1612-1646 Hofbaumeister in Salzburg
Herkunft aus der Valle Intelvi
Santino wird 1576 als Sohn der Eheleute Cristoforo Solari und Margherita Valnegra in Verna geboren. Verna liegt im Val d'Intelvi (italienisch «la Valle Intelvi»). Das Hochtal zwischen Comersee und Luganersee, in der heutigen Provinz Como, ist Heimat berühmter Baumeister-, Steinhauer- und Stuckateurfamilien. Aus dem kleinen Dorf Verna, das direkt über dem Luganersee liegt, stammen die Bertoletti, Solari und Valnegra.[1] Auch der spätere kaiserliche Hofbaumeister Giovanni Battista Carlone ist ein nur wenig jüngerer Dorfgenosse von Santino Solari, denn er ist nicht in Scaria, dem Dorf der Carlone, sondern in Verna geboren.[2]
Ausbildung
Um 1587/88 beginnt Santino eine Lehre bei einem Meister seines Tals, der im Sommerhalbjahr in Österreich tätig ist. Wahrscheinlich ist es ein in Graz tätiger Verwandter aus Verna, wie der bekannte Baumeister Pietro Valnegro[3] aus der Verwandtschaft der Mutter, vielleicht auch der gleichzeitig in Graz tätige Bildhauer und Baumeister Giovanni Bertoletti.[4] In einer späteren Porträtinschrift wird er als «Statuarius idem et Architectus praestans», das heisst als Bildhauer und gleichzeitig überragender Baumeister bezeichnet. Dies lässt vermuten, dass er die Lehre als Bildhauer und Stuckateur abschliesst, wie dies auch für Bernini oder Borromini zutrifft. Für die späten 1590er-Jahre wird ein Aufenthalt in Mailand und Rom vermutet. Zwar sind an beiden Orten um diese Zeit Bildhauer und Baumeister mit dem Namen Solari bekannt, da aber ein Familienstamm der Solari auch aus Carona im Tessin stammt, können verwandtschaftliche Beziehungen nicht nachgewiesen werden. Sicher kennt er Rom gut. Er kann später ein Haus in Rom vererben,[5] zudem verfügt er in seinem Testament die Lesung von 30 Messen in San Gregorio dei Muratori und 15 Messen in San Lorenzo in Lucina.
1600 ist er als Geselle bei Sebastiano Carlone[6] in Graz und Seckau aktenkundig.
Hofbaumeister in Salzburg
Es ist nicht bekannt, wann Solari in Salzburg tätig wird. Andrea Bertoletti,[7] Bruder des in Graz tätigen Giovanni, ist seit 1591 Hofbaumeister des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau.[8] Nach Bertolettis Tod 1596 wird Elia Castello Hofbaumeister.[9] Dieser stirbt schon 1608. Spätestens 1610 dürfte sich Solari, gerufen durch den am Hof tätigen Giacomo Bertolotti,[10] in Salzburg aufhalten. Unter der Regierung von Wolf Dietrich sind um diese Zeit Neubauten im Gange, die den Beginn eines eigentlichen Stadtumbaus bedeuten. Seit 1588 ist das grosse Neugebäude gegenüber dem alten Bischofshof im Bau. Unter den Hofbaumeistern Bertoletti und Castello beginnt der etappenweise Neubau der Residenz, die an Stelle des alten Bischofshofes gebaut wird. Der alte Hofmarstall wird ausgelagert und bis 1607 durch einen palastähnlichen Neubau im «Frauengarten» ersetzt.[11] 1608 sind Residenz und Neugebäude schon weitgehend gebaut. Eine völlig neue Ausgangslage für den Stadtumbau ergibt sich nach dem Brand der Domkirche 1598, vor allem nach ihrem Abbruch 1606. Für den geplanten Neubau ist schon Anfang 1604 auch der Architekturtheoretiker Vinzenzo Scamozzi in Salzburg anwesend.[12] Seine Entwürfe, eine Art Palladio-Basilika, werden von Wolf Dietrich verworfen. 1611 beginnt der Fürsterzbischof einen bescheideneren Domneubau, wahrscheinlich nach eigenen Plänen und mit Hilfe eines herbeigerufenen wälschen Baumeisters. Ist dieser wälsche Baumeister Santino Solari? Mit der bayrischen Gefangennahme und Einkerkerung des baufreudigen und architekturerfahrenen Wolf Dietrich von Raitenau auf der Feste Hohensalzburg endet diese erste Bauphase des neuen Doms noch im gleichen Jahr.
1612 wird sein Cousin und Rivale Markus Sittikus von Hohenems zum Erzbischof gewählt.[13] Den offensichtlich schon gut eingeführten Santino Solari ernennt er wenige Monate später zum Hofbaumeister. Das Jahresgehalt wird mit 40 Gulden festgelegt.[14]
Hellbrunn
Das Lustschloss Hellbrunn ist das erste völlig neue Projekt, das Solari für Erzbischof Markus Sittikus verwirklicht. Er formt ein schon bestehendes, turmartiges Lusthaus in eine klassische «villa suburbana» nach Vorbildern der italienischen Renaissance um, indem der den bestehenden Bau beidseitig verlängert, mit Eckrisaliten betont und einen grosszügigen Ehrenhof in der Zufahrtsachse ausbildet. Vorbilder sind römische Landvillen der späten Renaissance mit ihrer einfachen Architekturgliederung, wie die Villa d'Este in Tivoli oder die Villa Aldobrandini in Frascati.[15] Auch der in der gleichen Tradition gebaute und soeben erweiterte Familienpalast in Hohenems hat Einfluss.[16] Mit Fra Arsenio Mascagni gewinnt Markus Sittikus einen hervorragenden italienischen Künstler für die Ausstattung. Es dürfte die erste «villa suburbana» nördlich der Alpen sein. Einmalig sind in Hellbrunn aber vor allem die Gärten mit ihren Grotten und Wasserspielen. Hier scheint die Villa Visconti Borromeo in Lainate das direkte Vorbild zu sein.[17] Mit der Garten- und Schlossanlage von Hellbrunn setzen sich der Erzbischof und sein Baumeister ein erstes bleibendes Denkmal, das bis heute im Originalzustand erhalten ist.
Neubau des Salzburger Doms
Die neue Domkirche ein Werk von Santino Solari. Bis und mit der Altarausstattung liefert er alle Pläne, organisiert und überwacht den Bau. Die undurchführbaren Entwürfe von Scamozzi und der von Wolf Dietrich von Raitenau begonnene Bau bieten ihm wahrscheinlich Anregungen. Diese alten Projekte dürfen aber nicht weiter verfolgt werden. Markus Sittikus von Hohenems will keine Verknüpfung mit dem Namen des Vorgängers. Selbst die 1611 erstellten Grundmauern des Domes von Wolf Dietrich müssen abgebrochen werden. Markus Sittikus will im Domneubau eine Erinnerung an die abgebrochene zweitürmige romanische Basilika sehen, vor allem aber die Empfehlungen seines Onkels Karl Borromäus zum Kirchenbau befolgen und die ihm gut bekannte römische Kirchenbaukunst für seine Domkirche anwenden.[18] 1614 wird der Neubau begonnen. Schon 1619 stirbt der Fürsterzbischof. Sein Nachfolger Paris Graf Lodron führt den Bau zügig fort.[19] Solari setzt für den Innenraum und die Fassade Stuckateure und Bildhauer aus dem Val d'Intelvi ein.[20] Anwesend ist von 1615 bis 1625 auch der Konstanzer Bildhauer Hans Konrad Asper.[21] Als Maler und Freskant ist wieder Fra Arsenio Mascagni tätig.[22] Als Mitarbeiter von Frau Arsenio ist der Sohn Ignazio Solari an den Fresken und Altargemälden mitbeteiligt.[23] Schon 1628 ist Domweihe. 1635 ist der Innenausbau vollständig vollendet.
Der Salzburger Dom ist der bedeutendste Sakralbau vor dem Dreissigjährigen Krieg in den Grenzen des Alten Reichs. Er wird zu einem Vorbild für den nun einsetzenden barocken Kirchenbau nördlich der Alpen.
Einsiedeln
1615 schliesst Solari einen ersten Vertrag mit dem Einsiedler Abt Augustin Reding von Biberegg für die Neueinkleidung der mittelalterlichen Gnadenkapelle von Einsiedeln. Erzbischof Markus Sittikus übernimmt die hohen Kosten für die neuen Fassaden in Marmor und Alabaster. Hans Konrad Asper liefert die Figuren. Nach dem Tod des Erzbischofs gerät das Unternehmen ins Stocken. Erst 1634 wird es dank der weiteren Kostenübernahme durch den Bruder von Markus Sittikus, Kaspar von Hohenems, vollendet. Das schöne Bauwerk am Übergang zum Barock wird 1798 durch französische Revolutionstruppen zerstört. Nachbildungen der Kapelle Maria Einsiedeln in Rastatt[24] und Schlackenwerth zeigen die hohe Qualität der Architektur.
Weitere Bauten 1612–1619
Eine zeitgenössische Aufzählung der Bauwerke während der Regierungszeit von Fürsterzbischof Markus Sittikus umfasst 22 Bauobjekte. Baumeister oder Künstler werden, wie damals üblich, nicht erwähnt. Solari ist als Hofbaumeister an allen Objekten mitbeteiligt, plant die Gebäude meist bis zur Ausstattung und leitet die Baustellen. Einzelne der 22 erwähnten Bauwerke sind zwar einfache Torbauten für die Stadtbefestigung. Aber bereits die Übernahme der noch nicht vollendeten Bauwerke des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau stellt hohe Anforderungen. Darunter fallen grössere Teile der Residenz. Solari baut hier den Nordflügel des Haupthofes zum Marktplatz und stockt den Westflügel auf. Er hält sich immer an die städtebaulichen Vorgaben von Wolf Dietrich, hinter denen Scamozzi[25] vermutet wird. Von den in der zeitgenössischen Liste erwähnten Sakralbauten können Solari die Kirchen in Wagrain, Radstadt und Untertauern zugesprochen werden. Er ist auch Baumeister des 1669 durch einen Bergsturz verschütteten Spitals mit der Markuskirche, dem Standort des späteren Ursulinenklosters. Ein weiteres für Solari gesichertes Gebäude ist der 1618 begonnene Gymnasiums- und Kollegbau mit dem Sacellum zu Ehren von Karl Borromäus. Später integriert er dieses Gebäude in die Universitätsneubauten.
Festungsbaumeister von Paris Lodron
Der Nachfolger des 1619 verstorbenen Fürsterzbischofs Markus Sittikus, Paris Lodron, kann dank kluger Diplomatie das Land im Dreissigjährigen Krieg neutral halten. Gleichzeitig beginnt er mit einer neuen Stadtbefestigung, die Salzburg uneinnehmbar machen soll. Solari zeigt sich dabei auch als überragender Festungsbaumeister. Er baut die Salzburger Festungswerke 1621–1635. Für die Planung reist er 1622 nach Wien. Der dort entwerfende kaiserliche Hofingenieur soll ein hohes Honorar gefordert haben.[26] Vielleicht betrifft diese Reise die Prüfung der vorhandenen Planung durch einen kompetenten Militär-Ingenieur. Solari wird dabei in Wien auch den kaiserlichen Hofbaumeister Carlone, seinen Dorfgenossen, zu einem Erfahrungsaustausch getroffen haben. Sicher macht er sich gleichzeitig mit den neuesten venezianischen Festungstheorien vertraut.[27] Die Grundlagen für Planung und Bau an Ort muss er sich ja vor Ort schaffen. Der Merian-Stich von 1644 zeigt die lodronsche Befestigung, von der heute nur noch wenig zu sehen ist.
Werke der Zivilbaukunst 1619–1646
Erzbischof Graf Lodron ist wie seine Vorgänger auch Mäzen bedeutender Bauvorhaben, die er alle durch Solari ausführen lässt. Er bekundet gegenüber seinem Hofbaumeister eine grosse Wertschätzung, was sich auch 1623 mit der Schenkung mehrerer Grundstücke am Michaelplatz, dem heutigen Mozartplatz zeigt. Schon unter Markus Sittikus hat Paris Lodron mit Solari zusammengearbeitet. Nebst dem laufenden Domneubau, den Paris Lodron 1628 einweiht, lässt er durch Santino Solari die neuen Universitätsbauten als Erweiterung des 1621 fertiggestellten Kollegbaus und Gymnasiums erstellen. In Villa Lagarina, seinem Heimatort, überträgt er Solari wichtige Bauvorhaben. Eindrücklich ist hier der Anbau der überkuppelten Rupertuskapelle an die Pfarrkirche. Wichtige Bauten in Salzburg sind auch die privat von Paris Lodron erstellten Gebäude der Primo- und Sekundogenitur-Stiftungen am Mirabellplatz. Einen letzten Sakralbau erstellt Solari in Taxenbach. Die Kirche wird wie die beiden Salzburger Stiftungsgebäude im 19. Jahrhundert durch Neubauten oder Umbauten zerstört.
Jesuitenkirche Innsbruck
Der Beizug von Santino Solari für ein Gutachten zum 1626 erfolgten Einsturz der Innsbrucker Jesuitenkirche zeigt das hohe Ansehen des Baumeisters auch ausserhalb des Erzstifts. Er wird zusammen mit dem Augsburger Stadtbaumeister Elias Holl nach Innsbruck eingeladen. Die eingestürzte Kirche ist eine Wandpfeilerhalle und stellt eine vergrösserte Kopie der Jesuitenkirche Dillingen dar. Die Ursache für den Einsturz sind bauliche Mängel und eine falsche Dachstuhlausführung, nach heutigen Erkenntnissen vor allem aber eine ungenügende Planungs- und Bauorganisation der leitenden Jesuiten.[28] Das Gutachten erläutert Massnahmen für eine sichere Schadensbehebung. Es ist deshalb erwähnenswert, weil der Bauherr trotzdem einen völligen Neubau beschliesst. Dieser ist eine verkleinerte Annäherung an den Salzburger Dom, ohne die kleeblattartigen Querschiffs- und Chorapsiden und nur mit zwei Langschiffjochen, aber mit Basilikaquerschnitt, Tambourkuppel und Zweiturmfassade. Der bauleitende Jesuit und der Baumeister dieses Neubaus reisen 1627, nach Baubeginn, zu Solari nach Salzburg und dann nochmals 1631 vor der Kuppelausführung.[29] Sie lassen sich von ihm beraten. Die Vermutung von Brigitte Schneider-Prettner (Dissertation 1985) geht sogar dahin, dass Solari auch Entwerfer der neuen Jesuitenkirche Innsbruck ist. Auch wenn diese fundierte Annahme nicht zutreffen sollte, kann die Innsbrucker Jesuitenkirche trotzdem als erster Nachfolgebau des Salzburger Doms bezeichnet werden.
Solari als Altarbauer
Die erste Nennung von Solari erfolgt 1600 als Mitarbeiter von Carlone für einen Altar in der Stiftskirche Seckau. Solari gilt als Entwerfer der Altäre in allen seinen Kirchen. Gemeinsam ist das Ädikula-Motiv der Retabel, das Solari auch für Portale und Triumphbögen anwendet. Das Motiv wird auch in der zeitgenössischen Literatur ausführlich behandelt. Die Ausführung besorgen Bildhauer wie Conrad Asper oder Hans Waldburger, die aber im Gegensatz zu Solari oder dem Maler Fra Arsenio Mascagni nie erwähnt werden. In Dorfkirchen lässt er auch gefasste Holzaltäre anfertigen. Ein Höhepunkt ist der Hochaltar mit den seitlichen Epitaphien in Chor des Salzburger Doms.
Familie und Vermächtnis
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Literatur: Schallhammer, Anton Ritter von: Der Baumeister Santino Solari in: Beschreibung der bischöflichen Domkirche zu Salzburg. Salzburg 1859. |
Wallentin, Ingeborg: Der Salzburger Hofbaumeister Santino Solari (1576–1646) in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Salzburg 1994. |
Lippmann, Wolfgang: Der Salzburger Dom 1598–1630, Weimar 1999. |
Codroico, Roberto: Santino Solari (1576–1646), in Quaderni del Borgoantico-7. Rovereto 2006. |
Rüdiger, Julia: Solari, Santino, in Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 547. |
Anmerkungen:
[1] Zum Val d'Intelvi siehe den Ausschnitt aus der Dufourkarte 1855.
[2] Giovanni Battista Carlone (um 1580–1645), Hofbaumeister von Kaiser Friedrich II. in Wien 1620–1635. Er bezeichnet sich im Testament als aus Verna gebürtig. Siehe zu ihm Artisti Italiani Austria. Mit Ausnahme dieses kaiserlichen Hofbaumeisters stammen aber alle Carlone aus Scaria.
[3] Pietro Valnegro (Lebensdaten unbekannt) aus Verna ist von 1589 bis 1640 als Baumeister in Graz tätig. Er arbeitet mit Giovanni Pietro de Pomis zusammen. In Graz vollendet er nach 1633 das kaiserliche Mausoleum und das Schloss Eggenberg.
[4] Giovanni Bertoletti (um 1550–1613) aus Verna, Bildhauer und Baumeister in der Steiermark, teilweise gemeinsam mit seinem ab 1578 im Gebiet des Erzstifts Salzburg tätigen Bruder Andrea Bertolotti. Er baut 1606–1613 das äussere Paulustor in Graz.
[5] Der Sohn Johann Baptist Solari verkauft 1657 ein geerbtes «Locorum Montium» in Rom für 1657 Fiorini an die Gräfin Caterina Lodron.
[6] Sebastiano Carlone (um 1650–nach 1612), aus Scaria im Val' Intelvi, Bildhauer, Stuckateur und Baumeister. Seine Lebensdaten sind nicht erforscht. Er gehört zum Grazer Carlone-Kreis, der mit der verwandten Leobener Linie der Carlone zusammenarbeitet. 1584–1612 ist er Hofbildhauer von Erzherzog Karl II. in Graz. Sein Hauptwerk ist das Mausoleum für den Erzherzog in der Abteikirche von Seckau.
[7] Andrea Bertoletti der Ältere (um 1540–1596) aus Verna, Baumeister, ist seit 1578 im Gebiet des Bistums Salzburg tätig und wird von Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau 1591 zum Hofbaumeister ernannt. Giovanni Domenico Solari, der jüngere Bruder von Santino, heiratet später Francesca, die Tochter von Andrea Bertoletti.
[8] Wolf Dietrich von Raitenau (1559–1617). 1587–1612 Fürsterzbischof von Salzburg. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.
[9] Elia Castello (1572/78–1602/08) aus Melide im Tessin. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.
[10] (Giovanni) Giacomo Bertoletti (um 1570–nach 1610), auch Jacopo genannt. Der Bildhauer und Stuckateur ist einziger Sohn von Andrea. Er arbeitet mit dem Vater in Salzburg und setzt nach 1596 die Arbeiten in der Residenz fort. 1600 signiert er die Stuckaturen der Gabrielskapelle auf dem Sebastiansfriedhof. 1610 stellt ihm die Hofkammer ein Pferd für die Reise nach Verna zur Verfügung, mit der Bitte, in der Heimat Stuckateure zu rekrutieren.
[11] Hofstallgebäude, heute Festspielhaus /Felsenreitschule an der Hofstallgasse.
[12] Vincenzo Scamozzi (1548–1616), Landsmann und Schüler von Palladio. Sein 1615 erschienenes Werk «L’idea della Architettura universale» ist eine Zusammenfassung der Werke von Serlio und Palladio und eine Absage an den Frühbarock, wie dies auch sein Idealentwurf des Salzburger Doms (1606 und 1607) darstellt. Mehr zu ihm und seiner Bedeutung siehe «Wege 1: Traktate» in dieser Webseite. Mehr zum Entwurf Scamozzi 1604/08 siehe «Salzburg, Domkirche hll. Rupert und Virgil» in dieser Webseite.
[13] Markus Sittikus von Hohenems (1574–1619), auch Marcus Sitticus, 1612–1619 Fürsterzbischof von Salzburg. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.
[14] Das Gehalt ist ein Nettogehalt, denn Verpflegung und Unterkunft werden vom Hof gestellt. Solari wohnt bis 1620 im Linzerviertel der rechtsufrigen Vorstadt. Er hat einen Garten mit Sommerhaus an der Loretogasse und ein Quartier am Linzertor. Solari erhält den Tisch an der Offizierstafel in der Alten Thürnitz. Obwohl er als freier Baumeister weiteres Einkommen erzielen kann, ist die Besoldung verhältnismässig hoch angesetzt. Höher werden in der Baumeisterei des Hofes nur die Künstler besoldet. 1615 wird Fra Arsenio Mascagni mit 50 Gulden Jahresgehalt aufgeführt. Nur wenige Adelspersonen am Hof werden besser entschädigt. Ausnahmen sind Jahresgehälter von 100 Gulden für den Weihbischof. Ausreisser sind der Kammerpräsident und spätere Fürsterzbischof Paris Graf Lodron mit (1619) 250 Gulden, und der 24-jährige Neffe von Markus Sittikus, Jacob Hannibal von Hohenems, mit 500 Gulden Jahresgehalt.
[15] Die Nennung deshalb, weil Markus Sittikus von Hohenems die beiden Villen und ihre Gärten kennt. In der erst 1598 erstellten Villa Aldobrandini (Giacomo della Porta und Carlo Maderno) hält er sich 1601 sogar auf. Beide Villen haben allerdings über dem Sockelgeschoss drei Geschosse und sind damit höher als Hellbrunn. Der in Hellbrunn durch eine Aussentreppe erschlossene Piano Nobile und sein Grundriss zeigen auch Kenntnisse der von Scamozzi veröffentlichten Traktate Serlios (1584, Venedig).
[16] Palast in Hohenems, erbaut 1562–1567 durch Martino Longhi und 1603–1601 erweitert.
[17] Die Herrschaft Visconti Borromeo in Lainate bei Mailand liegt nahe der Herrschaft Gallarate der Altemps, die den Hohenemsern als Stützpunkt ihrer Geschäfts- und Kavalierreisen dient und in der sich auch Markus Sittikus von Hohenems noch 1606 mehrere Monate aufhält. Verwandtschaftliche Beziehungen zu den Visconti Borromeo und die damalige Attraktivität des heute mehrheitlich zerstörten Gartens lassen eine Kenntnis des Gartens durch Markus Sittikus vermuten.
[18] Markus Sittikus von Hohenems ist 1584–1586 und 1594, 1601 und 1604 wieder in Rom. Er hält sich 1594 auch in Madrid auf. Die römischen Bauwerke der ausklingenden Renaissance und ihrer Baumeister Vignola, Fontana und Maderno könnte er deshalb kennen. Auch die Kirche des Escorials in Madrid muss ihm bekannt sein. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Baukunst darf man von ihm allerdings nicht erwarten. Mehr dazu siehe in der Biografie von Markus Sittikus von Hohenems in dieser Webseite. Eher haben die Kirchenbauempfehlungen seines Onkels Karl Borromäus (Carlo Borromeo) Einfluss. Sie prägen den Frühbarock im Norden, denn er empfiehlt Kirchen mit Querschiff, vor allem aber zahlreiche grosse Fenster mit weissen Gläsern, um eine helle Kirche zu erreichen. Das letztere ist eine Forderung, die in den gotischen Hallenkirchen des Nordens schon erfüllt ist, dem damaligen römischen Kirchenbau aber nicht entspricht.
[19] Paris (Paride) Graf von Lodron (1586–1653) aus Castelnouvo di Noarna im Trentino. 1619–1653 Fürsterzbischof von Salzburg. Zu ihm siehe die Biografie in dieser Webseite.
[20] Die Stuckateure und Bildhauer (Orsolini, Passerini, Rapa) stammen aus Ramponio, dem Nachbardorf von Verna im Val'd Intelvi.
[21] Hans Konrad Asper (1588–1666) aus Zürich, in Konstanz tätig, wird von Markus Sittikus 1615 nach Salzburg berufen. Zu ihm siehe die «Asper, Hans Konrad» im Lexikon zur Kunst in der Schweiz.
[22] Donato Arsenio Mascagni (um 1570–1637) ist unter dem Klosternamen Fra Arsenio Mascagni bekannt. Der Florentiner Servitenmönch arbeitet 1616–1619 vorerst für Markus Sittikus in Hellbrunn und 1624–1627 für Paris Graf Lodron im Dom.
[23] Von Ignazio Solari sind die Lebensdaten nicht erforscht. Er dürfte nach 1616 bei Fra Arsenio die Lehre begonnen haben. Zu ihm siehe die Biografie in A.I.A. Gleichzeitig ist sein Cousin Antonio Solari auch in Salzburg tätig. Verwechslungen sind üblich.
[24] Sie wird dort mit dem kaum aussprechbaren Namen Einsiedelner Kapelle bezeichnet. Siehe den Beschrieb zur Kapelle Maria-Einsiedeln in Rastatt in dieser Webseite.
[25] Mehr zu den städtebaulichen Massnahmen von Fürsterzbischof Wolf Dietrich siehe in dessen Biografie in dieser Webseite.
[26] Anton Ritter von Schallhammer schreibt 1859, dass Solari 1622 nach Wien gesandt wird, wofür er 145 Gulden Reiseentschädigung erhält, der dortige kaiserliche Ingenieur soll dann allein für den Entwurf mit 1400 Gulden entschädigt worden sein. Die Reise und der Entwurf durch einen kaiserlichen Kriegsingenieur mögen zutreffen, die Vergütung des unbekannten Ingenieurs kann nicht stimmen. Zahlungen für reine Planungen sind in dieser Höhe im 17. Jahrhundert unbekannt.
[27] Ein Baumeister des frühen 17. Jahrhunderts muss sich mit der Lehre der Festungen auseinandersetzen. Vorherrschend ist die venezianische Fortifikationslehre. Sie ist um 1600 auch in Traktaten stark präsent. Im Unterschied zum Traktat des Daniel Specklin (Strassburg 1599) erscheinen gleichzeitig mehrere Traktate in Venedig (Buonaiuto Lorini 1597, Pietro Sardi 1618, Francesco Tensini 1624). Mit Sicherheit sind diese Bücher für Santino Solari zugänglich.
[28] Leitend ist wie in Dillingen der berühmte Mathematiker P. Christoph Scheiner SJ. Planer ist Johann Matthias Kager. Baumeister ist anfänglich Hans Alberthal. Zu den Beteiligten siehe den Beitrag Jesuitenkirche Dillingen in dieser Webseite. Zum Bauablauf 1619–1626 siehe Joseph Braun: Die Kirchenbauten der deutschen Jesuiten, Freiburg 1910, Seite 162–168.
[29] Bauleitender Jesuit ist seit 1621 Pater Karl Fontaner SJ (*1579) in Kaltern, Südtirol. Er tritt 1636 noch vor der Kirchenfertigstellung, aus dem Orden aus. Ausführender Baumeister ist Adrian Pfefferle aus Bichlbach im Tiroler Lechtal.
[30] Die Kinder stammen aus zwei Ehen. Die erste Ehefrau Laura (gemäss Totenbuch) stirbt 1628 bei der Geburt der Tochter Victoria. 1630 heiratet Solari Anna Maria Andorfer von Landsberied (†1668). Aus erster Ehe stammen die Kinder Ignazio (†1650), Johann Baptist (1615–1673), Anna Maria (~1617–1667), Christoph (1621–1675) und Erentrudis (~1627–1691). Aus der zweiten Ehe ist noch Maria Johanna (1633–1703) am Leben. Taufpaten sind abwechselnd der Hofgeheimrat und Domkapitular Thomas Perger von Emslieb oder seine Ehefrau Anna Maria.
[31] Das Testament und die Legate Solaris werden in Schallhammer 1859 ausführlich beschrieben.
[32] Das Wappen zeigt zwei ins Kreuz gelegte Haken, unten und oben von zwei sechsstrahligen Sternen begleitet. Eine unter dem Schild offenbar später hinzugefügte Marmortafel verwechselt die korrekten Altersangaben auf dem Gemälde von 1632 (Fra Arsenio Mascagni ?) mit dem Todesalter («obiit aetatis sue 56»).
[33] SANTINVS SOLARIVS HIC EST COMO APVD INSVBRES ORIVNDVS, STATVARIVS IDEM ET ARCHITECTVS PRAESTANS: QVI(D) ET PALATIA HORTOSQUE PRINCIPIS, MARMORE GYPSOQUE ANIMAVIT, ET HANC BASILICAM A FVNDAMENTIS EDVXIT. IDEM TOTVM SALISBVRGVM PROPVGNACVLIS AGGERIBVSQUE MVNIVIT. TV PRO SANTINO ORA, QVI TE BASILICA PIVM, MVNIMENTIS SECVRVM FECIT. // ANNO MDCXXXII. AETATIS SVA LVI. // OBYT ANNO MDCXLVI, X. DIE APRILIS.
Die Inschrift dürfte, wie auch beim gleichzeitigen Porträt von Arsenio Mascagni, erst später entstanden sein. Darauf weist vor allem der jeweils letzte Satz im Text hin, der bei einem noch lebenden Künstler nicht angebracht worden wäre.
Sie könnte wie folgt übersetzt werden:
«Santino Solari, aus Como in der Lombardei stammend, vortrefflicher Bildhauer und Baumeister, Schöpfer fürstlicher Gärten sowie von Werken in Marmor und Stuck, Erbauer der von Grund auf neu errichteten hiesigen Domkirche. Auch die Salzburger Verteidigungs-Bollwerke sind sein Werk. Angesichts Santino, der für dich die Domkirche gottesfürchtig baute und die Stadtbefestigung sicher machte, bete für ihn.»
«Anno 1632, im Alter von 56 Jahren. / Verstorben am 10. April 1646».
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Werke von Santino Solari
Nach Ingeborg Wallentin.
Es sind nur Neubauten und grössere Umbauten, ohne reine Ausbauten und ohne reine Planungen oder Beratungen aufgenommen.
G: Gesichert aufgrund von Quellen
Z: Zuschreibung aufgrund seiner Stellung als Hofbaumeister oder nach stilistischen Kriterien
1. Werke der Zivilbaukunst 1612–1646 |
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2. Werke der Ingenieur- und Festungsbaukunst 1613–1646 |
Jahr | Ort | Bauwerk | Bauherr | G | Z | ||
1613– 1646 |
Unken, Kniepass-und Steinpass Strasse Lofer–Reichenhall | Erweiterung der Kniepass-Strasse und Neubau der Festung auf dem Kniepass. Ausbau des Steinpasses. |
Markus Sittikus Paris Lodron |
x | |||
1621 | Pass Strub und Pass Luftenstein bei Lofer | Passbefestigungen. | Paris Lodron | x | |||
1621– 1645 |
Salzburg Lodronsche Stadtbefestigung
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Rechtsufrige Befestigung zum Schutz der nördlichen Vorstadt mit der im 19. Jh. abgebrochenen Mirabellbastion (vier Basteien und Schanzen). Umgürtung des südlichen Kapuzinerbergs mit Felixpforte. Linksufrige Stadtbefestigung mit Einbezug der Feste Hohensalzburg (Schartentor, Katze, Lodronbogen, Schleudergang, Hasenbastei). Müllner Schanze mit Monika-Tor. Ursulinenmauer mit Sternschanze. Neue Stadttore: Michaelstor, Virgiltor, Steintore, Kajetanertor.
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Paris Lodron | x | |||
1625– 1641 |
Werfen Festung Hohenwerfen |
Ausbau der Burg (Bau des 16. Jahrhunderts) zur Festung. | Paris Lodron | x | |||
1626 | Pass Lueg bei Golling | Passbefestigung. Heute zerstört. | Paris Lodron | ||||
1627– 1638 |
Neumarkt am Wallersee Kirchenstrasse 5 |
Schanze und Torhaus. Neubau. | Paris Lodron |
x | |||
1628 |
Salzburg Befestigungsanlagen |
Zeugwartstöckl und Michaelstor (dieses 1867 abgerissen). | Paris Lodron | ||||
1629 | Mandlingpass Radstadt | Schanzenbau an der Landesgrenze. | Paris Lodron | x | |||
1629 | Salzburg Kapuzinerberg 9 |
«Franziskischlössl» (Teil der Wehranlage), heute Gasthaus. | Paris Lodron | x | |||
1633 | Mühldorf am Inn | Stadtbefestigung. | Paris Lodron | x | |||
1635 |
Lengfelden (Bergheim) | Paris-Lodron-Brücke über die Fischach. 1963 zerstört. | Paris Lodron | x |
Geänderte Strassen- und Platzbezeichnungen
In neuerer Zeit sind viele alte Strassen- und Platznamen Salzburgs modisch und wenig geschichtsbewusst geändert worden, hier die im Text vorkommenden, geänderten Namen.
Vergleichende Übersicht zur Werkliste Solari gemäss Strassenverzeichnis 1803
Heutige Bezeichnung | Alter Name 1803 |
Alter Markt | Marktplatz |
Churfürstenstrasse | Marktgasse, Verbindungsgasse von Marktplatz zur Kirchgasse. |
Ferdinand-Hanusch-Platz | Fleischbankplatz am Gries / Schifflände |
Franz-Josef-Kai | Ursulinengasse |
Hagenauerplatz | Fischmarkt (Fischmarktbrunnen aber am Fleischbankplatz!) |
Herbert-von-Karajan-Platz | Heumarkt bis 1800, dann Heuwaagplatz , im späteren 19. Jh. Sigmundplatz. |
Max-Reinhardt-Platz | Kein Platz, Lage der Städtischen Markthütte an der Hofstallgasse. |
Mozartplatz | Michaelsplatz |
Paris-Lodron-Strasse | Lorettogasse |
Sigmund-Haffner-Gasse | Kirchgasse |
Universitätsplatz | Im 18. Jahrhundert noch Collegien-Gasse und Collegienplatz, 1803 bereits Universitätsplatz. |
Wiener-Philharmoniker-Gasse | Modegasse im 18. Jahrhundert, Marktgasse 1873–1963 |
Wilhelm–Furtwängler-Garten | Botanischer Garten der Universität. |
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