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Franz Ludwig Hermann (1723–1791)

«Franc: Ludovicus Herrmann, Mahler»[1]

Franz Ludwig Hermann wird am 7. Januar 1723 als Sohn Franz Georg d. J. (1692–1768) in Ettal geboren.[2] Der Vater ist hier am Neubau der barocken Abtei beschäftigt. Die Malerfamilie Hermann ist in der dritten Generation als Hofmaler des Fürststifts Kempten tätig. Franz Ludwig Hermann[3] erhält an der Adeligen Akademie der Ettaler Benediktiner seine Schulbildung. Beim Vater, der ab 1732 die Residenzräume in Kempten ausstattet, erlernt er das Handwerk. 1745 ist er als Gehilfe am Fresko der Pfarrkirche Stöttwang im Ostallgäu nachweisbar. 1749 erhält er vom Rheinauer Abt einen ersten grossen Auftrag, die Freskierung der Schlosskapelle von Mammern am Untersee. 1750 heiratet er Barbara Lehner aus Dillingen und nimmt 1752 in Konstanz Wohnsitz. Aus der Ehe gehen vier Kinder hervor, der 1758 geborene Sohn Xaverius wird später ebenfalls das Malerhandwerk lernen. Die Nachfolge als Hofmaler in Kempten wird vom 1738 geborenen Bruder Franz Joseph wahrgenommen. Franz Ludwig hat sich jetzt mit Aufträgen der Benediktinerabteien um den Bodensee und als Hofmaler des Fürstbischofs von Konstanz einen neuen Lebensmittelpunkt geschaffen. Er stattet zwischen 1749 und 1786, hauptsächlich im weiteren Umkreis von Konstanz und im Fürstenland der Abtei St. Gallen, Landkirchen und Kapellen mit grossen Deckenfresken aus, liefert Altarblätter und erstellt Bilderzyklen. So fertigt er für St. Peter im Schwarzwald 1752 die Äbtegalerie (55 Tafelbilder) und 14 Zähringerbildnisse an, 1756 folgt die Benediktsvita (45 Tafelbilder). 1778 erstellt Hermann sein Hauptwerk, die Ausmalung der grossen Kuppel der Pfarrkirche von Bernhardzell bei St. Gallen. 1785 wird ihm als letzte grosse Arbeit die Neuerstellung der Deckenfresken von Kirchberg übertragen, nachdem ein Brand das Werk von 1751 zerstört hat. Franz Ludwig Hermann stirbt am 25. Mai 1791, mit 68 Jahren, in Konstanz.
Die Deckenfresken von Franz Ludwig Hermann werden in der Kunstgeschichte heute noch verkannt, weil er als Nachzügler der von Andrea Pozzo propagierten Perspektivmalerei verstanden wird. Auf den ersten Blick muss dies bei der Scheinkuppel von Überlingen (1753) bejaht werden. Pozzos Vorlage wird aber bereits hier von dem Geschehen im Vordergrund überdeckt und bildet nur noch die Architekturstaffage. Mit dem herkömmlichen Begriff von Illusionsmalerei haben dann die späteren Werke nichts mehr zu tun. Die grosse Kuppel von Bernhardzell, Hermanns Hauptwerk, weist weder eine illusionistische Architektur noch einen Heiligenhimmel auf. «Anstelle einer illusionistischen Vorspiegelung wird eine Verschmelzung zwischen erzählter Heilsgeschichte und daran aktiv teilnehmendem Betrachter erreicht. Damit erzielt Hermann eine Modernität, die ihn trotz antiquierten Bildanlagen gleichberechtigt neben andern Zeitgenossen erscheinen lässt.[4]

Pius Bieri 2008

Benutzte Literatur:
Freivogel, Thomas: Herrmann, Franz Ludwig, in: Lexikon und Datenbank zur Kunst in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein (SIKART), Zürich 2007.
Freivogel, Thomas: Lichtblicke bei Franz Ludwig Herrmann, in: Unsere Kunstdenkmäler, XXXVIII (1987-4), S. 499–507, Bern 1987.

Anmerkungen:

[1] Vertragsunterschrift Bernhardzell 1778.

[2] Bei Otto Beck (Oberschwäbische Barockstrasse), Armin Gebhardt (Das Phänomen des Rokoko) wird F. L. Hermann als Sohn des Grossvaters Franz Benedikt Hermann (1664–1735) aufgeführt.

[3] Die Familie schreibt sich immer «Herrmann» In der schweizerischen Literatur wird sie noch heute so bezeichnet. Bayrische Kunsthistoriker haben den Namen zu Hermann verändert. Diese Schreibweise ist heute in Deutschland üblich.

[4] Thomas Freivogel in SIKART.

Verzeichnis der Deckenfresken (Quelle: Thomas Freivogel)

1745 Stöttwang (Ostallgäu D), Pfarrkirche St. Gordian und Epimachus (mit Franz Georg Hermann).
1749 Mammern (TG) Schlosskapelle.
1750 Ermatingen (TG), Paritätische Kirche, Chor.
1751 Kirchberg (SG), Pfarrkirche St. Peter und Paul, 1784 zerstört und 1785 neu erstellt.
1752 Beuggen (Lörrach D), Deutschordenskapelle, 1752.
1753 St. Peter im Schwarzwald (D), Benediktinerabtei, Krankenkapelle.
1753 Rheinau (ZH), Benediktinerabtei. Felix und Regulakapelle. (Abbruch 1862).
1753 Überlingen (D), Franziskaner-Klosterkirche.
1754 St. Peter im Schwarzwald (D), Benediktinerabtei, Refektorium und Tafelzimmer.
1754 Konstanz (D), Dompropstei Rheingasse 20, Kapelle.
1759 Seitingen (Tuttlingen D), Kirche Mariä Himmelfahrt.
1761 Kreuzlingen (TG), Stiftskirche St. Ulrich und Afra, Ölbergkapelle (1964 von Karl Manninger rekonstruiert).
1762 Niederbüren (SG), Pfarrkirche St. Michael.
1763 Ittingen (TG), Kartäuserklosterkirche.
1764 Sölden im Schwarzwald (D), Benediktiner-Prioratskirche St. Fides und St. Markus.
1765 Kreuzlingen (TG), Stiftskirche St. Ulrich und Afra, Schiff und Chor (1964 von Karl Manninger rekonstruiert).
1767 St. Ulrich im Schwarzwald (D), Prioratskirche St. Peter und Paul, Schiff.
1770 Steinach (SG), Pfarrkirche St. Jacobus Major und St. Andreas.
1770 Konstanz (D), Pfarrkirche St. Stephan, Chor.
1772 Berg Sion bei Gommiswald (SG), Prämonstratenserinnen-Klosterkirche, (1786 übermalt).
1776 Schmerikon (SG), Pfarrkirche St. Jodokus, (zerstört).
1778 Bernhardzell (SG), Pfarrkirche St. Johannes Baptist.
1779 Schänis (SG), Damenstiftskirche St. Sebastian.
1764 Sölden im Schwarzwald (D), Prioratskirche St. Fides und St. Markus, Chor.
1781 Therwil (BL), Pfarrkirche St. Stephan.

Weitere Werke (Tafelmalerei, Altarblätter) in:

Bremgarten (Aargau CH) Dietmanns (Ravensburg D) Freiburg im Breisgau (D)
Hemmenhofen (Konstanz D) Hersberg (Bodenseekreis D) Hilzingen (Konstanz D)
Ittingen (Thurgau CH) Konstanz ( D) Kreuzlingen (Thurgau CH)
Lautrach (Unterallgäu D) Lindau (Bayern D) Mannenbach (Thurgau CH)
Mogelsberg (St. Gallen CH) Muri (Aargau CH) Rheinau (Zürich CH)
Riedlingen (Biberach D) Schliengen (Lörrach D) St Peter im Schwarzwald (D)
  Tobel (Thurgau CH) Zwiefalten (Reutlingen D)
  Franz Ludwig Hermann (1723–1791)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort     Land  
  7. Januar 1723 Ettal   Bayern D  
    Land 18.Jh.     Bistum 18.Jh.  
    Kurfürstentum Bayern   Freising  
  Sterbedatum Sterbeort     Land  
  25. Mai 1791 Konstanz   Baden-Württemberg D  
    Land 18. Jh.     Bistum 18. Jh.  
    Vorderösterreich   Konstanz  
  Kurzbiografie        
  Franz Ludwig Hermann oder Herrmann, wie er sich später selbst nennt, steht als Konstanzer Hofmaler etwas im Schatten der grossen Maler seiner Generation, wie Franz Anton Zeiller oder gar der gleichaltrige Martin Knoller. Die Zurücksetzung bei den repräsentativen Aufträgen, in Meersburg gegenüber Joseph Appiani und in St. Gallen gegenüber Joseph Wannenmacher hat er aber nicht verdient. Seine Deckenfresken in mehr als zwanzig Kirchen des Bodenseeraumes sind durchaus qualitativ hervorragende Leistungen des spätesten Barocks, die 1778 in der Kuppelausmalung der Kirche von Bernhardzell gipfeln. An den nun beginnenden Klassizismus findet er keinen Anschluss, sodass in den 1780er Jahren die Aufträge versiegen.
    HermannSchaenis  
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1779 malt Franz Ludwig Hermann die Deckenfresken der Damenstiftskirche in Schänis. Sie sind eines seiner letzten Werke. Das Hauptbild mit der Himmelfahrt Mariens ist trotz des angebrochenen Klassizismus noch dynamisch barock und von grosser erzählerischer, kompositioneller und malerischen Qualität.
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