Johann Christoph von Westerstetten (1563–1637)

Fürstpropst von Ellwangen 1603–1612
Fürstbischof von Eichstätt 1612–1636



Herkunft und Ausbildung

Familie
Johann Christoph wird am 6. Januar 1563 auf Schloss Wasseralfingen[1] als Sohn von Wolf Rudolf von Westerstetten zu Altenberg und Staufen und seiner zweiten Ehefrau Ursula von Riedheim geboren. Sein Vater ist seit 1561 Ellwangischer Obervogt zu Wasseralfingen. Das Geschlecht der Herren von Westerstetten ist schwäbischer Reichsritter-Adel. Es nennt sich nach dem Stammsitz im Lontal bei Ulm. Zu Ellwangen sind die Bindungen dank ausgedehnter Besitzungen auf der schwäbischen Alb sehr eng. Familienmitglieder bekleiden im 16. Jahrhundert hohe weltliche und geistliche Ämter in der Fürstpropstei. 1502 ist ein Bernhard von Westerstetten kurzeitig Fürstpropst von Ellingen. Johann Christoph hat drei Brüder und drei Schwestern.[2] Mit seinem Bruder Wolfgang, der 1642 ohne männliche Nachkommen stirbt, erlischt das Geschlecht.

Wege in der Reichskirche
Alle Brüder sind am Jesuitengymnasium von Dillingen als Studenten eingetragen. Am 1. März 1575 wird Johann Christoph als erster immatrikuliert. Er ist 12 Jahren Jahre alt. Seine gleichzeitige Aufnahme als Kanoniker in Ellwangen zeigt, dass ihn die Eltern für die geistliche Laufbahn bestimmt haben. In Ellwangen kann er das erledigte Kanonikat des Augsburger Fürstbischofs Johann Eglof von Knöringen übernehmen. Auch in Eichstätt erwirbt er 1580 ein Kanonikat. 1681 beginnt er die Studien an der Universität Ingolstadt, die er 1584/85 für einen Studienaufenthalt an der Universität Dôle[3] unterbricht. Im November 1586 ist er wieder in Ingolstadt. 1589 erhält er in Augsburg die Priesterweihe. Er residiert in den folgenden Jahren in Eichstätt, wo er 1592 als Dekan oder Dechant des Domkapitels gewählt wird. Dieses wichtige und auch einträgliche Amt bekleidet er zehn Jahre. Er ist im Domkapitel einer der wenigen Befürworter der Jesuitenberufung an das 1564 gegründete Collegium Willibaldinum. Der Widerstand der übrigen Domherren gegen den neuen Orden führt dann 1602 zur Schliessung der Schule. 1600 kann Johann Christoph ein weiteres Kanonikat in Augsburg erwerben.[4] Die Verbindung zu Augsburg ergibt sich durch Heinrich V. von Knörigen, der seit 1598 Fürstbischof von Augsburg ist und dessen Schwester Maria mit Wolfgang von Westerstetten verheiratet ist.[5] An der Wahl Knörigens fungiert Johann Christoph von Westerstetten als Kompromissär. Knörigen ist noch bis 1614 auch Kanoniker in Eichstätt.

Ellwangen

Fürstpropst von Ellwangen 1603–1612
1602 wählt das Stiftskapitel von Ellwangen Johann Christoph von Westerstetten zum Koadjutor mit Nachfolgerecht für den Fürstpropst Wolfgang von Hausen. Dieser ist zwar seit 1600 als Fürstbischof von Regensburg postuliert, kann aber erst 1602 unter einigen Schwierigkeiten sein Amt in der reformierten Reichsstadt antreten. 1603 übergibt er die Fürstpropstei seinem Nachfolger. Westerstetten ist jetzt 40-jährig. Er ist Fürst eines eher kleinen geistlichen Staates,[6] dessen Domkapitel sich mit weitgehenden Wahlkapitulationen zudem immer mehr Rechte sichert. Im Reichstag hat der Fürstpropst von Ellwangen den Platz zwischen dem Fürststift Kempten und dem Johannitermeister. Die Abwehr der Reformation ist schon einem seiner Vorgänger, dem bis 1573 regierenden Fürstpropst und gleichzeitigen Fürstbischof von Augsburg, Otto von Waldburg, gelungen. Auch eine kleine Jesuitenmission ist an Ort. Ihnen ermöglicht Westerstetten 1611 eine Niederlassung.[7] Als glühender Verfechter der Gegenreformation tritt er der 1609 vom Bayernherzog gegründeten Katholischen Liga bei. Seine Leistungen für Ellwangen liegen hauptsächlich im Erwerb einiger Dörfer und im Anlegen von Schmelzöfen und Hammerwerken. Sichtbares Zeichen ist das von ihm neu aufgebaute Schloss über der Stadt. Die Vierflügelanlage mit den vier Ecktürmen und dem Arkaden-Innenhof wird 1603–1608 gebaut.[8] Beim geringen Schuldenstand der Fürstpropstei von nur 4000 Gulden am Antritt der Regierung kann er die grossen Ausgaben problemlos bewältigen.

Hexenverfolgungen
Mit dem Namen Westerstetten ist eines der düstersten Kapitel der Geschichte Ellwangens verbunden. Der Fürstpropst ist während seiner Regierungsjahre für den Feuertod von 303 unschuldigen Menschen direkt verantwortlich, und zudem sind die Ellwanger Hexenprozesse der Anfang einer ganzen Serie solcher Vorgänge im deutschsprachigen Süden. 1611 sind es allein in Ellwangen innert 17 Tagen 125 Personen, meist Frauen, die nach einem unter Folter erzwungenen Geständnis verbrannt werden. Westerstetten ist die direkte treibende Kraft hinter den unglaublichen Vorgängen. Theologische Begründungen liefern ihm vor allem prominente Jesuiten der Universität Ingolstadt.[9] Zudem hat Westerstetten in seinem Augsburger Verwandten, dem Fürstbischof Heinrich V. von Knöringen, einen gleichdenkenden Hexenverfolger. Vom Stiftskapitel Eichstätt sind keine Einwände bekannt. Proteste gegen die Hexenverbrennung oder gar gegen den Fürstpropst führen zum sofortigen Verdacht, dass auch der Protestierende dem Teufel verfallen sei und enden mit der schnellen Aburteilung der wagemutigen Person. Mit seinen Hexenverfolgungen zeigen Westerstetten und seine geistlichen Helfershelfer einen zerstörerischen religiösen Eifer, der angesichts ihrer Bildung unverständlich ist. Der Papst nennt die fränkischen und bayrischen geistlichen Hexenverfolger «Zelanti», was mit Eiferer übersetzt werden kann.[10] Er verurteilt diese in Italien unbekannte Praxis. Die Regierung des Fürstpropstes hinterlässt eine stark verstörte Gesellschaft, der lange Zeit jegliches soziales Vertrauen in die geistliche Obrigkeit abhanden kommt und die dann nahtlos mit den Gräueln des Dreissigjährigen Krieges konfrontiert wird.

Eichstätt 

Fürstbischof von Eichstätt

Am 4. Dezember 1612 wird Johann Christoph von Westerstetten zum Fürstbischof von Eichstätt gewählt.[11] Die Bischofsweihe erfolgt am 14. April 1613 durch den Augsburger Fürstbischof. Als Fürstpropst von Ellwangen resigniert er im gleichen Jahr. Er residiert auf der Willibaldsburg. Unter dem Vorgänger Johann Conrad von Gemmingen ist 1609 mit der Erweiterung der Feste zu einem Fürstenschloss der deutschen Spätrenaissance begonnen worden. Den noch unvollendeten Bau führt der neue Fürstbischof weiter, wohnt aber im östlichen Schaumbergbau.[12] Er ist Regent im Hochstift Eichstätt, wie die gefürstete Herrschaft genannt wird. Sie besteht aus einem geschlossenen Gebiet von 20 Quadratmeilen[13] mit dem Schwerpunkt um Eichstätt bis Beilngries, sowie aus einigen kleineren Exklaven. Im Reichstag ist der Sitz des Fürstbischofs auf der geistlichen Bank zwischen Strassburg und Speyer. Das Bistum zählt zu den kleineren der Kirchenprovinz Mainz. Es erstreckt sich von der Donau zur Pegnitz und umfasst auch die südlich der Pegnitz liegende Hälfte des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg. Grosse Gebiete sind aber seit der Reformation verloren. Beim alten Glauben sind nur das Hochstift, der Deutschordensbesitz um Ellingen und einige herzoglich-bayrische Gebiet mit der Universitätsstadt Ingolstadt geblieben. Erst nach 1621 kann dank der Rückgewinnung der Oberpfalz durch Bayern der nordöstliche Bistumsteil rekatholisiert werden. Aber 18 Klöster und 148 Pfarreien bleiben dem Bistum verloren.
Als Oberhirte der Diözese sorgt sich Westerstetten nebst der Durchsetzung der tridentinischen Reformen in den Pfarreien und Klöstern auch für die Wiederbelebung der Wallfahrten. Er umgibt sich schon in den ersten Tagen mit Jesuiten, die ihm von Ellwangen folgen. Er fördert sie, wie bei der Gründung des Jesuitenkollegs zu sehen ist, unbesehen der Widerstände im Domkapitel. Politisch bleibt er klarer Parteigänger des Herzogs Maximilian I. von Bayern. 1617 unterzeichnet er in München eine Defensiv-Allianz mit dem Führer der Katholischen Liga. Eichstätt zahlt jetzt enorme Summen an die Kriegsvorbereitung und an die spätere Kriegsführung der Liga. Den Ligaführer hindert dies aber nicht, im Sinne eines frühen Staatskirchentums und nach protestantischem Vorbild zusätzlich die auf bayrischem Gebiet liegenden Kirchenstiftungen des Bistums Eichstätt zu verstaatlichen.

Die Jesuiten in Eichstätt
Vor seiner Wahl muss Johann Christoph von Westerstetten auf die Wahlkapitulation schwören, in der er dem Domkapitel verspricht, weder neue Orden im Bistum noch ihnen die Leitung von Schulen zu erlauben. Der Artikel richtet sich gegen die Jesuiten. Der neugewählte Fürstbischof gedenkt aber nie, dies auch einzuhalten. Er ist entschlossen, das Collegium Willibaldinum wieder zu eröffnen und die Leitung den Jesuiten zu übertragen. Geschickt umgeht er den erwarteten Widerstand der Domherren, indem er die Jesuiten vorerst als Seelsorger, dann als Lehrer an die neueröffnete Schule holt. 1614 residieren und lehren sieben Jesuiten und der Superior im Willibaldinum.[14] Der Orden ernennt 1616 den bisherigen Superior zum Rektor und errichtet damit das Kolleg Eichstätt ordensrechtlich. Diese faktische Übergabe an den Orden und entsprechend vorbereitete Verträge werden allerdings vom Domkapitel jahrelang bekämpft, was schliesslich zum Alleingang des Fürstbischofs führt. Er unterzeichnet 1619 den Fundationsvertrag ohne Unterschriften des Domkapitels. Die Tatsache, dass schon 1617 die Baupläne nach Rom eingereicht werden und im gleichen Jahr die Grundsteinlegung der Kirche erfolgt, belegen den unbedingten Willen des Fürstbischofs, das widerspenstige Domkapitel zu übergehen und den Bestand des Kollegs zu sichern. Vom Papst erreicht er 1621 eine Bestätigung des Vertrags und 1623 von Kaiser Ferdinand II. einen Schutzbrief für das neue Jesuitenkolleg. 1620 kann er die Jesuitenkirche einweihen. Dann lässt er das anschliesssende Jesuitenkolleg mit Gymnasium bauen. 1626 kann auch dieses eingeweiht werden. Die Durchsetzung und der Bau des Kollegiums gegen den Widerstand des Domkapitels sind der wichtigste Erfolg seiner Regierung in Eichstätt. 

Westerstetten als Bauherr und Stifter
Nebst dem Jesuitenkolleg kann Johann Christoph von Westerstetten noch weitere Werke verwirklichen. 1618 lässt er das erste Waisenhaus vor dem Ostentor bauen.[15] 1623 ermöglicht er den Kapuzinern den Bau eines Klosters in der Ostenvorstadt und lässt ihnen anstelle der Schottenklosterkirche mit dem Hl. Grab bis 1625 auch eine neue Kirche errichten. 1629–1631 kann aufgrund von Stiftungen Dritter die Kirche St. Walburg völlig neu gebaut werden. Baumeister ist Martino Barbieri,[16] auch für die Willibaldsburg. Sie bleibt auch nach der Fertigstellung des Südflügels am Gemmingentrakt 1619 eine der grössten Baustellen im Hochstift, jetzt vor allem für den Ausbau der Bastionen. Ausserhalb der Residenzstadt sind der Pfarrhof und die Pfarrkirche Meilenhofen erwähnenswert, die 1616 und 1629 gebaut werden.
Als mitwirkender oder mitplanender Bauherr tritt Westerstetten bei keinem der Bauwerke, auch nicht bei der Willibaldsburg, in Erscheinung. Er tritt auch nicht als Kunstmäzen in Erscheinung.
Einzige Ausnahme scheint der Beizug des Bildhauers Hans Krumper zu sein. Ihm wird das schon in den Barock weisende Gemmingen-Epitaph im Dom und die Willibald-Statue auf dem Marktplatz-Brunnen zugeschrieben.[17] Westerstetten finanziert auch die postume Herausgabe des Stich-Werkes über den Hortus Eystettensis, den berühmten botanischen Lustgarten auf der Willibaldsburg seines Vorgängers Gemmingen.

Wieder Hexenverbrennungen
Im Hochstift Eichstätt setzt Westerstetten seine Hexenverfolgungen fort. Er ist zwischen 1617 und 1630 für weitere 167 unrechtmässige Hinrichtungen verantwortlich. 1617 lässt er in Herrieden sogar ein eigenes Hexengefängnis bauen. Am Regensburger Kurfürstentag 1630 wendet das Blatt, die Methoden der Hexenjäger von Bamberg, Würzburg und Eichstätt werden verurteilt.[18] In Eichstätt werden die Verfolgungen im gleichen Jahr eingestellt. Die innerkirchliche Aufarbeitung dieses grauenhaften Kapitels hat bis heute nicht stattgefunden.[19]

Kriegsverheerungen und Lebensende
Die anfänglichen Erfolge der Katholischen Liga im Dreissigjährigen Krieg verwandeln sich mit dem Kriegseintritt Schwedens ins Gegenteil. Schon längere Zeit herrschen in Eichstätt Lebensmittelknappheit und Seuchen. 1631 nähert sich das Heer Bernhards von Weimar gegen Bayern. Johann Christoph von Westerstetten flieht nach Ingolstadt ins Jesuitenkolleg, später nach München. Seine Vertretung übernimmt der Dompropst Bernhard von Gemmingen.[20] 1633 fällt Eichstätt in die Hände der Schweden. Die Stadt kann sich mit Kontributionszahlungen noch retten, aber im Februar 1664 wird die Stadt gebrandschatzt. Von den meisten Gebäuden bleiben nur die Mauern. Die schon 1633 sehr hohe Mortalität erreicht nun mit 982 Toten einen Höchststand. Das Datum der Rückkehr des Fürstbischofs nach Eichstätt ist unklar, er könnte aber schon im September 1634 im unversehrten Hof des Domherrn von Breitenlandenberg[21] Quartier bezogen haben. Am 21. Oktober 1636 resigniert er. Schon am 8. Dezember wird Marquard II. Schenk von Castell als neuer Fürstbischof gewählt. Johann Christoph von Westerstetten stirbt am 29. Juli 1637. Er wird im Chor der Domkirche beim Hochaltar begraben und erhält eine bescheidene Grabplatte, die heute im Kreuzgang aufgestellt ist.

Pius Bieri 2017

Literatur:

Lang, Franz Xaver: Topographische Beschreibung und Geschichte der königl. baier. Kreishauptstadt Eichstätt. Eichstätt 1815.
Sax, Julius: Geschichte des Hochstifts und der Stadt Eichstädt. Nürnberg 1857.
Suttner, Joseph Georg: Geschichte des bischöflichen Seminars in Eichstätt. Eichstätt 1859.
Behringer Wolfgang: Falken und Tauben. Zur Psychologie deutscher Politiker im 17. Jahrhundert, in Zeitschrift für historische Forschung. Berlin 1995.
Mährle, Wolfgang: Fürstpropstei Ellwangen, in: Zum Feuer verdammt. Die Hexenverfolgungen in der Grafschaft Hohenberg, der Reichsstadt Reutlingen und der Fürstpropstei Ellwangen. Stuttgart 1998.

 

Web:

Hexenprozesse:
Wiki: Hexenverfolgung im Hochstift Eichstätt

Wikipedia:
Wikip: Johann Christoph von Westerstetten (Ausgabe 28. November 2015)

Anmerkungen:

[1] Hohenalfingen und Wasseralfingen werden 1545 von Ellwangen erworben. Johann Christoph wird im Wasserschloss des 14. Jahrhunderts geboren, das von der Fürstpropstei 1590–1593 durch die heutige Vierflügelanlage ersetzt wird.

[2] Wolfgang, der Erstgeborne, erhält nach dem Tod des Vaters 1597 Altenberg, Ballhausen und Dunstelkingen. Im Oktober 1577 wird auch er in Dillingen immatrikuliert. Er heiratet Maria von Knöringen (†1631), die Schwester des Augsburger Fürstbischofs Heinrich V. und wird ebenfalls Obervogt zu Wasseralfingen. Er stirbt 1642 ohne männliche Nachkommen.
Es folgen als ältere Töchter Maria Anna und Sibylla, eine jüngere ist Ursula. Maria Anna heiratet Johann von Syrgenstein, ihr Sohn Wolfgang Rudolf ist 1612 Eichstätter Domkanoniker.
Dritter Sohn ist Heinrich Ludwig. Von ihm ist ausser der Immatrikulierung in Dillingen (1583) nichts bekannt.
Rudolf ist Stiefbruder aus der dritten Ehe. Er wird 1585 in Dillingen immatrikuliert. Vermählt mit Agatha von Hornstein, ist er ellwangischer Obervogt zu Oberkochen, stirbt aber schon 1620 und hinterlässt drei unmündige Töchter, nachdem der einzige Sohn Wolf Christoph schon gestorben ist.

[3] Die Freigrafschaft Burgund ist von 1493–1668 habsburgisch. Dôle ist Haupt- und Reichsstadt. Die Universität Dôle, wird 1422 von Philipp dem Guten gegründet und nach der Eroberung der Freigrafschaft durch Frankreich 1691 in die neue Hauptstadt Besançon verlegt. In Dôle besteht seit 1582 ein Jesuitenkolleg, das dann wegen des parallelen Lehrstuhls für Theologie sofort in Dauerkonflikt mit der Universität gerät. An der Universität sind dagegen nur wenige Jesuiten als Professoren tätig.

[4] Von einer Ernennung zum Dekan in Augsburg, wie unter anderem in der Wikipedia vermerkt und erstmals 1857 bei Sax eingeflossen, kann keine Rede sein. Siehe dazu Placidus Braun in: Die Domkirche und der hohe und niedere Klerus an derselben, Augsburg 1829.

[5] Heinrich V. von Knöringen (1570–1646) ist 1596 bis 1646 Fürstbischof von Augsburg.

[6] Ellwangen hat eine Fläche von ungefähr acht Quadratmeilen. 1802 hat es 23 000 Einwohner.

[7] Die Niederlassung erhält 1658 den ordensrechtlichen Titel einer Residenz, im gleichen Jahr wird ein Gymnasium eröffnet. Durch ein Lyzeum erweitert, wird die Niederlassung 1729 zum Kolleg erhoben.

[8] Die Anregung zur Vierflügelanlage in Ellwangen kann nicht vom ähnlichen Gemmingen-Flügel der Willibaldsburg in Eichstätt kommen, da dieser erst 1609 begonnen wird. Die äussere Erscheinung könnte Höchstädt an der Donau zum Vorbild haben. Der offene Arkadeninnenhof ist bei deutschen Renaissanceschlössern selten. Ein derartiger Arkaden-Innenhof wird gleichzeitig für die Jesuiten in Dillingen gebaut (Baumeister Alberthal). Die Baugeschichte des Ellwangener-Schlosses ist leider nicht erforscht.

[9] Es sind die Jesuiten Petrus Canisius, Gregor von Valencia, Jacob Gretser und Adam Contzen. Bei Gregor von Valencia ist Westerstetten Schüler. Den Lehrmeinungen dieser Jesuiten treten andere Jesuiten entgegen. Vor allem ein weiterer Schüler Gregors von Valencia, der Jesuit Adam Tanner (1572–1632), tritt in Ingolstadt und Dillingen diesen Lehrmeinungen diametral entgegen. Er bezeichnet schon früh ein Geständnis unter Folter als ungültig und verlangt die Vermutung der Unschuld bis zu einem Beweis des Gegenteils. Die aufgeklärten Ansichten dieser Jesuiten sind um 1603 schon bekannt. Ein weiterer Jesuit, Friedrich Spee von Langenfeld, schreibt 1631 sein wegweisendes Buch «Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse», in dem er die Positionen gegen die Folter noch verstärkt. Insbesondere macht er nicht die Beamten, sondern den Fürsten für die vielen unschuldigen Opfer verantwortlich.

[10] Papst Urban VIII. (1568–1644) bezeichnet fast gleichzeitig die geistlichen Hexenverfolger als «Zelanti», das heisst als religiöse Eiferer. Ihre Gegner in Rom werden als «Politicanti» (Diplomaten) bezeichnet.

[11] Der Wahlvorgang und die von Westerstetten beschworene Wahlkapitulation sind nicht quellenbasiert dokumentiert.

[12] Die östliche Hälfte des Schlosses, der 65 Meter lange Vierflügel-Trakt des Fürstbischofs Martin von Schaumberg (reg. 1560–1590) wird im 19. Jahrhundert abgetragen.

[13] Ungefähr 148 Quadratkilometer.

[14] Superior ist Nikolaus Gall SJ (1577–1633). Er wird 1616 Rektor des neuen Kollegs. Das Gebäude des Willibaldinum ist vermutlich das frühere Kaishaimer Haus, das dann 1625–1626 zum Gymnasium und Konvikt mit Festsaal umgebaut wird. Heute kirchliches Rechenzentrum Leonrodplatz 5.

[15] Es wird 1634 zerstört und 1695/1715 wieder erstellt, 1759 (Barbieri) und 1988 (Schattner) völlig umgebaut.

[16] Martino Barbieri (1583–1633) aus Roveredo in Graubünden. Er ist 1609–1619 auch an der Willibaldsburg tätig. Siehe zu ihm die Biografie in dieser Webseite.

[17] Hans Krumper (1570–1634) aus Weilheim, arbeitet in München. Ihm wird das grosse Epitaph an der Südseite des Ostchors im Dom zugeschrieben. Auch die Figur des hl. Willibald auf dem Brunnen des Marktplatzes (der Brunnen 1695 von Jakob Engel) soll ein Werk von Krumper für den Vorgängerbrunnen sein. Der Auftraggeber für das Gemmingen-Epitaph ist allerdings unbekannt, es könnten auch seine noch in Eichstätt lebenden Verwandten sein.

[18] Entscheidend ist der Wechsel des Kurfürsten Maximilians I., der sich jetzt vom Jesuiten Adam Conzten getrennt hat und neu den Jesuiten Johann Vervaux beizieht, der ein entschiedener Verfolgungsgegner ist. Kaiser Ferdinand ist für die Verurteilung der Verfolgungen massgebend, er lässt sich vom Jesuiten Wilhelm Lamormaini beraten, der ebenfalls zu den Verfolgungsgegnern gehört. Der Wandel betrifft aber nur die rechtswidrige Verfolgung mit Tortur und Verurteilungen ohne Beweise. Maximilian I. ist, wie die meisten seiner Zeitgenossen in Deutschland, von der Existenz von Hexen und Zauberer überzeugt.

[19] Die Ereignisse können nur aus dem Verständnis der Zeit einigermassen nachvollzogen, aber nicht entschuldigt werden. Trotzdem versucht dies die spätere kirchliche Geschichtsschreibung. Wo in den wenigen Biografien Westerstetten überhaupt auf seine Hexenverfolgungen eingegangen wird, erfolgt die Schuldzuweisung an die Beamten. Die Absenz der kirchlichen Aufarbeitung verführt die Gegner der katholischen Kirche, die Ereignisse aus dem aufgeklärten heutigen Blickwinkel zu betrachten, und dann zu absurden Urteilen wie «Massenmörder Westerstetten» (Bund für Geistesfreiheit München) zu gelangen.

[20] Bernhard von Gemmingen (1585–1651), 1599 Kanoniker in Eichstätt, Dompropst seit 1613. Sohn von Wolf Dietrich (1550–1601). Die Mutter Ursula (1560–1626) ist im Domkreuzgang begraben. Er ist Neffe von Fürstbischofs von Johann Konrad (reg. 1595–1612). Gemäss der Familien-Chronik von Stocker (1895) resigniert er 1632 und stirbt auf Schloss Eming bei Landsberg. Sein Neffe Wolf Christoph (1613–1635), Sohn des Bruders Karl Dietrich, wird Nachfolger. Bernhard von Gemmingen wird allerdings von Sax (1857) als Statthalter bis 1634 bezeichnet.
Weiteren gleichzeitigen Kapitularen der Familie Gemmingen wird im Kreuzgang des Doms gedacht:
Karl (1621–1649), ein weiterer Sohn von Karl Dietrich.
Georg Dietrich (1594–1644) und Johann Wilhelm (1583–1621), zwei Cousins dritten Grades des Bernhard von Gemmingen.

[21] Bei Lang 1815 Landenberg, Sax 1857 schreibt durchgehend «Ladenberg». Ein Michael von Breitenlandenberg ist um 1620 Domherr. Sein Bruder Ludolf Jakob, Deutschordenskomtur zu Rottenburg, wohnt um 1630 in Eichstätt (Epitaph früher in der Pfarrkirche, heute Willibaldsburg). Ihre Mutter ist eine Westerstetten. Ein weiterer Breitenlandenberg, Johann Ulrich (1591–1626) ist im Domkreuzgang begraben.


Porträt des Johann Christoph von Westerstetten 1613

Der Kupferstich von Wolfgang Kilian in Augsburg nach einer Vorlage von Johann Mattias Kager wird 1613, im Jahr der Bischofswahl veröffentlicht.

Der Stich zeigt den Fürstbischof im Alter von 50 Jahren. Er wird im Brustbild mit Mitra und Krummstab in ovalem Rahmen dargestellt.
Die Rahmenumschrift lautet «REVEREND[us] AC ILLVSTR[issimus] PRINCEPS AC D[omi]NVS D[ominus] IOANNES CHRISTOPHORVS D[ei] G[ratia] EP[iscopu]S EYSTETTENSIS». Hinter dem Oval sitzen seitlich links Justitia und rechts Fides.
Als Bekrönung ist auf einer bebänderten und mit Fruchtgehängen verzierten Emblemkartusche der Wahlspruch «FORTITER / GERMANA FIDES»zu lesen.
Unten ist die mit dem Oval verbundene Wappenkartusche angebracht. Sie enthält die Datierung 1613. Der Wappenschild ist quadriert und enthält in 1 und 4 das Wappen des Hochstifts (in Rot eine Krümme), in 2 und 3 das Wappen Westerstetten (in geteiltem Schild oben von Silber und Rot gespalten, unten Blau).
In der dahinterliegenden querrechteckigen Kartusche ist zu lesen:

Candidus, et fortis, Justus / pietatis amator
Praesul hic est. Icon / quatuor una refert.
Discute cuncta: fidem / GERMANAM suspice primum,
GEMMA in GERMANO / est pectore, cana fides.

(Lauter und mutig, ein gerechter Liebhaber der Frömmigkeit ist dieser Bischof. In dem einen Bild sind vier enthalten. Erwäge nur alles: die deutsche Treue verehre als erstes, ein Edelstein in der deutschen Brust ist die altbewährte Treue).

Bildquelle: Porträtsammlung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

  Johann Christoph von Westerstetten (1563–1637)  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  6. Januar 1563 Wasseralfingen (Ellwangen)   Fürstpropstei Ellwangen  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Fürstpropst von Ellwangen und Fürstbischof von Eichstätt   1603–1612 und 1612–1636  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  29. Juli 1637 Eichstätt   Fürstbistum Eichstätt  
  Kurzbiografie              
 

Johann Christoph von Westerstetten ist 1603–1612 Fürstpropst von Ellwangen und dann bis 1636 Fürstbischof von Eichstätt. Sein Leben widmet er dem Kampf gegen die Reformation und gegen die vermeintlich vom Teufel Besessenen. Hier verliert er, auch gemessen am damals in Süddeutschland herrschenden Glauben an widernatürliche Kräfte, jedes Mass. Selbst der Papst bezeichnet ihn und seinesgleichen als religiöse Eiferer. Er ist grosser Freund der Jesuiten und kann in Eichstätt den Bau eines Jesuitenkollegs durchsetzen, dessen Kirche bereits in den frühen Barock weist. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger oder den gleichzeitigen Salzburger Fürsten ist er aber kein Kunstmäzen und kein bewusster Förderer der neuen römischen Baukunst.

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