Maria Anna Eberle (1668−1727)

Äbtissin OSB in Seedorf 1700−1727

Als Maria Catharina Eberle[1] wird sie am 6. Februar 1668 in Einsiedeln geboren. Sie ist Tochter des Sigmund Dionys Eberle, Wirt zu den Drei Königen und seiner Ehefrau Elisabeth Meyer. Sie tritt um 1686 ins Kloster Seedorf ein und nimmt den Klosternamen Maria Anna an. Um diese Zeit ist der Ostflügel des neuen Klosters schon vollendet. 1695 beginnt der Kirchenneubau, den sie als Schaffnerin (seit 1697) und als «Baumeisterin» begleitet. Am 10. Januar 1700 erfolgt ihre Wahl als Nachfolgerin der resignierenden Äbtissin Maria Ursula Püntener. Mit der ungefähr 40 Jahre älteren Vorgängerin, die trotz mangelnden Finanzen den Klosterneubau begonnen hat, scheint sich der Konvent nicht besonders gut zu verstehen. Obwohl die Kirche schon 1699 fertig eingerichtet ist, verschiebt man die Einweihung bis nach der Resignation der alten Äbtissin. Diese erlebt die Einweihung nicht mehr und muss auch nicht mehr erleben, dass einzig das Wappen der neuen Äbtissin in der Kirche angebracht wird.[2]  Äbtissin Maria Anna kann einen Konvent von 20 Chorfrauen und sechs Laienschwestern übernehmen. Die Chorfrauen stammen meist aus regimentsfähigen, begüterten Familien der Innerschweiz.[3] Trotz der hohen Einkaufssummen für den Eintritt einer Tochter ist das Kloster bei Bauvorhaben auf weitere Geldmittel der Familien oder auf die Mitglieder der 1710 gegründeten Herz-Jesu-Bruderschaft angewiesen. Der jüngere Bruder der Äbtissin, Michael Leonz Eberle, ist Gründer dieser Bruderschaft und wohnt ab 1720 als Resignat und Pfründner in Seedorf.[4] Mit der 1717 erfolgten Aufnahme der Maria Cristina Moosbrugger,[5] die dank eines Versprechens des Einsiedler Klosterbaumeisters Br. Caspar Moosbrugger und dank der Fürsprache des Einsiedler Abtes und Visitators Thomas Schenklin als Novizin zugelassen wird, ergibt sich für den Bau des noch fehlenden Westflügels der Klosteranlage eine neue Ausgangslage. Äbtissin Maria Anna wagt 1721 den Baubeginn. «Bauherr» ist nun der planende Br. Caspar Moosbrugger, ausführende Meister sind sein Schwager Johann Michael Rüeff und sein Neffe Johann Moosbrugger. 1723, im Todesjahr von Br. Caspar Moosbrugger, ist der als Gästeflügel dienende Bau im Wesentlichen vollendet, innere Ausbauarbeiten dauern noch bis 1724. Die Äbtissin hat jetzt Gesundheitsprobleme. Sie stirbt nach dreijähriger Krankheit am 6. Juni 1727 im Alter von 59 Jahren. Ihr Grab befindet sich in der Klosterkirche. Eine Epitaph-Tafel am westlichen hintersten Wandpfeiler der Kirche zeigt die Verstorbene, wie sie zusammen mit dem heiligen Bischof Lazarus das neuerbaute Kloster in den Händen hält. Ein Ölporträt im Gästesaal zeigt sie im Alter von 44 Jahren. In der Hand hält sie ihren um 1700 gefertigten Äbtissinnenstab mit reicher vergoldeter Krümme in Akanthusformen.

Pius Bieri 2012

Literatur:
Salzgeber P. Joachim: Seedorf, in: Helvetia Sacra, Abteilung II, Band 1, Dritter Teil, Bern 1986.
Gasser, Helmi: Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri, Band II, Die Seegemeinden (Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 78 der Gesamtreihe), Basel 1986.

Anmerkungen:

[1] Sie wird in Seedorf Eberlin genannt. Diese Schreibweise wird für das Einsiedler Geschlecht Eberle auch in weiteren zeitgenössischen Quellen verwendet.

[2] Im Sprenggiebel des östlichen Sakristeieingangs. Das kombinierte Wappen enthält in 1 und 3 die Komponenten des Klosterwappens (1: in Rot Jerusalemkreuz / 3: in Silber ein roter Schrägbalken mit drei silbernen Vogelköpfen), in 2 das Wappen Eberle (in Gold ein wachsender Eber) und in 4 ein Phantasiewappen (Stundenglas mit Blumen). Das Wappen 4 auf ihrem Epitaph-Bild zeigt in Rot einen silbernen Adler mit dem Ring im Schnabel, der normalerweise als Herzschild im Klosterwappen auftaucht.

[3] Siehe dazu den Beitrag von Werner Konrad Jaggi über das Tafelsilber der Chorfrauen in ZAK, Band 44, Heft 1, Zürich 1987.

[4] Dr. theol. Michael Leonz Eberle von Einsiedeln (1672−1735) aus Einsiedeln. Apostolischer Protonotar, bis 1705 Pfarrer in Lichtensteig, 1705−1720 Pfarrer in Sarmenstorf, 1720−1735 Resignat und Pfründner in Seedorf.

[5] Maria Cristina Moosbrugger, wahrscheinlich eine Tochter des Johann Moosbrugger, des Bruders von Caspar, der 1710 mit 51 Jahren in Kalchrain stirbt.

Ein Ölporträt im Gästesaal des Klosters Seedorf zeigt die Äbtissin im Alter von 44 Jahren. In der Hand hält sie ihren 1700 gefertigten Äbtissinnenstab mit reich vergoldeter Krümme in Akanthusformen.
Oben unter ihrem Wappen die Inschrift «Maria Anna Eberlin Abb/ tissin des lobwürdigen Gotts=/Hauss  Seedorf. Aetatis 44/A:1712».
Bildgrösse 63 B / 82 H.
Bildquelle: Veröffentlichung.
  Maria Anna Eberle (1668−1727), Äbtissin 1700–1727 in Seedorf  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  6. Februar 1668 Einsiedeln Schwyz CH   Eidgenössischer Stand Schwyz  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Äbtissin OSB in Seedorf   1700–1727  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  6. Juni 1727 Seedorf, Uri CH   Eidgenössischer Stand Uri  
  Kurzbiografie              
 

Als Maria Anna Eberle oder Eberlin zur Äbtissin von Seedorf gewählt wird, sind Ost- und Westflügel des Klosters und auch die Kirche schon gebaut. Dass in der Kirche nur das Wappen Eberle angebracht ist, kann als Hinweis auf ihr Selbstbewusstsein gelten, ist aber nicht ganz falsch, denn als Schaffnerin hat sie schon unter ihrer Vorgängerin den Kirchenbau begleitet. Sie wird 1721 Bauherrin des neuen Westflügels, den Caspar Moosbrugger aus Einsiedeln plant. Sie ist auch Förderin der Herz-Jesu-Verehrung, im Kloster errichtet sie 1710 eine Herz-Jesu-Bruderschaft. Initiant ist ihr Bruder Michael Leonz, der später als Pfründer und Resignat im Kloster lebt.

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