Edmund II. Sartor (1696–1768)

Abt OPraem der Reichsabtei Obermarchtal 1746−1768

Wie schon zwei seiner Vorgänger stammt er aus Munderkingen. Er wird im vorderösterreichischen Donaustädtchen am 30. November 1696 als Sohn des Jodokus Schneider und der Anna Maria Veser geboren und auf den Namen Sebastian getauft, tritt nach dem Besuch der unteren Klassen des Marchtaler Gymnasiums in das Kloster ein und legt 1717 Profess ab und nimmt den Ordensnamen Edmund an. Zudem wandelt er den Namen Schneider in Sartor. 1722 wird er zum Priester geweiht. Er besucht, wie jetzt die meisten der Marchtaler Konventualen, keine auswärtige Universität. Sein im Haus erworbenes Wissen gibt er zuerst als Lehrer am Gymnasium und später als Professor des Hausstudiums weiter.[1] 1742−1746 ist er Vikar in Munderkingen. Hier kann er die Obrigkeit von der Einführung einer städtischen Schulordnung überzeugen und zeigt damit sein Anliegen für eine geregelte Volksschulausbildung schon vor seiner Wahl zum Abt, die am 19. Juni 1746 stattfindet.
Abt Edmund II. steht einem gefestigten Konvent von über 40 Mitgliedern und einer wieder schuldenfreien Herrschaft vor. Er führt als erstes seine Anstrengungen für eine geregelte Winterschule in der Herrschaft weiter. 1748 erlässt er eine neue Schulordnung. Die Männer seiner Herrschaft erhalten jetzt nur noch die Heiratserlaubnis, wenn sie lesen und schreiben können.
Unter seiner Regierung wird die schon hochstehende Musikkultur Marchtals weiter gefördert. Er ist auch ein Förderer von Theateraufführungen der Klosterschule und ist stolz, seinen Gästen an besonderen Anlässen Musik- und Theateraufführungen mit Kompositionen seiner Konventualen P. Isfrid Kayser und P. Sebastian Sailer zu zeigen.
Das düstere Kapitel der Hexenprozesse prägt auch seine ersten Regierungsjahre. Fünf angeklagte Frauen verlieren ihr Leben auf dem Scheiterhaufen oder schon während der Folter. Immerhin führen neue Anklagen nach 1756 nicht mehr zu Verurteilungen und bedeuten, noch unter Abt Edmund II., das Ende der unter seinem Vorgänger wieder begonnenen Hexenverfolgungen in der Marchtaler Herrschaft.
Die gute Finanzlage erlaubt Abt Edmund II., den 1686 begonnenen und erst von seinem Vorgänger nach über 30 Jahren Unterbruch weitergeführten Klosterneubau zu vollenden. Er überlässt die Leitung und Durchführung dem 1746 beauftragten Deutschordens-Baumeister Johann Caspar Bagnato. Bagnato kann für die Vollendung der beiden Eckflügelbauten im Osten und des Ostflügels seine bewährten Partner Pozzi und Appiani beiziehen. Vorgabe ist immer die Planung von 1685, die von Bagnato sehr einfühlsam neu interpretiert wird. Er ist für Abt Edmund bis 1756 tätig. Bagnato erstellt ihm auch die neue Pfarrkirche in Unterwachingen, wieder mit Francesco Pozzi als Stuckateur, und den Ökonomieflügel westlich der Stiftskirche. Die Kirchen in Seekirch und Bremelau, sowie die Kapellen in Dietershausen und auf dem Hofgut Ammern bei Tübingen baut Abt Edmund mit dem Klosterbaumeister Joseph Moosbrugger. Weitere Kapellen lässt er in Heuhof bei Uttenweiler und in Volkersheim erstellen.
Er stirbt am 12. Juni 1768 im Alter von 72 Jahren im Kloster Marchtal.
Sein Wappenschild ist durch eine geschweifte Spitze dreigeteilt. Vorne ist er geteilt, oben in Blau ein mit goldenem Pfeil durchbohrter Rumpf eines silbernen Steinbocks, unten fünfmal geteilt von Rot und Silber. In der Spitze steht in Gold ein schwarzgekleideter Mann mit weissem Beffchen, aber ohne Hände und Füsse. Hinten sind in Blau drei goldene Lilien angeordnet.
Das Wappen, infolge seiner ungewöhnlichen und nicht mehr nachvollziehbaren Symbolik manchmal unterschiedlich dargestellt, ist am Kirchturm in Unterwachingen, im Chorbogen der Pfarrkirche von Seekirch, und im Refektorium der Abtei zu finden.
Pius Bieri 2012

Literatur:
Schöntag, Wilfried: Germania Sacra, Dritte Folge 5: Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz: Das Bistum Konstanz 6: Das reichsunmittelbare Prämonstratenserstift  Marchtal. Berlin und Boston 2012.

Links:
http://www.historicum.net/themen/hexenforschung/

http://de.wikisource.org/wiki/Marchtaler_Schulordnung_1748

Anmerkung:

[1] Dass mit der Abkehr von der umfassenden auswärtigen Bildung der Bildungsstand stagniert, ist eine der Erklärungen für den grassierenden Wunderglauben und Hexenwahn unter den Konventualen. Geisteswissenschaftlich ist für das 18. Jahrhundert in Marchtal nur gerade der «Cicero der schwäbischen Mundart» P. Sebastian Sailer (1714−1777) zu erwähnen, auch er allerdings ein Bekämpfer jedes aufklärerischen Gedankens und auch er absolut überzeugt von der realen Existenz von Hexen.

An der südlichen Eingangswand des Refektoriums ist das Rokoko-Wappenschild des Abtes Edmund II. in einer von Putten getragenen Stuckdraperie zu sehen. Das Wappen ist durch eine geschweifte Spitze dreigeteilt. Vorne ist es geteilt, oben in Blau ein mit goldenem Pfeil durchbohrter Rumpf eines silbernen Steinbocks, unten fünfmal geteilt von Rot und Silber. In der Spitze steht in Gold ein schwarzgekleideter Mann mit weissem Beffchen, aber ohne Hände und Füsse. Hinten sind in Blau drei goldene Lilien angeordnet.
  Edmund II. Sartor (1696–1768), Abt in Obermarchtal 1746–1768  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  30. November 1696 Munderkingen Baden-Württemberg D   Vorderösterreich  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Abt der Prämonstratenser-Reichsabtei Marchtal   1746–1768  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  12. Juni 1768 Obermarchtal Baden-Württemberg D   Reichsabtei Marchtal  
  Kurzbiografie              
 

Abt Edmund II. Sartor, ein Bürgersohn aus Munderkingen, steht dem Marchtaler Konvent während 22 Jahren vor. Er ist der Abt des Rokoko und kann dank einer wieder schuldenfreien Abtei das Klostergeviert mit dem Neubau des Ostflügels vollenden. Auch für die westlichen Ökonomiegebäude und für mehrere Kirchenneubauten in der Klosterherrschaft ist er Bauherr. Er fördert die Musik- und Theaterkultur und setzt sich für das Volksschulwesen und die Erwachsenenbildung in seiner Herrschaft ein. Die Hexenprozesse seiner ersten Regierungsjahre bilden gleichzeitig das Ende dieses düsteren Marchtaler Kapitels, das er nach 1756 beendet.

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