Maria Josepha Regina von Liebenfels (1700–1753)

Fürstäbtissin des Chorfrauenstifts zu Säckingen 1734–1753

Familie Lanz von Liebenfels
Maria Josepha Regina ist die Nichte der vorletzten Fürstäbtissin, Maria Barbara von Liebenfels (1718–1730)[1] . Die Familiengeschichte der beiden Fürstäbtissinnen ist nicht untypisch für den schwäbischen Reichsritter-Adel, der auch gekauften Adel integrieren kann[2] und verdient, behandelt zu werden:
Die Herren von Liebenfels, mit Stammsitz oberhalb des thurgauischen Mammern am Untersee, sterben Anfang des 15. Jahrhunderts aus. Der letzte Liebenfels verkauft die Herrschaft an einen benachbarten Edlen von Tettikofen. Sie fällt 1453 durch Einheirat an Hans Bader, einen bürgerlichen Konstanzer Emporkömmling im Dienste des Bischofs. Er nennt sich nun Hans Lanz von Liebenfels. Trotz Opposition aus thurgauischen Reichsritterfamilien hat sich die Verwandlung der bürgerlichen Lenz ins stolz klingende von Liebenfels gegen Ende des 16. Jahrhunderts endgültig vollzogen.[3] Sie führen nun auch das Wappen der ausgestorbenen Ritter von Liebenfels, einen silbernen Flug (Flügel) in Rot. Inzwischen ist aber die Herrschaft wegen Vermögensverfall der Lanz von Liebenfels bereits wieder verkauft und fällt 1653 an das Kloster St. Urban. Der Letzte des Geschlechtes stirbt 1798, Erbin ist die letzte Äbtissin von Schänis, die 1810 stirbt.
Zur Zeit der Geburt unserer beiden Säckinger Äbtissinnen hat das Geschlecht der Lanz von Liebenfels durch Einheiraten in adelige Familien die bürgerliche Herkunft offensichtlich vergessen lassen und ist genügend adelig, um den strengen Ansprüchen der Säckinger Satzungen zu entsprechen. Die Verwandtschaft mit dem Fürstbischof von Konstanz, Franz Johann Vogt von Altensummerau und Prassberg (geboren 1611, regiert 1645–1689) hilft hier sicher. Er ist der Grossonkel der Äbtissin Maria Barbara von Liebenfels.

Maria Josepha Regina von Liebenfels
Maria Josepha Regina von Liebenfels, die zweite Säckinger Fürstäbtissin dieses Geschlechtes, wird 1700 geboren.[4] Sie ist Tochter von Heinrich Christoph von Liebenfels, Herr zu Worblingen[5] und von Maria Rosa Freiin Vogt von Altensummerau und Prassberg. Ihre Wahl zur Äbtissin erfolgt am 2. März 1734. Wieder ist ein Krieg zwischen Franzosen und Österreichern im Gange, und wieder leidet das vorderösterreichische Stift unter den Kontributionen an die kriegführenden Mächte im Polnischen Erbfolgekrieg, der bis 1738 dauert. Unruhen unter den freiheitsdurstigen Untertanen im Hotzenwald und der neue Österreichische Erbfolgekrieg, der Bayern, Preussen und Franzosen gegen Maria Theresia vereint, und der 1748 zugunsten der Habsburgerin entschieden wird, belasten das Stift auch in den folgenden Jahren. Trotzdem wagt die Fürstäbtissin 1740–1741, die Stiftskirche einer äusseren Verschönerung durch Johann Caspar Bagnato zu unterziehen. Der Deutschordensbaumeister erstellt ihr auch Pfarrhäuser und Pfarrkirchen im umliegenden Stiftsgebiet. Zur Bauäbtissin wird sie aber nicht aus eigenem Willen. Am 1. Dezember 1751 brennen Langhaus und Türme des Fridolinsmünsters infolge Unvorsichtigkeit eines Orgelbauers. 23 Jahre nach Vollendung des barocken Umbaus ist die Stiftskirche wieder ein halbe Ruine. Die Tatkräftigkeit und die Sicherheit der Fürstäbtissin Maria Regina von Liebenfels in der Berufung der besten süddeutschen Meister für die Wiederherstellung sind eindrücklich. Als sie am 16. Juni 1753 mit erst 53 Jahren stirbt, ist das Langhaus im feinsten Rokoko wiederhergestellt. Die Wappen Liebenfels und Ostein am Triumphbogen sind eine Ehre für die drei verantwortlichen Bau-Äbtissinnen der prachtvoll ausgestatteten Stiftskirche von Säckingen.

Pius Bieri 2008

 

Benutzte Literatur:
Jehle, Fridolin und Enderle-Jehle, Adelheid: Die Geschichte des Stiftes Säckingen, Aarau 1993.
Rothenbühler, Verena: Lanz, Hans (von Liebenfels) in : Historisches Lexikon der Schweiz, Bern 2008.
Rahn, Johann Rudolf: Architektur- und Kunstdenkmäler des Cantons Thurgau, Frauenfeld 1899.

Anmerkungen:

[1] Maria Barbara von Liebenfels wird 1666 geboren. Sie vollendet die erste Barockisierungsphase der Stiftskirche bis 1727, insbesondere der Ausstattung.

[2] Vergleiche auch die Familie Reichlin von Meldegg.

[3] Mit dem Namen von Liebenfels wird noch Anfang des 20. Jahrhunderts Schindluderei getrieben: Ein Rassentheoretiker und Vordenker Adolf Hitlers mit Namen Adolf Josef Lanz (1874–1954) nennt sich ab 1902 Jörg Lanz von Liebenfels. Trotz gefälschtem Stammbaum wird er heute nur unter diesem Namen in der Literatur aufgeführt. In der Zwischenzeit werden aber auch Hunde mit dem Stammbaum von Liebenfels gehandelt.

[4] Vielleicht noch im Familiensitz Oberstaad (Öhningen) am Untersee.

[5] Er erwirbt die Herrschaft Worblingen 1706 und ist zeitweise Ortsherr von Gailingen.

Die zweite Äbtissin aus der Familie der Liebenfels, Maria Josepha Regina, ist prominent mit ihrem Wappen über dem Westportal vertreten, das sie 1740 von Bagnato bauen lässt. Ihr Hauptwerk ist die Rokoko-Neugestaltung der Stiftskirche. Hier sind im Hauptbild des Mittelschiffs die Chorfrauen von Säckingen mit ihrer Äbtissin in Verehrung der Klosterpatrone dargestellt. Franz Joseph Spiegler dürfte zwar kaum die Züge der damaligen Chorfrauen und ihrer 52-jährigen Äbtissin übernommen haben, dafür sind die Gesichter zu uniform. Trotzdem ist das Bild ein schönes Zeugnis ihrer Tätigkeit.
  Fürstäbtissin Maria Josepha Regina von Liebenfels (1700–1753)  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  1700 Bohlingen? Baden-Württemberg D   Fürstbistum Konstanz  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Fürstäbtissein des Chorfrauenstifts Säckingen   1730–1753  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  16. Juni 1753 Bad Säckingen Baden-Württemberg D   Vorderösterreich  
  Kurzbiografie              
 

Maria Josepha Regina von Liebenfels regiert das Fürststift Säckingen in einer bewegten Zeit. Wieder belasten Erbfolgekriege und neu auch Untertanenunruhen die Klosterherrschaft. Trotzdem kann die Äbtissin 1740 den Deutschordensbaumeister Bagnato mit der Neugestaltung der Westfront und mit der äusseren barocken Umgestaltung des Stiftskirchen-Chors beauftragen. Die grösste Katastrophe scheint der Kirchenbrand von 1751. Es zeugt für die Tatkraft und den Kunstverstand der Äbtissin, die dies zum Anlass für eine sofortige, vollständig neue Innengestaltung nimmt und dafür die besten verfügbaren Künstler beizieht. Ihr verdanken wir den heutigen Rokokoraum von Säckingen.

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