Maria Beatrix Schmid von Brandenstein (um 1660–1728)

Äbtissin OSB 1702–1728 in Münsterlingen

Die Familie ist Reichsritteradel aus Freiburg im Breisgau und steht in vorderösterreichischen Diensten. Sie vertritt im Breisgau das Kaiserhaus schon vor der französischen Okkupation Freiburgs (1677−1697) und behauptet diese Stellung bis zum Ende der österreichischen Herrschaft 1806.
1680 wird einem Kammerrat Georg Ignaz Schmid von Brandenstein im vorderösterreichischen Herbolzheim, der Strassburger Stadthof[1] als Lehen übertragen. Man darf vermuten, dass unsere Beatrix Schmid, von der weder Geburtsdatum noch Eltern aktenkundig sind, mit ihm verwandt ist. Sie wird wahrscheinlich noch in Freiburg geboren. 1685 legt sie in Münsterlingen Profess ab, ihr Geburtsjahr liegt demnach vor 1667. Am 27. April 1702 wird sie zur Äbtissin gewählt und am 25. Juni 1702 durch den Konstanzer Weihbischof geweiht. Sie stirbt am 24. Juni 1728.
Sie ist Bauherrin der neuen Klosteranlage von Münsterlingen. Am 1. August 1709 schliesst sie mit Franz Beer II einen Bauakkord über 15 000 Gulden für den vollständigen Neubau 500 Meter landeinwärts des alten, auf einer Halbinsel im Bodensee gelegenen Klosters. Beer ist bereits ein gesuchter Baumeister, der soeben die Kirche der Benediktinerabtei von Rheinau fertiggstellt hat und der im gleichen Jahr die Kirche der Prämonstratenserabtei Bellelay beginnt. Er baut die Vierflügelanlage mit Eckrisalitbauten bis 1711, und erstellt anschliessend die Klosterkirche bis 1716. Der Klosterneubau kostet 3000 Gulden mehr, sodass sie erst 1719−1722 stuckiert und freskiert wird. Noch werden die Altäre und Ausstattungen der alten Kirche verwendet. 1727 wird die Kirche geweiht.
Weniger Erfolg und vielleicht auch weniger Willen hat die Äbtissin Maria Beatrix Schmid von Brandenstein in der Durchführung der von für Frauenklöster geforderten Reformen. Noch unter der Vorgängerin, der Äbtissin Theresia von Barquer, gibt die Abtei Einsiedeln das Visitationsrecht wegen der Weigerung der Münsterlinger Frauen, die Klausur einzuführen, 1692 an den Nuntius in Luzern zurück und überlässt 1714 die Beichtigerstelle an die Abtei Fischingen. Aber auch der Nuntius kommt mit der neuen Äbtissin und den rebellischen Frauen nicht klar. Er ermahnt sie 1713 wegen Lockerung der Disziplin und fordert erneut die Einführung der Klausur. Ihr Widerstand gegen die nach dem tridentinischen Konzil beschlossenene Einschliessung der Frauen ist aus heutiger Sicht nachvollziehbar und gereicht der Bauäbtissin von Münsterlingen nicht zum Nachteil.
Ein Porträt der Äbtissin, 1725 gemalt[2] , befindet sich im Kollegium Sarnen.

Pius Bieri 2009

Benutzte Literatur:
Meyer-Marthaler, Elisabeth: Die Meisterinnen des Kanonissenstiftes und die Äbtissinnen der Benediktinerinnenabtei zu Münsterlingen. In: Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Heft 108, Frauenfeld 1970 (als Vorabdruck zu Helvetia Sacra III Band 1, Basel 1991).

Anmerkungen:

[1] Bertram Jenisch in «Tag des offenen Denkmals», Herbolzheim 2002. Der Hof liegt an der Strasse gegenüber der Kirche, beherbergt später das Gasthaus «Dreikönig« und ab 1866 die Zigarrenfabrik Heppe. Als Generaleinnehmer der vorderösterreichischen Lande und Pfandinhaber des Marktfleckens Herbolzheim ist Georg Ignaz Schmid von Brandenstein auch Zehntherr für einen Teil der Pfarrkirche. Hier ist das geteilte Schild der Schmid von Brandenstein am Chorbogen angebracht: Oben in Silber ein gespaltener roter Adler und unten in Schwarz ein stehender goldener Löwe, der in den Vorderpranken einen Hammer hält. In Münsterlingen ist dieses Wappen im gevierteten Schild auf Feld 2 und 3 aufgeteilt, so am Deckenfresko im Querschiff. In Feld 1 und 4 sehen wir hier das Klosterwappen, in Rot ein silbernes Tatzenkreuz.

[2] Jo. Bapt. Riepel (?), eher Johann Balthasar Riepp, der 1725 zwei Altarblätter liefert.

 

Anstelle des in Sarnen vorhandenen Porträts der Äbtissin Maria Beatrix Schmid von Brandenstein ist hier das Familienwappen der Schmid von Brandenstein eingefügt, wie es in der Kirche von Herbolzheim (1752) am Chorbogen zu sehen ist. Es ist geteilt: Oben in Silber ein durch Pfahl gespaltenen roten Doppeladler, im Pfahl drei rote Büsche, unten in Schwarz ein stehender goldener Löwe, der in den Vorderpranken einen Hammer hält. In Münsterlingen finden wir das Wappenschild der Äbtissin im Querschifffresko von Jacob Carl Stauder. Es ist geviertet. Feld 1 und 4 zeigt das Klosterwappen, in Rot ein silbernes Tatzenkreuz. Das geteilte Familienwappen der Schmid von Brandenberg ist in Münsterlingen auf zwei Wappenfelder verteilt. In Feld 2 ist der Doppeladler, in Feld 3 der Löwe mit dem Hammer dargestellt.

Bildquelle:
Wikipedia by joergens.mi. Ausschnitt aus: http://commons.wikimedia.org
  Äbtissin M. Beatrix Schmid von Brandenstein (um 1660–1728)  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  um 1660–1669 Freiburg(?) Baden-Württemberg D   Vorderösterreich  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Äbtissin der Benediktinerinnenabtei Münsterlingen   1702–1728  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  24. Juni 1728 Münsterlingen Thurgau CH   Herrschaft Münsterlingen  
  Kurzbiografie              
 

Äbtissin Maria Beatrix Schmid von Brandenstein entstammt einem Geschlecht vorderösterreichischen Dienstadels im Breisgau. Sie tritt 1685 in Münsterlingen ein, das noch direkt am Bodensee liegt und dessen Kirche kurze Zeit vorher reich mit Werken des Konstanzer Bildhauers Schenck ausgestattet wird. Nicht um die von den Visitatoren geforderte Klausur durchzusetzen, sondern aus pragmatischen Abwägungen beschliesst die 1702 gewählte Äbtissin einen Klosterneubau an anderer Stelle, erhöht über dem See. Sie erteilt 1709 dem Vorarlberger Baumeister Franz Beer aus Konstanz den Auftrag. Die Konventflügel sind 1711 fertig. Die Kirche kann 1727 unter Verwendung der barocken Werke der alten Kirchenausstattung geweiht werden.

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