Nikolaus II.(Anton Sebastian) Imfeld (1694−1773)

Abt Unserer Lieben Frau zu Einsiedeln 1734−1773

Anton Sebastian Imfeld wird am 25. April 1694 als Sohn des Johann Sebastian Imfeld und der Maria Ursula Imfeld in Sarnen geboren. Der Vater ist Schulherr und Organist. Die Familie stellt im 17. und 18. Jahrhundert während 36 Jahren den Landammann des Landes Obwalden. Der drei Jahre ältere Bruder Just Ignaz bekleidet dieses höchste Amt während fünf Jahresperioden, nachdem er zuerst als Landvogt im Rheintal, dann als Hauptmann in kaiserlichen Diensten und zuletzt als Landeshauptmann die übliche Karriereleiter eines Angehörigen der Oberschicht durchläuft. Anton Sebastian hingegen tritt ins Kloster Einsiedeln ein und legt hier 1714 Profess ab. Er nimmt den Namen Nikolaus de Rupe (Flüe) an, in Verehrung seines 1487 verstorbenen Landsmannes. 1720 wird Nikolaus zum Priester geweiht. Am 7. September 1734 wählen ihn 29 von 54 wahlberechtigten Kapitularen zum Abt. Kaiser Karl VI. verleiht die Regalien[1] umgehend. Die Abtsweihe und die Einweihung der neuen Stiftskirche werden auf den 1. und 5. Mai 1735 zusammengelegt. Abt Nikolaus Imfeld II. ist der dritte grosse barocke Bauprälat Einsiedelns. Er vollendet die Gesamtanlage zur heutigen Gestalt. Vorerst lässt er die Kirche, vor allem durch Diego Carlone, weiter ausstatten. Parallel erstellt er die südlich des Klostergeviertes liegenden Flügel der Ökonomiegebäude. 1738 lässt er die beiden Patres Placidus Beurret und Aegidius d'Ocourt den erst 1716–1719 erbauten zweigeschossigen Bibliotheksraum verbreitern und zu einem grossen Bibliothekssaal im Stil der Régence umbauen. Abt Nikolaus II. ist auch treibende Kraft für die Planung und Erstellung der grossartigen Platzanlage, die er gegen den Widerstand der Einsiedler Krämer und mit Hilfe des Jesuitenpaters Antonio Lecchi bis 1747 durch Baumeister Johannes Rüeff ausführen lässt. Ein weiteres grosses Bauvorhaben ist der vollständige Umbau des erst 1674 erbauten Chores. Hier kann Pater Bonifaz d'Anethan als eigentlicher Initiant sehr frei walten. Zusammen mit dem Planer und Maler Franz Anton Kraus, den Stuckateuren Abraham Bader und Franz Moosbrugger, dem Bildhauer Johann Baptist Babel und den Brüdern Torricelli als Freskanten gelingt hier eine hervorragende Rokoko-Gesamtausstattung. Der Chorumbau ist 1751 beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Westfassade nördlich der Doppeltürme noch offen, die Beichtkirche bildet den Hofabschluss. 1756–1758 lässt Abt Nikolaus II. diese Lücke mit der Erstellung des Nordwestpavillons und des nördlichen Westflügels schliessen. Damit vollendet er die Klosteranlage gemäss dem barocken Gesamtplan. Nicht nur in Einsiedeln, auch auf den auswärts gelegenen Herrschaften entfaltet er eine rege Bautätigkeit. Als wichtige Bauwerke seien die Schlösser in Pfäffikon (1760) und in Gachnang (1767) genannt. Für das Benediktinerinnenpriorat Fahr lässt er 1743–1746 eine neue Klosterkirche bauen. Insgesamt gibt er 294 460 Gulden für Bauvorhaben aus. Dass er sich mit diesen Ausgaben nicht übernommen hat, zeigt auch eine gleichzeitige Anleihe von 100 000 Gulden für die Kaiserin Maria Theresia.
In die Regierungszeit von Abt Nikolaus II. fallen auch Streitigkeiten mit dem Konstanzer Episkopat und politische Unruhen im Dorf Einsiedeln. Während die wieder aufflammenden Auseinandersetzungen mit Konstanz um beidseits beanspruchte Vorrechte nur die zeitüblichen Juristengefechte zweier mächtiger Parteien darstellen, weisen die Unruhen von 1764–1767 auf den 30 Jahre später erfolgten Umsturz der alten Ordnung hin. Die Unruhen entstehen aufgrund eines von der Fürstabtei erneuerten Verbotes des gleichzeitigen Betreibens mehrerer Gewerbe. So darf ein Gastwirt nicht gleichzeitig Metzger oder Krämer sein. Nachdem sich die Schwyzer Landsgemeinde zugunsten der Fürstabtei entscheidet, können die Unruhen beendigt werden. Sechs Anstifter werden hingerichtet. Eine Versöhnung der Landbevölkerung mit dem Kloster entsteht bei der grossen Hungersnot von 1771, als dieses mit grossen Getreidezukäufen die Not lindert.
Am 1. August 1773 stirbt Abt Nikolaus II. Imfeld im Alter von 79 Jahren.
Es lohnt sich, die Beilage (Zusatz) mit der «Nachricht vom Leben, Tod und Begräbnis des Fürst∙Abts zu Einsiedeln, Herr Nicolaus de Rupe im Felde» zu lesen.
Sein Porträt, gemalt von Melchior Wyrsch, zeigt ihn in der üblichen zurückhaltenden Darstellung der Einsiedler Äbtebildnisse, mit Biret und Pektorale, aber ohne Insignien und Wappen. Sein Wappen, in Rot ein silbernes T, bewinkelt von goldenen Lilien und Sternen, ist in besonders prachtvollem Rahmen über dem Eingang der Bibliothek zu finden.

Pius Bieri 2009

Literatur:

Henggeler, Rudolf, P.: Professbuch Einsiedeln, Einsiedeln 1933.
Salzgeber, Joachim: Einsiedeln, in: Helvetia Sacra, Abteilung II, Band 1, Erster Teil, Bern 1986.

Links:

http://www.klosterarchiv.ch/e-archiv_professbuch_aebte.php?id=45

Anmerkungen:

[1] Die Bestätigung als Landesherr und Reichsfürst. Die Regalien werden bis zum Ende des Alten Reiches jedem neugewählten Abt von Einsiedeln verliehen und regelmässig bestätigt. Siehe auch die > Beilage mit der Beschreibung seiner Titel in der Nachricht vom Leben, Tod und Begräbnis.

 

Der Stich der Augsburger Verleger Kilian (> bitte vergrössern) zeigt Abt Nikolaus Imfeld im Alter von vielleicht 50 Jahren. Er blickt dem Betrachter in der gleichen Haltung entgegen, wie im bekannten Porträt von Melchior Wyrsch, das den Abt zwanzig Jahres später mit deutlich gealterten Gesichtszügen zeigt.
Die Umschrift «NICOLAUS DE RUPE / S.R.I PRINCEPS ABBAS EREMI» verweist im Namen de Rupe (von der Flüh) auf den 1487 verstorbenen, seliggesprochenen Einsiedler seiner Heimatgemeinde. Er hat diesen Namen bei der Profess gewählt. Die Bezeichnung als Fürst (Princeps) des Heiligen Römischen Reiches  (S.R.I.) steht jedem Abt von Einsiedeln (Eremi) zu, dem der Kaiser die Regalien verliehen hat.
Das Einsiedler Wappen und sein persönliches Wappen unterhalb des Medaillons sind mit den Insignien des Abtes, dem Stab und der Mitra, aber auch mit dem Schwert als Zeichen der Herrschaft versehen.
Die Geschichtsschreibung von Einsiedeln verwendet diese Titel nicht.
Bildquelle: Klosterarchiv Einsiedeln.
  Abt OSB Nikolaus II. Imfeld (1694−1773) von Einsiedeln  
  Biografische Daten     Zurück zum Bauwerk  
  Geburtsdatum Geburtsort       Land 18. Jahrhundert  
  25. April 1694 Sarnen Obwalden CH   Eidg. Stand Unterwalden  
  Titel und Stellung         Regierungszeit  
  Abt OSB der Benediktinerabtei Einsiedeln   1734-1773  
  Sterbedatum Sterbeort       Land 18. Jahrhundert  
  29. August 1734 Einsiedeln Schwyz CH   Herrschaft Einsiedeln  
  Kurzbiografie              
 

Abt Nikolaus II. Imfeld prägt die hochgeachtete und wirtschaftlich erfolgreiche Herrschaft während fast 40 Jahren. Seine Einsetzung fällt mit der Einweihung der neuen Stiftskirche zusammen, die er selbst mit dem neuen Rokoko-Chor nochmals bereichert. Er vollendet den Klosterneubau und den Klosterplatz, baut die Bibliothek und ist daneben auch Bauherr vieler neuen Kirchen, Schlossbauten und Amtshäusern. Als ausgeprägter Barockprälat sieht er Freiheitsbestrebungen seiner Untertanen nicht als Zeichen einer kommenden Umwälzung und bekämpft sie mit Hilfe der Schutzmacht Schwyz. Für den inzwischen auf 82 Mitglieder gewachsenen Konvent und für die weitverzweigte Herrschaft ist aber Abt Nikolaus II. der «beste Fürst» Einsiedelns.

    EinsiedelnImfeld  
  PDF (nur Text) Biografie Nachruf 1774     Bildlegende  

ACTA HISTORICO-ECCLESIASTICA : oder gesammelte Nachrichten von d. neuesten Kirchen-Geschichten. Erster Band. Weimar 1774. Seiten 124–128.
Abschrift.

Nachricht

von dem Leben, Tod und Begräbnis des  Fürst∙Abts zu Einsiedeln,

Herr Nicolaus de Rupe im Felde

Nicolaus de Rupe im Felde, des H.=Röm. Reichs=Fürst, Prälat des unmittelbaren Stifts U. L. Frauen zu Einsiedeln, Abt zu Fahr, St. Gerold und Bellenz, Herr zu Peffikon, Freudenfels, Sonnenberg, Gachnang und Richenburg, Visitator der Löbl. Schweizerischen Benediktiner=Congregation, starb den 1. Aug. 1773, an einer Entzündung der Lungen, im 79. Jahr seines Alters und 39. seiner rühmlichst geführten Regierung. Er war aus dem Geschlecht im Feld von Sarnen in Unterwalden entsprossen, und den 25. April 1694 geboren. Er that Profeß in dem Benedictinerorden zu Einsiedeln 1714, ward Priester 1720, hierauf bekleidete er verschiedene Stellen im CONVENT, war 2 mal PROFESSOR THEOLOGIAE und auch SUB-PRIOR, und wurde den 7. Sept. 1734 zum Abt erwehlt. Er hatte so wohl am 21. Aug. 1735 von Kaiser CAROLO VI. als auch am 24. Juli 1735 von Kaiser FRANCISCO I. durch Bevollmächtigte die Reichslehen und Regalien empfangen lassen. Er hat den Kirchen= und Klosterbau zu meherer Vollkommenheit gebracht; in dem er den neuen Chor, die Kramgassen, das ganze nächst an dem Kloster stehende zum Aufenthalt unterschiedener Handwerke gewiedmete Gebäude erbauen, und sonst vieles in den Klöstern und von denselbigen abhangenden Gebäuden abändern lassen.

     Den 4. Aug. wurde der entseelte Leichnam mit großen Trauergepräng um den grossen Plaz und dortigen schönen Brunnen herum und in die Capelle der Heil. Magdalenä getragen, alldorten öffentlich auf einem mit 12. Leuchtern ausgezierten Trauergerüst ausgesetzt, allwo so wohl das blosse Schwerdt als auch der Bischoffsstab und Inful neben dem Sargen lagen.

     Als unterdessen Ihro Hochfürstliche Gnaden der Herr Prälat von Peffers angekommen, so wurde den 7ten mit obgmeldetem Trauergepräng (aber in der Kirchen allein) die Versenkung des entseelten Cörpers in die Fürstliche Gruft feyerlichst begangen.

     Die Proceßion fieng an in obemeldete St. Magdalenä∙Capell, und um die ganze Kirchen inwendig herum, bis in die Mitte vor dem Chor. Es gienge voraus ein Romanischschwarzgekleider GENIUS oder Engel, von mit 2 Stäben versehenen Begleitern, diesen folgten alle Kirchen∙Fahnen, denen die Brüderschaften, als derer Jungrauen mit Kränzen auf dem Haupt, derer Frauen und dasigen Klosterfrauen, alle mit brennenden Kerzen paar und paar weise nachtraten. Darauf kamen die anwesenden Weltpriester; nach solchen wurde das Conventcreutz getragen, welches durch die studirende Knaben, mit denen Chorhemden bekleidet, begleitet wurde. Diesen folgten die Herren CAPITULARES, alle mit brennenden Kerzen versehen, unter einem Trauergesang, nach; worauf der Hochfürstliche Leichnam von 6 Herren CAPITULARES getragen wurde; dieser wurde mit schwarz, teils Romanisch, teils Spanische gekleideten GENIIS umgeben; aus diesen trugen einige das Schwerdt, den Stab und die Inful. Die Leiche ging sogleich nach Ihro Fürstl. Gnaden den Tit. Herrn Prälat von Pfeffers in pontificalischer Kleidung und Begleitung. Die gleich damals angekommene Durchlauchtige Princeßin, die verwittibte Frau Marggräfin von Baaden-Baaden folgte, in der Trauer gekleidet, mit einer brennenden Kerze in der Hand nach; worauf die Tit. Herren Ehren∙Deputierten von Hohem Stand Schweiz, nach solchen die Herren Verwandte des höchstseligen Fürsten, auf diese die Hochfürstlichen Räthe, nebst dem Rath des Flekens Einsiedeln, und zuletzt ein häufig anwesendes Volk zu sehen waren.

     In der Mitte vor dem Chor wurde der Leichnam auf ein wohleingerichtetes Todten∙Gerüst gestellt, welches von denen vorgemeldeten GENIIS umgeben wurde.

     Auf diese Proceßion wurde die Leichenpreddigt von Herrn P. Adam Kern, SOC. IESU, Hofprediger zu Lucern, gehalten, in welcher der verstorbene Herr Fürst∙Abt wegen seinen erhabenen Tugenden, und, wegen seiner gegen die Armen jederzeit erzeigten Mildthätigkeit und Güte, als der beste Fürst, und zwar ohne Schmeicheley angepriesen wurde.

     Ein darauf von Ihro Hochfürstlichen Gnaden dem Herren Prälaten von Pfeffers gehaltenes Seelenamt, und darauf geschehene Einsegnung und Versenkung des entseelten Cörpers, machten dieser Trauer∙Ceremonie das Ende.

     Als nun alle abwesend gewesene Herren CAPITULARES angekommen, so wurde den 11. Aug. in Beyseyn des Herrn Legaten, als auch derer Hochwürdigsten Fürsten und Prälaten von St. Gallen und Pfeffers zu einem neuen Abt und Fürsten erwehlt:

     Herr P. Marianus Müller, von Esch in den Freyämtern, dermaliger SUB-PRIOR. Er ward geboren 1724 that Profess 1742, ward Priester 1748.

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