Maria Barbara von Liebenfels (1666-1730)

Fürstäbtissin des Chorfrauenstifts zu Säckingen 1718–1730

Familie Lanz von Liebenfels
Die Familiengeschichte der beiden Fürstäbtissinnen ist nicht untypisch für den schwäbischen Reichsritter-Adel, der auch gekauften Adel integrieren kann[1] und verdient, behandelt zu werden:
Die Herren von Liebenfels, mit Stammsitz oberhalb des thurgauischen Mammern am Untersee, sterben Anfang des 15. Jahrhunderts aus. Der letzte Liebenfels verkauft die Herrschaft an einen benachbarten Edlen von Tettikofen. Sie fällt 1453 durch Einheirat an Hans Bader, einen bürgerlichen Konstanzer Emporkömmling im Dienste des Bischofs. Er nennt sich nun Hans Lanz von Liebenfels. Trotz Opposition aus thurgauischen Reichsritterfamilien hat sich die Verwandlung der bürgerlichen Lenz ins stolz klingende von Liebenfels gegen Ende des 16. Jahrhunderts endgültig vollzogen.[2] .Sie führen nun auch das Wappen der ausgestorbenen Ritter von Liebenfels, einen silbernen Flug (Flügel) in Rot. Inzwischen ist aber die Herrschaft wegen Vermögensverfall der Lanz von Liebenfels bereits wieder verkauft und fällt 1653 an das Kloster St. Urban. Der Letzte des Geschlechtes stirbt 1798, Erbin ist die letzte Äbtissin von Schänis, die 1810 stirbt.
Zur Zeit der Geburt unserer beiden Säckinger Äbtissinnen hat das Geschlecht der Lanz von Liebenfels durch Einheiraten in adelige Familien die bürgerliche Herkunft offensichtlich vergessen lassen und ist genügend adelig, um den strengen Ansprüchen der Säckinger Satzungen zu entsprechen. Die Verwandtschaft mit dem Fürstbischof von Konstanz, Franz Johann Vogt von Altensummerau und Prassberg (geboren 1611, regiert 1645–1689), hilft hier sicher. Er ist der Grossonkel der Äbtissin Maria Barbara von Liebenfels.

Maria Barbara von Liebenfels
Maria Barbara von Liebenfels, die erste Säckinger Fürstäbtissin dieses Geschlechtes, wird 1666 in Bohlingen geboren. Sie ist Tochter von Johann Franz von Liebenfels, Herr zu Salenstein und Oberstaad[3] und von Maria Margarethe Schindelin von und zu Unterreitnau. Ihre zwei Jahre jüngere Schwester Jakobe Valentina tritt 1684 ins Zisterzienserinnenkloster Wald ein. Die Wahl zur Äbtissin erfolgt am 18. Juli 1718. Sie vollendet den Umbau der Stiftskirche, der seit dem Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges eingestellt ist. Kriegskosten von über 80 000 Gulden belasten den Klosterhaushalt noch bis 1719. In diesem Jahr beginnt die Äbtissin mit der weiteren Kirchenausstattung. Am Hochaltar und an der Kanzel finden wir ihr Wappen. 1725 lässt sie vom Einsiedler Klosterbaumeister Rüeff die Doppelturmfront zur heutigen barocken Gestalt umformen. Das Steinmaterial wird in Fron von der Landschaft Fricktal geliefert. 1727 ist der Umbau des «Fridolinmünsters», wie die Stiftskirche genannt wird, vollendet. Die Äbtissin kann trotz der Bauvorhaben alle alten Schulden tilgen und zudem noch Erwerbungen tätigen. Sie stirbt am 30. Januar 1730 im Alter von 64 Jahren.

Pius Bieri 2008

 

Benutzte Literatur:
Jehle, Fridolin und Enderle-Jehle, Adelheid: Die Geschichte des Stiftes Säckingen, Aarau 1993.
Rothenbühler, Verena: Lanz, Hans (von Liebenfels) in : Historisches Lexikon der Schweiz, Bern 2008.
Rahn, Johann Rudolf: Architektur- und Kunstdenkmäler des Cantons Thurgau, Frauenfeld 1899.

Anmerkungen:

[1] Vergleiche auch die Familie Reichlin von Meldegg.

[2] Mit dem Namen von Liebenfels wird noch Anfang des 20. Jahrhunderts Schindluderei getrieben: Ein Rassentheoretiker und Vordenker Adolf Hitlers mit Namen Adolf Josef Lanz (1874–1954) nennt sich ab 1902 Jörg Lanz von Liebenfels. Trotz gefälschtem Stammbaum wird er heute nur unter diesem Namen in der Literatur aufgeführt. In der Zwischenzeit werden aber auch Hunde mit dem Stammbaum von Liebenfels gehandelt.

[3] Er ist fürstlich-konstanzischer Rat zu Bohlingen.

Maria Barbara von Liebenfels ist mit Ihrem Wappen, der in Rot einen silbernen Flug (Flügel) zeigt, schon am Hochaltar präsent. Als 1752 ihre Nichte Maria Josepha Regina über dem Triumphbogen von Johann Michael Feichtmayr als Stuckateur und Franz Joseph Spiegler als Freskant das Bild der Gerichtsszene in Rankweil anbringen lässt, setzt sie darunter die Wappen Ostein (in Blau ein aufsteigender goldener Windhund) und Liebenfels. Das dritte Wappen, halb gespalten und geteilt von Rot und Blau über Gold (richtig: Silber) ist das Wappen der Helena von Roggenbach (reg. 1753–1755). Damit sind an einem prominenten Ort alle Wappen der von 1693–1753 regierenden Äbtissinnen zu sehen.
  Fürstäbtissin Maria Barbara von Liebenfels (1666-1730)  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  1666 Bohlingen Baden-Württemberg D   Fürstbistum Konstanz  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Fürstäbtissein des Chorfrauenstifts Säckingen   1718–1730  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  30. Januar 1730 Bad Säckingen Baden-Württemberg D   Vorderösterreich  
  Kurzbiografie              
 

Maria Barbara von Liebenfels stammt wie die meisten Fürstäbtissinnen des Damenstifts Säckingen aus dem Bodenseeraum. Sie kann während einer längeren Friedensperiode regieren und konsolidiert den noch immer mit Kriegsschulden belasteten Haushalt. Gleichzeitig gelingen ihr Erweiterungen der Herrschaftsrechte. Schon 1719 beginnt sie mit der weiteren Ausstattung im Fridolinsmünster und gibt anschliessend der Doppelturmfront mit den Kapellenanbauten und den Zwiebelhelmen das heutige barocke Aussehen. Inzwischen heimisch gewordene Zuzüger leisten dabei ausgezeichnete Arbeit, nur bei der Doppelturmfront zieht sie Vorarlberger bei.

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