Rogerius I. Röls (1659–1723)

Abt OCist der Reichsabtei Kaisheim 1698−1723

Er wird als Sohn des Huf- und Nagelschmiedes Johann Fabian Röls am 29. Januar 1659 in Schwandorf geboren und auf den Namen Johann Philipp getauft. Der Geburtsort Schwandorf an der Naab, acht Wegstunden nördlich von Regensburg, liegt damals im Fürstentum Neuburg und ist ein Städtchen mit 250 Häusern.[1] Gleich drei seiner Brüder sind später bekannte Persönlichkeiten. Der ältere Bruder Johann Kasimir wird 1708 Generalvikar und Weihbischof von Augsburg.[2] Ein jüngerer Bruder, Johann Leonhard, ist 1691−1748 unter dem Klosternamen Amandus Abt der Benediktinerabtei Heilig Kreuz in Donauwörth.[3] Johann Georg, ein weiterer Bruder, wird später Bürgermeister von Schwandorf.[4]
Der junge Johann Philipp geht wahrscheinlich wie seine Brüder an die Jesuitenschulen des Bistums Augsburg, bevor er mit 21 Jahren in das Zisterzienserkloster Kaisheim eintritt und den Klosternamen Rogerius annimmt. Er studiert bis 1681 in Ingolstadt beim späteren Kaisheimer Abt Judas Thaddäus Mayr Philosophie.[5] Nach abgeschlossenem Theologiestudium wird er 1685 zum Priester geweiht. Im Kloster ist er Unterbursar, ab 1689 Kaplan und 1691 auch Beichtiger in der Zisterzienserinnenabtei Kirchheim am Ries.[6] Wieder im Kloster, nun als Oberbursar, wird er am 1. Mai 1698 als Nachfolger des nach nur zwei Amtsjahren verstorbenen Abtes Judas Thaddäus gewählt.
Wie sein schon sieben Jahre in Donauwörth regierender Bruder geht auch Abt Rogerius als grosser Bauabt in die Geschichte ein. Er kann von einer guten wirtschaftlichen Lage der Reichsabtei Kaisheim profitieren. Die Zahlen zeigen dies deutlich. So gibt er bis 1716, dem Beginn des Klosterneubaus, 111 000 Gulden für Anschaffungen, Bauten und Güterkäufe aus und begleicht gleichzeitig 135 750 Gulden Schulden.[7] Noch während des Spanischen Erbfolgekrieges, der vor allem die entlegeneren Klosterbesitzungen hart trifft, gelingen ihm Schuldentilgungen von 22 000 Gulden. 1703 bis 1708 ist der Abt während längerer Perioden auf der Flucht.[8] Die Konventualen schickt er in Zisterzienserklöstern ausserhalb des Kriegsschauplatzes. Nach einer kurzen Periode der wirtschaftlichen Erholung beginnt er 1716 den Klosterneubau mit dem Vorarlberger Baumeister Franz Beer, dessen Werke er aus seinen Besuchen von Salem kennt und der gleichzeitig für weitere, mit dem Kaisheimer Abt befreundeten Zisterzienseräbte baut. Das grosse Werk ist 1721 weitgehend abgeschlossen. Nur die Ausstattung der Bibliothek und die oberen Geschosse der beiden Westtürme sind noch unvollendet, und im Kaisersaal sind noch immer die Brüder Appiani als Stuckateure tätig. Für dieses Bauvorhaben werden nochmals Ausgaben von 110 648 Gulden verbucht.[9] Gleichzeitig lässt Abt Rogerius von Franz Beer im Kaisheimer Priorat Pielenhofen die neue Klosterkirche errichten und von den Brüdern Appiani und dem Maler Jacob Carl Stauder ausstatten.[10] Dass diese Baulust nicht allen Konventualen behagt, ist verständlich. Beim Generalabt wird er der Verschwendung bezichtigt. Eine daraufhin stattfindende Visitation findet aber den Klosterhaushalt im Gleichgewicht und bezeichnet die Anklage als Verleumdung.
Schon in den ersten Jahren seiner Regierung stattet Abt Rogerius auch das Gotteshaus reich aus. Das grosse Chorgestühl, die Kanzel, die grossen barocken Gemälde am Hochgaden und die meisten Seiten- und Chorumgangsaltäre werden in seinen Regierungsjahren vor und während des Spanischen Erbfolgekrieges erstellt. Berühmt ist auch seine Anschaffung einer Augsburger Monstranz, 117 cm hoch und «im Werthe von mehr als 100 000 Gulden».[11]
Abt Rogerius I. Röls stirbt am 3. Mai 1723. Unter ihm «hatte Kaisersheim, ungeachtet der Bedrängnisse des spanischen Successions-Krieges, seine glücklichste Zeit. Roger hatte glänzende Eigenschaften des Geistes und Gemüthes; er war gelehrt in den Wissenschaften, der Kunst befreundet, glühend für Schmuck und Würde im Heiligthume der Kirche, eifrig in der Handhabung der Ordenszucht, ein Vater der Armen, unermüdet und glücklich im Schaffen und Wirken», schreibt ein Biograph des 19. Jahrhunderts, der lateinischen Inschrift seiner Grabtafel folgend.[12] Die letzte Ruhestäte findet der derart gelobte Abt in der Liebfrauenkapelle. Die 1679 an das südliche Seitenschiff angebaute Kapelle, in der seither die Äbte begraben werden, wird 1872 als Opfer von neugotischen Puristen abgerissen.
Im Kaisheimer Münster hängt ein stark restaurierungsbedürftiges Bild des Reichsprälaten. Er hält in der rechten Hand Medaillons mit den Porträts seiner beiden geistlichen Brüder. Das Bild, dessen Hintergrunddarstellung nicht mehr interpretierbar ist, muss um 1708 bis 1709 entstanden sein. Der Abt wäre dann fünfzig Jahre alt. Schlecht lesbar ist auch sein persönliches Wappen am unteren Rand des Gemäldes.
Dieses persönliche Wappen von Abt Rogerius I. finden wir am prachtvollsten im Kaisersaal, zentral über dem Kamin. Im reichplastischen, noch spätbarockem Rahmen ist es mit Mitra und zwei Krummstäben bekrönt.[13] Das Wappen wird in Blau durch einen goldenen Bogen geteilt. Im oberen Feld zeigt es eine silberne, fliegende Taube mit einem grünem Ölzweig im Schnabel. Im untern Feld ist ein grüner Dreiberg mit drei grünen exotischen Bäumen dargestellt, die Palme, Zypresse und Zeder bedeuten. Die Zypresse in der Mitte wird flankiert von zwei goldenen Sternen.

Pius Bieri 2012

Literatur:
Schaidler, Martin: Chronik des ehemaligen Reichstiftes Kaisersheim. Nördlingen 1867.

Anmerkungen:

[1] Die Stadt, damals mit zwei Holzbrücken über die Naab, wird im 19. Jahrhundert Eisenbahnknotenpunkt und Industriestadt. Mit der Bombardierung am 17. April 1945 geht die Altstadt weitgehend verloren.

[2] Johann Kasimir Röls (1646−1715). Er studiert ab 1667 in Dillingen. 1670 Primiz. 1674 Stadtpfarrer in Donauwörth. 1708 Weihbischof.

[3] Johann Leonhard (1663−1748), studiert ab 1667 an den Jesuitengymnasien Augsburg und Neuburg an der Donau, 1678 in Dillingen und 1680 in Ingolstadt. 1680 legt unter dem Namen Amandus in Heilig Kreuz Profess ab, wo er 1691 zum Abt gewählt wird.

[4] Johann Georg Röls (1652−1719).

[5] Judas Thaddäus Mayr (1648−1698), Abt von Kaisheim 1696−1698. Er wird 1678 Professor der Casuistik,1679 Professor der Philosophie und 1681 Direktor an der Universität Ingolstadt.

[6] Bursar, auch Bursner geschrieben, ist bei den Zisterziensern der Finanzverwalter.

[7] Die Zahl 111 750 Gulden basiert auf gerundeten Schätzangaben der Klosterchronik und darf nicht zum Nennwert genommen werden. Im Gegensatz dazu ist die Abrechnung des Klosterneubaus (110 648 Gulden) präzise.

[8] Schaidler (1867) schreibt: «Der Abt war auf der Flucht vom 15. November 1703 bis Christi Himmelfahrt 1708». Die dürfte nicht in dieser Aussage zutreffen. Vermutlich ist er nur von November 1703 bis zur Räumung des oberen Donaugebietes durch bayrisch-französischen Truppen im Herbst 1704 dauernd abwesend. Bei den neuen Franzoseneinfällen könnte er 1707 nochmals Sicherheit gesucht haben. 1706 ist in Kaisheim bereits wieder Bautätigkeit verbürgt (Bau der Klosterbrauerei), was kaum auf seine dauernde Abwesenheit schliessen lässt. Auch die Altarausstattung im Chor der Stiftskirche stammt aus dieser Zeit.

[9] Für Lohnzahlungen, Material und Fuhrleistungen, aber ohne Eigenleistungen des Klosters und Frondienste der Untertanen.

[10] Pielenhofen in der Oberpfalz. Das in der Reformation aufgehobene Zisterzienserinnenkloster wird 1655 von Kaisheim gekauft und als Priorat wieder besiedelt.

[11] Nach Schaidler (1867). Die Monstranz des Goldschmiedes Hermann Schmetz ist schon bei der Säkularisation nicht mehr vorhanden. Ihr Wert von 100 000 Gulden muss symbolisch aufgefasst werden und wäre auch bei Verwendung der beschriebenen reinen Edelsteine um das zehnfache übertrieben.

[12] Anton Streichele in: das Bisthum Augsburg, zweiter Band, Augsburg 1864.

[13] Die barocken Äbte Kaisheims verwenden kein Schwert als Symbol der Reichsunmittelbarkeit.

 

1. Bauten und Ausstattungen während der Regierung von Abt Rogerius Röls am Klosterort
Jahr Werk Bemerkungen
1699 Kaisheim. Kanzel im Laienschiff der Stiftskirche. Meister: Franz Paul Tschiderer.
1700 (um) Kaisheim. Gästehaus mit Gaststallungen und Marstall. Neubauten gegenüber Kloster-Westflügel.
1700 (um) Kaisheim. Torturm. Als Umbau eines älteren Turmes, viergeschossig.
1702 (um) Kaisheim. Ochsen- Schaf- und Pferdestallungen, Werkstätten. Binderei und Schweinhaus.. Neubauten im Südwestbereich des Klosterareals.
1705−1712 Kaisheim. 14 Altäre in der Stiftskirche (Seitenaltäre und Chorumgang) Bildhauer: Franz Paul Tschiderer. Maler: Johann Caspar Sing u.a.
1706 Kaisheim. Brauhaus. Hauptbau des Gebäudeensembles mit Brauhaus, Malzhaus, Branntweinhaus, Sommerkeller.
1711−1717 Kaisheim. 14 Wandbilder in der Stiftskirche. Höhe 480 cm. Breite 130 cm Reiches Akanthusrahmenwerk. Maler: Johann Gebhard. Rahmen: Tschiderer?
1714 Kaisheim. Chorgestühl in der Stiftskirche. Ursprünglich im Mittelschiff, vor der Vierung. Meister: Augsburger Dominikanerwerkstatt.
1716
(vor)
Kaisheim. «Erbauung der St. Martinskapelle». Ist damit die Pfarrkirche St. Martin oberhalb des Klostertors gemeint, die 1803 abgebrochen wird?
1716 (vor) Kaisheim. Schabernackmühle. Neubau. Die Mühle wird Mitte des 19. Jahrhunderts abgebrochen. Lage beim heutigen Klärwerk. 
1716 (vor) Kaisheim. Vier neue Türme mit Ringmauer im Ostgarten. Mit neuer unterirdischer Wasserführung.
1716−1721 Kaisheim, Neubau der Konventgebäude. Baumeister ist Franz Beer II, Stuckateure sind die Brüder Appiani.

 

2. Bauten von Abt Rogerius Röls im Herrschaftsbereich ausserhalb des Klosterortes
Jahr Ort, Werk Bemerkungen
1698−1701 Lauingen. Kaisheimer Kasten (Kornhaus). Daten nach Bayrischer Denkmalliste. Vielleicht Umbau des 1610 von Gilg Vältin errichteten Gebäudes.
1700 (um) Bergstetten. Filialkirche Hl. Dreifaltigkeit. Stuck und Ausstattung. Ausstattung 1803 beseitigt. Stuck: Benedikt Vogel zugeschrieben.
1702 (vor) Sonderhof bei Harburg. Mühlenneubau. Weiher und Mühle heute zerstört.
1708 Fessenheim bei Wemding. Pfarrhof. Kirchturm 1716−1717?
1708 (um) Baierfeld. Pfarrhof Kaisheim. Brauhaus. Hauptbau des Gebäudeensembles mit Brauhaus, Malzhaus, Branntweinhaus, Binderei und Sommerkeller. Kirche, Chor 1076 und Langhaus 1716? Stuck in Gruftkapelle und Chor von Benedikt Vogel.
1708 (um) Dornstadt bei Auhausen. Pfarrhof.  
1711 Hermaringen (Württemberg). Bau von Kirchturm und Pfarrhof. Die Pfarrgemeinde ist evangelisch. Für die 1712 neugebaute Kirche besteht keine Baupflicht Kaisheims.
1711−1712 Blindheim. Pfarrkirche St. Martin. Neubau Schiff und Barockisierung Chor.
1715 Villenbach bei Dillingen. Pfarrhof.  
1715−1716 Erlingshofen. Pfarrkirche St. Vitus. Neubau von Langhaus und Chor.
1716 (vor) Berg (Donauwörth). Neubau Pfarrhaus.  
1716 (vor) Donauwörth. Oberrichterhaus (mit Kapelle St. Ursula und Kornschütte). Neu- oder Umbau. Im 19. Jh. Kloster St. Ursula. 1945 zerstört. Lage: Klostergasse 1−5.
1717−1726 Pielenhofen. Zisterzienserpriorat. Neubau der Klosterkirche. Baumeister ist Franz Beer II, Stuckateure sind die Brüder Appiani und Maler ist der Konstanzer Jacob Carl Stauder.
 
Im Kaisheimer Münster hängt ein stark restaurierungsbedürftiges Bild des Reichsprälaten. Er hält in der rechten Hand Medaillons mit den Porträts seiner beiden infulierter Brüder, des Weihbischofs von Augsburg und des Abtes von Heilig Kreuz in Donauwörth. Das Bild, dessen Hintergrunddarstellung nicht mehr interpretierbar ist, muss um 1708 bis 1709 entstanden sein. Der Abt wäre dann fünfzig Jahre alt. Schlecht lesbar ist auch sein persönliches Wappen am unteren Rand des Gemäldes. Dieses Wappen ist dafür umso prachtvoller über dem Kamin im heute als Kaisersaal bezeichneten Grossen Saal zu finden.
  Rogerius I. Röls (1659–1723), Abt der Reichsabtei Kaisheim  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  29. Januar 1659 Schwandorf an der Naab, Bayern D   Fürstentum Neuburg  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Abt der Reichabtei Kaisheim   1698–1723  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  3. Mai 1723 Kaisheim, Donau Ries, Bayern D   Reichsabtei Kaisheim  
  Kurzbiografie              
  Rogerius I. Röls ist der bedeutendste Abt der Barockzeit in Kaisheim. Er regiert die Reichsabtei während 25 Jahren, stattet vorerst die Kirche neu aus, baut die westlich vorgelagerten Ökonomie- und Gastgebäude weitgehend neu und beginnt 1716 mit dem grossen Klosterneubau, baut aber gleichzeitig auch neue Kirchen, Pfarrhöfe und Kastenhäuser in der Klosterherrschaft und in den benachbarten Städten. Von Baumeister Franz Beer lässt er auch die Klosterkirche in Pielenhofen erstellen. Trotz des Spanischen Erbfolgekrieges, der die Klosterherrschaft an Plünderungen, Brandschatzungen und Kontributionen stark belastet, kann Abt Rogerius alle Ausstattungen und Bauten den Klosterhaushalt im Gleichgewicht halten.     Roels  
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