Henriette Maria Adelaide von Savoyen (1636–1676)

Kurfürstin von Bayern 1652–1676

Familie
Henriette Maria Adelaide wird am 6. November 1636 im Castello Valentino bei Turin geboren. Sie wird italienisch Enrichette Adelaide genannt, während in Bayern ihr Name als Henriette Adelheid geschrieben wird. Sie selbst unterschreibt mit H. M. Adelaide. Ihr Vater ist Herzog Victor Amadeus I. von Savoyen.[1] Ihre Mutter ist Maria Christine de France,[2] Tochter des französischen Königs Heinrich IV. und der Königin Maria de Medici. Henriette Adelheid ist damit auch Schwester von König Ludwig XIII. Sie verliert den Vater schon ein Jahr nach der Geburt. Ihre Mutter, «Madama Reale», übernimmt die Regentschaft über Savoyen und das Piemont. Das Land zwischen Genfersee und Mittelmeer ist umkämpft. Die Franzosen benutzen den Dreissigjährigen Krieg, um ihren Einfluss auszudehnen, während zwei jüngere Brüder des verstorbenen Vaters, die Schwager der «Madama Reale», mit spanischen Verbündeten 1638 einen Erbfolgekrieg anzetteln. Erst 1642 kehrt mit einem Friedensvertrag Ruhe ein. Die junge Prinzessin Henriette Adelaide wächst am Hof von Turin auf, den ihre Mutter prachtvoll nach französischem Vorbild führt. Maria Christine de France ist eine energische Regentin. Sie sieht sich selbst als Artemisia und lässt sich als reitende Diana oder Minerva porträtieren. Sie ist kunstliebend, fördert die höfische Malerei, das Ballett und die Baukunst. Ihr Lustschloss Castello del Valentino bei Turin zeigt noch französischen Einfluss, der 1646 von ihr begonnene Palazzo Reale ist nun aber klare italienische Baukunst. In diesem Schloss inmitten der Residenzstadt wächst Henriette Adelheid auf.[3]
Machtbewusstsein und Durchsetzungsvermögen einer Regentin mit königlichen Wurzeln, die Vorliebe für Baukunst und Musiktheater, aber auch eine strenge barocke Frömmigkeit kennzeichnen die Mutter. Henriette Adelheid erbt alle diese Eigenschaften.

Erste Jahre als Kurfürstin von Bayern
Am 8. Dezember 1650 wird die 14-jährige Henriette Adelheid in Turin mit dem gleichalterigen Thronfolger Ferdinand Maria von Bayern[4] in einer Stellvertreter-Hochzeit vermählt. Die Stelle des Bräutigams nimmt ihr zwei Jahre älterer Bruder Carlo Emanuele ein. Eingefädelt wird die Vermählung schon 1647 durch den französischen Kardinal und Minister Jules Mazarin.[5] Kurfürst Maximilian I. von Bayern[6] , der Vater von Ferdinand Maria, entscheidet sich in Verhandlungen für die jüngere der beiden Töchter aus dem Haus Savoyen. Maximilian I. stirbt 1651, neuer Kurfürst ist nun der erst 15-jährige Ferdinand Maria. Im Mai 1652 bricht die Neuvermählte mit grosser Gefolgschaft zur Reise nach Bayern auf. Im Juni erreicht die Gesellschaft Kufstein, wo Henriette Adelheid von ihrem Bräutigam erwartet wird. Wenig später trifft sie in Wasserburg am Inn auf die Schwiegermutter, die Habsburgerin Maria Anna.[7] Sie ist Vormund des Kurfürsten und Regentin bis zu dessen Volljährigkeit 1654. Am 25. Juni 1652, zwei Tage nach dem Einzug des jungen Kurfürstenpaares in München, erfolgt in der Hofkapelle die zweite Trauung.
Der neuen Kurfürstin und ihrem piemontesischen Hofstaat weht in München anfänglich ein rauher Wind entgegen. Die Schwiegermutter stellt sich an die Spitze der höfischen Opposition gegen die Ausländerin. Auch als 1654 Kurfürst Ferdinand Maria die Regierungsgeschäfte übernimmt, scheint sie sich bei politischen Entscheidungen gegen ihre Schwiegertochter durchsetzen zu können. Jedenfalls verzichtet der Kurfürst 1657 zum Entsetzen seiner Gattin auf die Kaiserkrone. Die von Mazarin eingefädelte Gegenkandidatur zum habsburgischen Bewerber wäre dank genügend französischer Bestechungen der übrigen Kurfürsten zwar erfolgreich verlaufen, für Bayern hätte es Krieg bedeutet.[8] Das neutrale Verhalten des bayrischen Kurfürsten während seiner ganzen Regierungszeit ist ein Segen für Bayern. Mit dem Tod der Kurfürstenmutter 1665 verstärkt sich der französische Einfluss. Gefördert wird er von Kurfürstin Adelheid, die jetzt auch im Hofrat  Einsitz nimmt. Er gipfelt im französisch-bayrischen Allianzvertrag von 1670, der für Bayern mit den katastrophalen Folgen des Spanischen Erbfolgekriegs endet.

Kinder[9]
Nach sieben Jahren Kinderlosigkeit zieht die Kurfürstin 1659 mit grossem Gefolge für einige Wochen zu einem Kuraufenthalt nach Heilbrunn bei Benediktbeuern. Als dann tatsächlich 18 Monate später Maria Anna geboren wird, wird die Geburt dieser Badekur zugeschrieben. Noch fehlt aber ein Thronfolger. Ein Gelübde, bei der Geburt eines Erben in München eine Kirche zu Ehren des heiligen Kajetan von Thiene, dem Begründer des Theatinerordens, und der heiligen Adelheid zu bauen, wird sofort nach der Geburt von Maximilian II. Emanuel 1662 eingelöst. Schon während der Schwangerschaft werden Theatiner aus Turin für die Gründung einer Niederlassung nach München berufen. Die Münchner Theatinerkirche zeugt vom eingehaltenen Gelübde. Dem Kurfürstenehepaar werden weitere sechs Kinder geboren, aber nur die zwei letztgeborenen überleben die ersten Lebensjahre. Es sind dies 1671 Joseph Clemens und 1673 Violante Beatrix. Für einen der frühverstorbenen Söhne, dem 1665 geborenen und wenige Monate später verstorbenen Ludwig Amadeus Victor, kann Henriette Adelheid den französischen Sonnenkönig als Pate gewinnen. Ihr grosses Projekt, die Vermählung der ältesten Tochter Maria Anna Christina mit dem französischen Thronfolger, dem «Grand Dauphin», kann sie nicht mehr zu Ende führen.[10]

Religiosität
Das Kurfürstenehepaar ist tief religiös. Ein von gegenreformatorischen Kräften geformter Katholizismus beherrscht ihr Leben. Es ist Henriette Adelheid, die 1662 nicht nur den Theatinerorden, sondern auch den savoyardischen Frauen- und Schulorden der Salesianerinnen in München und in Amberg einführt.[11] In Landshut übernehmen 1668 die Ursulinen die gleiche Aufgabe. Skurril mutet heute der 1665 von der Kurfürstin ins Leben gerufene Orden der Sklavinnen der Muttergottes. Der Damenorden verschwindet mit ihrem Tod. 1671 erreicht sie beim Papst die Kanonisation des Ordensgründers Kajetan von Thiene.[12] Regelmässig unternimmt das Ehepaar Wallfahrten, die erste führt sie 1652 nach Altötting. Später vollziehen sie in Altötting auch eine «Blutweihe» und der Kurfürst erteilt den Auftrag für den Bau der Wallfahrtskirche und der Platzanlage.[13] Auch die Wiederherstellung der oberpfälzischen Klöster ist sein Werk.

Italien in München
Eine gemeinsame viermonatige Italienreise 1667 des Kurfürstenpaars ist keine Wallfahrt, auch wenn Wallfahrtsstätten besucht werden und der Aufenthalt in Rom zu einem Papstbesuch genutzt wird. Die Reise bedeutet vor allem eine weitere kulturelle Bereicherung. Schon Jahre vorher, gleich bei der Ankunft der Kurfürstin 1652, wird die Münchner Hofgesellschaft mit der lebensfrohen italienischen Hofkultur der Savoyardin konfrontiert. Adelheid bringt die italienische Oper, die Komödie und Musik an den Hof. Sie lässt 1657 ein freistehendes Opernhaus am aufgelassenen Frauenfriedhof hinter der Salvatorkirche erstellen.[14] Es ist das erste barocke Opernhaus nördlich der Alpen.
1660 lässt sie ein Turnier- und Redoutenhaus am Hofgarten errichten.[15] Der Bevölkerung bleiben die Hofvergnügungen, auch das  Opernhaus, verschlossen. Nur am Würmsee, dem heutigen Starnberger See, kann sie in den Jahren nach 1665 ein Spektakel besonderer Art zu sehen. Eine Prunkgaleere, dreigeschossig, von 150 Matrosen gerudert, dient als schwimmendes und nachts illuminiertes Jagdschloss, auf dem Wasserfeste mit Feuerwerk abgehalten werden.[16]
Auch die höfische Baukunst kennt unter ihrer Regierung nur das Vorbild Italien. In der Residenz gestaltet sie in mehreren Phasen mit italienischen Künstlern Zimmerfluchten und Säle neu. Die Räume sind heute nicht mehr erhalten. Bleibende Denkmäler setzt sie sich mit der Theatinerkirche und der Nymphenburg. Mit diesen Bauten hält der italienische Hochbarock Einzug in München.

Theatinerkirche
Dass Kurfürstin Adelheid 1663 den in Bologna wirkenden Baumeister Agostino Barelli für den Bau des Klosters und der Kirche einstellt, ist nachvollziehbar. Bayrischen Baumeistern fehlt noch bis zum Ende des Jahrhunderts das notwendige Rüstzeug für derartige Aufgaben. Allerdings ist Barelli nur zweite Wahl, denn der hervorragende Theatinerpater Guarino Guarini erteilt eine Absage. Der Bauplatz neben der Residenz ist sofort nach Baubeginn voll in italienischer Hand. 1672 sorgt die Kurfürstin auch für den Ersatz des Hofbaumeisters Marx Schinagel durch den Misoxer Enrico Zuccalli. Dieser übernimmt 1674 auch den Bau der Theatinerkirche. Sie wird 1675 eingeweiht.

Nymphenburg
1662 schenkt Kurfürst Ferdinand Maria seiner Gemahlin ein Landgut westlich der Residenzstadt für den Bau eines Sommerhauses. Agostino Barelli plant der Kurfürstin ein würfelförmiges fünfstöckiges Gebäude, seitlich flankiert von zwei kleineren Pavillons, welches nach Westen auf einen Barockgarten ausgerichtet ist. Sie nennt es «Castello delle Ninfe» oder Nymphenburg. Vorbild ist das Turiner Lustschloss Venaria Reale. Nur das Hauptgebäude wird zu Lebzeiten der Kurfürstin fertig. Das später von Enrico Zuccalli und Giovanni Antonio Viscardi veränderte Gebäude bildet heute den Hauptbau der Schlossanlage Nymphenburg.

Residenzbrand und letzte Jahre
1674 überrascht ein nächtlicher Grossbrand in der Residenz München die kurfürstliche Familie und den Hofstaat. Die Kurfürstin kann sich mit ihren Kindern in das nahe Theatinerkloster retten. Einige Säle brennen vollständig aus, viele Kunstwerke werden ein Raub der Flammen. Vorerst wohnt die kurfürstliche Familie in Schleissheim, kann aber einige sofort hergestellte Räume der Residenz noch im gleichen Jahr beziehen. Gesundheitliche Probleme der Kurfürstin in den folgenden Jahren werden in der Literatur mit dem Residenzbrand in Verbindung gebracht. Sie reist 1675 nochmals nach Altötting, erkrankt dann aber ernsthaft und stirbt im Alter von erst 39 Jahren am 18. März 1676 in der Münchner Residenz. Sie wird in der neuen Gruft der bayrischen Wittelsbacher unter dem Chor der Theatinerkirche begraben.
München hat Henriette Adelheid von Savoyen einen italienischen Kulturtransfer zu verdanken, der noch Jahrzehnte nach ihrem Tod die Stadt entscheidend prägt.
Drei Jahre später, am 26. Mai 1679, stirbt auch Kurfürst Ferdinand Maria im Alter von 42 Jahren. Ihm hat Bayern eine lange Phase der Erholung und des Friedens zu verdanken.

Pius Bieri 2016

Literatur:
Lipowsky, Felix Joseph: Ferdinand Maria. München 1831.
Preuss, Otto: Henriette Adelheid, in: Allgemeine deutsche Biographie, Band 50. Leipzig, 1905.
Strobl, Else: Adelheid, in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 58-59, Onlinefassung. www.deutsche-biographie.de
Heim, Manfred: Kurfürst Ferdinand Maria (1651–1679) Grundzüge eines bayerischen Christen- und Herrscherlebens. München 2006.
www.kaththeol.uni-muenchen.de
Nicklas, Thomas: « Unir de cœur et d'interest ». La Bavière, la Savoie, la France et le choix des princesses au XVIIe siècle. Reims 2009.
www.cairn.info/revue-dix-septieme-siecle

Anmerkungen:

[1] Victor-Amédée Ier de Savoie oder Viktor Amadeus I. von Savoyen (1587–1637).

[2] Christine de France, (1606-1663), genannt Madama Reale, Regentin von Savoyen 1637–1663.

[3] Das viertürmige Schloss, der Palazzo Madama, liegt heute inmitten der Piazza Castello. Seine zwei Westtürme sind hinter dem späteren Treppenhaus (1721) von Filippo Juvarra versteckt. Sie sind dies die Türme des römischen Osttores, der Porta Praetoria. Zur Zeit der Henriette Adelheid bilden dreigeschossige Verbindungsgalerien den Ostabschluss des Platzes. Die nördliche Galerie führt zum bischöflichen Palast, der 1646–1658 von Amadeo di Castellamonte zur neuen Residenz, dem heutigen Palazzo Reale, erweitert wird. > Gehe zur Vogelschau-Darstellung (1674) von Giovanni Tommaso Borgonio.

[4] Ferdinand Maria von Bayern (1636–1679), Kurfürst von Bayern 1651–1679. Siehe die Biografie im > PDF-Dokument der Vorlesung Manfred Heim 2015.

[5] Jules Mazarin (1602–1661). Die Ziele der Heirat sind bei Mazarin nachvollziehbar. Jede diplomatische Betätigung des Ministers dient den Hegemonieansprüchen der französischen Krone. Nachdem er im Friedensvertrag 1642 den Einfluss Frankreichs in Savoyen gestärkt hat, sieht er auch in Bayern einen möglichen Bündnispartner. Verständlich sind auch die Ziele der Regentin Savoyens, Christine de France. Sie will mit der Verbindung zu Bayern einen Ausgleich zum französischen Übergewicht in Savoyen schaffen. Weniger klar sind die Ziele Maximilians I. Bayrische Historiker (Handbuch der bayrischen Geschichte 1988, Band II, Seite 471) wollen ihm zwei Ziele, die Annäherung Bayerns an Frankreich und diejenige Savoyens an Habsburg zuschreiben.

[6]Maximilian I. von Bayern (1573–1651), Herzog von Bayern ab 1597, Kurfürst 1623–1651. Führende Persönlichkeit der Katholischen Liga im Dreissigjährigen Krieg.

[7] Maria Anna von Österreich (1610–1665), Kurfürstin von Bayern 1635–1651.

[8] Die Eroberung der erst im Dreissigjährigen Krieg an Bayern gefallenen, rekatholisierten Oberpfalz wäre zum Kriegsziel der Kurpfalz geworden. Auf Beistand der habsburgisch gesinnten Fürsten im Reich hätte Bayern nicht mehr zählen können. Kurfürst Ferdinand Maria ist Realist. Erst sein Sohn verkennt die Lage Bayerns. Das Land mit 1,1 Millionen Einwohnern ist ähnlich Savoyen von den Grossmächten Frankreich (20 Millionen Einwohner) und Österreich (19,5 Millionen Einwohner) umworben und muss beidseits Verträge abschliessen, um nicht Angriffsziel zu werden. Erst der Sohn Max II. Emanuel wagt es 1702, im Bündnis mit Frankreich gegen eine alliierte Übermacht von Ländern mit einer Ressource von 50 Millionen Einwohnern anzutreten. Seine Mutter Adelheid ist daran nicht unschuldig. Sie lässt ihn für Grösseres erziehen. Er soll zur Kaiserkrone greifen, die sein Vater ausgeschlagen hat, oder aber mindestens einem Königreich vorstehen.

[9] Nachkommen:
Maria Anna Christina (1660–1690), in Frankreich als Marie-Anne de Bavière und in Deutschland Anna Christina genannt, heiratet 1680 den französischen «Grand Dauphin» Louis de France (1661–1711).
Maximilian II. Emanuel (1662–1726), Kurfürst von Bayern 1679–1726, Statthalter der spanischen Niederlande 1691–1701, ist 1704–1714 im französisches Exil.
Joseph Clemens (1671–1723), Kurfürst und Erzbischof von Köln, Fürstbischof von Freising, Regensburg, Hildesheim und Lüttich, Fürstpropst von Berchtesgaden.
Violante Beatrix (1673–1731), heiratet 1689 Ferdinando de Medici (1663–1713), Erbprinz der Toskana.

[10] Marie-Anne de Bavière heiratet den Grand Dauphin Louis de France 1680. Sie wird am französischen Hof als gebildet, aber von hässlichem Aussehen beschrieben. Sie hat gegen den Widerstand der Favoritin ihres Schwiegervaters, Madame de Maintenon zu kämpfen. Ihre deutschen Moralvorstellungen (moeurs allemandes) finden keinen Beifall am lockeren Pariser Hof. Schon 1690 stirbt sie in Versailles. Königin wäre sie nicht geworden, denn der Grand Dauphin stirbt schon 1711.

[11] Gegründet von Franz von Sales (1567–1622), Bischof von Genf mit Residenz in Annecy (Savoyen). Die Münchner Niederlassung wird 1667 besiedelt, die Niederlassung Amberg erhält die päpstliche Genehmigung im gleichen Jahr, wird aber erst 1692 eröffnet.

[12] Kajetan von Thiene (1480–1547), ist 1524 Gründer des Theatinerordens. Er wird 1672 Patron von Kurbayern.

[13] Siehe dazu die Biografie Enrico Zuccalli in dieser Webseite.

[14] Erstellt nach Entwurf von Francesco Santurini durch Hofbaumeister Marx Schinagel. Das Gebäude wird 1802 abgebrochen. Stich des Innenraums von Michael Wening 1685, nach dem Umbauentwurf von Domenico Mauro 1685.

[15] Der Turniersaal ist 23 Meter breit und 103 Meter lang (80 x 360 Fuss nach Michael Wening). Baumeister ist Marx Schinagel.

[16] Die Prunkgaleere wird von Ferdinand Maria in Auftrag gegeben. Er sieht den venezianischen Bucintero auf seiner Italienreise und lässt die Galeere vor allem für Jagdvergnügen der Hofgesellschaft bauen. Die Hirsche werden massenweise in den See getrieben und von der sich auf dem Schiff befindenden Jagdgesellschaft abgeschossen. Die Galeere ist ein Zweimaster, 34 Meter lang, 25 Meter breit und 17 Meter hoch. Sie hat Säle und Decks für mehrere hundert Personen. Michael Wening hat sie in der «Topographia» 1700 auf dem Blatt «Das churfürstliche Schloss Starenberg am Würmsee» festgehalten. Sie wird schon 1758 abgewrackt.

1658 erhält Jan Miel (*1599 Beveren †1663 Turin) vom Herzog von Savoyen den Auftrag, für die Sala di Diana im Jagdschloss Venaria Reale eines von zehn Wandbildern mit dem Thema der Jagd zu malen. Das Bild (Öl auf Leinwand, Grösse 358,5 x 357 Zentimeter) ist heute wieder am alten Platz. 1672 werden die Gemälde zudem als Stiche von G. Tasnière veröffentlicht. Dort mit dem Titel: Enrichetta Adelaide di Savoia, Duchessa Elettorale di Baviera e Ferdinando Maria, Elettore e Duca di Baviera. Das Gemälde zeigt das junge Kurfürstenehepaar zu Pferd, die Jagdspiesse in der Hand, um den von Hunden gepackten Eber zu erledigen. Während der Kurfürst konzentriert zusticht, sitzt die Kurfürstin eher passiv im Damensattel. Als Kopfschmuck trägt sie einen turbanähnlichen, prächtig farbigen Federschmuck. Zusammen mit ihrem Schimmel nimmt sie die Hälfte des Gemäldes ein. Dank ihrer Erscheinung ist sie bildbeherrschend. Kann es sein, dass hier sogar die Realität abgebildet ist: Der Kurfürst als leidenschaftlicher Jäger, die Kurfürstin als dominante, Aufmerksamkeit erregende Hauptperson?
  Henriette Maria Adelaide von Savoyen (1636–1676)  
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  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  6. November 1636 Turin   Herzogtum Savoyen  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Kürfürstin von Bayern   1652–1676  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  18. März 1676 München   Kurfürstentum Bayern  
  Kurzbiografie              
 

Henriette Adelheid von Savoyen ist Nichte des französischen Königs Ludwig XIII. Am weltoffenen Turiner Hof erzogen und durch Heirat mit dem Kurfürsten Ferdinand Maria in den kühlen Norden versetzt, inszeniert sie hier als junge Kurfürstin das höfische Leben nach italienischem Vorbild. Sie zieht Musiker, Dichter und Bauleute aus Italien und den Südalpen nach München und führt hier den italienischen Hochbarock ein. Auch die Theatiner und Salesianerinnen, Orden ihrer Heimat, können sich niederlassen. Sie führt Bayern näher an Frankreich. Ihr ehrgeiziges Ziel, die Wittelsbacher Dynastie mit einer Krone zu erhöhen, kann sie dank ihres politisch bedeutend vernünftigeren Gemahls nur als Auftrag an ihre Kinder vermitteln. Die Folgen sind für Bayern verheerend.

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