossige Retabel ist ein feines Ast- und Rankenwerk in der Form eines Wurzel-Jesse-Baums gesetzt, das mit 84 Einzelfiguren der Werkstatt Steinles besetzt ist. Sie folgen einem überraschenden ikonographischen Programm, das mit Adam und Eva seitlich der Mensa beginnt und zuoberst mit einem Kruzifix endet.
Der Hochaltar von Stams ist das frühe Hauptwerk Steinles und kann wie der gleichzeitige Zürn-Hochaltar in Überlingen trotz allen Merkmalen des «volkstümlichen Manierismus» als Frühbarockouvertüre bezeichnet werden.
 
Steinle baut den Hochaltar
von Stams 1611/12. Das
gewaltige Hauptwerk des
Weilheimer Bildhauers kann
als Frühbarockouvertüre
bezeichnet werden.
Foto: Erich Schmid 2016.


Wessobrunn 1612-1625
Der Hochaltar, die drei Nebenaltäre und der Orgelprospekt Steinles in der nahen Benediktinerabtei Wessobrunn werden teilweise schon in der Barockzeit ersetzt. Mit dem Abbruch der Kirche 1803 verschwinden auch diese oder kommen in Landkirchen. Nur zwei erhaltene Bildwerke werden Steinle zugeschrieben. Hingegen basiert die Zuschreibung des Murnauer Rosenkranzaltars als Werk der Steinle-Werkstatt für Wessobrunn auf Fehlüberlegungen.[9]

Füssen 1616–1619
Auch für die Benediktinerabtei Füssen kann Steinle den Hochaltar und zwei Querschiffaltäre liefern. Bereits beim Kirchenumbau von 1701 werden sie ersetzt. Drei Standfiguren des Hochaltars kommen 1724 in die Kirche St. Magnus in Gagers im Südtirol, einer Patronatskirche des Klosters. Vom Peter-und-Paul-Altar sind die beiden Figuren der Apostelfürsten im Museum erhalten. Eine Johannesfigur ist in der Westkrypta erhalten.

Bild: Manieristisch-frühbarocker Petrus von Bartholomäus Steinle (um 1616/17).
Foto Ricardalovesmonuments 2020.
 
 

Polling 1623–1628
Vom Propst des Augustiner-Chorherrenstifts Polling bei Weilheim erhält Steinle 1623 den Auftrag für den neuen Hochaltar, neun Nebenaltären und einen Ölberg. Drei Altäre sind mit Veränderungen der Rokokozeit erhalten. Der imposante Hochaltar ist, sicher in Zusammenarbeit und vielleicht auch nach Entwurf Steinles, ein Gemeinschaftswerk desTischlermeisters Benedikt Meggas von Polling mit Bartholomäus Steinle. Das Hauptgeschoss des dreiteiligen Säulenretabels liegt über einem hohen Unterbau, der 1763 durch Johann Baptist Straub verändert und mit einem Tabernakel bereichert wird. Das Mittelfeld des Hauptgeschoss enthält bis zu diesem Zeitpunkt ein versenkbares Altarblatt des Weilheimer Malers Elias Greither, das 1763 durch das «Pollinger Kreuz» ersetzt wird.[10]
Die beiden erhaltenen Seitenaltäre, der Marien- und der Augustinusaltar, sind ebenfalls dreiteilige Säulenaltäre, und, vor allem in der Bekrönung, durch Johann Baptist Staub leicht verändert. In Polling ist damit die grösste und wenig veränderte Altarausstattung Steinles in einem Kirchenraum von Hans Krumpper noch erhalten.
 
  Der Hochaltar in Polling ist
1763 unten ergänzt worden.
Foto: Rufus 46 (2016)

Weilheim 1624–1628
Die Stadtpfarrkirche von Weilheim ist mit dem Namen von Bartholomäus Steinle verbunden, weil er als Baudirektor und Mitglied des Stadtrats den Bau leitet. Daraus schliessen viele Kunsthistoriker, dass er auch Entwerfer des Kirchenneubaus ist. Ihre Fahrlässigkeit und auch ihre falschen Analogien zur Münchner Jesuitenkirche St. Michael erstaunen, denn für eine Entwurfsplanung Steinles gibt es nicht den geringsten Quellennachweis.
Wie neuestens wieder Peter Heinrich Jahn nachweist, kann dafür nur Hans Krumpper in Frage kommen.[11] Mit grosser Wahrscheinlichkeit liefert Krumpper den Entwurf, an der Bauausführung ist er aber nicht beteiligt.
Weil Krumpper in seinen erhaltenen Entwürfen immer auch die Stuckaturen detailliert einzeichnet, muss sogar ihre übliche Zuschreibung an Steinle hinterfragt werden.[12] Steinle wird aber die Model für die figurativen Stuckteile angefertigt haben.
   
 

Weilheim

  Der einfache Felderstuck
des Wessobrunners Jürg
Schmuzer, vielleicht nach
einem Entwurf Steinles
ausgeführt. Foto: Bieri 2023.
Auch wenn Steinle als Architekturentwerfer auszuschliessen ist, darf ihm der Hauptverdienst für die mehrjährige Tätigkeit während der Ausführung als Bauinspektor und Leiter aller Arbeiten am Bau der Stadtpfarrkirche zugestanden werden. Erstaunlicherweise sind bei diesem Hauptbauwerk Steinles keine Arbeiten seiner Bildhauerwerkstatt bekannt.

Beuerberg 1626–1627
Steinle leitet die Barockisierung der Stiftskirche von Beuerberg. Nach dem Einsturz des Langhauses 1628 wird die Kirche durch Isaak Pader und Jonas Schaidhauf 1629–1630 neu gebaut. Der Stuck im Chor stammt vielleicht noch aus der Umbauphase und wäre dann ein Werk Steinles. Ihm wird auch der Entwurf des Hochaltars zugeschrieben, der den Einsturz übersteht.
 
Der Hochaltar in der Kirche Beuerberg übersteht den Einsturz des Langhausgewölbes 1628. Er ist deshalb noch unter der Leitung von Bartholomäus Steinle um 1727 gebaut worden. Foto: Bieri 2023.  

Text: Pius Bieri 2024

Literatur:
Zohner, Wilhelm: Bartholomäus Steinle. Um 1580–1628/29. Bildhauer und «Direktor über den Kirchenbau zu Weilheim», Weissenhorn 1993.
Anmerkung: Dieses umfangreiche Standardwerk bildet die Hauptquelle der vorliegenden Kurzbiografie. Viele rein stilvergleichende Zuschreibungen des Autors habe ich hier nicht aufgenommen.
Koch, Gisela: Georg Petel (1601/02–1634). Zwei unbekannte Frühwerke aus St. Michael in Höchenschwand im Schwarzwald. Dissertation. Karlsruhe 2010. (Digitalisat verfügbar).
Anmerkung: Umfangreiche Dissertation mit dem Kapitel 6 «Weilheim im Pfaffenwinkel» wo die Autorin auf die Weilheimer Bildschnitzer-Werkstätten zur Zeit Steinles eingeht.


Anmerkungen

[1] Im Uraufnahmeplan der Landesvermessung ist der Hof mit Nr. 48 eingetragen. Heute: Steinleweg Nr. 26 mit Hofkapelle Nr. 30. Obwohl der Hof erhalten ist (Foto Wikipedia), hat er keine Aufnahme in die Denkmalliste des Landesamtes für Denkmalpflege gefunden.

[2] Hans Degler (1564–1635) aus München, Bildhauer, heiratet 1590 die Tochter von Adam Krumpper und übernimmt später die Bildhauerwerkstatt des Schwiegervaters in Weilheim. Sein Hauptwerk sind die Altäre und die Kanzel in der Augsburger Kirche St. Ulrich und Afra, die er 1604 bis 1608 baut. Diese Altäre bleiben 1945 bei der Bombardierung von Augsburg mirakulös verschont. Degler wagt den Schritt zum Frühbarock nie. Nach dem Tod von Bartholomäus Steinle 1629 führt er dessen Aufträge weiter.

[3] Steinle soll sich um 1596 in Beromünster in der Innerschweiz aufgehalten haben, wo der Name «Bartli Steiner» im Zusammenhang der Erstellung des Chorgestühl nachgewiesen ist. Nur: Zur Zeit der Ausführung des Chorgestühls ab 1601 ist Steinle längst wieder in der Heimat. Und Bartli Steiner, der genannt wird, ist eher einer der vielen Einheimischen mit diesem Namen.

[4] Der Biograf Wilhelm Zohner führt unter den gesicherten und «gesichert zugeschriebenen» Werken Steinles den Altar der Pestkirche St. Rochus von 1603 und ein Christus am Kreuz von 1600 an der Friedhofskirche auf. Auch der bisher Hans Degler zugeschriebene Oster-Heiland in Rottenbuch (1601) zählt nun dazu. Obwohl die «gesicherten Zuschreibungen» rein stilvergleichend erfolgen, ist die frühe Tätigkeit Steinles in Rottenbuch trotzdem wahrscheinlich. Ob diese allerdings schon eigene Werkstattarbeiten sind, bleibt offen.

[5] Der Bennobogen wird seit 1601 unter der Leitung von Hans Krumpper gebaut, der auch seinen Schwager Hans Degler beizieht. Das in Zangberg erhaltene, bekrönende Kruzifix (der Bogen wird 1858 im Zuge der Regotisierung der Frauenkirche abgebrochen) enthält die Signatur «PS 1604», woraus die Unterschrift Steinles abgeleitet wird.

[6] Die Entwicklungslinien von der Spätgotik zum Barock laufen in Süddeutschland «sozusagen an einer Randzone seitlich an der Renaissance vorbei» (Peter Mayer 1948). Die trifft vor allem für die Altarbaukunst zu, die im Gegensatz zur Bildschnitzerkunst viel länger braucht, um sich der barocken Altararchitektur zuzuwenden.

[7] «Ihre Altaraufbauten in römischer Triumphbogenarchitektur mischen auf eigentümliche Weise die schlichte Formensprache der Renaissance mit dem überbordenden Reichtum an Figuren und Zierrat, der für spätgotische Altäre typisch ist» schreibt Gisela Koch (2010) zur Retabelarchitektur von Degler und Steinle. Deren bildhauerischen Werke bezeichnet sie als «volkstümlichen Manierismus».

[8] Christoph Angermair (nach 1680–1633) aus Weilheim, lernt bis 1604 bei Hans Degler und wird unter Vermittlung von Hans Krumpper Schüler von Hubert Gerhard in München. 1618 ist er Hofdrechsler.

[9] Der Murnauer Rosenkranzaltar soll gemäss Wilhelm Zohner ein 1773 umgebautes Retabel der Steinle-Werkstatt sein und aus Wessobrunn stammen. Er datiert die Figuralplastik auf 1615. Die sorgfältige Untersuchung des Schicksals aller 18 Altäre der 1803 abgerissenen Abteikirche durch Irmtraud von Andrian Werburg (2001) kann aber bei keinem Altar eine Verlegung vor oder um 1773 nach Murnau erkennen. Zudem hätte die Höhe des Murnauer Altars von 10 Meter jedes Mass in Wessobrunn gesprengt. Dort erreichten nur der Scholastika-Altar(1754) und der Rosenkranzaltar (1656) 21 Fuss oder ca. 6.5 Meter. Die restlichen Nebenaltäre erreichen 15 bis 16 Fuss Höhe. Siehe zum Altar die Werkbeschreibung Murnau in dieser Webseite unter: https://www.sueddeutscher-barock.ch/In-Werke/h-r/Murnau.html

[10] Der Mittelteil des Altar-Hauptgeschosses befindet sich auf der Höhe der beiden seitlichen Psallierchöre im Gebäude-Obergeschoss. Mit der Versenkung des Altarblattes wird (bis 1763) der auf dem Hochchor stehende Dreifaltigkeitsaltar sichtbar. Der Hochaltar reicht damit über zwei Geschosse und wird deshalb auch (nicht korrekt) als Doppelaltar bezeichnet.

[11] Peter Hinrich Jahn: Hans Krumppers Kuppelprojekt für den Freisinger Dom und die venezianischen Wurzeln der Münchner Architektur um 1600, München 2002.

[12] Der Biograph Zohner (1993) weist ihm auch den Entwurf der Stuckaturen von Beuerberg und Polling zu. Die Sicherheit, mit der er Hans Krumpper oder Jörg Schmuzer als Entwerfer ausschliesst, erstaunt. Für Weilheim verneint er sogar Jörg Schmuzer als ausführenden Stuckateur. Aber selbst für die Stadtpfarrkirche Weilheim sind keine Belege für Steinle-Entwürfe vorhanden. Der Palmettenstuck in ihrem Chor ist sogar eine Wiederholung des Stuckaturentwurfs Hans Krumppers für die Paulanerkirche in der Au, was auch bei Weilheim eher für den Entwerfer Krumpper spricht. Eine Zuschreibung anhand von Stilvergleichen ist beim Model- und Pressstuck der Münchner Schule nur für die Modelschnitzerei der figurativen Teile möglich, die zwar von Steinle stammen, aber über den Gesamtentwurf nichts aussagen.




Werke von Bartholomäus Steinle

Erhaltungszustand heute:
Ø: zerstört; T: teilweise oder rekonstruiert erhalten E: Vollständig erhalten
Anmerkung: Die unten erwähnten Altäre werden als Gesamtwerk mit Bildhauerarbeiten an Steinle verdingt, dieser ist für den Entwurf und die Bildhauerarbeiten zuständig, die Retabel sind aber Anfertigungen von beauftragten Kunstschreinern (Kistlermeistern, Tischlermeistern).

Jahr Ort Bauwerk Beschrieb; Tätigkeit Bauherr
1603
T
Rottenbuch
Rochuskirche auf dem Pestfriedhof
Rochusaltar. Abbruch der Kirche und des Altars 1807. Die Rochusgruppe und die Figuren von Johannes und Paulus werden in der Martinskirche neu aufgestellt (Zuschreibung).  Augustiner-Chorherrenstift
Rottenbuch
Propst Wolfgang Perghofer
1606
T
Oderding bei Weilheim
Filialkirche St. Martin
Hochaltar. Nur die drei Figuren der hll. Brictius, Martin und Magnus sind im heutigen klassizistischen Altar erhalten. Augustiner-Chorherrenstift Polling
Propst Caspar Leis
1609
E
Mieming bei Stams
Mariahilfkapelle in See
Figuralplastik des Kapellenaltars : Kreuzgruppe mit Maria und Johannes, seitlich stehende Engel mit Leidenswerkzeugen. Zisterzienserstift Stams
Abt Melchior Jäger
1609–
1616
Ø
Stams im Tirol Zisterzienser-
Stiftskirche
Mariä Himmelfahrt
Fünf Altäre gemäss Akkord: Dreikönigsaltar (1609). Marienaltar. Dreifaltigkeitsaltar.  Michaelsaltar. Ursulaaltar (1609). Zohner schreibt Steinle weitere vier Altäre zu.
Alle Altäre sind nicht mehr erhalten
Zisterzienserstift Stams
Abt Melchior Jäger
1611–
1612
E
Stams. Zisterzienser-
Stiftskirche
Mariä Himmelfahrt
Hochaltar. Akkord 1609. Ausführung mit Bildhauer Stephan Zwinck, drei Gesellen und Lehrlingen. Altarbauer ist Wolfgang Kirchmayr. 1731 wird das Retabel mit einem blauen Stuckvorhang hinterfangen. Zisterzienserstift Stams
Abt Melchior Jäger
1611
Ø
Tölz. Stadtpfarrkirche
Unserer Lieben Frau
Hochaltar, 1854/61 abgebrochen. Nur die Figuralplastik der Mariä Himmelfahrt ist erhalten. Markt Tölz
Pfarrer Johann Pistor
1612-
1613
Ø
Wessobrunn
Abteikirche
Peter und Paul
Marienkapelle
1612 und 1613 Akkorde für den Chor- oder Hauptaltar sowie den Jakobs– und Nikolausaltar in der Marienkapelle («Altes Münster»).
Eventuell erhalten: Himmelskönigin mit Kind in der Pfarrkirche Rott bei Wessobrunn.
Benediktinerabtei Wessobrunn
Abt Gregor II. Prugger
1615–
1625
Ø
Wessobrunn
Abteikirche
Peter und Paul
1615 Hl. Geist-Altar mit «Gnadenstuhl».
1619/21 Hochaltar Peter und Paul
1625 Orgelprospekt
Eventuell erhalten: «Gnadenstuhl» im Tassilosaal.
Benediktinerabtei Wessobrunn
Abt Gregor II. Prugger
1616
Ø
Füssen
Abteikirche
St. Magnus,
Seiten- und Krypta-Altäre
Peter- und Paul-Altar im südlichen Querschiff.
Leonhard-Altar im nördlichen Querschiff.
Figuralplastik für den Altar in der Johanneskrypta.
Abbrüche 1701. Standfiguren Peter und Paul im Klostermuseum erhalten. Johannesfigur in der Westkrypta erhalten.
Benediktinerabtei Füssen
Abt Martin Stempfle
1619
Ø
Füssen
Abteikirche
St. Magnus,
Hochaltar
Hochaltar (Magnusaltar). Er wird schon beim Kirchenumbau 1701 entfernt. Die Standfiguren der hll. Magnus, Benedikt und Scholastika kommen 1724 nach St. Magnus in Gagers bei Lana, einer Kirche der Abtei Füssen im Südtirol. Benediktinerabtei Füssen
Abt Martin Stempfle
1620
(um)
E
Hohenpeissenberg
Wallfahrtskirche
Mariä Himmelfahrt
(Stifter: Maximilian I. von Bayern).
Lindenholzrelief mit Moses und König David, ursprünglich Emporenbrüstung, heute Chor.
Engelsfiguren an den Seitenaltären.
Zuschreibung: Pietà und Schmerzensmutter unter dem Kreuz (1617)
Augustiner-Chorherrenstift Rottenbuch
Propst Georg Siesmair
1620
(um)
E
Benediktbeuern
Benediktinerabtei
Abteikirche
St. Benedikt
Zuschreibungen 1615–1620:
Kruzifixe in Festsaal und in der neuen Marienkirche. Engel mit Leidenswerkzeugen am Hl.-Kreuz-Altar. Grablegungschristus im Gruftaltar.
Abtei Benediktbeuern
Abt Johannes Halbherr
1623–
1628
T
Polling
Augustiner-Chorherrenstift
Stiftskirche
St. Salvator
1623 Verding des Hochaltars, neun Nebenaltären und einem Ölberg an Bartholomäus Steinle.
Ausführung aller Altäre bis 1626.
Erhalten:
Hochaltar, Marienaltar, Augustinusaltar, alle mit Veränderungen 1763 durch Johann Baptist Straub.
Die weiteren sieben Altäre und der Ölberg sind nicht erhalten.
Augustiner-Chorherrenstift
Polling
Propst Kilian Westenrieder
1624–
1628
T
Weilheim
Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt
Steinle leitet den Neubau der Stiftskirche als «Baudirektor». Er ist damit leitender Vertreter der Bauherrschaft und Organisator aller Gewerke. Bauausführung durch Baumeister Georg Praun. Von der Erstausstattung mit Altären (vermutlich Werkstatt Steinle) ist nichts mehr erhalten. Magistrat der Stadt Weilheim
1626–
1627
Ø
Beuerberg
Augustiner-Chorherrenstift,
Stiftskirche
Steinle leitet die Barockisierung der Stiftskirche. Nach dem Einsturz des Langhauses 1628 wird sie  durch Isaak Pader und Jonas Schaidhauf 1629–1630 neu gebaut. Der Stuck im Chor stammt vielleicht noch aus der Umbauphase mit Beteiligung Steinles. Steinle wird auch der Entwurf des Hochaltars zugeschrieben, der den Einsturz übersteht. Augustiner-Chorherrenstift
Beuerberg
Propst Eberhard Mayr

 

In der Stadtpfarrkirche von Tölz (Bad Tölz) ist die Gruppe der Mariä Himmelfahrt aus dem im 19. Jahrhundert abgebrochenen Hochaltar (1611) von Steinle noch erhalten.
Foto: G. Freihalter 2019.
Bartholomäus Steinle ist Holzbildhauer in Weilheim. Hier arbeiten von 1600 bis um 1630 die wichtigsten Altarbaukünstler, bevor die Verheerungen des Dreissigjährigen Krieges die kurze Blütezeit beenden. Die Auftraggeber Steinles sind vorwiegend Prälaten der umliegenden Klöster. Nur das  frühe Hauptwerk Steinles, der Hochaltar in der Zisterzienser-Abteikirche Stams, den er 1611 und 1612 erstellt, liegt in grösserer Distanz. Fast alle seine noch heute erhaltenen Figuralplastiken in der Art des «volkstümlichen Manierismus» sind Bildwerke aus meist schon früh zerstörten Altarretabeln. Einzig in der Stiftskirche Polling bei Weilheim sind drei weitere Altäre erhalten. Steinle könnte auch Entwerfer von Stuckaturen sein. Er ist aber kein Entwerfer von Bauwerken.
Toelz
Land (heute)
Bayern D
Bistum 18. Jahrhundert
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Land (heute)
Bayern D
Bistum 18. Jahrhundert
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