Die Meister des Bauwerks (Platzanlage)
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
Johannes Rüeff (1686–1750) Au Vorarlberg ok   Baumeister-Architekt 1743   1747
Johann Baptist Babel (1716–1799) Pfronten Hochstift Augsburg     Bidhauer 1674   1684

Die Meister des Bauwerks (Bibliothek)
Name Herkunft Text   Tätigkeit von   bis
P. Placidus Beurret (1694–1779) Pruntrut     Bibliothekar, Liebhaberarchitekt 1738   1740
Joseph Mayer (geb. 1695) Schwarzenberg Vorarlberg     Stuckateur 1674   1684

Klosteranlage   Die barocke Klosteranlage
Beichtkirche   Beichtkirche und Magdalenenkapelle
Stiftskirche   Stiftskirche Unserer Lieben Frau von Einsiedeln
Platz   Klosterplatz
Bibliothek   Barockbibliothek

Die barocke Platzanlage

Die 1748–1749 erstellte Platzanlage vor der Westfront von Maria-Einsiedeln ist eine einmalige architektonische und städtebauliche Meisterleistung und gleichzeitig der letzte Baustein zum grossen Gesamtkunstwerk einer barocken Klosteranlage.

Die vorbarocke Situation
Auf dem Stich von Matthäus Merian ist, wie auf allen alten Abbildungen, der trennende Platz zwischen dem Strassendorf Einsiedeln und der Klosteranlage deutlich sichtbar. Er beruht auf einem Bebauungsverbot des 15. Jahrhunderts, welches das Übergreifen von Dorfbränden verhindern sollte. In der Achse der Dorfstrasse führt eine Treppe zum höhergelegenen Kirchenvorplatz. Hauptzugang für die meisten Pilger ist aber die links des Kircheneinganges liegende Kramgasse, die sich bis zum nördlichen Einfallstor erstreckt. Hier erwartet den Pilger noch bis 1718 eine Ladenstrasse mit Wechsler- und Devotionalienbuden, Branntwein- und Brotläden, die dann aber dem Kirchenneubau weichen muss.

Barocke Planungen und italienische Beiträge
Die Pläne Moosbruggers für den Klosterneubau und die darauf basierenden Stiche (Kaufflin 1705) zeigen noch eine der Westfront vorgelagerte Längsterrasse mit Mittelaufgang. Wieder ist es der Mailänder Graf Marsigli, der 1705 die entscheidenden Hinweise auf die Platzerweiterung Richtung Dorf gibt und den Platz zwischen seiner Herberge, dem «Pfauen» und dem Kloster auszuebnen. Zudem solle der Liebfrauenbrunnen in die Achse versetzt werden. Aber erst unter Abt Nikolaus II. wird 1744 mit der Planung weitergefahren. Es ist wieder ein Italiener, der Jesuitenpater Antonio Lecchi, der bei einem Aufenthalt in Einsiedeln den Vorschlag zu bogenförmigen, von der mittleren Treppe auslaufenden Arkaden für die Krambuden gab. Er lässt den Mailänder Architekten Paolo Federico Bianchi 1745 Pläne zeichnen, die aber zu wenig auf die Situation eingehen.

Ausführung
Vermutlich auf den Grundlagen Bianchis erstellt nun der Klosterbaumeister und Nachfolger von Caspar Moosbrugger, Johannes Rüeff, die definitiven Pläne. Mit dem Bau kann 1745 begonnen werden, nach langwierigen Auseinandersetzungen mit der Gemeinde, den Krämern und selbst dem Land Schwyz. 1746 stellt Abt Nikolaus II. die Arbeiten ein, um die Krämer, die zusätzliche Holzbuden verlangen und den Pachtzins zu hoch finden, unter Druck zu setzen. Bildhauer Johann Baptist Babel liefert 1749 die zwei Kaiserfiguren beim Aufgang und die 14 allegorischen Frauengestalten über den 1747 erstellten Arkaden. Erst 1754 wird auch der Liebfrauenbrunnen (1686) in die Platzachse versetzt, er erhält eine neue Bekrönung und eine Immaculata aus der Werkstatt von Carlo Domenico Pozzi in Mailand.

Veränderungen
Der Einsiedler Klosterplatz kann noch heute den Vergleich mit den schönsten Platzanlagen Europas bestehen, obwohl er gelitten hat: Parkplätze verschandeln den Westteil, eine unnötige Autofahrbahn ist ausgeschieden, die Arkaden sind renovationsbedürftig und die zehn Figuren Babels fehlen. Der Liebfrauenbrunnen ist 1954 mit falschen Materialien neu erbaut worden. Es besteht aber Hoffnung, dass in den nächsten Jahren die Restaurierung der Platzanlage erfolgt.
Pius Bieri 2008

 

Die Barockbibliothek

Vorgängerbauten
Auf dem Merian-Stich von 1642 ist unter dem Buchstaben «F» eine Bibliothek am östlichen Ende der Klosteranlage dargestellt. Die schöne Gesamtdarstellung Merians lehnt sich aber an einen Stich von 1593 an und ist keineswegs aktuell. Denn schon 1602–1604 lässt Abt Augustin I. Hofmann (reg. 1600–1629) anstelle des von Merian noch dargestellten Verbindungsganges einen neuen dreigeschossigen Konventflügel errichten, an dessen östlichem Ende sich ein neues Bibliotheksgebäude befindet.[1] Die bisher aus Gründen der Feuergefahr isolierte Lage ist damit nicht mehr vorhanden. Das Gebäude von Abt Augustin I. muss nach 1711 zugunsten des barocken Klosterneubaus abgebrochen werden.

Erste Barockbibliothek
1710–1711 wird der Nordflügel nach der Planung von Br. Caspar Moosbrugger erstellt. Er plant im ersten und zweiten Obergeschoss den neuen Bibliotheksraum, der 1716–1719 stuckiert und ausgestattet wird. Es ist ein südorientierter, zweigeschossiger und gewölbter Saalraum über neun Fensterachsen, also in der Länge der heutigen Bibliothek. Auf der Nordseite sind Verbindungsgänge angeordnet.

Der Barocksaal von 1738–1740
Wenige Jahre nach Regierungsantritt des Abtes Nikolaus II. Imfeld (reg. 1734–1773) wird die erst 20-jährige Bibliothek umgebaut. Die nördlichen Verbindungsgänge müssen zugunsten eines durchgehenden und grösseren Raumes weichen. Ein heller und zweiseitig belichteter Saal entsteht. Planer sind die zwei Konventualen P. Placidus Beurret (1694–1779) und Pater Aegidius Docourt (1698–1743), beide aus Pruntrut gebürtig. Der Saal wird von Joseph Mayer aus Schwarzenberg im Bregenzerwald in den Formen des Régence stuckiert. Stuckaturen und Farben sind sehr zurückhaltend. Die Einsiedler Barockbibliothek ist ein festlicher Raum, aber kein Prunkraum. Hier prunken die Mönche mit den Büchern, nicht mit dem Raum.
Der Raum ist seit 1998 wieder im ursprünglichen barocken Zustand. Hier sind aus dem Bestand der Klosterbibliothek von über 200 000 Bänden vor allem die barocken Folianten zur Schau gestellt. Der grössere Teil der Bücher, auch die Handschriften und Inkunabeln sind in sicheren Räumen im Untergeschoss des Ostflügels untergebracht. In den gewölbten Räumen unter der Barockbibliothek befindet sich zudem die kostbare Sammlung von Musikhandschriften und Musikdrucken. 5700 Titeln dieser Musikbibliothekstammen aus der Zeit vor 1800.

Pius Bieri 2008


Benutzte Literatur:
Böck, Hanna; Einsiedeln, das Kloster und seine Geschichte; Zürich u. München 1989.
Sennhauser, Hans Rudolf: Die älteren Einsiedler Klosterbauten, in Band 13.2 der Veröffentlichungen des Institutes für Denkmalpflege, ETHZ, Zürich 1993.
Lang, P. Odo OSB: Der Mönch und das Buch, Einsiedeln 1999.
Oechslin, Werner und Buschow Oechslin, Anja: Die Kunstdenkmäler des Kantons Schwyz, Band III.I, Der Bezirk Einsiedeln I (Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 100 der Gesamtreihe), Bern 2003.

Links:
http://klosterplatz.wordpress.com/

Anmerkungen:

[1] Auf der Zeichnung von Heinrich Murer (1630) mit drei Geschossen, ins späteren Zeichnungen und Stichen abgesetzt. Für die Beurteilung aller Darstellungen siehe «Die älteren Einsiedler Klosterbauten» von Hans Rudolf Sennhauser (Zürich 1993).

 

  Benediktinerabtei Maria-Einsiedeln: Platzanlage und Bibliothek  
  Einsiedeln1900  
Ort, Land (heute)   Herrschaft (18. Jh. )
Einsiedeln, Schwyz CH
Stift Einsiedeln
Bistum (18.Jh.) Baubeginn
Konstanz   1738 Bibliothek
1745 Platz

Bauherr und Bauträger


ok Abt Nikolaus II. Imfeld (reg. 1734−1773).

 
  Zwischen 1890 und 1900 entsteht diese Fotochrom-Litho mit der Gesamtansicht des Klosterplatzes aus Süd-West. Quelle: Library of Congress, Washington DC.   pdf  
   
Einsiedeln15
Der Klosterplatz heute. Im Vordergrund der Liebfrauenbrunnen (1686, ersetzt 1955).  
   
EinsiedelnBrunnen
1642 veröffentlicht Matthäus Merian seine Ansicht des Klosters und des Dorfes von Süden. Der Kupferstich zeigt die vorbarocken Klostergebäude im Zustand um 1593. Alle diese Gebäude müssen dem barocken Neubau weichen.  
EinsiedelnSituation
Der Situationsplan (Norden links) zeigt deutlich die freie Stellung der Abtei gegenüber dem Klosterdorf, die durch den ansteigenden Platz akzentuiert ist. Die Arkaden, aus den Kolonnaden Berninis in Rom abgeleitet, übernehmen geschickt den Höhenausgleich. Bildquelle: Jonas Beglinger, Mollis.  
Einsiedeln12
Nach der Restaurierung 1995 zeigt sich der Bibliothekssaal im Nordflügel wieder im Zustand der Barockzeit. Der Saal ist als heller Nutzraum für den barocken Bücherbestand konzipiert. Die freischwingenden Emporen und die feinen Régencestuckaturen verleihen dem Raum eine angenehme Leichtigkeit. Breite und helle Tannen-Bohlenbretter als Bodenbelag unterstreichen dies zusätzlich.  
Einsiedeln13
«Hier prunken die Mönche mit den Büchern, nicht mit dem Raum», stellt ein Journalist nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten fest. Tatsächlich tragen die barocken Folianten mit ihren Farbwechsel von hellen zu braunen und roten Lederrücken entscheidend zum Farbklima bei. In den Fensternischen und den Gestells-Seitenwänden sind auf beiden Geschossen Stuck-Medaillons mit Porträtköpfen der Kaiser und Päpste angebracht.  
Einsiedeln14
Anstelle des Kaisers Ludwig II., wie auf dem Schriftband vermerkt, hat sich hier der Stuckateur Joseph Mayer aus Schwarzenberg bei Bregenz gleich selbst dargestellt.