Die Meister des Klosterneubaus
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Franz Beer II von Bleichten (1660–1726) Au (Vorarlberg) FranBeerII   Baumeister-Architekt 1716   1721
Peter Franz Appiani (1670−1724) Porto Ceresio Appiani   Stuckateur 1717   1723
Jacopo Appiani (1687−1742) Porto Ceresio ok   Stuckateur 1717   1724
Br. OP Valentin Zindter oder Zündter (17. / 18. Jh.) Unbekannt     Kunstschreiner ~1726   1730
Br. Antonius Leuthner (1702–1760) Sulzdorf     Klosterschreiner ~1726   1735
Fr. Michael Schmid (1705–1773) Wittislingen     Klosterschreiner ~1726   1735

Die Meister der barocken Kirchenausstattung
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Andreas Thamasch (1639−1697) See im Paznauntal     Bildhauer 1671   1685
Franz Johann Paulin Tschiderer (1662−1720) Pians bei Landeck     Bildhauer 1699   1712
Matthias Tretzscher (1626–1686) Lichtenstadt Böhmen     Orgelbauer 1674   1677
Br. OP Valentin Zindter oder Zündter (17. / 18. Jh.) Unbekannt     Kunstschreiner ~1716   ~1719
Br. Antonius Leuthner (1702–1760) Sulzdorf     Klosterschreiner ~1726   1735
Fr. Michael Schmid (1705–1773) Wittislingen     Klosterschreiner ~1730   1735

Kaisheim

Ehemalige Zisterzienser-Reichsabtei und Kirche Mariä Himmelfahrt

Von der Gründung zur Reichsunmittelbarkeit

Die Gründungsurkunde vom 21. September 1135 bezieht sich auf eine Stiftung der Grafen von Lechsgemünd.[1] Die einheimischen Adeligen schenken den Zisterziensern Grundbesitz in einem wasserreichen Tal des Haidwang-Forstes, eineinhalb Wegstunden nördlich von Donauwörth gelegen. Nach dem Talgewässer, dem Kaibach, wird die Neugründung Kaibachheim und dann Kaisheim genannt. Die Abtei Lützel sendet den Gründungskonvent mit dem ersten Abt Ulrich und 12 Mönchen.[2] Die Besiedlung erfolgt nicht vor Ende 1134, wahrscheinlich eher im Frühjahr 1135. Der Konvent wächst rasch und hat 1340 die Zahl von 70 Mönchen und 56 Laienbrüdern. Die bescheidene Gründungsausstattung wird durch Schenkungen schnell zu einem Güterkomplex in der näheren Umgebung ausgebaut. Mitte des 13. Jahrhunderts besitzt Kaisheim siebzehn Grangien.[3] Im Klosterurbar sind für das 14. Jahrhundert 327 Orte aufgelistet, in denen Kaisheim Grundbesitz oder Rechte hat. Nach einem ersten Stadthaus in Donauwörth erwirbt das Kloster in weiteren 12 Städten Niederlassungen, die entferntesten in Esslingen und Heilbronn.[4] Nebst den Weinbergen der Grangie Leitheim erwirbt das Kloster auch im Württembergischen Weinberge. 1509 lagern in den Kellern der Kaisheimer Kelter in Esslingen 70 000 Liter Neckarwein.
Nach dem Aussterben der Stifterfamilie im 14. Jahrhundert fallen die Vogteirechte an die Wittelsbacher. Diese kümmern sich wenig um die 1363 von Kaiser Karl IV. ausgestellte Bestätigung der Reichsunmittelbarkeit, die auch von allen nachfolgenden Kaisern immer wieder bestätigt wird. Das 15. Jahrhundert ist deshalb geprägt von Übergriffen der benachbarten Städte auf die Kaisheimer Besitzungen und dem Kampf der Abtei um die Unabhängigkeit vom bayrischen Herzog. 1505, nach dem Landshuter Erbfolgekrieg, geht die Landesherrschaft von Bayern an das neugeschaffene Fürstentum Neuburg. Hervorragende Äbte wie der Humanist Konrad Reuter führen das Kloster in dieser Zeit.[5] Als Pfalzgraf Ottheinrich 1542 zur Reformation übertritt, wird Kaisheim kurzfristig auch in die Reformationswirren gerissen. Nur dank kaiserlichen Eingreifens bleibt die Mehrheit der Mönche bei der alten Religion. Die Kaiser, welche das Kloster als Reichskloster betrachten und es als Kaiserheim oder Cesarea bezeichnen, erneuern regelmässig die Schutzversprechen. 1614 erfolgt die Rekatholisierung des Fürstentums Neuburg. Die Beruhigung ist kurz, denn schon im Dreissigjährigen Krieg wird Kaisheim zwischen 1631 und 1649 mehrfach von schwedischen Truppen heimgesucht. Erst 1656 gelingt Abt Georg IV. Müller ein Vergleich mit Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg, der mit einem formellen Verzicht auf Rechte über Kaisheim die Reichsunmittelbarkeit endgültig sichert. Unter Abt Georg IV., der von 1637 bis 1667 regiert, erreicht Kaisheim schnell eine neue wirtschaftliche und personelle Blüte, die sich auch in umfangreichen Gütererwerbungen ausdrückt. So kauft der Abt 1655 auch das in der Reformation aufgehobene Kloster Pielenhofen, um es als Priorat Kaisheims wieder zu besiedeln.

Tochterklöster von Kaisheim

Stams und Schöntal
1273 besiedelt ein Gründungskonvent von Kaisheim das von der Mutter des 1268 in Neapel hingerichteten Staufers Konradin mitbegründete Kloster Stams im Tirol. Kaisheim wird wegen der Staufertreue von Kloster und Stifterfamilie gewählt. 1281 kann das von Maulbronn gegründete Kloster Schöntal seine finanziellen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen. Da Maulbronn nicht in der Lage ist, Hilfe zu leisten, unterstellt das Generalkapitel Schöntal dem wirtschaftlich starken Kloster Kaisheim. In diesen beiden Töchtern hat der Kaisheimer Abt Visitationspflicht.

Die Frauenklöster
Im Gegensatz zu den Männerklöstern Stams und Schöntal ist der Abt von Kaisheim bei den ihm unterstellten Zisterzienserinnenklöster weitreichend weisungsbefugt, sei es in wirtschaftlicher oder geistlicher Hinsicht. Ihre Unterstellung unter den Weisungsabt von Kaisheim finden im 13. Jahrhundert statt. Erstes Kloster ist Seligenthal bei Landshut.[6] 1237 folgt Pielenhofen.[7] 1240 wird Niederschönenfeld als zweites Hauskloster der Grafen von Lechsgemünd gegründet.[8] Oberschönenfeld folgt wenige Jahre später.[9] Zimmern im Ries wird um 1252 dem Kloster Kaisheim unterstellt.[10] 1268 wird Kirchheim im Ries Tochter von Kaisheim.[11]  Eine Unterstellung erfolgt im 14. Jahrhundert noch für ein Beginenhaus in Lauingen, das die Zisterzienserregel annimmt. Die städtische und deshalb ordensfremde Niederlassung wird aber von Kaisheim nicht weiter betreut. Die patriarchalischen Abhängigkeitsverhältnisse der Zisterzienserinnen von ihrem Weisungsabt werden im 18. Jahrhundert nicht mehr von allen Äbtissinnen widerstandslos hingenommen. So wechseln 1753 die Reichsabtei Gutenzell und die Abtei Wald vom Regime des Fürstabtes von Salem in die Paternität von Kaisheim.

Die Klosterlandschaft vor dem Konventneubau des 18. Jahrhunderts

Die Kirche
1183 ist die Einweihung der ersten Kirche. Sie hat nach der Überlieferung das Aussehen der nur ein Jahr später eingeweihten Kirche von Stams.[12] Dieses Bauwerk wird 1352 abgebrochen. An seiner Stelle entsteht bis 1387 die heutige hochgotische Kirche nach den 200 Jahre älteren Vorbildern in Pontigny und Clairvaux.[13]  
> Zum Grundrissvergleich mit Pontigny, Clairvaux und Stams.
Sie zeugt von der Wirtschaftskraft der Abtei und vom festen Glauben des Abts Ulrich III. Niblung, der mit dem Kirchenneubau kurz nach einer Pestepedemie beginnt, die 22 Konventualen dahinrafft. Trotz ihrer Nähe zur Architektur von Zisterzienserkirchen in der burgundischen Grenzregion am Oberlauf der Seine hat die Kaisheimer Stiftskirche eigenen Charakter. Einmalig ist die Chorausbildung mit dem aus 11 Segmenten annähernd gerundeten Umgangschor, der in der Gesamtbreite des Langhauses bleibt, aber innen durch Säulen in der Art von Hallenkirchen zwei Schiffe bildet. Abweichend von Pontigny und Clairvaux ist auch der heutige Vierungsturm. Die Bauvorschriften der Zisterzienser verbieten auch im 14. Jahrhundert noch immer steinerne Glockentürme. Der Vierungsturm von Kaisheim ist allerdings ein Bauwerk von 1459 und erhält im 16. und 18. Jahrhundert die heutige Form.[14] Die strengen Bauvorschriften hätten auch Wandfresken nicht erlaubt. Dies wird in Kaisheim schon im Spätmittelalter nicht mehr beachtet, denn 1596 berichtet die Chronik vom Übertünchen alter Wandgemälde. 1616 erfolgt ein Umbau des südlichen Querarmes mit den Sakristeien und des anschliessenden Kapitelsaales, alte Bauteile, an die vielleicht schon 1352 die Kirche angepasst wird. 1630 lässt der Abt die Kirche mit «glatten weissen Steinen belegen und wiederum durchgehend ausweissen». So zeigt sich der Kircheninnenraum kurz vor dem Dreissigjährigen Krieg schon in der heutigen Gestalt, aber noch immer mit seiner wertvollen Ausstattung der späten Gotik und der Renaissance.

Die barocke Ausstattung der Stiftskirche

Die Barockisierung der Ausstattung beginnt 1665 mit dem Abbruch des Lettners und dem Ersatz durch ein Chorgitter. Noch im 17. Jahrhundert folgt der Ersatz von Hauptaltar und ein Neubau von Orgelempore und Orgel.[15] Der Bildhauer Andreas Thamsch ist Stiftsbildhauer in Stams, auch Paul Tschiderer, der Schöpfer der Kanzel, stammt aus dem Tirol. Die beiden Stifte Kaisheim und Stams haben noch in der Barockzeit enge Beziehungen, wie die Wahl der Bildhauer zeigt. 1681 wird eine am südlichen Seitenschiff neu angebaute Liebfrauenkapelle eingeweiht.[16] Bis 1716, dem Beginn des Klosterneubaus, ist die barocke Ausstattung weitgehend vollendet. Wahrscheinlich ist zu diesem Zeitpunkt auch das kunsthistorisch bedeutende Chorgestühl schon aufgestellt.

Das Chorgestühl [17]
In der Abrechnung der Ausgaben vor dem Klosterneubau ist das neue Chorgestühl aufgelistet, das demnach 1716 schon erstellt ist.[18]  Das prächtige spätbarocke Werk wird der Schreinerwerkstatt des Augsburger Dominikanerklosters zugeschrieben. Als leitender Meister wird Br. Valentin Zindter (Zündter) genannt. Es steht zur Klosterzeit im Mittelschiff des Langhauses vor der Vierung und bildet dort eine geschlossene Einheit mit zwei abgewinkelten Teilen, der südliche mit 38 Sitzplätzen und der nördliche mit 47 Sitzplätzen. 1837 erfolgt die Verlegung, neu zusammengestellt, in den Schatten der Seitenschiffe, wo sie heute wenig beachtet werden.

Konvent- und Wirtschaftsgebäude
In einer mit zehn Türmen bewehrten Klostermauer von 1000 Meter Umfang ist die Klosterlandschaft schon vor dem Konventneubau des 18. Jahrhunderts von eindrucksvoller Geschlossenheit und Wehrhaftigkeit. Von diesem begehbaren Mauerring sind im Westen und Norden noch heute Reste vorhanden. Auch einzelne Türme, insbesondere das grosse Torhaus stehen noch immer. Dieses wird nach 1700 erneuert. Im westlichen Teil des ummauerten Areals, erschlossen durch das Torhaus, befinden sich die Wirtschaftsbauten. Durch das Torhaus gelangt man zu einem nach Osten offenen Wirtschaftshof des späten 17. Jahrhunderts, dem heutigen Münsterplatz. In seinen drei Flügeln sind die Handwerksbetriebe untergebracht, auch die Verwaltungen, wie das direkt an das Torhaus anschliessende obere Richteramt.[19]   Nach Süden an den Wirtschaftshof angekoppelt, befindet sich gegenüber dem Abtei-Westflügel der um 1700 neu gebaute Gästeflügel.[20] Er ist Teil der letzten grossen Bauphase vor dem Neubau der Konventgebäude. Sie wird 1702 durch den Spanischen Erbfolgekrieg unterbrochen. Bauherr ist Abt Rogerius I. Röls.[21] Er lässt gleichzeitig weitere Wirtschaftsbauten im südwestlichen Klosterareal errichten. Noch 1706 baut er dort das grosse Bräuhaus. Die meisten dieser Wirtschaftsbauten bestehen, zweckentfremdet und umgebaut, bis heute. Auch die Klosterbäckerei mit der Mühle, das sogenannte Pfisterhaus, überlebt den Klosterneubau, obwohl es zu nahe an seinem Südwestrisalit steht und deshalb in der Planung und in der Klosteransicht von 1720 nicht mehr vorkommt.[22] Die Pfisterei mit der Mühle ist ein Bau von 1611 und wird nach dem Konventneubau nicht wie vorgesehen abgebrochen, sondern baulich erneuert.
Den Neubauten zum Opfer fallen die südlich an die Kirche anschliessenden Konventbauten. Es handelt sich um die mittelalterliche Dreiflügelanlage um den Kreuzgang, mit zwei nach Süden vorstehende Flügelbauten. Noch im 16. Jahrhundert entstehen im Osten neue Renaissancebauten. Auf dem recht aussagekräftigen Gemälde um 1697 sind sie mit Apotheke, Abtei, Neubau und Saal bezeichnet. Erhalten hat sich ein Teil des Kreuzganges an der Südseite der Kirche und der noch 1616 zusammen mit dem Neubau des südlichen Querhauses ebenfalls erneuerte kurze Teil des Ostflügels, in dem sich der Kapitelsaal befindet.

Die Wasserwirtschaft

Zisterzienserklöster sind für ihre hochstehende Technik der Wassernutzung bekannt. Erst mit den barocken Neubauten verliert Kaisheim die offen geführten Wasserläufe im Klosterareal. Sie werden durch ein geschlossenes Kanalsystem ersetzt, das noch heute in den Grundzügen erkennbar ist. Einer der vom Kaibach gespeisten Staustufen, die auch der Fischzucht dienen, liegt direkt vor der östlichen Klostermauer und speist den Hauptkanal. Dieser quert unterirdisch den Abteigarten im Osten und die Innenhöfe dicht am Südflügel. Als Pferdeschwemme kommt er nochmals ans Tageslicht, um dann vereint mit dem Kaibach unter einem südwestlichen Wehrturm das Klosterareal zu verlassen.[23] Der Kaibach selbst bildet, nachdem er beim mittleren Südturm in das Areal eingelassen wird, ein langgezogenes und noch heute sichtbare Becken im Konvent-Südgarten.[24] Wie der gleichartig ausgebildete Mühlbach im Ebracher Konventgarten dient dieses Becken der Mühle und dem Brauhaus.
> Zum Lageplan.

Der Konventneubau 1716−1721

Abt Rogerius I. Röls, der wohl bedeutendste Abt Kaisheims im Zeitalter des Barocks, muss nach Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges seine grossen Bauvorhaben abbrechen. 1703 flüchtet er mit einem Teil des Konvents und kehrt endgültig erst 1708 zurück. Kaisheim bleibt unversehrt, aber unglaublich hoch sind die bezifferten Kriegsschäden in den Klosterbesitzungen.[25] Die Wirtschaftskraft Kaisheims scheint aber trotzdem ungebrochen, denn schon 1716 fasst der Abt «den Entschluss, das Hof- und Konventgebäude von Grund aus abbrechen und neu erbauen zu lassen», auch die Kirche mit einer neuen Westfassade und zwei Türmen zu versehen. Schon vor Baubeginn erweitert er im Osten das mittelalterliche Klosterareal mit dem annähernd quadratischen Hofgarten und baut dafür vier neue Türme. Gleichzeitig schliesst er mit dem in Konstanz wohnhaften Vorarlberger Baumeister Franz Beer einen Akkord von 32 500 Gulden.[26] Der schon berühmte Baumeister hat erst kürzlich den Kirchenneubau der Zisterzienserabtei St. Urban fertig gestellt und beginnt nun mit dem dortigen Konventneubau. Die Äbte von Kaisheim und St. Urban kennen sich, letztmals treffen sie sich 1715 am Kapitel der oberdeutschen Zisterzienserkongregation in Salem. Für den Abt von Salem, Stephan Jung, ist Beer zudem fast Hausarchitekt. Er hat mit dem Vorarlberger von 1698 bis 1707 den grossen Klosterneubau der Reichsabtei durchgeführt und beschäftigt ihn anschliessend mit Kirchenplanungen.[27]
Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn der von Beer für Kaisheim geplante Konventbau mit Salem grosse Verwandtschaft zeigt, im Architekturdetail aber eher den Konventflügeln des Klosters Weissenau ähnlich ist, die Beer sechs Jahre vor Kaisheim baut. Mit Salem verbindet die Grösse. Kaisheim hat mit seinen zwei geschlossenen Innenhöfen und dem offenen Nordhof die gleiche Gesamtlänge der Fassaden wie Salem. Die Eckrisalite oder Eckpavillons in Kaisheim haben den gleichen Grundriss wie Salem, aber mit den abgestuften Zeltdächer von Weissenau.[28] Auf allen fünf Risaliten sitzen Dachreiter.[29] Die zwei grossen Mittelrisalite, sie weisen wieder reine Zeltdächer auf, beherbergen jeweils im zweiten Obergeschoss repräsentative, eineinhalbgeschossige Grossräume, im Süden die Bibliothek und im Osten den Grossen Saal. Wie schon im nun etappenweise abgebrochenen alten Kloster befinden sich die repräsentativen Hofbauten und das Haupttreppenhaus im Osten der Anlage. Entsprechend ist die Fassade des Ostflügels aussergewöhnlich reich mit Pilastern gegliedert und zeigt mit rot gefassten Verdachungen, vergoldeten Stuckkartuschen und Kapitellen schon fast fürstliche Pracht.[30] Nach fünf Jahren Bauzeit sind 1721 die Bauarbeiten und der Innenausbau mit Ausnahme der Bibliothek und des Grossen Saals abgeschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Bau ohne die klostereigenen Leistungen 110 638 Gulden gekostet.
> Zum Vergleich der Planungen von Franz Beer II in Salem und Kaisheim.

Die Westfassade mit der Doppelturmfront

Von den grösseren der ausgeführten Klosterplanungen Beers stellt Kaisheim die ausgereifteste Lösung dar. Die Einbindung der alten Stiftskirche in das neue Geviert von 151 auf 110 Meter gelingt ihm überzeugend, indem er ihr eine barocke Doppelturmfront vorblendet, deren untere Geschosse dem neuen Komplex den nordwestlichen Abschluss geben. Die 1719 geplanten Doppeltürme, in 70 Meter Höhe von zwei mächtigen Reichsadlern bekrönt, werden dann aber schon in den unteren Geschossen bis 1721 nicht nach diesem Plan ausgeführt. Der Bau der Doppeltürme, für die nochmals 40 000 Gulden erforderlich wären, kommt nur bis zur Höhe von 24 Meter.[31] Die bis dahin gebaute Kirchenfassade ist bewegter, differenzierter und plastischer als die schon gebaute Doppelturmfassade Beers in St. Urban oder die im Bau befindliche von Weissenau. Die Westfront von Kaisheim wird 1872 abgebrochen. 1863 beschreibt sie der königliche Baubeamte Leythäuser als «ungemein störend» und fügt an: «Tröstend ist, dass die bereits begonnene Verwitterung des Baumaterials dem allgemeinen Wunsch der Beseitigung zu Hilfe kommt.»[32] Die verspätete Mittelalterbegeisterung in Kaisheim führt 1872 zwar zur Freilegung der einfachen gotischen Eingangsfassade, zerstört aber die barocke Geschlossenheit der Gesamtanlage, die nun an der Westfassade mit dem verkrüppelt-verwinkelten Übergang der Kirche zum Kloster ihrer Grossartigkeit beraubt ist.

Die grossen Säle

Der Bibliotheksaal
Die Bibliothek liegt im Mittelrisalit des Südflügels. Der eineinhalbgeschossige Saal hat 27,6 Meter Länge, 11,1 Meter Breite und 7,5 Meter Höhe. Er ist heute durch Zwischengeschoss-Einbauten zerstört. Seine Ausstattung, «eine der kostbarsten, phantasievollsten und prächtigsten Zeugnisse der Schreinerarbeit, die aus den deutschen Barockbibliotheken überkommen ist», kommt 1804 nach Neuburg an der Donau.[33] Der dortige Marianische Kongregationssaal der Staatlichen Bibliothek ist allerdings mit dem Grundriss von 13 auf 13 Meter bedeutend kleiner als der Bibliotheksaal von Kaisheim, sodass nur zwei Drittel der Einrichtung gedrängt Platz finden und deshalb die Schönheit der Kaisheimer Bibliothek nur erahnt werden kann. Als ihre Schöpfer werden wieder, wie beim Chorgestühl, Augsburger Dominikanerfratres unter der Leitung von Br. Valentin Zindter (Zündter) und der Kaisheimer Laienbruder Michael Schmid genannt. Die teilzerstörten Stuckaturen sind, wie die Stuckaturen im ganzen Kloster und auch im Kaisersaal, Werke der Appiani-Werkstatt.

Das Sommerrefektorium
Es liegt im Erdgeschoss des Mittelrisalites und hat die gleiche Grundfläche wie die Bibliothek. 1762 wird hier in Stuckrahmen ein Gemäldezyklus mit Szenen der Gründungsgeschichte und aus dem Leben des heiligen Bernhard eingefügt. Die 20 grossen Gemälde werden durch Gottfried Bernhard Göz angefertigt. Als der Saal 1782 neuen klassizistischen Stuck erhält, bleiben sie an Ort. Die Gemälde werden nach der Säkularisation entfernt. Erhalten sind zehn Gemälde, acht davon befinden sich unter der Orgelempore in der Stadtpfarrkirche von Donauwörth.

Der Grosse Saal, heute «Kaisersaal»
Dieser im Mittelrisalit des Ostflügels gelegene Festsaal, zur Klosterzeit noch als «hochfürstlicher Saal» bezeichnet, wird heute Kaisersaal genannt. Er ist ebenfalls eineinhalb Geschosse hoch, mit 23,6 auf 10,8 Meter aber leicht kleiner als der Bibliotheksaal. Der Prunksaal ist als einziger Raum des Barockklosters noch unzerstört erhalten.[34] Er lebt von einer farbig gefassten Stuckdekoration der Brüder Peter Franz und Jacopo Appiani.[35]  Der Entwurf des Régencestuckes stammt von Peter Franz, der 1717 wegen dieses Auftrages aus Frankreich zurückkehrt.[36] Ausgeführt wird er bis spätestens 1723 vom Trupp des jüngeren Bruders Jacopo. Das ikonographische Programm des Saales bisher nicht entschlüsselt, weist aber in keinem Detail auf einen Bezug zum Kaisertum oder zum Reich hin. Der Name Kaisersaal wirkt damit eher fragwürdig.

Die Klosterwappen
Über den vier Türen des «Kaisersaals» sind als Supraporten-Stuckaturen vier Wappen angebracht, welche alle einen direkten Bezug zu Kaisheim haben. Über dem Südportal ist das Wappen der Reichsabtei Kaisheim angebracht. Es zeigt in Blau den goldenen Buchstaben K, überhöht von einer goldenen Krone. Über dem gegenüberliegenden Portal ist das Wappen des Konventes angebracht. In Blau ist hier der rechts eintretende Arm eines weissen Mönchs dargestellt, der in der Hand einen goldenen Krummstab hält. Die Supraporten an der Saal-Längsseite zum Gang zeigen das Zisterzienserwappen und das Stifterwappen. Das Zisterzienserwappen ist normalerweise in Schwarz ein rot-silbern geschachter Schrägbalken. Im Kaisersaal ist es allerdings, und hier zeigen sich schon die heraldischen Freiheiten der barocken Zeit, in Blau und der Balken verläuft schräglinks. Das Stifterwappen der Grafen von Lechsgemünd ist fünfmal geteilt von Blau und Gold mit aufgelegtem roten Pantier. Das Pantier als Fabeltier des Mittelalters hat den Körper eines Panthers und den Kopf eines Greifen, wie es auf den Wappentafeln in der Stiftskirche dargestellt ist. Im «Kaisersaal» ähnelt sein Kopf aber eher einem treuen Hund.
Zur Erläuterung der Wappen im Gemälde 1687/98 der Ansicht von Kaisheim.

Nach 1802

Als 1802 dem letzten Abt die Säkularisierung des Reichsstiftes und seine Einverleibung in das Kurfürstentum Bayern eröffnet wird, ist dies keine wirkliche Überraschung mehr. Schon 1799 hat Bayern Schulden von 30 Millionen Gulden und kann nur noch gut die Hälfte der Ausgaben mit den laufenden Einnahmen decken. Der Zugriff auf die Klostervermögen in Altbayern setzt deshalb schon früh ein und erfasst nun auch die geistlichen Herrschaften, welche im Frieden von Lunéville von Napoleon an Bayern zugesichert werden. Die Herrschaft Kaisheim hat zu diesem Zeitpunkt 9537 Untertanen und Jahreseinnahmen von 110 000 Gulden. Von den im Bistum Augsburg gelegenen 14 Reichsabteien steht es damit an dritter Stelle und nur wenig hinter Ottobeuren.[37]  Im Kloster leben 1802 noch der Abt und 63 Konventualen. Sie erhalten eine Staatspension, dem letzten Abt wird Schloss Leitheim als Alterssitz zugewiesen. Die wertvollen mittelalterlichen Handschriften und Inkunabeln der Bibliothek kommen nach München, die Druckschriften und ein grosser Teil der prächtigen Kunstschreinerarbeit finden eine neue Heimat in Donauwörth. Der grösste Teil der restlichen Kunstschätze wird verschleudert. Die gotische Klosterkirche wird Pfarrkirche der kleinen Gemeinde. Die alte Martinskirche oberhalb des Klostertors wird dafür abgebrochen. 1816 erfolgt die Umwandlung der barocken Klostergebäude in eine Zwangsarbeitsanstalt. Damit sind sie vor dem Abbruch gerettet. Sie verlieren aber durch die notwendigen Umbauten mit Ausnahme von wenigen Räumen die gesamte barocke Ausstattung, vor allem, als Kaisheim 1862 in ein Zuchthaus umgewandelt wird. Dabei wird auch das repräsentative Treppenhaus mit der dreiläufigen Doppeltreppe im Nordflügel vor dem Kaiseraal zerstört.[38]   Einschneidender sind dann die 1872 erfolgten Veränderungen an der Kirche mit den Abbrüchen der barocken Westfront und der Liebfrauenkapelle. Mit der Restaurierung der Fassaden des Nordhofes und des Ostflügels ist 1979−1989 ein wichtiger Teil der Barockanlage wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt worden, sieht man von den Strafanstalt-Mauern ab, die leider nur Teileinblicke erlauben.
 
Pius Bieri 2012


Benutzte Einzeldarstellungen:
Streichele, Anton: Pfarrei Kaisheim, in: Das Bistum Augsburg. Zweiter Band. Augsburg 1864.
Schaidler, Martin: Chronik des ehemaligen Reichstiftes Kaisersheim. Nördlingen 1867.
Lang, Johannes: Ehemalige Klosterkirche der Zisterzienser in Kaisheim. Donauwörth 1979.
Wilke, Wilkin: Die Justizvollzugsanstalt Kaisheim, in: Festschrift zur Restaurierung des Kaisersaals Kaisheim, Augsburg 1989.
Maier, Birgitt: Kloster Kaisheim. Augsburg 1999.
Dischinger, Gabriele und Vollmer, Eva Christina: Das barocke Kloster – Architektur und Innenausstattung, in: Kaisheim, Markt und Kloster. Lindenberg 2001.
Dischinger, Gabriele: Die Klosteranlage auf einem barocken Situationsplan, in: Kaisheim, Markt und Kloster. Lindenberg 2001.



Anmerkungen:

[1] Heinrich II. von Lechsgemünd und seine Gemahlin Luitgard. Sie stiften die Gründungsausstattung zwischen 1130 und 1133. Ihre Stammburg Lechsend liegt zwei Wegstunden östlich von Kaisheim an der Donau. Das staufertreue Geschlecht stirbt 1327 aus.
Siehe auch:
http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45541

[2] Lützel, heute Lucelle, im französischen Arrondissement Altkirch (Département Haut-Rhin) am gleichnamigen Grenzfluss zur Schweiz, drei Wegstunden östlich von Pruntrut (Porrentruy) gelegen. Der Klosterort wird in der Literatur generell als im «Oberelsass» gelegen bezeichnet. Siehe auch: Lützel-Lucelle

[3] Landwirtschaftliche Aussenstellen mit befestigtem Gutshof, Kapelle und Wohnräumen für den Leiter, einem Konversen des Klosters.

[4] Niederlassungen 1200–1400, in der Reihenfolge des Erwerbs: Donauwörth, Höchstädt, Augsburg, Ingolstadt, Ulm, Geislingen an der Steige, Esslingen, Giengen an der Brenz, Lauingen, Nördlingen, Ehringen, Heilbronn, Eichstätt.

[5] Konrad Reitter (Reuter) oder Conradus Caesariensis, um 1470 in Nördlingen geboren, ist Abt von 1509−1540. Er ist humanistischer Gelehrter, Vertrauter des Kaisers Maximilian, führt die Abtei sicher durch Bauernkrieg und sichert ihre Unabhängigkeit gegenüber Neuburg-Pfalz.

[6] Seligenthal bei Landshut. 1288 werden 88 Frauen und Schwestern gezählt. Das Kloster wird nach der Säkularisation (1803) durch Ludwig I. von Bayern 1835 wieder hergerichtet.

[7] Pielenhofen bei Regensburg. 1294 werden 86 Frauen, Schwestern und Novizinnen gezählt. Das Koster wird in der Reformation aufgehoben und 1655 als Priorat von Kaisheim neu gegründet. Nach der Säkularisation von 1803 erfolgt 1838 eine Wiedereinrichtung als Kloster der Salesianerinnen.

[8] Niederschönenfeld. 1343 sind 100 Frauen, Schwestern und Novizinnen im Kloster. Aufhebung 1803. Heute Justizvollzugsanstalt.

[9] Oberschönenfeld. Das Kloster wird nach der Säkularisation (1803) durch Ludwig I. von Bayern 1836 wiederhergerichtet.

[10]  Zimmern im Ries. 1299 wird die Konventgrösse mit 64 Frauen und Schwestern angegeben. 1558 wird das Kloster durch die Grafen von Oettingen aufgelöst. Die Gebäude sind heute weitgehend nicht mehr erhalten.

[11] Kirchheim im Ries. 1296 zählt dieses ebenfalls durch die Oettinger Grafen gegründete Kloster 50 Frauen. Die Reformation wird von den Frauen nicht angenommen. Säkularisation 1803. Die Klosterkirche wird jetzt katholische Pfarrkirche. Teile der Konventbauten sind erhalten.

[12] Die 1284 geweihte Stiftskirche von Stams ist dreischiffig, ohne Querhaus, der Chor ist nicht ausgeschieden, fünf kleine Apsiden bilden den Ostabschluss. Stams ist mit 81 Meter Länge und 25 Meter Breite nur wenig kleiner als das heutige Kaisheimer Bauwerk von 1387. Kaisheim hat folgende Aussenmasse (Wandmasse ohne Strebepfeiler, nach Geoinformationssystemen): Länge 84,5 Meter, Breite 26 Meter, ursprüngliche Querschiffbreite 35 Meter. Die Massangaben in «Dehio» und anderen Führern sind falsch. > Zum Vergleich mit Kaisheim.

[13] Pontigny bei Auxerre, 1185−1206, Umgangschor mit zwei abgesetzten Schiffen, Breite Langhaus 25 Meter, Querschiff 50 Meter, Gesamtlänge ohne Vorhalle 106 Meter. Clairvaux bei Chaumont, Umgangschor von 1153–1174 mit zwei abgesetzten Schiffen, Breite Langhaus 27 Meter, Querhaus 55 Meter, Gesamtlänge ohne Vorhalle 107 Meter. Siehe Planvergleiche. > Zum Vergleich mit Kaisheim.

[14] Die Galerie und der klassizistische Dachaufbau über dem massiven Oktogon stammen aus 1790.

[15] Hauptaltar 1673, Orgelgehäuse und Orgelempore 1677, beide von Andreas Thamasch (1639−1697) aus See im Paznauntal, Stiftsbildhauer von Stams. Kanzel 1699 von Franz Paul Tschiderer (1662−1720) aus Pians bei Landeck. Sie befindet sich in der Barockzeit in der westlichen Laienkirche vor dem Gitter, am dritten Pfeiler Nord. Das Gestühl der Laienkirche wird 1679 von der Kaisheimer Klosterschreinerei gefertigt.

[16] Diese Kapelle findet bei den Puristen der Regotisierung von 1872 keine Gnade und fällt dem Abriss zum Opfer.

[17] Siehe dazu die im Internet abrufbare Publikation von Sybe Wartena: Die süddeutschen Chorgestühle von der Renaissance bis zum Klassizismus (Dissertation München 2008).

[18] Bisherige Datierung 1698. Neue Datierung Sybe Wartena: frühestens 1714, spätestens 1719.

[19] Bezeichnungen gemäss dem Plan «Kloster Kaissersheimb» der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts und den ergänzenden Beschreibungen 1803. Sie sind um einiges zuverlässiger als die Nennungen in der bayrischen Inventarliste.

[20] Gastflügel mit Gaststallungen und Marstall des Klosters. Gemäss der Klosterchronik und dem Klosterplan (siehe oben). Hier logiert 1777 während 11 Tagen Wolfgang Amadeus Mozart als Gast von Abt Coelestin II.

[21] Abt Rogerius I. Röls, (1659−1723) aus Schwandorf in der Oberpfalz, regiert 1698−1723. Er ist der grosse Bauabt Kaisheims. Schon vor dem Spanischen Erbfolgekrieg gibt er für Neubauten, Unterhalt, Ausstattungen und Erwerbungen ungefähr 111 000 Gulden aus.

[22] Die Pfisterei ist im Kern spätmittelalterlich und wird 1611 erweitert. Nach dem Konventneubau wird sie nicht abgebrochen, sondern baulich erneuert. In der bayrischen Denkmalliste und im «Dehio» wird sie gedankenlos als Bau des 18. Jahrhunderts bezeichnet.

[23] Schon um 1830 ist die Pferdeschwemme zum heutigen offenen Kanal umgebildet.–

[24] Es liegt heute hinter den Mauern der Strafanstalt.

[25] Nach «billiger Schätzung» hat das Kloster und dessen Besitzungen von 1702 bis 1704 an Brandschatzung, Plünderung und Lieferungen aller Art einen Schaden von 579 774 Gulden, zusammen mit der Herrschaft Tapfheim gar 699 778 Gulden erlitten, sodass die Untertanen bis fünf Jahre keine Abgaben mehr liefern können und auf Darlehen des Klosters angewiesen sind. Quelle: Schaidler 1867, Seite 214.

[26] Franz Beer II (1660−1726), er wird 1722 mit dem Zusatz «von Bleichten» geadelt. Er beginnt 1715 mit der Stiftskirche von Weingarten, tritt aber 1716 wegen der hohen Kautionsforderungen vom Auftrag zurück. 1716 beginnt er mit den Konventgebäuden der Zisterzienserabtei St. Urban. Er ist in diesem Jahr auch an den Konventgebäuden der Benediktinerabtei Rheinau und des Dominikanerinnenklosters St. Katharinenthal tätig.

[27] Planung der Bruderschaftskirche und der Kapelle Maria vom Siege. Die Bruderschaftskirche wird nicht ausgeführt.

[28] Die Dachbrüche in den Zeltdächern finden sich auch in Einsiedeln und anderen gleichzeitigen Konventbauten. Es sind aber keine Mansarddächer, als die sie vielfach bezeichnet werden. Franz Beer hat diese französische Dachform nie verwendet.

[29] Heute nur noch über dem Mittelrisalit des Ostflügels.

[30] Nur der Ostflügel (Kanzlei, Grosser Saal oder sogenannter Kaisersaal, Prälatur) ist aussen 1985−1989 wieder rekonstruiert worden

[31]  Die Höhe nach dem Nordfassadenplan in Schaidler 1867. Die Darstellung der Turmnordfassade stimmt mit dem Vogelschaugemälde von 1720 in der Kirche überein. Das durchgehende Horizontalfries auf Höhe der Klosterfassade ist demnach nicht ausgeführt worden.

[32] Die Textpassage lautet: «Ungemein störend ist der an der Giebelfassade aus der Renaissance-Zeit vom Jahre 1716−1721 unter dem Prälaten Rogerius Röls entstandene Vorhallenbau. Grossartig in seiner Art dominiert er die ganze Westseite und überreicht noch dieselbe durch die angesetzten Thurmbauten».

[33] Zitat und Beschrieb nach Edgar Lehmann in: Die Bibliothekräume der deutschen Klöster in der Zeit des Barock (Berlin 1996).

[34] Restaurierung 1979−1989 mit gleichzeitiger Rekonstruktion der Kloster-Ostfassade. Der Saal kann besichtigt werden. Für die neue Raumverwendung als Konzert- und Versammlungssaal hat der Raum eine zwar mobile, aber trotzdem dauerhaft bleibende modernistische Bestuhlung erhalten. Sie belastet den Raumeindruck. Auch der kunstvoll gestaltete und sorgfältig restaurierte Boden aus Solnhoferplatten ist mit der Bestuhlung nicht mehr erfassbar.

[35] Peter Franz (1670−1724) und Jacopo Appiani (1687−1742) aus Porto Morcote (heute Porto Ceresio) am Luganersee.

[36] Peter Franz Appiani ist Vertragspartner in Fürstenfeld (1718), in Pielenhofen (1720) und auch noch Waldsassen (1724). Er ist dies ohne Zweifel auch in Kaisheim, zudem hier sein Schwager P. Wilhelm Sophia Konventuale ist. Die Entwürfe stammen dabei immer, auch noch für die Bibliothek in Waldsassen (1724), aus seiner Hand.

[37] Die ersten fünf Reichsabteien haben folgende Erträge (in Gulden): Kempten 300 000, Ottobeuren 130 000, Kaisheim 110 000, Söflingen 65 000, Elchingen 50 900. Zum Vergleich: 1800 budgetiert Kurbayern 4 915 381 Gulden Einnahmen, aber 6 269 106 Gulden Ausgaben.

[38] Ein gleiches Treppenhaus baut Franz Beer gleichzeitig in St. Urban. Es ist dort erhalten.

 

 

 

 

 

  Ehemalige Zisterzienser-Reichsabtei Kaisheim  
  KaisheimLageplan  
Ort, Land (heute) Herrschaft (18. Jh.)
Kaisheim
Donau-Ries Bayern D
Herrschaft der Reichsabtei Kaisheim
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Augsburg 1716
Bauherr und Bauträger

ok Abt Rogerius I. Röls (reg. 1698−1723)

 
  Lageplan der Abtei Kaisheim am Ende des 18. Jahrhunderts. > Erläuterung in der Vergrösserung. Bitte Bilder anklicken.   pdf  
   
Kaisheim1
Der Mittelrisalit des Ostflügels beherbergt den «Kaisersaal». Siehe auch unten.  
   
kaisheim1720-O
Die wertvollste Information über den barocken Zustand der Abtei Kaisheim hängt im Chor der Kirche. Es sind zwei grosse und absolut realitätsgetreue Darstellungen der Klosterlandschaft um 1721.
Oben, in der Vogelschauansicht aus Osten, ist im Vordergrund der Ostflügel mit dem Kaisersaal im Mittelrisalit dargestellt. Zentrales Element ist die spätgotische Stiftskirche. Im Westen sind die heute noch zum grossen Teil bestehenden Wirtschafts- und Gastgebäude zu sehen.
 
Kaisheim1720W
Die Vogelschauansicht (1721) von Westen zeigt im Vordergrund die heute abgebrochene barocke Kirchenfront, die über die Klosterwestfront vorspringt und dieser Halt gibt. Im Hintergrund der barocke Garten.  
KaisheimKirche
Der Grundriss der Stiftskirche des 14. Jahrhunderts (schwarz) und ihrer barocken Ergänzungen (blau). Für die Erläuterungen bitte vergrössern.  
Kaisheim2
Die Eingriffe in den barocken Bestand kurz nach der Säkularisation und 1872 erfolgen im Inneren der Stiftskirche nicht derart radikal wie an den Fassaden. Sicher werden die Wände vom Barock gesäubert, aber die barocke Ausstattung bleibt zum Teil erhalten. Die Orgelempore und der Orgelprospekt (1677) sind Bildhauerarbeiten von Andreas Thamasch aus Stams, das heute ersetzte Orgelwerk erstellt Matthias Tretzscher aus Kulmbach. An den Wänden hängen Apostelbilder mit wilden Akanthusranken-Rahmen von 1711.  
Kaisheim3-1
Die bewegte hochbarocke Figurengruppe des hl. Joseph mit dem Jesuskind (1682) am Südost-Vierungspfeiler ist ein Werk von Andreas Thamasch, der dahinter stehende Altar ist ein spätbarockes und ebenbürtiges Prachtwerk von 1731 und ist eine Arbeit von zwei Konventualen.
Kaisheim3
Die Bankdocken im Langhaus werden 1679 in einem kräftigen Knorpelwerk nach frühbarocken Vorlagen geschnitzt.  
Kaisheim1698-N
Der Zustand des Klosters um 1696/98, vor den barocken Neubauten, ist auf zwei weiteren Gemälden im Chor der Kirche zu sehen. Auf dem von Engel getragenen Schriftband sind die Gebäudenummern erläutert. Oben, auf der Ansicht von Nordwesten, ist links ausserhalb des Torturms das Wirtshaus (9) mit der Martinskirche (10) und innerhalb der Mauern die Pfisterei (3) bezeichnet. Vergleiche auf dem Lageplan mit den Nummern 18, 19 und 9.  
Kaisheim1698-S
Die Ansicht von Süden zeigt die mit der barocken Anlage ersetzten Klostertrakte südlich der Kirche, nämlich den mittelalterlichen Konventbau (2), die östlich anschliessenden Renaissancebauten, hier als «Neubau» (5) und Saal (6) bezeichnet, anschliessend die 1508–1511 erbaute Abtei (3) mit Renaissance-Schweifgiebeln und dahinter die Apotheke (4).

Zur Erläuterung der Wappen von Kaisheim
 
Kaisheim4
Den Torturm, Eingang zum Klosterbezirk, lässt Abt Rogerius I. um 1700 mit dem heutigen Bauwerk ersetzen.  
Kaisheim5
Ebenfalls in den ersten Amtsjahren von Abt Rogerius I. folgt der Neubau des Gästebaus und Marstalls, hier die südliche Giebelfassade mit den typischen Giebel-Gesimsen der Zeit um 1700.  
kaisheimGrundriss
Der Grundriss des Erdgeschosses zeigt die Raumeinteilung zur Klosterzeit. Blau angelegt sind die Neubauten 1716–1721. Für die Legende bitte Plan vergrössern.  
KaisheimWestBeer
1719 plant Franz Beer II die doppeltürmige Westfront der Stiftskirche, die dem Kloster-Westflügel vorsteht und ihn im Norden abschliesst. Die Doppelturmfront wird nur bis auf 25 Meter Höhe (grüne Begrenzung) hochgezogen und mit Zeltdächern eingedeckt. Vergleiche auch mit der Vogelschau 1721 aus Westen (oben). Für Vergrösserung und Erläuterung bitte Bild anklicken.  
Kaisheim5-2
Die seit 1872 bestehende unschöne Lücke nach dem Abbruch der barocken Kirchen-Westfassade ist das Ergebnis einer damaligen Mittelalterbegeisterung mit gleichzeitiger Verachtung aller spätbarocken Werke.  
Kaisheim6
Der «Hochfürstliche Saal» oder «Kaisersaal», wie er heute unzutreffend genannt wird, lebt von den Stuckaturen der Brüder Appiani, die das französische Régence nach Kaisheim bringen. Es ist der einzige Raum aus der Klosterzeit, der noch original erhalten ist und der auch besucht werden kann.  
Kaisheim7
Über der nördlichen Ausgangstüre zum Korridor ist das Stifterwappen der Grafen von Lechsgemünd angebracht. Das Pantier als Fabeltier des Mittelalters hat den Körper eines Panthers und den Kopf eines Greifen, wie es auf den Wappentafeln in der Stiftskirche dargestellt ist. Im «Kaisersaal» ähnelt sein Kopf aber eher einem treuen Hund.  
Kaisheim8
Über dem Kamin an der Längswand des «Kaisersaals» ist das Wappen des Abtes Rogerius I. angebracht. Erläuterung in der Biografie des Abtes.  
Kaisheim1800
Ein barocker Lageplan aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Staatsarchiv Augsburg zeigt eine Übersicht des Gebäudezustandes von «Closter Keisserheimb». Er ist deshalb interessant, weil eine Legende die Gebäudenutzung angibt. Bitte vergrössern.  
Grundrissvergleiche:
KaisheimVergleiche
Grundriss-Vergleiche von Kaisheim mit Pontigny, Clairvaux und Stams.

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KaisheimSalem
Grundriss:Vergleiche der barocken Neubauten von Franz Beer in Salem und Kaisheim.

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