Francesco Marazzi (ca. 1670–1724)

«Churbayerischer Stuckador»

Über Francesco Marazzi ist wenig bekannt. Geboren wird er 1670/1672 in Mendrisio zwischen Luganer See und Como.[1] Die Lehre macht er beim Tessiner Stuckateur Giovanni Prospero Brenno (Brenni) aus Salorino, der im Umkreis von Enrico Zucalli am Münchner Hof tätig ist. Nach 1695 arbeitet er erstmals mit Peter Franz Appiani aus Porto Ceresio zusammen. Sie stuckieren im Trupp von Nicolò Perti im Neubau von Fürstenfeld. In den Fussstapfen des erfolgreichen Appiani und von Zuccalli gefördert schafft es Marazzi bis zum kurbayrischen Hofstuckateur. Über seine Tätigkeit der Jahre 1704 bis 1708 ist nichts bekannt, dafür sind 1709 und 1710 gleichzeitige Stuckarbeiten auch ausserhalb Kurbayerns nachgewiesen, die auf eine gut organisierte Werkstatt hindeuten. Er stirbt am 10. Februar 1724 «solitus» (unverheiratet) in München. Er könnte Onkel des seit 1724 in Waldsassen ansässigen Paolo Marazzi sein, ist aber sicher mit ihm verwandt.

Pius Bieri 2008

Benutzte Literatur:
Dischinger, Gabriele und Vollmer, Eva Christina: Irsee, Heft 30 Schwäbische Kunstdenkmale, Weissenhorn 2003.
Vollmer, Eva Christina: Die Ausstattung von Kirche und Kloster Irsee, in: Das Reichsstift Irsee, Band 7 der Beiträge zur Landeskunde von Schwaben, Weissenhorn 1981.

Anmerkung:

[1] Er wird in der Literatur noch immer als von Como gebürtig bezeichnet. Zudem wird Marazzi, im freizügigen Umgang der barocken Chronisten mit italienischen Namen, als «Sig. Francesco Mazzarri, Comensis Mediolanensis Itali» aufgeführt. Mazzarri (Como) geistert deshalb auch in neueren Forschungen noch immer herum.

  Francesco Marazzi (ca. 1670–1724)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  um 1670 Mendrisio     Tessin CH  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Eidgen. Vogtei Mendrisio     Como  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  10. Februar 1724 München     Bayern D  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Kurfürstentum Bayern     Freising  
  Kurzbiografie        
 

Francesco Marazzi ist einer der Stuckateure aus dem Gebiet der oberitalienischen Seen, der im Umkreis der Misoxer Baumeister Zuccalli und Viscardi in München tätig wird und sich dort auch niederlässt. Seine Stuckaturen sind von Nicolò Perti und Peter Franz Appiani beeinflusst. Um 1709 (Irsee) treten zurückhaltend Akanthuszweige, Lorbeergirlanden und andere Pflanzenmotive als Vorboten des Régence auf, dem er sich aber im Gegensatz zu seinen Landsleuten oder den grossen Wessobrunnerr-Konkurrenten offensichtlich nicht zuwendet. Allerdings sind nur wenige Werke des auch ausserhalb Kurbayerns tätigen Stuckateurs überhaupt bekannt.

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Francesco Marazzi arbeitet 1698/99 im Trupp Nicolò Perti an den Stuckdecken in Fürstenfeld. Viele dieser Decken sind heute zerstört. Eine Planaufnahme einer dieser Decken nach Entwurf von Perti zeigt die Stuckatur eines Zimmers, an dem Francesco Marazzi mitgewirkt hat. Bildquelle: Plan Hermann Mader 1909 im Heimatmuseum Fürstenfeldbruck.

Werke von Francesco Marazzi, soweit bekannt:

1695–1699 Fürstenfeld Zisterzienserabtei. Arbeit im Trupp Nicolò Perti, zusammen mit Peter Franz Appiani, in den Fürsten- und Kurfürstenzimmern.
1699 Landshut Franziskanerinnen-Klosterkirche. Stuck in Zusammenarbeit mit der Schmuzer-Werkstatt. (im «Dehio» 1988 als Francesco Mazzari bezeichnet).
1703 (um) Nymphenburg Kurfürstliches Schloss. Im Trupp Peter Franz Appiani?
1709–1710 Irsee Benediktiner-Reichsabtei. Stuck im Süd- Ost- und Nordflügel.
1709–1710 Unterammergau Kirche St. Nikolaus. Deckenstuck.
1709–1710 Ettal Ritterakademie der Benediktinerabtei. Stuck.
1709–1710 Kaufbeuren Spitalkirche St. Dominikus. Stuck.
1710 Weissenau Prämonstratenserabtei. Stuck im Ostflügel.
1712–1715 Schwangau-Waltenhofen Pfarrkirche St. Maria und Florian. Stuck.
1713–1714 Ottobeuren Benediktiner-Reichsabtei. Stuckaturen im Landsitz Erkheim (zerstört) und im Osttrakt des Klosterneubaus.
1715 Nymphenburg Stuckaturen in der Magdalenakapelle und im südlichen Pavillon.
1715–1719 Lustheim (Schleissheim) Kurfürstliche Schlossanlage. Stuck (zerstört) in Zirkelbauten und Orangerie.
1720 München Theatinerkirche. Arbeiten an Kuppelstuckaturen.