Coelestin II. Gugger von Staudach (1701−1767)

Fürstabt OSB in St. Gallen 1740−1767

Der am 28. Juni 1701 geborene Sohn des Feldkircher Stadtrates Michael Anton Gugger von Staudach[1] und der Maria Oexlin wird ebenfalls Michael Anton getauft. Er besucht von 1712–1719 die Schule des Jesuitenkollegs an seinem Geburtsort und wechselt dann in die Abtei St. Gallen, wo er 1621 Profess ablegt. Er nimmt den Klosternamen Coelestin an. 1725 wird er zum Priester geweiht. 1726 wird er Professor der Theologie, geht im Auftrag des Fürstabtes Joseph 1729–1730 mit dem Offizial Bernhard Frank von Frankenberg nach Rom, wo er nebst der Erledigung von Rechtsgeschäften auch noch doktoriert. Unter dem Vorsitz von Nuntius Carlo Francesco Durini wird er am 23. März 1740 unerwartet zum Abt erkoren. Sein Mitbruder und Konkurrent bei der Abtswahl, der Innsbrucker P. Bernhard Frank von Frankenberg, wird 1742 Disentiser Abt. Der neue St. Galler Fürstabt Coelestin II. holt die Huldigung der Untertanen im Mai und Juni 1740 ein, im Toggenburg wird sie jedoch vorläufig verweigert und erst im zweiten Anlauf im Oktober genehmigt. Mit den reformierten Untertanen des Toggenburgs einigt sich der Fürstabt 1759 auf paritätischer Basis über das Mannschaftsrecht, und beendet damit einen Händel, der zweihundert Jahre an der Substanz der Abtei zehrt und 1712 in der katastrophalen Niederlage gegen die reformierten Orte den Höhepunkt erreicht. Das restliche Fürstenland und auch die Toggenburger sorgen aber für eine blühende Wirtschaft, die Finanzen sind jetzt gefestigt. Coelestin II. steht einem schuldenfreien Fürststift vor und kann sich den Zukauf von Herrschaften wie Wartensee leisten. In die Geschichte eingehen wird er aber als Bauabt.
Als erstes grosses Bauvorhaben lässt er das Kornhaus in Rorschach durch Johann Caspar Bagnato von 1746 bis 1749 errichten.
Im übrigen fürstäbtlichen Land löst ein Vergleich mit der bischöflichen Kurie ein Kirchenbaufieber aus: 1748 wird das Fürststift St. Gallen völlig unabhängig vom Konstanzer Bischof. Der Fürstabt ist nun alleiniger Herr in den Pfarreien des Fürstenlandes und hat nebst der weltlichen auch die geistliche Hohheit. Die fürstäbtliche Kurie nennt sich «Offizialat». Der Vorsteher heisst Offizial. Dieser betreut die Pfarreien nun auch baulich. Mit dem Offizial Pater Iso Walser, den Abt Coelestin 1756 als Vice-Offizial und 1759 als Offizial einsetzt, hat er einen wertvollen und initiativen Vertreter auf den Landgemeinden. Der Vorarlberger Iso Walser wird in seiner Amtszeit 19 Kirchenneubauten im Gebiet der Fürstabtei erstellen, die meisten unter dem Fürstabt Beda Angehrn, dem Nachfolger Coelestins. Viele dieser Landkirchen, wie die noch unter Coelestin begonnen Kirche von Bernhardzell, sind wahre Rokokojuwelen.
Das grösste Bauvorhaben Abt Coelestins II. beginnt 1755: Er beauftragt Peter Thumb mit dem Abbruch und Neubaus des erst 1623–1628 umgebauten Langhauses der Stiftskirche und mit dem Neubau des Klosters. Das Kirchenschiff mit der grossen Rotunde kann am 15. November 1760 benediziert werden. Inzwischen hat Peter Thumb 1758 auch den Süd- und Westtrakt des Klosters begonnen, mit dem Neubau der Bibliothek im Westtrakt. 1761 beschliesst der Konvent, auch den gotischen Ostchor neu zu bauen. Der Vertrag wird mit Johann Michael Beer I von Bildstein geschlossen. Die Fertigstellung erlebt Coelestin II. nicht mehr, er sieht aber noch die vollendete Bibliothek.
Abt Coelestin II. Gugger von Staudach gilt als  einer der hervorragendsten St. Galler Äbte der Neuzeit. Der Chronist Ildefons von Arx lobt in seinen Geschichten des Kantons St. Gallen vor allem das finanzielle Talent: «Ohne haushälterisch zu scheinen, schlug er bloss mit einer genauen Aufsicht, und Vermeiden alles unnötigen Aufwandes im Durchschnitt in jedem Jahre 34 000 Gulden vor, welches ihn in Stand setzte, das Stift von den Schulden, mit welchen es seit vierhundert Jahren behaftet war, zu befreyen, mit 12 000 Gulden Wartensee, mit 29 912 Gulden das Schloss Roggwil, Hefenhofen und Moos anzukaufen, für 40 000 Gulden Stiftungen zu machen, 59 487 Gulden auf Prozesse, 12 000 Gulden auf die Confirmation, Benediktion und den Lehenempfang zu verwenden, zum Behufe des Handels und zum Vorteile des Landes mit 37 050 Gulden im Jahre 1746 zu Rorschach am See nach dem Risse des Italiäners Bognato das Kornhaus und in St. Gallen mit einem Aufwande von 457 929 Gulden das dreyhundert zwölf Fuss lange St. Gallen-Münster, einen Theil des Klosters, das Schützenhaus in St. Fiden zu bauen, und noch 300 000 Gulden zu hinterlassen.»
Abt Coelestin Gugger von Staudach stirbt am 24. Februar 1767 und wird im neuen Chor der Stiftskirche bestattet.
Sein Porträt in der Stiftsbibliothek zeigt ihn als selbstbewussten Prälaten in fürstlicher Pose, in der Linken eine Planrolle haltend. Anstelle des Brustkreuzes, dem Pektorale, trägt er an einem breiten Brustband ein Medaillon. Nur die Kopfbedeckung, das Biret, weist ihn als Geistlichen aus. Rechts oben ist sein Wappen abgebildet, das gross auch im Nordgiebel der Rotunde prangt.
Pius Bieri 2008

Verwendete Literatur:
Duft, Johannes: Fürstabt Cölestin Gugger von Staudach, in: Montfort, Jahrgang 20 Heft 3, Dornbirn 1968.
Duft, Johannes: Die Abtei St. Gallen, St. Gallen 1986.
Fürstabtei St. Gallen, Untergang und Erbe 1805–2005. Begleitpublikation zur Ausstellung, St. Gallen 2005.
Vogler, Werner: Gugger, Cölestin (von Staudach), in: Historisches Lexikon der Schweiz, Bern 2007.

Links:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D21741.php

Anmerkung:

[1] Die aus Wangen im Allgäu stammenden Gugger werden 1651 mit dem Prädikat «von Stautach (Staudach)» geadelt und sind seit 1674 Vogteiverwalter der Tiroler Herrschaft Feldkirch. Sie dürfen nicht mit dem Solothurnischen Burgergeschlecht verwechselt werden.

Das bekannteste Porträt von Fürstabt Coelestin II Gugger von Staudach hängt an der Brüstung der nördlichen Galerie in der Stiftsbibliothek. Es ist weder signiert noch datiert. Es zeigt ihn als selbstbewussten Prälaten in fürstlicher Pose, in der Linken eine Planrolle haltend. Anstelle des Brustkreuzes, dem Pektorale, trägt er an einem breiten Brustband ein Medaillon. Nur die Kopfbedeckung, das Biret, weist ihn als Geistlichen aus. Rechts oben ist sein Wappen abgebildet, das gross auch im Nordgiebel der Rotunde prangt.

Fotografie: Hildegard Morscher. Als Ausschnitt aus KDM 1961.
  Coelestin II. Gugger von Staudach (1701−1767)  
  Biografische Daten        
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  28. Juni 1701 Feldkirch Vorarlberg A   Vorderösterreich  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Abt der Benediktiner-Fürstabtei Sankt Gallen   1740–1767  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  24. Februar 1767 St. Gallen CH   Fürststift St. Gallen  
  Kurzbiografie              
  Coelestin II. Gugger von Staudach steht der Fürstabtei Sankt Gallen in einer grossen spätbarocken Blütezeit vor. Mit Zürich und Bern einigt er sich 1759 über die Rechte der reformierten Toggenburger und beendet damit die letzte Altlast aus der Niederlage im Villmerger Krieg von 1712. Der gelehrte und klug regierende Fürstabt ist auch grosser Bauabt. Während sein Offizial Pater Iso Walser in der Klosterherrschaft eine grosse Bautätigkeit entfaltet, baut der Abt mit Johann Caspar Bagnato das Kornhaus in Rorschach und beginnt nach einer langen Planungsphase 1755 mit dem völligen Neubau von Kloster und Stiftskirche in Sankt Gallen, nun mit den Baumeistern Peter Thumb und Johann Michael Beer von Bildstein. Trotz aller Bautätigkeit hinterlässt er einen konsolidierten Haushalt.     Coelestin_II_SG  
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