Franz Beer I (1659–1722)

Die zwei Familienstämme Beer (Bär, Bähr)
Eine zuverlässige Biografie der beiden Vorarlberger Baumeister Franz Beer, die in der Kunstgeschichte mit  Franz Beer I und Franz Beer II von Bleichten[1] auseinander gehalten werden, wird in der nächsten Zeit nicht geschrieben. Der Gründe sind vielschichtig. Hauptgrund sind sicher die vor allem in Deutschland fehlenden oder noch nicht erforschten Bauakten, die zu entsprechenden Zuordnungsschwierigkeiten der Frühwerke bei gleichem Baumeisternamen führen. Die beiden Franz Beer stammen zwar aus zwei verschiedenen Auer Familien. Gemeinsam haben sie aber nicht nur den Vornamen, auch ihre Väter nennen sich gleich, beide sind zudem mit nur einem Jahr Altersunterschied geboren und werden Baumeister in der Auer Zunft. Beider Söhne mit dem Namen Johann Michael werden später ebenfalls bekannte Baumeister. Verständlich, dass bei soviel Übereinstimmung Verwechslungen ihrer Werke unterlaufen. Da die Auer Zunftmitglieder eher Aufträge gemeinsam übernehmen, als sich in gegenseitiger Konkurrenz zu bekämpfen, könnten Franz Beer II und Franz Beer I auch Bauwerke in Arbeitgemeinschaft bearbeitet haben, was dann eine Zuordnung noch schwieriger macht. Zudem übernimmt Franz Beer I auch Bauausführungen nach Drittplänen. Entwürfe oder Baupläne sind bis heute nur von Franz Beer II dank der Zeichnertätigkeit seines Schwiegersohns Peter Thumb bekannt.
Bei den nachfolgend erwähnten Werken von Franz Beer I handelt es sich deshalb um Zuschreibungen.

Siegelvergleiche
Es ist naheliegend, bei den vielen vorhandenen Baumeisterverträgen mit der Unterschrift «Frantz Beer»[2] nebst dem Schriftvergleich auf die verwendeten Siegel zu achten. Eine Amateurhistorikerin hat mit einer Arbeit über «ihren» Franz Beer auf solche Siegelunterschiede aufmerksam gemacht, allerding daraus völlig abwegige Zuschreibungen abgeleitet.[3] Die Wappen auf den Siegeln beider Franz Beer zeigen immer einen aufrecht gehenden Bären mit einem Zirkel. Bei den Siegeln von Franz Beer II hält der Bär den Zirkel mit beiden Tatzen, so in Salem. In den Siegeln von Gengenbach (1693 und 1702) und Holzen (1696) hält der Bär den Zirkel einhändig und trägt in der linken Tatze einen Steinmetz-Hammer. Zudem ist das Zeichen F. B. über dem Bären angebracht. Da aber auch Franz Beer II in den früheren Siegeln von Salem die Abkürzung F. B. verwendet, kann nur der kleine Unterschied des zusätzlichen Steinmetz-Hammers als Siegelmerkmal des Franz Beer I betrachtet werden.[4]

Franz Beer I und sein Bruder Jodok (Jos) Beer
Als Sohn von Michael Beer und Anna Moosbrugger wird er am 3. Juli 1659 in Au im Bregenzerwald geboren. Sein Vater, geboren 1618, ist in der 1657 gegründeten Auer Zunft noch nicht erwähnt, obwohl er sicher auch im Bau tätig ist. Wie die beiden älteren Brüder Jodok und Peter macht auch Franz, relativ spät, 1678–1681 eine Lehre als Maurer und Steinhauer. Lehrmeister ist Wolfgang Natter. Anschliessend ist er bei seinem Bruder Jodok tätig. Dieser baut als Unternehmer im Baumeisterakkord 1681–1685 die Konventbauten des Klosters Wald bei Sigmaringen, 1684–1685 den «Langen Bau» des Klosters Heiligkreuztal, und bis 1688 Bauten in Sigmaringen und Leutkirch.[5] Hier hat er soeben den Bau des Chorfrauenkonvents übernommen, als er 1688 mit nur 38 Jahren stirbt. Nun übernimmt Franz die Bauten und Aufträge seines Bruders und erstellt als ersten selbstständigen Bau mit Vertrag vom 29. März 1689 die «Schwesternklause» in Leutkirch.

Familie und die «Auer Lehrgänge»
Im Januar 1690 heiratet er in Au die Maria Stülz. Aus dieser Ehe gehen sechs Kinder hervor. Drei erreichen das Erwachsenenalter. Sie werden vom Vater ausgebildet. Für sie und für seine fast 40 weiteren Lehrlinge legt er die berühmte Plansammlung der «Auer Lehrgänge» an. Die Plandokumente, mehrheitlich aus Architekturtraktaten abgezeichnet, entstehen zwischen 1709 und 1715 als Schulmittel für die Ausbildung in den Winterhalbjahren, vermutlich mit Zugriff für alle Zunftmitglieder. Der Lehrgang ist ein interessanter Nachweis für die architekturtheoretischen Quellen der Vorarlberger Meister. Der älteste Sohn von Franz Beer I, Johann Michael I (1696–1780), hat wie viele seiner Zunftgenossen von dieser Ausbildung profitiert und wird später selbst berühmter Baumeister. Wenig hören wir dagegen von den Söhnen Franz Peter und Joseph Gottfried. Bekannt wird dagegen ein Enkel, Johann Ferdinand (1731–1789), der Sohn von Joseph Gottfried. Er wird zum bevorzugten Baumeister des Stiftes St Gallen.

Erste Werke von Franz Beer I
Truppen des Louis XIV zerstören 1689 die Benediktinerabtei Gengenbach im Schwarzwald. Abt Placidus Thalmann aus dem sanktgallischen Wil (reg. 1680–1696) beginnt 1690 mit Wiederherstellungsarbeiten an der romanischen Basilika. 1693 schliesst er den «Hauptverdüng über dem newen Klosterbaw dess Gottshaus Gengenbach mit dem ehrenvösten Herrn Frantz Behren, Mauer und berüehmten Bawmeistern in dem Bregentz-Waldt, Feltkürcher Herrschafft».[6] Der Verding für die Dreiflügelanlage mit einem an den Osttrakt zusätzlich angesetzten Querflügel lautet auf 11 000 Gulden, die neue Josephskapelle ist darin enthalten. In Franz Beers Trupp arbeitet der 1652 geborene Bruder Peter als Steinmetz, sowie der spätere Heidelberger Baumeister Johann Jakob Rischer (1662–1755). Der Klosterneubau ist 1700 zum grössten Teil fertiggestellt. Ab 1700 wird im nahen Offenburg die Stadtpfarrkirche neu gebaut. Es ist ein aussergewöhnliches Bauwerk. In eine niedere dreischiffige Hallenkirche sind seitlich versteifende Emporen eingefügt, deren Wegfall im vorderen Drittel ein Querschiff ergeben. Es ist ein klar vorarlbergischer Kircheninnenraum, aber nicht vergleichbar mit dem gleichzeitigen Irsee des anderen Franz Beer. Nur die ausladenden Pfeilergesimse und auch die gleichzeitige Anwesenheit des Maurermeisters Leonhard Albrecht, des späteren Paliers von Franz Beer II, irritieren bei der Zuschreibung. Es kann sich aber nicht um diesen durch Salem und Irsee bereits berühmten Landsmann handeln, denn der nun regierende Gengenbacher Abt Augustin Müller (reg. 1696–1726) schliesst 1702 einen weiteren Vertrag mit Franz Beer I, der offensichtlich zur Zufriedenheit des Bauherrn gearbeitet und sich in der Ortenau einen Namen geschaffen hat. Um diese Zeit arbeitet sein Palier Johann Jakob Rischer bereits als selbstständiger Baumeister, hat in Gengenbach geheiratet und in Heidelberg Wohnsitz genommen. Rischer wird nun Planer aller weiteren Arbeiten in Gengenbach, auch des Turmes, den er 1714–1716 ausführt.[7] Einer seiner Söhne wird Konventuale in Gengenbach und ist dort 1743–1762 Abt. Die letzte Zusammenarbeit Franz Beer I mit Rischer datiert von 1696–1704. Die beiden erstellen in Frauenalb den ersten Teil des Konventneubaus. Parallel zu den Arbeiten in Gengenbach und Frauenalb ist Franz Beer I in Wald bei Sigmaringen 1696–1698 für den Umbau und die Einwölbung der Zisterzienserinnen-Stiftskirche zuständig.

Holzen
Sein fünfter selbstständiger Klosterbau, nach Leutkirch, Gengenbach, Wald und Frauenalb, befindet sich im Fürstbistum Augsburg. Die Äbtissin der Benediktinerinnenabtei Holzen vergibt 1696 die Baumeisterarbeiten für das neue Kloster an Franz Beer I. In Holzen ist der Liebhaberarchitekt Pater Christoph Vogt (1648–1725) aus Ottobeuren seit 1694 Beichtvater. Der universell geschulte Barockplaner, Musiker und Orgelbauer muss mindestens Mitplaner von Holzen sein, jedenfalls ist er als Bauleiter tätig.[8] Eine Planung von Br. Ulrich Beer, des ältesten Bruders von Franz Beer II, liegt seit 1695 schon vor.[9] Der Grundriss-Typus mit vorgestellter Kirche ist den Planern seit längerem bekannt.[10] In Obermarchtal ist er schon angewandt. Pater Christoph Vogt wird ihn auch 1718 in Ottobeuren anwenden und Franz Beer I nochmals in Siessen. 1710 wird die Kirche von Holzen geweiht. Sie ist eine Wandpfeilerkirche nach der Art der Misoxer Baumeister, in die Emporen eingefügt sind.[11]

Weitere Klosterbauten
Für die nächsten Jahre sind keine sicheren Nachweise von Bauten von Franz Beer I vorhanden. Man kann vermuten, dass er nebst vielen nicht aktenkundigen Baumeisterarbeiten in dieser Zeit auch einige Bauwerke erstellt, die heute im Werkverzeichnis Franz Beers II aufgeführt sind. Man denke an die Bauten in Offenburg, Gengenbach und Haigerloch. Für den Ochsenhausener Abt Hieronymus Lindau plant Pater Christoph Vogt aus Ottobeuren die Kirche in Ummendorf. Die Ausführung übernimmt 1716, wie in dieser Konstellation schon in Holzen, Baumeister Franz Beer I. Für diesen Abt baut er wahrscheinlich auch die einfache Kirche in Schönebürg.[12] Er muss in dieser Zeit zudem weitere Klosterbauten erstellt haben.[13] Dazu gehören die in Zusammenarbeit mit Johann Jakob Rischer bis 1704 erstellten Konventflügel des Benediktinerinnenstifts Frauenalb im Albtal südlich von Karlsruhe. Viele kleinere Klosterbauten der Bettelorden fallen jedoch nach der vorderösterreichischen Säkularisation von 1782 und der reichsdeutschen Säkularisation von 1802 der Spitzhacke zum Opfer. Ihren Baumeistern, zu denen auch Franz I Beer gehören kann, geht die Forschung dann nicht mehr nach.

Siessen und Wörishofen
Für das Dominikanerinnenkloster Siessen bei Saulgau wird 1716–1722 eine neue Vierflügelanlage mit vier symmetrischen Eckpavillons gebaut. Die in der Art von Holzen und Obermarchtal vorgestellte Kirche ist damals sicher schon geplant. Sie wird aber erst 1726–1733 von Dominik Zimmermann gebaut. Die symmetrische Klosteranlage wird neuestens Franz Beer I zugeschrieben, der hier mit dem 1717 ledig gesprochenen Sohn Johann Michael I arbeitet. Grund für die neue Zuschreibung ist eine Notiz des Ordensprovinzials, der eine Verbindung mit dem Klosterneubau in Wörishofen herstellt. Hier bauen die Dominikanerinnen 1719–1723 eine neue Konventanlage mit Kirche. Die Notiz des Provinzials bezieht sich auf den Tod des Baumeisters Franz Beer I und der Nachfolge seines Sohnes Johann Michael I in Siessen und Wörishofen. Tatsächlich verstirbt Franz Beer I am 9. Mai 1722 in Au. Die Notiz des Ordensprovinzials weist deshalb Franz Beer I die beiden Klosterbauten in Siessen und Wörishofen zu, sein Sohn Johann Michael I, der spätere Adlerwirt von Bildstein, vollendet die Bauten.

Zur Planertätigkeit von Franz Beer I
Als Lehrmeister und Unternehmer leistet Franz Beer I in seiner 32-jährigen Berufstätigkeit viel. Er ist gesuchter Baumeister für Konvent- und Ökonomiebauten, vor allem von Frauenklöstern im heutigen Baden-Württemberg und Schwaben, erstellt vielleicht auch Bauten im Unterakkord für seinen Namensvetter Franz Beer II, erreicht aber nie dessen Ruhm und Reichtum. Man kennt ihn als Architekturlehrer in Zusammenhang mit der Plansammlung der «Auer Lehrgänge», von denen er einige Blätter selber gezeichnet hat. Er hat aber im Unterschied zu den Zeitgenossen Caspar Moosbrugger, Joseph Greissing oder Franz Beer II keinen Bauplan und kein Akquisitionsprojekt hinterlassen, mit dem eine Beurteilung seiner Qualität als Architekt möglich wäre. Wenige Kirchenbauten sind mit seinem Name verbunden. Die Stadtpfarrkirche von Offenburg ist nicht mit letzter Sicherheit sein Werk. Die Kirchen im Einflussbereich der Abteien Ochsenhausen und Ottobeuren sind von P. Christoph Vogt geplant, auch Holzen. Nur gerade bei der Klosterkirche von Wald sind keine Drittplaner nachgewiesen. Viele seiner legendären 32 Konventbauten sind vielleicht schon über 200 Jahre zerstört. Hier, ausserhalb des prestigeträchtigen Kirchenbaus, scheint er sich mit seinen unternehmerischen und planerischen Erfahrungen einen guten Ruf geschaffen zu haben.
Pius Bieri 2010

Benutzte Literatur:
Lieb, Norbert und Dieth Franz: Die Vorarlberger Barockbaumeister, München-Zürich 1966.
Oechslin, Werner (Hrsg.): Die Vorarlberger Barockbaumeister, Ausstellungskatalog, Einsiedeln 1973.

Anmerkungen
[1] Meist als Franz I Beer und Franz II Beer geschrieben. Falsch sind die daraus abgeleiteten genealogischen Bezeichnungen Franz I. Beer und Franz II. Beer. Hier wird daher die Nummer hinter dem Namen geschrieben.

[2] Beide schreiben sich mehrheitlich Frantz, in Verträgen kann aber Franz und Frantz gleichzeitig vorkommen, wie in dem für Franz Beer II gesicherten Rheinau. Die Schreibweise stellt kein Unterscheidungsmerkmal dar.

[3] Die Siegelvergleiche von Herlinde Löhr (1927–2009) scheinen vorerst plausibel, halten aber einer Überprüfung nicht stand. Sie verwechselt die Helmzier im späteren Siegel von Franz Beer II, die das Wappen wiederholt, mit dem eigentlichen Wappen und sieht im doppelten Bär den Unterschied zu Franz Beer I. Zu ihrer Arbeit «Die Vorarlberger Barockbaumeister - Franz I Beer & Franz II Beer von Bleichten: Zur 350. Wiederkehr ihres Geburtsjahres» (Selbstverlag 2009) siehe auch die Anmerkung 13.

[4] Zu Salem vergleiche Ulrich Knapp «Salem», Stuttgart 2004, Seite 332.

[5] Heiligkreuztal, das Pfarrhaus in Sigmaringendorf und die Kirche in Laiz sind Zuschreibungen Walther Genzmers.

[6] Nach Max Wingenroth in «Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg». Das Wort Gotthaus oder Gottshauss muss mit Abtei übersetzt werden und bedeutet nicht Kirche.

[7] Die Zuschreibung der Turmplanung an Franz Beer im «Dehio» ist abwegig.

[8] Pater Christoph Vogt ist nicht nur genialer Architekt, der 1710 den Gesamtentwurf für Ottobeuren erstellt und von 1706–1710 die Wallfahrtskirche in Eldern baut, er ist auch Musiker und Orgelbauer. Diesem Generalisten ist bis jetzt nur die Rolle des Detailplaners (Nonnenempore, Orgel, Altäre) unter Franz Beer II zugeschrieben worden. Nachdem nun Franz Beer I mindestens für die Ausführung gesichert ist, muss auch die Rolle der Planer der Kirche von Holzen neu durchdacht werden. Der Kurzschluss, dass ein Baumeisterakkord auch automatisch die Planung beinhalte, dürfte spätestens seit den Jesuitenbauten nicht mehr stattfinden. Pater Christoph Vogt begnügt sich bei keinem Bau nur mit der Rolle des Detailplaners. Er muss Holzen wie alle seine Bauten vor der Auftragserteilung selbst oder im Kollektiv geplant haben. Der Beschrieb im «Dehio» (Schwaben) ist bezeichnend für unüberlegte Aussagen. Holzen ist hier ein «Klostergebäude. 1696 ff nach Plan von Franz Beer durch Pater Christoph Vogt erbaut; 1710 geweiht.» Ein Pater als ausführender Baumeister? Und warum zahlt man einem Franz Beer die Akkordsumme für den Bau, wenn er doch nur die Planung gemacht hat? Für Planungen schliesst man im 18. Jahrhundert keinen Vertrag. Man bezahlt sie, wenn überhaupt, nach Erhalt. Weiter steht im «Dehio» (Schwaben): «Bauleiter war Pater Christoph Vogt». Was heisst denn dies anders, als dass er für den Bau einen Unternehmer benötigt, eben Franz Beer I.

[9] Joseph Beer, geboren 1655, Bruder von Franz II Beer, tritt in den Franziskanerorden ein und ist als Br. Ulrich Planer und Bauleiter diverser Neubauten von Franziskaner- und Franziskanerinnenklöstern. Möglich, dass das eine oder andere seiner ihm zugeschriebenen Klöster von Franz I Beer ausgeführt wird.

[10] Joseph Furttenbach «Architectura civilis», Ulm 1628.

[11] Das Vorbild sieht Naab/Sauermost (in: Die Entwicklung der Vorarlberger Wandpfeilerräume, Einsiedeln 1973) in der Klosterkirche von Kühbach, 1687–1689 durch Misoxer Baumeister erbaut. Mit dem «Vorarlberger Münsterschema», einem Begriff, der noch im neuesten Führer verwendet wird, hat Holzen wenig zu tun.

[12] Abt Hieronymus Lindau von Ochsenhausen beauftragt 1712 einen Franz Beer mit dem Neubau des Gästeflügels in der Abtei und mit der Kirche in Schönebürg. Dem Baumeister werden als Entschädigung die Schulden der Stände Bludenz und Montafon bei der Abtei (1400 Gulden) abgetreten. Zu den Zuschreibungen der Aufträge der Abtei Ochsenhausen (Gästebau, Schönebürg, Fruchtkasten, Ummendorf) an Franz Beer I siehe die Anmerkungen im Werkverzeichnis.

[13] Die Notiz des Chronisten von Wörishofen, Maurermeister Franz Beer habe 32 Klöster an unterschiedlichen Orten gebaut, ist im Sinne der Zeit zu verstehen. Das könnte heissen, dass er an 32 Klosterorten gebaut hat und damit auch einen Umbau mitzählt oder ganz einfach, dass der Chronist in barocker Höflichkeit die 32-jährige Tätigkeit ein bisschen ausschmückt. Die Amateurhistorikerin Herlinde Löhr (1927–2009) hat nun mit abenteuerlichen Methoden versucht, diese 32 Klöster aufgrund von «Stilvergleichen» nachzuweisen.

Werkliste Franz Beer I und parallele Werke Franz Beer II

Bauzeit Werke Franz Beer I (Unvollständig) Bauzeit Parallele Werke Franz Beer II
1688

Leutkirch, Schwesternklause.

1684–1686

Mariaberg, Neubau Benediktinerinnen-Klosterkirche.
1691–1692 Rheinau, Gasthaus zum Salmen 1686–1692 Obermarchtal, Neubau Prämonstratenser-Stiftskirche
1693–1703 Benediktinerabtei Gengenbach, Konventbau und Josephskapelle. 1692–1700 Zwiefalten, Benediktinerabtei, Vollendung der Konvent-Neubauten.
1696–1698 Wald, Zisterzienserinnenabtei. Neubau Kirche. 1694–1697

1696–1698
Beuron, Chorherren-Stift. Konventneubau.
Tannheim, Pfleghof der Abtei Ochsenhausen.
1696–1700 Holzen, Benediktinerinnenabtei, Konvent- und Kirchenneubau. Kirche nach Planung Pater Christoph Vogt OSB. 1697–1706

1698–1706
Salem, Zisterzienser-Reichsabtei, Neubau der Konventanlage.
Ehingen, Kollegium des Stiftes Zwiefalten.
1696–1704 Benediktinerinnenabtei, Frauenalb, Neubau Süd- und Ostflügel des Konventes mit Johann Jakob Rischer. 1699–1702 Irsee, Benediktiner- Stiftskirche, Neubau.
1700–1702 Offenburg, Pfarrkirche Hl. Kreuz, Wiederaufbau. Ausführender Maurermeister ist Leonhard Albrecht. Zu den beiden Leonhard Albrecht siehe die Anmerkung 4 im Beschrieb der Stadtpfarrkirche Offenburg 1700-1702 Offenburg wird wegen einer Verwechslung mit einem zweiten Leonhard (Lienhard) Albrecht , der Palier in St. Urban ist, fälschlicherweise  auch Franz Beer II zugeschrieben.
1702 Benediktinerabtei Gengenbach, Konventbau, Fertigstellungsarbeiten. 1700 Ottobeuren, Abtei, Stallungen.
1700–1702 Tannheim, Pfarrkirche St. Martin des Stiftes Ochsenhausen. Ausführung im Generalakkord von 2500 Gulden. Siehe Franz Beer II. 1700–1702 Tannheim Pfarrkirche St. Martin. Weihe 1705. Übliche, nicht gesicherte Zuschreibung, begründet neuestens durch gesicherte Erstellung des Pfleghofs 1696–1698.[1]
    1704–1710 Rheinau, Benediktiner-Stiftskirche. Neubau.
    1707–1708 Bühl im Klettgau, Kirche St. Notburga.
    1707–1710 Salem, Stefansfeld, Kapelle Maria zum Siege.
    1708–1711 Weissenau, Prämonstratenserabtei, Neubau Konventflügel S-O.
1710 Uttenweiler. Augustinerereremiten-Stiftskirche. Renovation Chor und Neubau Langhaus. Fragwürdige Zuschreibung von Norbert Lieb an Franz Beer II. 1708–1714 Bellelay, Prämonstratenserabtei, Stiftskirche. Neubau.
    1709–1716 Münsterlingen, Benediktinerinnenabtei, Neubau.
    1711 Altenburg bei Rheinau, Kirche St. Jakobus
    1711–1715 St. Urban, Zisterzienserabtei, Neubau Stiftskirche.
1712 Schönebürg. Kirchenneubau. Bauherr ist die Abtei Ochsenhausen. Zuschreibungen aufgrund von Beziehungen zu Ochsenhausen.[2] 1711–1717 Rheinau, Benediktinerabtei, Östlicher Konventbau.
1712 Abtei Ochsenhausen, Gästebau (Fürstenbau), Aufstockung. 1712–1716 Ehingen an der Donau Kollegiumskirche zum Hl. Herzen Jesu.
    1715–1716 Weingarten, Benediktinerabtei, Stiftskirche, Planung und Beginn der Bauarbeiten.
1715–1717 Abtei Ochsenhausen, Fruchtkasten. Das grosse Gebäude stürzt 1716 ein und muss nochmals errichtet werden. 1715–1718 St. Katharinenthal, Dominikanerinnen-Kloster. Konventneubau. Sein Sohn Johann Michael Beer II ist hier tätig.
1716–1722 Dominikanerinnenkloster Siessen bei Saulgau, Konventneubau. 1716–1721 Kaisheim, Zisterzienser-Abtei, Konventbau und Westfassade der Stiftskirche.
1716 Ummendorf. Kirchenneubau nach Plan P. Christoph Vogt, Ottobeuren. Bauherr ist die Abtei Ochsenhausen. 1716–1733 St. Urban, Zisterzienserabtei, Konventbauten.
    1717–1721 Solothurn, Ambassadorenhof.
    1717–1723 Weissenau, Prämonstratenserabtei, Neubau der Stiftskirche und Fertigstellung Konvent.
    1717–1724 Bern, Inselspital. (Abbruch 1888 zugunsten des Bundeshauses Ost).
    1717–1726 Pielenhofen bei Regensburg Zisterzienser-Subpriorat. Neubau Kirche.
    1718–1723 Oberschönenfeld, Zisterzienserinnenabtei, Neubau Konvent und Kirche.
    1719 St. Katharinenthal, Dominikanerinnen-Kloster. Neubau der Kirche. Planung.
1719–1722 Wörishofen, Dominikanerinnen-Kloster, Neubau der Konventgebäude und der Kirche. Fertigstellung durch Sohn Johann Michael Beer I von Bildstein. 1720–1722 Regensburg, Damenstift Niedermünster, Barockisierung Konventgebäude und Stiftskirche.

[1] Die Kirche von Tannheim entsteht nach Irsee. Obwohl vermutlich ein Werk von Franz Beer II, hat sie auch Gemeinsamkeiten mit der gleichzeitigen Wallfahrtskirche Maria-Eldern bei Ottobeuren, ein 1806 abgebrochenes Werk von P. Christoph Vogt OSB. Dieser ist später für einige Planungen von Ochsenhausener Pfarrkirchen als Planer gesichert, deren Ausführungen übernimmt Franz Beer I. Könnte die Kirche von Tannheim vielleicht von Franz Beer II geplant (Zeichner ist 1700 schon Peter Thumb) und dann vom weniger ausgelasteten Franz Beer I ausgeführt sein?

[2] Abt Hieronymus Lindau von Ochsenhausen beauftragt 1712 einen Franz Beer mit dem Neubau des Gästebaus der Abtei und der Kirche in Schönebürg (1400 Gulden). 1715 folgt der Fruchtkasten der Abtei. Der gleiche Baumeister übernimmt 1716 den Bau der Kirche von Ummendorf. Diese Kirche ist von Pater Christoph Vogt aus Ottobeuren geplant, der schon 1696 in Holzen mit Franz Beer I zusammenarbeitet. Der Verfasser möchte deshalb nebst dem Fruchtkasten und der Kirche von Ummendorf auch den ersten Auftrag (Gästebau und Kirche Schöneburg) des Abtes Hieronymus Lindau an Franz Beer I zuschreiben

  Franz Beer I (1659–1722)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  3. Juli 1659 Au im Bregenzerwald   Vorarlberg, A  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Vorderösterreich , OA Bregenz   Konstanz  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  9. Mai 1722 Au im Bregenzerwald   Vorarlberg A  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Vorderösterreich , OA Bregenz   Konstanz  
  Kurzbiografie        
  Franz Beer I steht als schöpferischer Baumeister-Architekt im Schatten seines gleichalterigen Namensvetters Franz Beer II. Er führt im Gegensatz zu diesem auch Bauwerke nach Plänen anderer Architekten aus, sodass die wenigsten der vielgenannten 32 Klöster, die er als Baumeister umbaut oder neu erstellt, wirklich von ihm entworfen sind. Sein guter Ruf gründet sich deshalb auf die Planung und Leitung der Ausführung.
Seine Hauptwerke:
Benediktinerabtei Gengenbach. Stadtpfarrkiche Offenburg. Benediktinerinnenabtei Holzen (Kirchenplanung P. Christoph Vogt OSB). Dominikanerinnenkloster Siessen (Kirche von Dominikus Zimmermann). Dominikanerinnenkloster Wörishofen.
    Siessen  
  bio pdf werkliste     legende  
Das Dominikanerinnenkloster Siessen wird 1716–1722 durch Franz Beer I gebaut. Vielleicht gibt er auch die Lage der Kirche vor, die dann aber von Dominikus Zimmermann bis 1728 geplant und erstellt wird. Die Anlage ist sehr ähnlich dem Kloster Holzen, das ebenfalls ein Werk von Franz Beer I ist. Auch dort wird die Kirche einem quadratischen Klostergeviert vorgestellt, auch dort stammt der Kirchenentwurf nicht von Franz Beer I – aber auch nicht von Franz Beer II, wie bisher angenommen.
Eine Ausführung des obigen Stiches hängt im Kloster Siessen.