P. Hugo Straus OPraem (1706–1770)

Architekt in der Prämonstratenserabtei Speinshart

Herkunft
Geboren am 3. August 1706 in Stadtamhof vor Regensburg (Pedem pontis Ratisbonae), aus angesehenem Elternhaus (Spectatissimis Parentibus) stammend, wächst er in Amberg auf und besucht hier die Schulen. Er tritt ins Prämonstratenserkloster Speinshart ein und leistet am 8. Dezember 1725 Profess.

Prämonstratenser in Speinshart
Er studiert in der Zisterzienserabtei Waldsassen Philosophie, zusammen mit dem gleichzeitig in Speinshart eingekleideten P. Dominikus von Lieblein, dem späteren Abt. Das Theologiestudium absolviert er vorerst in der Prämonstratenserabtei Neustift bei Freising und geht dann an die Jesuitenuniversität von Ingolstadt. Zum Priester wird er 1730 geweiht. 1734 wird Dominikus von Lieblein zum Abt gewählt. Er weiss um die Talente seines ehemaligen Studiengenossen und sendet ihn zum Studium der kanonischen Rechte nach Prag und zur Ausbildung in Baukunst nach Bamberg.[1] Zurück in Speinshart wird er zur rechten Hand des Abtes, sei es als Planer und Leiter der vielen Bauvorhaben, sei es als Jurist oder persönlicher Sekretär. Er führt auch den Ehrentitel des apostolischen Notars. In der Klosterschule ist er als Professor tätig, im Kloster übernimmt er verschiedene Ämter und ist Prior. Er betätigt sich als Schriftsteller und veröffentlicht 1762 ein umfangreiches Werk über den dritten Orden der Norbertiner und 1763 ein Werk über die Bruderschaft vom guten Tod am Barbaraberg.
1764 erleidet er einen Schlaganfall und bleibt gelähmt. Am 6. Mai 1770 stirbt er im Alter von 64 Jahren in Speinshart.

P. Hugos Straus als Klosterarchitekt
Als P. Hugo Straus in Prag studiert, sind dort die wichtigsten und für den süddeutschen Barock wegweisenden Bauwerke von Christoph und Kilian Ignaz Dientzenhofer schon gebaut. Der Zentralbau der St. Bartholomäuskirche ist ausgestattet, die Kirchen St. Niklas und St. Nepomuk am Felsen weitgehend fertig. Ob der junge Religiose sich bereits in Prag für die Baukunst interessiert oder ob er tatsächlich erst in Bamberg als Praktikant beim jungen Dientzenhofer seine Ausbildung absolviert, ist allerdings nicht bekannt. Dass er aber gut ausgebildet ist, zeigen seine Sakralbauwerke, vor allem die Wallfahrtskirche auf dem Barbaraberg. Sie wird 1741–1756 gebaut. Der Zentralbau in Form eines griechischen Kreuzes ist böhmisch geprägt. Die Gewölbe der zentralen Rotunde und der Kreuzarme durchdringen sich gegenseitig, wie die Dientzenhofer-Kirchen in Prag oder Banz.[2] Vom  architektonisch einmaligen Bauwerk sind nur die Westfassade und die flankierenden beiden Wohngebäude erhalten. Diese Reste der in vorzüglicher Hausteinarbeit erstellten Fassaden zeugen von guter Planung. Dass sie von Straus stammt, bezeugt sein Nachruf, in dem er als Erbauer der prächtigen Kirche gelobt wird.[3] Einen weiteren Zentralbau mit deutlich böhmischen Anklängen baut er später auch im Kloster selbst. Die Wieskapelle, 1747–1752 gebaut, ist die letzte Etappe der Neubauten um den grossen Ökonomiehof, die seit 1739 alle von ihm geplant und geleitet werden. Er ist auch Architekt von Pfarrhöfen und Kirchen. Nur wenige seiner Bauten sind bis heute unverändert geblieben.
Pater Hugo Strauss ist auch guter Zeichner. Die Vorlage zur bekannten Vogelschauansicht des Klosters, welche 1749 gedruckt wird, stammt von ihm. In dieser Ansicht trägt er auch gleich Entwürfe von Erweiterungen und Änderungen ein, die dann aber nie verwirklicht werden.
Pius Bieri 2015

Quelle:
Totenrotelsammlung des Benediktinerklosters Ensdorf, Band 6, 1770–1779.

Literatur:
Schütz, Bernhard: Die kirchliche Barockarchitektur in Bayern und Oberschwaben, München 2000


[1] Hier soll er zwei Jahre beim Sohn von Johann Dientzenhofer, dem in Bamberg tätigen Justus Heinrich Dientzenhofer (1702–1744), ausgebildet worden sein.

[2] Johann Dientzenhofer plant 1723 für die Benediktinerpropstei Holzkirchen eine Kirche in mehreren Varianten. Der zweite Entwurf, der allerdings noch ein Längsbau mit zentraler Rotunde ist, könnte sogar direktes Vorbild für Barbaraberg sein. Die Entwürfe für Holzkirchen bleiben unausgeführt.

[3] «Ecclesiam magnificam extruxit» heisst es dort. Für dieses Lob genügt eine Leitung der Baumeisterarbeiten nicht, die hier die Maurermeister Thomas Sebastian und Adam Preysinger aus Kirchthumbach ausführen. Trotzdem schreibt Jolanda Drexler im «Dehio» (2008) die Barbarakirche dem schon 1744 verstobenen Justus Heinrich Dientzenhofer zu. Dies auf Grund der Vermutung von Bernhard Schütz (2000), dass die Idee aus dem Umkreis Dientzenhofers stamme.

  P. Hugo Straus OPraem (1706–1770)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  3. August 1706 Stadtamhof   Bayern D  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Kurfürstentum Bayern   Regensburg  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  6. Mai 1770 Speinshart   Bayern D  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Kurfürstentum Bayern   Regensburg  
  Kurzbiografie        
 

P. Hugo Straus (oder Strauss) studiert Theologie, Philosophie, die kanonischen Rechte und, entscheidend für sein Kloster Speinshart, auch Architektur. Dieses Studium der Baukunst wird ihm in der für den süddeutschen Spätbarock wichtigen Stadt Prag ermöglicht. Sein Wirken in den 1730er- bis 1760er-Jahren im Gebiet der Speinsharter Herrschaft wird, nicht verwunderlich für die säkulare Kunsthistorik, kaum gewürdigt. Bei seinem wichtigsten Bauwerk, der Wallfahrtskirche Barbaraberg, muss sogar ein Hofbaumeister aus Bamberg als Entwerfer herhalten, der mit Speinshart nicht den geringsten Zusammenhang hat. Die vorliegende Kurzbiografie soll den Pater aus Speinshart als Zeichner und Entwerfer ins verdiente Licht rücken.

    StrausBarbaraberg  
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Von der Wallfahrtskirche Barbaraberg, die P. Hugos Straus im grossen Kupferstich von Speinshart 1749 darstellt, sind heute nur noch die talseitige Fassade und die beiden flankierenden ehemaligen Wohngebäude erhalten. Während die Wohngebäude nur mit drei anstelle von fünf Achsen einfacher gebaut sind und heute zudem ein Zeltdach anstelle der Mansarddächer haben, ist die Kirchenfassade reich gegliedert und in der Mitte vorgewölbt.

Aufnahme Bieri 2016
Werke von Pater Hugo Staus

Jahr Arbeitsort und Werk, Koordinaten[1] Bemerkungen
1736–
1737
Speinshart. Kellerhaus 1.
Felsenkeller oder Schlössl.
Geo-Pos: 49°47'26.91"N/11°49'2.07"E
Neubau eines dreigliedrigen Baukörpers mit Walmdächern über altem Klosterkeller. Frühere Aussichtslage. Noch im 19. Jahrhundert berühmter Anziehungspunkt der Oberpfalz. Heute verlassen und durch Eigenheime eingeengt.
1739–
1740
Speinshart. Bräuhaus am Klosterhof.
Geo-Pos: 49°47'12.43"N/11°49'10.88"E
Neubau, im Grundriss abgewinkelt, mit Abschluss durch Malzhaus. Heute zum grossen Teil abgebrochen. Malzhaus ist heute Gasthaus.
1741–
1756
(1770)
Barbaraberg bei Speinshart. Wallfahrtskirche St. Barbara.
Geo-Pos: 49°47'31.62"N/11°50'59.21"E
Neubau als Zentralbau in Kreuzform, flankiert von zwei Wohngebäuden. Nach der Säkularisation Benutzung als Scheune, dann 1888 Abbruch. Heute stehen nur noch die Westfassade und die flankierenden Gebäude.
1746–
1749
Speinshart. Nord- und Ostflügel des grossen Klosterhofes mit Torbau.
Geo-Pos: 49°47'14.48"N/11°49'14.52"E
Neubau nach Brand 1746. Alle Gebäude im 19. und 20. Jahrhundert mehrfach umgebaut.
1747–
1752
Speinshart. Klosterhof. Wieskapelle am Südende des Ostflügels.
Geo-Pos: 49°47'11.17"N/11°49'15.28"E
Neubau. Längsovaler, kuppelüberwölbter Zentralbau. Stuck und Ausmalung durch Landwirtschaftsnutzung im 19. und 20. Jahrhundert zum grossen Teil zerstört. Heute Nutzung als Ausstellungsraum.
1748-
1750
Tremmersdorf. Pfarrhof.
Geo-Pos: 49°46'31.96"N/11°48'48.00"E
Neubau. Das Gebäude wird später Schulhaus. Nach Brand 1797 wieder aufgebaut.
1761
1765
Oberbibrach. Kirche St. Johannes Baptist und St. Johannes Evangelist.
Geo-Pos: 49°48'21.34"N/11°46'22.72"E
Neubau einer Saalkirche mit flachem Spiegelgewölbe. Rokoko-Stuckaturen und reiches Bildprogramm.

[1] Die Bauwerkslage ist Georeferenziert. Beim Anklicken der Geo-Position wird eine KML-Datei generiert. Mit ihr kann in Google-Earth die Lage des Objektes betrachtet werden. Download Google-Earth.