Die Angelini sind ein heute ausgestorbenes Geschlecht von San Vittore. Im Dorfteil Monticello, an der Grenze zum Tessin, wird Giacomo am 15. September 1632 als Sohn des Meisters Domenico und seiner Frau Angelica geboren. Nach dem Ende des Dreissigjährigen Krieges wird er in Eichstätt sesshaft. Hier fördert der Fürstbischof um 1660 den Wiederaufbau der noch immer stark zerstörten Residenzstadt durch steuerliche Anreize. Die Hälfte der um diese Zeit tätigen Maurermeister ist «welsch», also italienischsprechend. Fast alles sind Misoxer Bauleute aus Graubünden. Einige werden sesshaft. Giacomo Angelini gehört dazu. Er nennt sich nun Jakob Engel und wird 1665 als Pate für Kinder von Landsleuten zum ersten Mal erwähnt. Vorerst arbeitet er als «Hochfürstlicher Schanz- und Maurermeister» am Neubau der Bastionen der bischöflichen Willibaldsburg. Ab 1662 beginnt er mit repräsentativen Bauten das heutige Stadtbild von Eichstätt zu prägen, das dann später seine Landsleute Gabriele di Gabrieli und Domenico Barbieri vollenden. Nach dem Neubau der Dompropstei, dem heutigen bischöflichen Ordinariat, baut er den Domherrenhof Speth, eine Vierflügelanlage am Domplatz. Ein Kennzeichen seiner Bauten sind die polygonalen Eckerker. 1677–1685 baut er mit der Klosterkirche von Abenberg seinen ersten Sakralbau. Sein Ruf als Baumeister wächst, selbst der Fürstbischof von Basel hofft, dass «der bekante Bawmeister zue Aystett oder dessen brueder» für die Fortführung der Arbeiten an der Residenz Arlesheim[1] hierher kommt. Die Anfrage wird vom Amtsbruder in Eichstätt abschlägig beantwortet, weil Engel für den Wiederaufbau des am 17. Dezember 1681 abgebrannten Südflügels der Willibaldsburg benötigt wird. Die Reise nach Arlesheim wird deswegen verboten, Engel gibt aber dem nach Arlesheim reisenden Domdekan Franz Christoph Rink von Baldenstein Risse zum Bau der Domherrenhäuser mit. 1688 ist er Baumeister des Domherrenhofes Ulm, eine Vierflügelanlage, die 1978–1980 von Karljosef Schattner innovativ umgebaut wird. Inzwischen ist er das zweite Mal verheiratet. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Anna Meyer heiratet er 1686 Maria Walburga Hengl, die Tochter eines Hofrates. Am Eichstätter Marktplatz besitzt Engel ein Haus. Er wird 1688 «Hochfürstlicher Bau- und Maurermeister» und ist nun vermehrt für alle Neu- und Umbauten im Gebiet des Hochstifts Eichstätt zuständig. Bei den meisten Bauten ist er Planer und organisierender Baumeister im Akkord. Die Ausführung an Landsleute, wie den aus dem gleichen Dorf stammenden Giovanni Battista Camessina.[2] Jakob Engel werden auch Kirchenausstattungen zugeschrieben, doch könnten hier Verwechslungen mit seinem Bruder Carlo vorliegen. Dieser arbeitet und wohnt unter dem Namen Karl Engel ebenfalls in Eichstätt und ist als Baumeister, Stuckateur und Altarbauer tätig. An vielen Bauwerken arbeitet er für seinen Bruder. Die beiden Brüder werden für Gutachten oder Planungen oft gemeinsam angefragt, so 1681 für Arlesheim oder 1702 für Schleissheim. 1700 wird dem nun 68-jährigen Jakob Engel der Neubau der fürstbischöflichen Residenz in Eichstätt übertragen, umfangmässig sein bisher grösstes Werk. Unter seiner Regie[3] entsteht der Westflügel und ab 1702 der Ostflügel. Der Südflügel folgt erst 1725. Gabriele de Gabrieli baut ihn nach dem Plan Engels. Noch im hohen Alter ist Engel tätig. 1708 und 1709 unternimmt er die Visitationsreisen zu den Baustellen, oft tagelange Ritte, noch allein. Dem auf das Eichstätter Amt aspirierende Ansbacher Baudirektor Gabriele de Gabrieli überträgt er aber bereits 1706 entfernter gelegene Aufsichten im Amt Arnberg-Ornbau. 1711 unternimmt Engel, nun zusammen mit Vizebaumeister Benedikt Ettl,[4] die letzte bekannte Visitationsreise. Bis zu diesem Zeitpunkt tragen alle ländlichen, meist schlichten Kirchenbauten im Fürstbistum seine Handschrift.[5]
Am 30. Dezember 1714 stirbt Jakob Engel, fast 83 Jahre alt.
Im gleichen Jahr wird sein 43-jähriger Landsmann Gabriele de Gabrieli aus Roveredo als neuer Hofbaudirektor nach Eichstätt berufen.
Pius Bieri 2009
Heyer, Hans Rudolf: Engel, Jakob, in Historisches Lexikon der Schweiz, Bern 2005.
Pfister, Max: Baumeister aus Graubünden, Chur 1993.
Schmid, Gabriele: Der Eichstätter Hofbaumeister Jakob Engel (1632−1714), Dissertation, Augsburg 1987.
Zendralli, Arnoldo Marcelliano: Graubündner Baumeister, Zürich 1930.
Zendralli, Arnoldo Marcelliano: I Magistri Grigioni, Poschiavo 1958.
http://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Engel
[1] Grundsteinlegung des Domes ist 1680. Planer und Bauleiter ist der Jesuitenpater Franz Demess. Die Domherrenhäuser werden nach der Absage von Jakob Engel an einen einheimischen Baumeister vergeben.
[2] Giovanni Battista Camessina (1642–1724), Baumeister, ebenfalls aus Monticello bei San Vittore gebürtig, ist in Beilngries als Johann Baptist Camesino niedergelassen. In der Literatur wird er wie Engel mit dem verdeutschten Namen erwähnt.
[3] Er kann sich dabei noch immer auf die bewährten Bautrupps seiner Landsleute verlassen. Nebst dem sesshaften Camessina (Camesino) sind dies Meister und Maurer aus dem Misox, die noch um 1700 in seinem Auftrag arbeiten. Die Namen sind Nesino (Nisin), Panco (Pangold), Sirato (Scheroto), Fomio, Tascheta (Daschner).
[4] Benedikt Ettl (1684−1764), aus Benediktbeuren, bleibt bis 1727 als Vizebaumeister unter Gabrieli in Eichstätt und wechselt 1730 nach Augsburg, wo er 1739 Baudirektor wird.
[5] Zuschreibungen in «Kunstdenkmäler von Bayern, Bezirks-Amt Eichstätt» und in der Dissertation von Gabriele Schmid, hier immer nachvollziehbar.
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Eichstätt | Willibaldsburg. Als «Hochfürstlicher Schanz- und Maurermeister» für den Neubau der Bastionen zuständig. | 1659–1670 |
Eichstätt | Dominikanerkloster. Neubau Westflügel. Zuschreibung. Weitere Neubauten 1681−1683. | 1661 |
Eichstätt | Augustiner-Chorfrauenkloster Marienstein. Wiederaufbau. Zuschreibung. Klostergebäude 1838 abgebrochen. | 1661–1669 |
Eichstätt | Benediktinerinnenkloster St. Walburg. Wiederaufbau Nordflügel 1661−1664 und von West- und Südflügel 1688−1690. Zuschreibung. | 1661–1690 |
Eichstätt | Jakobskapelle. Anfang 19. Jahrhundert abgebrochen. | 1669 |
Obermässing | Fürstbischöfliches Schloss. Heute Ruine. Zuschreibung. | 1669–1670 |
Hirschberg | Fürstbischöfliches Jagdschloss. Wiederaufbau Ostflügel. Zuschreibung. | 1670 (ca.) |
Eichstätt | Dompropstei. Luitpoldstrasse 2. Heute Bischöfliches Ordinariat. Neubau. | 1672 |
Eichstätt | Spitaltor. Zuschreibung. Abbruch 1816. | 1673 |
Eichstätt | Spethscher Hof. Domplatz 3. Heute Gasthaus Krone. | 1675 |
Mörnsheim | Pfarrhof. Neubau. 1905 durch Neubau ersetzt. | 1677–1678 |
Abenberg | Kloster Marienburg, Wiederaufbau Klosterkirche und Konventbauten.[1] Akkordvertrag 1100 Gulden. Zusammen mit Bruder Karl Engel. | 1677–1685 |
Beilngries | Fürstliches Brauhaus, Erweiterung. | 1678 |
Beilngries | Marienkapelle. 1753 durch Neubau von Pedetti ersetzt. | 1680 |
Ornbau | Pfarrkirche St. Jakob. Langhausumbau und Turm. Ausführung durch Karl Engel. | 1680–1681 |
Eichstätt | Wohnhaus Marktgasse 9. Neubau. | 1680–1685 |
Arlesheim (Basel) | Domherrenhäuser am Domplatz. Zuschreibung Planung. | 1681 |
Sappenfeld | Filialkirche St. Sebastian und Anna. Neubau Chorturm. | 1681 |
Bettbrunn | Wallfahrtskirche St. Salvator. Oktogonale Turmerhöhung. Erste Erwähnung von Giovanni Battista Camessina als Palier. | 1681–1683 |
Eichstätt | Willibaldsburg. Gemmingenbau. Südflügel. Wiederaufbau nach Brand von 1681.[2] Stuck durch Br. Heinrich Mayer SJ 1690. | 1682 |
Fünfstetten | Pfarrkirche St. Dionysius. Oktogonale Turmerhöhung. | 1682 |
Beilngries | Frauenkirche. Planung. Ausführung durch den Misoxer Landsmann Giovanni Battista Camessina. Die Kirche wird 1753 von Pedetti neu erbaut. | 1683 |
Berching | Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Planung. Palier Giovanni Battista Camessina. Ausstattung durch Karl Engel. Heutige Form durch Pedetti 1755−1760. | 1684–1685 |
Pietenfeld | Pfarrkirche St. Michael. Weitgehender Neubau. Planung. Ausführung 1687–1689 durch Giovanni Battista Camessina. | 1687 |
Buxheim | Pfarrkirche S. Michael. Turmneubau. | 1688 |
Eichstätt | Domherrenhof Ulm. Heute Universitätsgebäude. Umbau. Durch Karljosef Schattner 1978–1980 umgestaltet. | 1688 |
Stirn | Pfarrhof und Pfarrkirche Mariä Heimsuchung. Planung. Ausführung Giovanni Battista Camessina. Heute verändert. | 1688 |
Rebdorf | Augustiner-Chorherrenstift. Neubauten (Refektorium, Dormitorium, Bibliothek und Wirtschaftsbauten). Planung. Stuckaturen durch Pietro Francesco Appiani und Giovanni Nicolo Perti. | 1688–1701 |
Eichstätt | Präsidentenhof (Später Vizedomamt) und Offizialhaus. Pfahlstrasse 2. | 1688–1702 |
Spalt | Wallfahrtskirche Heiligenblut. Neubau. Vergrösserung 1716. Abbruch 1817. Wiederbelebung der antjüdischen Wallfahrt mit Neubau 1953. | 1689 |
Eichstätt | Spethscher Hof in der Ostenvorstadt (Ostenstrasse 31). 1763 Flügelanbau durch Pedetti. 1841 in Krankenhaus umgebaut. | 1690 |
Möckenlohe | Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Turmerhöhung. Schulhausneubau. Palier ist Giovanni Battista Camessina. | 1691–1692 |
Hofstetten | Fürstbischöfliches Jagdschloss. Neubau. | 1691–1694 |
Eichstätt | Hausmeisterei der Willibaldsburg an der Burgstrasse (Kolpinghaus) | 1692 |
Beilngries | Stadtpfarrkirche St. Walburg. Langhaus-Neubau. 1912 ersetzt durch neubarocken Bau. | 1693–1695 |
Untermässing | Pfarrkirche St. Leodegar.Umbau. Ausführung durch Giovanni Battista Camessina | 1694–1696 |
Eichstätt | Marktplatz. Willibaldsbrunnen. Zuschreibung. | 1695 |
Eichstätt | Haus Ecke Luitpoldstrasse/Webergasse. Neubau. Zuschreibung | 1696 |
Plankstetten | Benediktinerabtei. Konventbau und Prälatur. | 1696 |
Greding | Jagdschloss und Rathaus. Zuschreibung. | 1696–1699 |
Wettstetten | Pfarrkirche St. Michael. Langhausneubau. Engel arbeitet hier mit 9 namentlich genannten Misoxer-Bauleuten. Am gleichen Ort baut Engel auch den Pfarrhof um. | 1697–1698 |
Pettenhofen | Wallfahrtskirche Mariä Geburt. Umbau. Langhaus wird 1714 verlängert. | 1698 |
Spalt | Vereinigte Kollegiatstifte. Stiftskirche St. Emmeran. Heute Pfarrkirche. Umbau. Palier ist Marco Sirato. 1699 sind sämtliche 13 Maurer und 5 Handlanger dieser Baustelle Misoxer Landleute. Weihe ist 1703. Die Kirche ist heute purifiziert. | 1698–1700 |
Nassenfels | Burg. Neubau Kastner- und Gerichtshaus. Seit 1934 Ruine. | 1699 |
Österberg | Filialkirche St. Stephan. Umbau. Turmerhöhung. Pläne. Ausführung, verändert, durch Giovanni Battista Camessina. | 1699 |
Eichstätt | Heilig-Geist-Kirche und Spital. Neubau. Kosten 11 510 Gulden. Palier ist Hans Schönauer. | 1699–1701 |
Abenberg | Pfarrkirche St. Jakob. Umbau und Gewölbeeinbau. Palier ist Marco Sirato, später Jörg Betzinger. | 1700 |
Etting | Pfarrhof. Neubau. Zuschreibung. | 1700 |
Inching | Schlösschen. Neubau. Zuschreibung. (Datierung nach Zendralli) | 1700 |
Eichstätt | Fürstbischöfliche Residenz. Heute Landratsamt. Neubau von Ost und Westflügel. Südflügel nach Plan von Jakob Engel 1725–1727 durch Gabriele de Gabrieli. | 1700–1704 |
Greding | Grabkirche St. Magdalena. Zuschreibung. | 1701–1703 |
Neumarkt in der Oberpfalz | Hofkirche. Heute Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau. Umbau Langhaus. Planung und Aufsicht. | 1701–1702 |
Pleinfeld | Mautnerhaus (Zollhaus). Neubau. | 1702 |
Schleissheim | Neues Schloss von Baumeister Enrico Zuccalli. Mängelgutachten. Mit Bruder Karl Engel. | 1702 |
Denkendorf | Pfarrkirche St. Laurentius. Neubau. Zuschreibung Planung. | 1703–1705 |
Adelschlag | Filialirche St. Andreas und Schulhaus. Planung Umbau. Ausführung durch Giovanni Battista Camessina. | 1707 |
Titting | Brauhaus mit Stadel. Neubau. 1786 von Pedetti vergrössert. | 1707 |
Preith | Pfarrkirche St. Brigida. Turmerhöhung. Zuschreibung Entwurf. | 1708 |
Altendorf bei Mörnsheim | Wallfahrtskirche Maria End. Verlängerung und Erhöhung Langhaus. Planung und Aufsicht. Ausführung durch Giovanni Battista Camessina, der als Palier Lazarus Schenk einsetzt. | 1709–1710 |
Hofstetten | Pfarrkirche St. Nikolaus. Langhausneubau und Turmerhöhung. 1896 durch Neubau ersetzt. Zuschreibung Planung und Aufsicht. | 1710 |
Pfalzpaint | Kirche St. Andreas. Langhausneubau, Turmerhöhung. Planung und Aufsicht. Engel besucht diese Baustelle noch Ende August 1710. | 1710 |
Pfünz | Fürstbischöfliches Sommerschloss. Umbau. Heute Diözesan-Jugendheim. Zuschreibung Planung. | 1710 |
[1] Heute Filialkirche der Stadtpfarrkirche St. Jakob. Konventbauten nach Brand 1720 von Gabriele de Gabrieli umgebaut und 1830 auf Abbruch versteigert.
[2] Am 17. Dezember bricht durch Blitzschlag im Südflügel des Gemmingenbaues der Willibaldsburg Feuer aus. Der Hausmeister Gottfried Wendel läuft, um zu löschen, auf den Dachboden, wagt sich zu nahe an das brennende Gebälk und muss sich zuletzt auf den Vorsprung des Kupferdaches flüchten. Das Kupfer beginnt zu glühen und der Unglückliche muss, um der Feuersgefahr zu entgehen, 18 Meter tief auf ein eiligst zubereitetes Lager aus Betten und Decken springen. Er verfehlt die Unterlage und kommt ums Leben. Sein Grabstein an der Ostseite der Friedhofskapelle im Ostenfriedhof bewahrt die Erinnerung an ihn.
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